Europarecht

Dublin-Abschiebungsanordnung gemäß § 34a AsylG nach Rumänien im Falle des § 29 Abs. 1 Nr. 1a) AsylG für jungen, gesunden und alleinstehenden Mann rechtmäßig, Keine systemischen Schwachstellen im rumänischen Asylverfahren, keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anerkannter Schutzberechtigter in Rumänien, Keine andere Beurteilung aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie, Keine Zweifel an tatsächlicher Durchführbarkeit der Abschiebung iSd § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, wenn Zielstaat der Wiederaufnahme zustimmt und den Zielflughafen benennt, Minderjährigkeit nicht glaubhaft gemacht

Aktenzeichen  AN 17 S 21.50064

Datum:
23.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16832
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 a), § 34a
Art. 3 Abs. 2 VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO)
Dublin III-VO Art. 17 Abs. 1
Dublin III-VO Art. 18 Abs. 1 Buchst. c, Art. 20 Abs. 5, Art. 23
GRCh Art. 4
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Bescheid des Bundesamtes für … (Bundesamt), mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Rumänien angeordnet wurde.
Der volljährige Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger. Eigenen Angaben nach verließ er sein Heimatland Afghanistan vor etwa vier Jahren und reiste über den Iran zunächst in die Türkei, wo er sich für ungefähr zwei Jahre aufhielt. Sodann begab er sich nach Serbien und hielt sich dort circa eineinhalb Jahre auf. Danach ging er nach Rumänien und stellte dort unter Abgabe von Fingerabdrücken am 2. November 2020 einen Asylantrag. Diesbezüglich liegt ein Eurodac-Treffer der Kategorie 1 vor. Am 19. November 2020 schließlich reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 30. November 2020 einen weiteren Asylantrag. Gemäß der in den elektronischen Akten des Bundesamtes befindlichen übersetzten Tazkira des Antragstellers war dieser am 22. Dezember 2004 16 Jahre alt.
Am 20. Januar 2021 ersuchte Deutschland Rumänien, den Antragsteller nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) wiederaufzunehmen. Die rumänische Dublin-Einheit des Innenministeriums beschied dem Bundesamt am 2. Februar 2021 zunächst, den Antragsteller nicht übernehmen zu können. Dieser sei gemäß seiner eigenen Altersangabe im rumänischen Asylverfahren minderjährig und daher nach Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO Deutschland zuständig. Am 8. Februar 2021 remonstrierte das Bundesamt gemäß Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 1560/2003 (Dublin-DVO) gegen diese Entscheidung und führte unter Übersendung der Tazkira des Antragstellers aus, dass diese am 22. Dezember 2004 ausgestellt worden und der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre alt gewesen sei. Daher sei er nunmehr offensichtlich kein Minderjähriger mehr. Daraufhin akzeptierte Rumänien mit Schreiben vom 22. Februar 2021 das Wiederaufnahmegesuch Deutschlands auf Basis des Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO. Der Antragsteller sei nach seiner Asylantragstellung in Rumänien am 2. November 2020 untergetaucht, womit sein Antrag seit dem 16. Februar 2021 als zurückgezogen gelte.
In seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 28. Januar 2021 gab der Antragsteller an, dass sein Geburtsdatum falsch erfasst worden sei. Im Übrigen könne er nicht zurück nach Rumänien, sein Neffe lebe nämlich in … Die Lebensumstände in Rumänien seien sehr schwer gewesen. Die Unterkunft dort sei wie ein Gefängnis gewesen. Die Fingerabdrücke seien ihm mit Gewalt abgenommen worden. Auf Nachfrage korrigierte der Antragsteller, dass er nicht richtig wie im Gefängnis eingesperrt gewesen sei. Die ersten zwei, drei Tage seien wie eine Art Haft gewesen, danach sei er in ein Camp gebracht worden, das man auch habe verlassen können. Gesundheitlich leide er an Stress und Angstzuständen. Häufig habe er Glieder- und Halsschmerzen. In ärztlicher Behandlung sei er derzeit nicht, aber in der Vergangenheit wegen seines verletzten Beins gewesen. Ärztliche Atteste legte der Antragsteller nicht vor.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2021 lehnte das Bundesamt den Asylantrag darauf hin als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Rumänien an (Ziffer 3) und ordnete nach § 11 Abs. 1 AufenthG ein Einreise- und Aufenthaltsverbot an und befristete dieses auf neun Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig sei, da Rumänien gemäß Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO für diesen zuständig sei. Das Asylverfahren in Rumänien weise keine systemischen Mängel auf, die humanitären Verhältnisse dort verstießen nicht gegen Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller zu Protokoll der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Ansbach am 4. März 2021 Klage erhoben und beantragt, deren aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen. Zur Begründung trägt er nichts vor.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogene elektronische Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Februar 2021 ist dahingehend auszulegen, dass er sich sachgerecht nur auf die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 beziehen kann (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO).
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ist statthaft. Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung entfaltet wegen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. In diesem Fall kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen. Die Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG wurde eingehalten.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die gerichtliche Interessensabwägung ein Überwiegen des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers ergibt.
Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Ermessensentscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 85 ff.). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 93).
Nach dieser Maßgabe erweist sich die in Ziffer 3 des Bescheides vom 23. Februar 2021 erlassene Abschiebungsanordnung nach Rumänien aller Voraussicht nach als rechtmäßig, weil zum einen keine systemischen Mängel oder Schwachstellen im rumänischen Asylverfahren oder den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) bestehen sowie kein Anspruch auf einen Selbsteintritt der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO in Betracht kommt und zum anderen dem Antragsteller auch nach einer etwaigen Zuerkennung internationalen Schutzes in Rumänien dort keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gemäß Art. 4 GRCh droht.
a) Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung nach Rumänien ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt in Fällen eines unzulässigen Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es gemäß § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG nicht, was europarechts-konform ist (Pietzsch in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 29. Ed. 1.4.2021, § 34a AsylG Rn. 23).
b) Rumänien ist der nach der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständige Staat. Das Bundesamt hat den Asylantrag zu Recht nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG als unzulässig abgelehnt.
Laut des Eurodac-Treffers für den Antragsteller hat dieser zuerst in Rumänien am 2. November 2020 einen Asylantrag gestellt. Soweit der Antragsteller vorbringt, in Rumänien gar keinen Asylantrag gestellt, sondern nur seine Fingerabdrücke zu erkennungsdienstlichen Zwecken zwangsweise abgegeben zu haben, so vermag die reine Behauptung nicht glaubhaft den Beweiswert des Eurodac-Treffers gemäß Art. 23 Abs. 4 Unterabs. 1, Art. 22 Abs. 3 Dublin III-VO i.V.m. Anhang II Verzeichnis A II. 1. und 2. der VO (EG) Nr. 1560/2003 (EU-Asylantragzuständigkeits-DVO) zu erschüttern; hierfür wäre gemäß Art. 22 Abs. 3 Satz 1 a) i) Dublin III-VO der Gegenbeweis erforderlich.
Die Zuständigkeit Rumäniens ergibt sich aus Art. 20 Abs. 5 Unterabs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO und nicht, wie die Antragsgegnerin meint, aus Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO. Denn zum einen handelt es sich bei Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO ausweislich ihres Wortlautes nur um eine Auffangvorschrift, zum anderen handelt es sich hier angesichts des bereits in Rumänien gestellten Asylantrages um ein Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c, Art. 20 Abs. 5, Art. 23 ff. Dublin III-VO, für welches nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gerade nicht erforderlich ist, dass die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz feststeht (EuGH, U.v. 2.4.2019 – C-582/17, C-583/17 – BeckRS 2019, 4643 Rn. 58 ff.; s.a. VG München, B.v. 27.11.2020 – M 1 S 20.50531 – juris Rn. 20). Art. 20 Abs. 5 Unterabs. 1 Dublin III-VO findet über seinen Wortlaut hinausgehend auch dann Anwendung, wenn der Antragsteller seinen ersten Asylantrag in einem Mitgliedstaat nicht eigenhändig zurückzieht, sondern den ersten Mitgliedstaat, in dem er einen Antrag gestellt hat, vor Abschluss des Verfahrens zur Bestimmung des für die Prüfung des Antrages zuständigen Mitgliedstaates verlässt, ohne die zuständige Behörde von seinem Wunsch in Kenntnis zu setzen, auf seinen Antrag zu verzichten (EuGH, U.v. 2.4.2019 – C-582/17, C-583/17 – BeckRS 2019, 4643 Rn. 47 ff.). Zudem gilt nach rumänischem Recht der Asylantrag als zurückgenommen, wenn der Antragsteller, bevor eine Anhörung stattgefunden hat, das Land verlässt (AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 60 f.).
Es kommt auch nicht die durch den Europäischen Gerichtshof statuierte Ausnahme vom Grundsatz des Art. 20 Abs. 5 Unterabs. 1 Dublin III-VO zum Tragen, dass der Antragsteller sich auf Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO berufen kann, wenn er „der zuständigen Behörde des ersuchenden Mitgliedstaats Informationen vorgelegt hat, die eindeutig belegen, dass er gemäß diesem Zuständigkeitskriterium als der für die Prüfung des Antrags zuständige Mitgliedstaat anzusehen ist“ (EuGH, U.v. 2.4.2019 – C-582/17, C-583/17 – BeckRS 2019, 4643, allerdings für Art. 9 Dublin III-VO). Denn eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin gemäß Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO kommt hier nicht in Betracht, da der Antragsteller im nach Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO maßgeblichen Zeitpunkt der Asylantragstellung am 30. November 2020 ausweislich der durch ihn eingereichten Tazkira offensichtlich nicht minderjährig war: Diese weist zu ihrem Ausstellungsdatum am 22. Dezember 2004 ein Alter von 16 Jahren des Antragstellers aus. Eine Tazkira hat gemäß Art. 23 Abs. 4 Unterabs. 1, Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Dublin III-VO i.V.m. Anhang II Verzeichnis A II. 1. und 2. der VO (EG) Nr. 1560/2003 (EU-Asylantragzuständigkeits-DVO) Beweiswert. Um diesen zu erschüttern, ist gemäß Art. 22 Abs. 3 Satz 1 a) i) Dublin III-VO der Gegenbeweis erforderlich. Diesen hat der Antragsteller nicht führen können. Seine bare Behauptung zum Zeitpunkt der Antragstellung noch 17 Jahre alt gewesen zu sein, ist insoweit nicht hinreichend.
Die hinsichtlich der zuständigkeitsbegründenden Norm falsche Angabe im Bescheid vom 23. Februar 2021 – Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO statt Art. 20 Abs. 5 Unterabs. 1 Dublin III-VO – macht die Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG nicht rechtswidrig, da diese keine Ermessensentscheidung ist und im Rahmen der gebundenen Verwaltung eine sachlich unzutreffende Begründung den Verwaltungsakt nicht materiell rechtswidrig macht, sofern dieser inhaltlich, wie hier, dem Gesetz entspricht (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 45 Rn. 46 m.w.N.).
Die Frist für die Stellung des Wiederaufnahmegesuchs von zwei Monaten ab Erhalt der Eurodac-Treffermeldung gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO hat die Bundesrepublik Deutschland eingehalten. Das Eurodac-Ergebnis stand dem Bundesamt am 30. November 2020 zur Verfügung, am 20. Januar 2021 ersuchte es die rumänischen Behörden um die Übernahme des Antragstellers.
c) Der Antragsteller kann sich nicht auf Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und das Vorliegen systemischer Schwachstellen im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Rumänien, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh mit sich bringen, berufen. Solche bestehen in Rumänien nicht.
Eine Anwendung des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO setzte systemische Schwachstellen im Asylverfahren oder bei den Aufnahmebedingungen im ersuchten Staat Rumänien voraus. Nach dem System der normativen Vergewisserung (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – NVwZ 1996, 700/704 f.) respektive dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens (EuGH, U.v. 21.12.2011 – N.S., C-411/10, C-493/10 – NVwZ 2012, 417/419) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der EU (GRCh) entspricht. Diese Vermutung ist jedoch dann widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die regelhaft so defizitär sind, dass sie im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK bergen (EuGH, U.v. 21.12.2011 – N.S., C-411/10, C-493/10 – NVwZ 2012, 417; BVerwG, U.v. 8.1.2019 – 1 C 16/18 – juris Rn. 37). Ein systemischer Mangel liegt jedoch nur dann vor, wenn er im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt ist oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägt. Derlei Mängel treffen den Einzelnen nicht unvorhersehbar oder schicksalshaft, sondern lassen sich wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren (BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 9).
Diesen strengen Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt ergeben sich für das Gericht nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zur Lage für Dublin-Rückkehrer in Rumänien keine derartigen systemischen Mängel (so auch die überwiegende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, etwa VG Ansbach, B.v. 10.5.2021 – AN 17 S 21.50090 – n.v.; VG München, B.v. 27.11.2020 – M 1 S 20.50531; VG Würzburg, B.v. 7.10.2019 – W 8 S 19.50715; VG Regensburg, U.v. 17.4.2019 – RO 6 K 17.52358; VG Lüneburg, U.v. 13.3.2019 – 8 B 51/19; VG Aachen, B.v. 21.9.2018 – 6 L 1144/18.A – alle juris; a.A. VG Köln, B.v. 30.11.2020 – 20 L 1980/20.A – juris).
Das erkennende Gericht geht nach den ihm vorliegenden Erkenntnismitteln von folgender Lage für den Antragsteller als nicht vulnerablen Dublin-Rückkehrer nach Rumänien aus:
aa) In Rumänien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit. Die Asylantragsteller haben Zugang zu kostenfreier Rechtsberatung, die Vertretung durch einen Anwalt im gerichtlichen Verfahren kann durch Nichtregierungsorganisationen (NGO) zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit eine Art staatlicher Prozesskostenhilfe zu beantragen. Der rumänische Staat kooperiert insoweit mit dem UNHCR und anderen Hilfsorganisationen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich [BFA], Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 6; AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 28 ff.; s.a. US Department of State [USDOS], Romania 2020 Human Rights Report, S. 15 f.).
Dublin-Rückkehrer werden am Flughafen empfangen, über den Status ihres Asylverfahrens informiert und in die regionalen Aufnahmezentren begleitet, wo sie ggf. noch am selben Tag einen Asylantrag stellen können. Der legale Status des Dublin-Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, welches noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Wurde ein Asylverfahren begonnen und in der Folge beendet, weil sich der Asylbewerber abgesetzt hat, wird der Rückkehrer für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann sodann einen Folgeantrag stellen, der aufschiebende Wirkung mit Blick auf eine Abschiebung hat. Hat der Asylbewerber das Land vor dem Asylinterview verlassen und kehrt binnen neun Monaten nach dem in Folge der Ausreise beendeten Asylverfahren zurück, wird sein Antrag hingegen als Erstantrag behandelt, obgleich durch das Verlassen des Landes der Asylantrag zunächst als stillschweigend zurückgenommen gilt (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 6 f.; AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 60 f.).
Da die rumänischen Behörden das Asylverfahren des Antragstellers nach dessen Ausreise am 16. Februar 2021 beendet haben, wird ein erneuter Asylantrag bei einer Rückkehr bis zum 16. November 2021 nicht als Folgeantrag behandelt, für dessen Erfolg die Geltendmachung neuer Tatsachen erforderlich wäre (BFA a.a.O., S. 6), sondern das durch seine vorzeitige Ausreise beendete Asylverfahren fortgeführt. Davon abgesehen ist die für Folgeantragsverfahren in Rumänien vorgesehene Möglichkeit der Inhaftierung nicht per se europarechtswidrig, da Art. 28 Abs. 2 Dublin III-VO eine Inhaftnahme zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren bei erheblicher Fluchtgefahr und nach einer Einzelfallprüfung grundsätzlich gestattet. Eine ähnliche Regelung sieht Art. 8 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. b der RL 2013/33/EU (Aufnahme-RL) vor. Da sich der Antragsteller bereits ein Mal dem Asylverfahren in Rumänien entzogen hat, liegt eine solche Fluchtgefahr nahe.
Soweit teilweise über die Verweigerung des Zutritts zum rumänischen Staatsgebiet für Asylbewerber und von Push-Backs von Asylbewerbern berichtet wird (AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 18 ff.; USDOS, Romania 2020 Human Rights Report, S. 16), so betrifft dies den Antragsteller als Dublin-Rückkehrer nicht.
bb) Auch die humanitäre und Versorgungslage für Asylbewerber in und Dublin-Rückkehrer nach Rumänien erfüllt nicht die Voraussetzungen einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK. Da es keine wesentlichen Unterschiede bei der Unterbringung und Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylbewerbern gibt, können die Erkenntnismittel zur Lage der regulären Asylbewerber auch hier verwendet werden (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 7).
Asylbewerber, die selbst nicht über ausreichende Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens Anspruch auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration in Timioara, Şomcuta Mare, Rădăuţi, Galaţi, Bucharest und Giurgiu. Diese bieten 900 Unterkunftsplätze, wobei die Kapazität auf 1090 Plätze erhöht werden kann. Werden die Unterkunftszentren länger als 72 Stunden ohne Genehmigung des Generalinspektorats für Immigration verlassen, können Unterstützungsleistungen gekürzt werden (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 10; s.a. AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 94 ff.).
Neben der Unterkunft erhalten Asylbewerber finanzielle Unterstützungsleistungen für Lebensmittel, Kleidung und ein Taschengeld, welche sich insgesamt auf 104 bis 110 EUR pro Monat für einen alleinstehenden Erwachsenen belaufen (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 10; AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 98). Daneben gibt es etwa saisonale Beihilfen von etwa 15 EUR für Sommerkleidung und etwa 20 EUR für Winterkleidung (AIDA a.a.O). Weiterhin stellen NGOs darüber hinausgehende Leistungen zur Verfügung, wie zum Beispiel finanzielle Hilfen für die Übersetzung und Beglaubigung von wichtigen Dokumenten wie Personenstandsurkunden und Zeugnissen oder Essenspakete und Sozialgutscheine (AIDA a.a.O, S. 100 f.).
Was die medizinische Versorgung anbelangt, so haben Asylbewerber ein Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben sie Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. In den Unterbringungszentren steht den Asylbewerbern jeweils ein Allgemeinmediziner zur Verfügung. Bei medizinischen Problemen erfolgt ein Weiterverweisung an das Krankenhaus des Innenministeriums (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 12). Teilweise wird jedoch von einem ungenügenden Niveau der staatlichen Gesundheitsversorgung berichtet, wodurch die Asylbewerber auf von NGOs durchgeführte Projekte angewiesen seien (BFA a.a.O.). Die NGOs sind insbesondere auf dem Feld der psychischen Krankheiten tätig (AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 116 f.).
Der Arbeitsmarkt steht Asylbewerbern offen, sobald ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 11). Teilweise wird in diesem Zusammenhang von Schwierigkeiten der Asylbewerber berichtet, legale Arbeit zu finden (BFA a.aO.). Eine andere Quelle wiederum sieht keine praktischen Hindernisse beim Zugang zum Arbeitsmarkt, allerdings handele es sich bei den Tätigkeiten, die Asylbewerber ausübten, meist um geringqualifizierte (AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 111 f.). Die Arbeitslosenquote in Rumänien beträgt derzeit etwa 5,2% (European Central Bank, Statistical Data Warehouse – Quick View, abrufbar unter https://sdw.ecb.europa.eu/quickview.do?SERIES_KEY=139.AME.A.ROM.1.0.0.0.ZUTN, zuletzt abgerufen am 21.6.2021).
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie stellen sich für Rumänien wie folgt dar: Nach den Zahlen der Johns-Hopkins-Universität vom 22. Juni 2021 gab es in Rumänien bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 19,5 Millionen Einwohnern bislang 1.080.323 Infizierte und 32.465 Tote. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen hat sich seit einem Hoch Ende März 2021 deutlich reduziert und liegt bei derzeit unter 100 Fällen pro Tag. Gleichzeitig steigt die Kurve der verabreichten Impfungen stark an und hat im Juni 2021 einen bisherigen Höchststand erreicht. Zum Schutz der Bevölkerung sind aktuell noch folgende Maßnahmen in Kraft: Clubs, Diskotheken, Spielhallen und Bars sind nur für vollständig geimpfte Personen, frühestens 10 Tage nach der letzten erforderlichen Einzelimpfung geöffnet. Hotels und Beherbergungsbetriebe können aber ohne Einschränkungen gebucht werden. In geschlossenen öffentlichen Räumen, Geschäften und den öffentlichen Verkehrsmitteln besteht Maskenpflicht und ein Abstandsgebot von mindestens 2 m zu anderen Personen. Bei einem Anstieg der Inzidenz behalten sich die rumänischen Behörden erneute Verschärfungen der Maßnahmen vor (Auswärtiges Amt, Reise- und Sicherheitshinweise Rumänien, Stand 21.6.2021, unter „Aktuelles“). Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie lassen sich in einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes für das Jahr 2020 von 3,9% ausdrücken. Für 2021 jedoch wird ein Wachstum von 5,1% erwartet (Germany Trade and Invest [GTAI], Wirtschaftsdaten kompakt, Rumänien, Stand Mai 2021). Die rumänische Wirtschaft erholt sich langsam wieder von den Auswirkungen der Corona-Pandemie, die Sicherheitsmaßnahmen bremsen zwar noch die Industrieproduktion, jedoch unterstützt der rumänische Staat die Wirtschaft mit Zuschüssen, Kredithilfen und Kurzarbeitergeld (GTAI, Special Rumänien, Wege aus der Coronakrise: Rumäniens Wirtschaft erholt sich langsam, Stand 26.5.2021).
cc) Zusammenfassend sind daher systemische Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen, im rumänischen Asylsystem für den Antragsteller als Dublin-Rückkehrer nicht ersichtlich (so auch die überwiegende jüngere Rechtsprechung VG Ansbach, B.v. 10.5.2021 – AN 17 S 21.50090 – n.v.; VG München, B.v. 27.11.2020 – M 1 S 20.50531; VG Würzburg, B.v. 7.10.2019 – W 8 S 19.50715; VG Regensburg, U.v. 17.4.2019 – RO 6 K 17.52358; VG Lüneburg, U.v. 13.3.2019 – 8 B 51/19; VG Aachen, B.v. 21.9.2018 – 6 L 1144/18.A – alle juris; a.A. VG Köln, B.v. 30.11.2020 – 20 L 1980/20.A – juris). Der Antragsteller hat als Dublin-Rückkehrer Zugang zu einem rechtstaatlich ausgestalteten Asylverfahren sowie währenddessen zu einer adäquaten Unterbringung und finanzieller Unterstützung für Nahrungsmittel, Bekleidung und täglichen Bedarf. Damit ist selbst dann, wenn dem Antragsteller die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht gelingen sollte, kein Abrutschen hinein in eine unmenschliche oder entwürdigende Situation zu befürchten. Allerdings steht ihm nach einer Wartezeit von drei Monaten nach Asylantragstellung der rumänische Arbeitsmarkt offen, der mit einer Arbeitslosenquote von etwa 5% (s.o.) trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie in keiner kritischen Schieflage ist, noch dazu die rumänische Regierung vielfältige wirtschaftliche Unterstützung für die Unternehmen auf den Weg gebracht hat. Das Gesundheitssystem steht Asylbewerbern offen und mit Hilfe der im Gesundheitsbereich tätigen NGOs ist von einem ausreichenden Versorgungsniveau auszugehen. Eine zum Zusammenbruch führende Überlastung des rumänischen Gesundheitssektors infolge der Corona-Pandemie ist den Erkenntnismitteln nicht zu entnehmen. Auch das Risiko für den Antragsteller, sich in Rumänien mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu infizieren und daran schwer zu erkranken oder gar zu sterben, ist aktuell nicht in einer Weise erhöht, die eine unmenschliche Behandlung als Dublin-Rückkehrer begründen würde.
d) Dem Antragsteller droht auch nach einer etwaigen Anerkennung als international Schutzberechtigter in Rumänien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist bei der Prüfung, ob eine Überstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens in den an sich zuständigen Mitgliedstaat die Gefahr einer gegen Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung birgt, nicht nur in den Blick zu nehmen, ob diese Gefahr im Rahmen des Asylverfahrens droht, sondern auch ob nach einer etwaigen Anerkennung als Asylberechtigter oder international Schutzberechtigter eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten ist (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 87 ff.).
Die Lebensverhältnisse in Rumänien stellen sich für anerkannte, arbeitsfähige, alleinlebende, im Wesentlichen gesunde Erwachsene nicht als unzumutbar im Hinblick auf die Gewährleistung von „Brot, Bett und Seife“ (VGH BW, B.v. 27.5.2019 – A 4 S 1329/19 – juris Rn. 5) dar. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte sind in Rumänien rumänischen Staatsbürgern in allen maßgeblichen Bereichen gleichgestellt und können unter den gleichen Voraussetzungen staatliche und karitative Hilfe in Anspruch nehmen, um ihre Grundbedürfnisse zu decken.
aa) Das Gericht geht dabei von folgender tatsächlicher Situation aus:
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben in Rumänien Zugang zu Bildung, Wohnungen, Arbeit, Krankenversorgung und Sozialleistungen, wobei der faktische Zugang nicht überall im Land gleich einfach möglich ist. Integrationsprogramme, insbesondere mit Fokus auf die kulturelle Orientierung und den Spracherwerb, werden angeboten (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 12 ff.). Antragsteller mit Flüchtlingsstatus erhalten zunächst eine dreijährige Aufenthaltsbewilligung, subsidiär Schutzberechtigte eine zweijährige, die jeweils problemlos verlängert werden können. Eine permanente Aufenthaltsbewilligung ist ab einem rechtmäßigen Aufenthalt von mindestens fünf Jahren in Rumänien möglich, wenn weitere Voraussetzungen wie etwa Sprachkenntnisse des Rumänischen, eine Krankenversicherung und eine Unterkunft erfüllt sind (BFA a.a.O; AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 148, 150 ff.).
Soweit Begünstigte internationalen Schutzes nach ihrer Anerkennung über keine eigenen finanziellen Mittel verfügen können sie, wenn sie an einem Integrationsprogramm teilnehmen, jedenfalls für sechs weitere Monate in den regionalen Unterbringungszentren verbleiben. In Ausnahmefällen ist eine Verlängerung um weitere sechs Monate möglich. Dafür müssen sie zwar grundsätzlich – vulnerable Personen ausgenommen – eine Miete von 1,40 EUR pro Tag im Winter und 1,20 EUR pro Tag im Sommer entrichten. Allerdings wird für die Unterbringungszentren in Timișoara, Şomcuta Mare, Rădăuţi, Galaţi und Giurgiu berichtet, dass in den ersten drei nach der Anerkennung keine Miete zu entrichten ist. Darüber hinaus scheint die NGO Jesuit Refugee Service Romania über das Projekt „A New House“ in allen Regionalzentren mindestens teilweise die dann noch anfallenden Mietkosten zu übernehmen (AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 162 ff.). Außerhalb der Unterbringungszentren haben die anerkannten Schutzberechtigten wie rumänische Staatsbürger Zugang zum Sozialwohnungsprogramm. Soweit staatlicherseits keine Sozialwohnung zur Verfügung gestellt werden kann, wird für maximal ein Jahr ein Mietzuschuss von bis zu 50% für die Anmietung einer sonstigen Wohnung gewährt (AIDA a.a.O., S. 164).
An Sozialleistungen wird den international Schutzberechtigten, wenn sie an einem Integrationsprogramm teilnehmen, für ein Jahr eine monatliche Leistung von circa 110 EUR (sowie ein Sprachkurs) zur Verfügung gestellt (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 13).
Der Zugang zum Arbeitsmarkt besteht grundsätzlich einschränkungslos, zudem werden Anerkannte mit der Teilnahme am Integrationsprogramm automatisch als Arbeitssuchende bei der rumänischen Arbeitsagentur registriert. Gleichwohl gibt es teils praktische Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche, etwa dergestalt, dass es vielen international Schutzberechtigten an nachweisbaren Schul-, Berufs- oder Studienabschlüssen fehlt und sie somit von bestimmten Positionen ausgeschlossen sind oder die rumänische Sprache nicht ausreichend beherrscht wird (AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S.165 ff.). Hinsichtlich der allgemeinen Arbeitsmarktlage wird nach oben unter 2. c) bb) verwiesen.
Auch die gesundheitliche Versorgung von anerkannten Schutzberechtigten ist gewährleistet. Sie haben unter den gleichen Bedingungen wie rumänische Staatsbürger Anspruch auf eine Krankenversicherung. Psychische Krankheiten wie insbesondere Traumata werden behandelt. Soweit es praktische Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zu überwinden gilt, sind NGOs behilflich. Die Kosten für erwerbslose Anerkannte für die staatliche Krankenversicherung betragen 44 EUR pro Monat, wobei gleichzeitig davon berichtet wird, dass eine jahresweise Versicherung für einen Betrag von 265 EUR zu haben ist. NGOs übernehmen teils die Kosten für die Krankenversicherung (AIDA, Country Report Romania, Update 2020, S. 175 f.).
Hinsichtlich der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche und humanitäre Lage in Rumänien für anerkannte Schutzberechtigte wird auf das bereits oben unter 2. c) bb) Ausgeführte verwiesen.
bb) Unter Berücksichtigung des strengen rechtlichen Maßstabes für die Annahme einer Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh bezüglich der Versorgungs- und Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter, der im Hinblick auf eine eigenverantwortliche Lebensführung anzulegen ist (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 93 f.; EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 97), ist unter summarischer Prüfung des Vortrags des Antragstellers und der wirtschaftlichen und sozialen Lage in Rumänien eine solche Verletzung für ihn im Falle einer Anerkennung nicht ernsthaft („real risk“ – vgl. OVG RhPf, B.v. 17.3.2020 – 7 A 10903/18.OVG – BeckRS 2020, 5694 Rn. 28 unter Verweis auf VGH BW, U.v. 3.11.2017 – A 11 S 1704/17 – juris Rn. 184 ff. m.w.N. zur Rspr. des EGMR) zu befürchten.
Obdachlosigkeit droht wegen der auch nach der Anerkennungsentscheidung möglichen sechs- bis zwölfmonatigen Anschlussunterbringung in den staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber unmittelbar nicht. Die dafür teilweise zu entrichtende Miete von durchschnittlich 1,30 EUR pro Tag wird zum einen teils durch Hilfsorganisationen übernommen, zum anderen kann sie vom Antragsteller von der monatlichen Unterstützungsleistung für international Schutzberechtigte von etwa 110 EUR getragen werden. Darüber hinaus hat der Antragsteller Zugang zum Sozialwohnungsprogramm des rumänischen Staates beziehungsweise wird ihm, falls gerade keine Sozialwohnungen zur Verfügung stehen, für ein Jahr ein Mietzuschuss von bis zu 50% für das Anmieten einer sonstigen Wohnung gewährt. Damit ergreift Rumänien ausreichende Maßnahmen, um einer Verelendung anerkannter Asylbewerber durch Obdachlosigkeit entgegenzuwirken. Zudem steht dem Antragsteller als junger und arbeitsfähiger Mann der rumänische Arbeitsmarkt offen, der trotz der Corona-Pandemie eine verhältnismäßig geringe Arbeitslosigkeit von circa 5% aufweist. Insofern ist jedenfalls mittelfristig damit zu rechnen, dass er sich unabhängig von den staatlichen Hilfeleistungen ein Auskommen wenigstens am Rande des Existenzminimums wird erwirtschaften und damit auch eine Unterkunft wird finanzieren können.
Angesichts der bei der Teilnahme am Integrationsprogramm für ein Jahr gewährten Unterstützungsleistung von 110 EUR pro Monat ist zunächst unabhängig vom Erfolg bei der Arbeitssuche auch sichergestellt, dass der Antragsteller seine Grundbedürfnisse über die Unterkunft hinaus wird befriedigen können, insbesondere was Nahrungsmittel, Kleidung und Hygienebedarf anbelangt.
Bei einer etwaigen Erkrankung kann der Antragsteller das rumänische Gesundheitssystem in Anspruch nehmen. Angesichts der bereits dargestellten staatlichen Unterstützungsleistungen, der finanziellen Hilfe durch NGOs sowie der mittelfristig prognostizierten Arbeitsaufnahme ist davon auszugehen, dass der Antragsteller sich eine Krankenversicherung wird leisten können.
e) Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsgegnerin von ihrem gemäß Art.17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen hätte.
f) Nachdem auch ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG für den Antragsteller in Bezug auf Rumänien nicht ersichtlich ist, erweist sich die Abschiebungsanordnung im Ergebnis als voraussichtlich rechtmäßig.
Es stellen sich bezüglich eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nämlich dieselben rechtlichen Fragen, die das Gericht bereits unter 2. c) und d) zur Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG in Bezug auf die Lage in Rumänien erörtert hat. Es wird deshalb auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenso wenig erfüllt. Hinsichtlich allgemeiner Gefahren im Zielstaat, etwa verursacht durch das Corona-Virus oder die humani-täre Lage, sind die Anforderungen in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende Extremgefahr) höher als jene in § 60 Abs. 5 AufenthG (vgl. BVerwG, B.v. 23.8.2018 – 1 B 42.18 – juris Rn. 13), so dass im Lichte des Nichtvorliegens eines Abschiebungsverbots aus Art. 60 Abs. 5 AufenthG erst recht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nicht gegeben sind (vgl. VGH BW, U.v. 12.10.2018 – A 11 S 316/17 – juris). Eine sonstige dem Antragsteller individuell drohende Extremgefahr für dessen Leib, Leben oder Freiheit ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
g) Mit der Zustimmung des angefragten Staates Rumänien zur Wiederaufnahme des Antragstellers und der Aufforderung den Flughafen Otopeni International Airport für die Überstellung zu nutzen, steht auch die tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung i.S.v. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG fest. Insofern ist die Auskunftslage vom 8. April 2020, dass Dublin-Überstellungen ausgesetzt seien, nicht mehr aktuell (s. AIDA, Country Report Romania, Update 2019, S. 11). Etwaige inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, die im Rahmen der Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anders als bei der Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt zu prüfen sind, sind nicht ersichtlich (Pietzsch in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 29. Ed. 1.4.2021, § 34a AsylG Rn. 9 ff.).
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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