Europarecht

Dublin III-Verfahren: Keine systemischen Schwachstellen im französischen Asylverfahren

Aktenzeichen  AN 17 S 21.50072

Datum:
18.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16835
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1a, § 34a
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2, Art. 12 Abs. 4, Art. 17 Abs. 1, Art. 21

 

Leitsatz

1. Im französischen Asylsystem und den dortigen Aufnahmebedingungen sind keine systemischen Mängel oder Schwachstellen für Asylbewerber festzustellen.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für den erneuten Erlass einer Abschiebungsanordnung nach Wiedereinreise ist die Durchführung des Aufnahmeverfahrens erforderlich, weil die Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat stets die vorherige Durchführung des fristengebundenen (Wieder) Aufnahmeverfahrens nach der Dublin III-VO voraussetzt.  (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), mit dem ihre Abschiebung nach Frankreich im Rahmen eines Dublin-Verfahrens angeordnet wurde.
Die am …1992 in … geborene Antragstellerin verließ eigenen Angaben nach im August 2019 ihr Heimatland in Richtung Benin und flog von dort aus am 26. August 2019 nach Frankreich, wo sie etwa eineinhalb Monate blieb. Sie verfügte über ein Schengen-Visum, ausgestellt durch das französische Konsulat in Cotonou, Benin, vom 6. August 2019, gültig vom 6. August 2019 bis zum 21. September 2019. Am 13. Oktober 2019 reiste sie in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 5. November 2019 einen Asylantrag.
In ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 7. November 2019 gab die Antragstellerin an, dass sie gerne in Deutschland bleiben wolle und auf der Suche nach ihrem hier lebenden Vater sei. Krankheiten habe sie keine und schwanger sei sie nicht.
Am 8. November 2019 ersuchte das Bundesamt Frankreich, die Antragstellerin auf Basis des Art. 12 Abs. 2 der VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) aufzunehmen. Mit Schreiben vom 6. Januar 2020 akzeptierte Frankreich das deutsche Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO.
Daraufhin lehnte das Bundesamt den Asylantrag mit Bescheid vom 7. Januar 2020 als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Frankreich an (Ziffer 3) und ordnete ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf 10 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 15. Januar 2020 Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach (AN 17 K 20.50031), über die noch nicht entschieden ist. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde nicht gestellt.
Die Antragstellerin wurde sodann am 9. März 2020 durch die Bundespolizei nach Frankreich überstellt. Jedenfalls seit dem 22. Dezember 2020 befindet sich die Antragstellerin wieder in Deutschland und hat hier am selben Tag die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens beantragt.
Am 5. Februar 2021 ersuchte das Bundesamt die französischen Behörden, die Antragstellerin gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO wiederaufzunehmen. Mit Schreiben vom 18. Februar 2021 akzeptierte Frankreich dieses Gesuch auf Basis des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin III-VO.
In ihrer erneuten Anhörung vor dem Bundesamt am 8. März 2021 gab die Antragstellerin an, dass sie in Deutschland Asyl habe beantragen wollen. In Frankreich habe sie auf der Straße geschlafen und dort kein Asyl beantragt. Sie wolle in Deutschland sein.
Mit Bescheid vom 11. März 2021 ordnete das Bundesamt die Abschiebung nach Frankreich an (Ziffer 1) und ordnete ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 2). In Ziffer 3 war ausgeführt, dass die Ziffern 1 und 2 aus dem Bescheid des Bundesamtes vom 7. Januar 2020 unberührt bleiben.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin durch eine weitere Prozessbevollmächtigte am 18. März 2021 Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach und stellte einen Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Zur Begründung führt sie aus, dass das Asylverfahren in Frankreich unter systemischen Mängeln leide und Frankreich die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen nicht einhalte. Die für die Aufnahme aller Asylbewerber notwendigen Einrichtungen seien nicht vorhanden. Aus diesem Grund müsse eine große Anzahl von Asylbewerbern auf der Straße übernachten. Eine private Unterkunft könne von den Asylbewerbern mit einem Betrag von 426,00 EUR, den diese für Unterkunft, Verpflegung und weitere grundlegende Bedürfnisse erhielten, nicht finanziert werden.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen, hilfsweise, die zuständige Ausländerbehörde zu verpflichten, bis zur Entscheidung im Klageverfahren keine Abschiebemaßnahmen gegen die Antragstellerin zu ergreifen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogene elektronische Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet. Der Hilfsantrag ist bereits unzulässig.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 11. März 2021 nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ist statthaft. Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung entfaltet wegen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. In diesem Fall kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen. Die Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG wurde eingehalten.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die gerichtliche Interessensabwägung ein Überwiegen des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin ergibt.
Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Ermessensentscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt sei-ner Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 85 ff.). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 93).
Nach dieser Maßgabe erweist sich die in Ziffer 1 des Bescheides vom 11. März 2021 ausgesprochene Abschiebungsanordnung nach Frankreich aller Voraussicht nach als rechtmäßig. Zum einen, weil mit Ziffer 1 des Bescheides vom 7. Januar 2020 bereits eine vollziehbare Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG vorliegt, erfolgreich ein erneutes, fristgemäßes Aufnahmegesuch nach Art. 21 ff. der VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) an Frankreich gestellt wurde, dieses gemäß der Dublin III-VO weiter zuständig ist und im Übrigen die tatbestandliche Voraussetzung des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG, nämlich, dass feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, gegeben ist. Zum anderen, weil im französischen Asylsystem und den dortigen Aufnahmebedingungen keine systemischen Mängel oder Schwachstellen für Asylbewerber im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) auszumachen sind, sowie kein Anspruch auf einen Selbsteintritt der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO in Betracht kommt und schließlich der Antragstellerin auch nach einer etwaigen Zuerkennung internationalen Schutzes in Frankreich dort keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gemäß Art. 4 GRCh droht.
Die hier vorliegende Konstellation ist jedoch nicht als „Dublin-Folgeantrag“ zu behandeln, wofür als Prüfungsmaßstab wohl direkt § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG und nicht § 71 AsylG anzuwenden wäre (VG Ansbach, U.v. 23.9.2020 – AN 17 K 20.50258 – juris Rn. 26 f. m.w.N.). Jedoch ist der „Dublin-Erstbescheid“ vom 7. Januar 2020 noch nicht bestandskräftig, da das gegen ihn anhängige Klageverfahren (AN 17 20.50031) noch nicht entschieden ist. Insofern ist der erneute Asylantrag der Antragstellerin vom 22. Dezember 2020 kein „Folgeantrag“ und der daraufhin ergehende und hier streitgegenständliche Bescheid vom 11. März 2021 nicht nach § 71 AsylG oder § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zu prüfen.
a) Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung nach Frankreich ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt in Fällen eines unzulässigen Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es gemäß § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG nicht, was europarechts-konform ist (Pietzsch in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 29. Ed. 1.4.2021, § 34a AsylG Rn. 23).
b) Dass Frankreich der nach der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragstellerin zuständige Staat ist, kann angesichts der vollziehbaren Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 und der dazugehörigen Begründung des Bescheides vom 7. Januar 2020 zugrunde gelegt werden, weil sich die Umstände für eine Zuständigkeit Frankreichs nach Art. 12 Abs. 4, Abs. 2 Satz 1, Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin III-VO nicht verändert haben (EuGH, U.v. 25.1.2018 – Hasan, C-360/16 – NVwZ 2018, 560 Rn. 54). Die Antragstellerin hatte gegen diesen Bescheid zwar Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach erhoben, über die noch nicht entschieden ist, jedoch keinen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt. Die Klage hat gemäß § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung.
Die für den erneuten Erlass der Abschiebungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheides vom 11. März 2021 nötige Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach Art. 21 ff. Dublin III-VO ist ordnungsgemäß erfolgt. Diese wird nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bei einem erneuten Erlass einer Abschiebungsanordnung in Folge der Wiedereinreise des bereits einmal in den nach der Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat abgeschobenen Asylbewerbers erforderlich, weil die Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat stets die vorherige Durchführung des fristengebundenen (Wieder) Aufnahmeverfahrens nach den Art. 21 ff. Dublin III-VO voraussetzt (EuGH, U.v. 25.1.2018 – Hasan, C-360/16 – NVwZ 2018, 560). Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bezieht sich zwar nur auf die Konstellation der Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 23 und Art. 24 Dublin III-VO, ist allerdings auf das Aufnahmeverfahren nach Art. 21 Dublin III-VO übertragbar. Nachdem sich die Antragstellerin nach der erfolgten Überstellung nach Frankreich im März 2020 jedenfalls ab 22. Dezember 2020 wieder in Deutschland aufgehalten und hier am selben Tag einen weiteren Asylantrag gestellt hatte, ersuchte das Bundesamt die Französische Republik am 5. Februar 2021 die Antragstellerin aufzunehmen. Dies liegt innerhalb der Dreimonatsfrist des Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO. Frankreich akzeptierte das Aufnahmeersuchen fristgemäß – Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO – am 18. Februar 2021 auf Basis des Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin III-VO.
c) Die Antragstellerin kann sich nicht auf Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und das Vorliegen systemischer Schwachstellen im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Frankreich, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh mit sich bringen, berufen. Solche bestehen in Frankreich auch für alleinstehende Frauen nicht. Im Übrigen besteht auch kein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Ausübung des ihr zustehenden Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO. Daher kann dahinstehen, ob es nicht schon ausreicht, dass mit Ziffer 1 des Bescheides vom 7. Januar 2020 weiterhin eine vollziehbare Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. Art. 12 Abs. 4, Abs. 2 Satz 1, Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin III-VO vorliegt. Gegen die darauf gestützte erste Abschiebungsanordnung nach Frankreich (Ziffer 3 des Bescheides vom 7. Januar 2020) war die Antragstellerin nämlich nicht nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG, § 80 Abs. 5 VwGO vorgegangen. Insofern dürfte auch keine unbotmäßige Verkürzung des europarechtlich durch Art. 27 Dublin III-VO und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gebotenen Rechtsschutzes (EuGH, U.v. 25.1.2018 – Hasan, C-360/16 – NVwZ 2018, 560 Rn. 29 ff.) vorliegen, weil die Antragstellerin mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Möglichkeit hatte, die Überstellungsentscheidung in diesem Bescheid im einstweiligen Rechtsschutz kontrollieren zu lassen, aber nur vom Rechtsmittel der nicht aufschiebend wirkenden Klage Gebrauch machte.
Eine Anwendung des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO setzte systemische Schwachstellen im Asylverfahren oder bei den Aufnahmebedingungen im ersuchten Staat Frankreich voraus. Nach dem System der normativen Vergewisserung (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – NVwZ 1996, 700/704 f.) respektive dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens (EuGH, U.v. 21.12.2011 – N.S., C-411/10, C-493/10 – NVwZ 2012, 417/419) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der EU (GRCh) entspricht. Diese Vermutung ist jedoch dann widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die regelhaft so defizitär sind, dass sie im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK bergen (EuGH, U.v. 21.12.2011 – N.S., C-411/10, C-493/10 – NVwZ 2012, 417; BVerwG, U.v. 8.1.2019 – 1 C 16/18 – juris Rn. 37). Ein systemischer Mangel liegt jedoch nur dann vor, wenn er im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt ist oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägt. Derlei Mängel treffen den Einzelnen nicht unvorhersehbar oder schicksalshaft, sondern lassen sich wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren (BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 9).
Diesen strengen Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt ergeben sich für das Gericht nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zur Lage für Dublin-Rückkehrer in Frankreich keine derartigen systemischen Mängel (so auch VG Karlsruhe, B.v. 27.1.2021 – A 8 K 1948/20 – juris; VG Ansbach, U.v. 17.8.2020 – AN 17 K 19.51230 – juris; VG München, U.v. 22.7.2020 – M 2 K 19.50619 – BeckRS 2020, 18796; VG Würzburg, B.v. 15.6.2020 – W 8 S 20.50166 – juris; B.v. 2.3.2020 – W 8 S 20.50081 – juris, sogar für eine Mutter eines knapp drei Monate alten Säuglings).
Das erkennende Gericht legt nach den bestehenden Erkenntnissen zu Frankreich seiner Entscheidung folgende aktuelle Lage für Dublin-Rückkehrer zu Grunde:
aa) Allgemein ist in Frankreich ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit gegeben (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich [BFA], Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Frankreich, Stand 29.1.2018, S. 4; sehr detailliert zum Verfahren Asylum Information Database [AIDA], Country Report: France, Update 2020, S. 31 ff.). Asylanträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Sie haben denselben Zugang zur Unterbringung wie normale Asylbewerber. Im Falle von vulnerablen Dublin-Rückkehrern müssen die französischen Behörden vom jeweiligen Mitgliedstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die nötigen Vorkehrungen treffen zu können (BFA a.a.O., S. 5). Sobald ein Dublin-Rückkehrer in Frankreich ankommt, wird ihm von der Polizei ein Schreiben ausgehändigt, in dem die für den Antragsteller zuständige Präfektur, im Großraum Paris treten an deren Stelle die sog. Orientierungsplattformen, benannt ist (BFA a.a.O., S. 5). Dorthin muss der Asylbewerber allerdings eigenständig gelangen, will er sein Verfahren weiter betreiben (BFA a.a.O.). Im Übrigen wird hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit des Asylverfahrens gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Darstellung in den Gründen des Bescheides vom 11. März 2021 verwiesen.
bb) Was die humanitäre Lage für Dublin-Rückkehrer anbelangt, so werden diese hinsichtlich Unterkunft und Versorgung gleich normalen Asylbewerbern behandelt. Frankreich verfügte Stand 2017 über 303 Unterbringungszentren für Asylbewerber mit rund 34.000 Plätzen, einem speziellen Zentrum für unbegleitete minderjährige Asylbewerber, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen sowie eine nicht näher genannte Zahl an privaten Unterbringungsplätzen, insgesamt 56.000 Unterbringungsplätze (BFA a.a.O., S. 9). Mittlerweile, Stand Ende 2020, hat sich die Zahl der Unterbringungsplätze dank verstärkter Bemühungen des französischen Staates als Reaktion auf die zu geringen Kapazitäten auf 98.564 erhöht; weitere 4.500 Plätze sind für 2021 geplant. (AIDA a.a.O, S. 101 ff.). Allerdings wird auch berichtet, dass nur 51% der Asylbewerber, die Anspruch auf eine Unterbringung haben, auch untergebracht waren und komplementär hierzu größere informelle Camps insbesondere in Paris und Calais entstanden sind sowie Asylbewerber etwa in Nantes, Grande Synthe und Metz auf der Straße leben (AIDA a.a.O., S. 104 ff.). Hinsichtlich des Verhältnisses von (Erst) Asylbewerbern und zur Verfügung stehenden Plätzen wurde erstmals 2020 die Situation erreicht, dass mehr Unterbringungsplätze als Bewerber zur Verfügung stehen. Ende 2020 schließlich waren 4% der Unterbringungsplätze frei (AIDA a.a.O., S. 102 f.). Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegen keine Erkenntnisse für eine Einschränkung des Platzangebots in den staatlichen Aufnahmeeinrichtungen oder hinsichtlich Schwierigkeiten beim Registrierungsprozess in Folge der Corona-Pandemie mehr vor, die letzten derartigen Angaben stammen von Mai 2020 (AIDA a.a.O., S. 96).
Dublin-Rückkehrer haben wie reguläre Asylbewerber Zugang zum finanziellen Beihilfeprogramm für Asylbewerber (ADA – Allocation pour demandeurs d’asile). Dessen Höhe ist von verschiedenen Faktoren wie der Art der Unterkunft, dem Alter, der Anzahl der Kinder usw. abhängig. In der Regel erhalten untergebrachte Asylbewerber monatlich eine finanzielle Unterstützung von 204,00 EUR. Sind sie nicht staatlich untergebracht erhöht sich der Betrag auf 426,00 EUR pro Monat (AIDA a.a.O., S. 97; BFA a.a.O., S. 8 f.). Zum Erhalt des Geldes ist nicht zwingend die Eröffnung eines Bankkontos nötig, den Asylbewerbern wird eine Karte ausgestellt, mit der die Leistungen bezogen werden können, allerdings nur dergestalt, dass damit in Läden oder Online-Shops bezahlt, aber das Geld nicht am Geldautomaten abgehoben werden kann (AIDA a.a.O., S. 97 ff.).
Dublin-Rückkehrern steht der Zugang zum französischen Arbeitsmarkt offen, wenn die Asylbehörde nicht binnen sechs Monaten seit der Antragstellung über den Asylantrag entschieden hat und wenn die Verzögerung nicht dem Asylbewerber anzulasten ist (AIDA a.a.O., S. 109).
Was die medizinische Versorgung anbelangt, so können Asylbewerber (und somit auch Dublin-Rückkehrer) den allgemeinen Krankenversicherungsschutz in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten haben. Einkommensschwachen Personen steht darüber hinaus ein allgemeiner Zusatzkrankenschutz zu, der die Kostenübernahme hinsichtlich im Basisschutz nicht enthaltener Leistungen abdeckt. Nach drei Monaten Aufenthalt besteht schließlich auch Anspruch auf die sogenannte staatliche medizinische Hilfe (BFA a.a.O., S. 10 ff.). Anderen Quellen zufolge besteht nunmehr das Erfordernis eines dreimonatigen Aufenthalts, bevor der Zugang zum allgemeinen und zusätzlichen Krankenversicherungsschutz eröffnet wird (AIDA a.a.O., S. 111). Bevor der Zugang zu diesen Sicherungssystemen gegeben ist, können Asylbewerber die in den Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten in Anspruch nehmen. Vom Krankenversicherungsschutz umfasst ist grundsätzlich auch die Behandlung psychischer Erkrankungen (BFA a.a.O., S. 10 ff.).
Zusammenfassend sind daher systemische Schwachstellen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen, im französischen Asylsystem für Dublin-Rückkehrer nicht ersichtlich (so auch VG Karlsruhe, B.v. 27.1.2021 – A 8 K 1948/20 – juris; VG Ansbach, U.v. 17.8.2020 – AN 17 K 19.51230 – juris; VG München, U.v. 22.7.2020 – M 2 K 19.50619 – BeckRS 2020, 18796; VG Würzburg, B.v. 15.6.2020 – W 8 S 20.50166 – juris; B.v. 2.3.2020 – W 8 S 20.50081 – juris, sogar für eine Mutter eines knapp drei Monate alten Säuglings). Zwar sind nach den vorliegenden Erkenntnismitteln durchaus Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Asylbewerbern sichtbar, gleichwohl bemüht sich der französische Staat kontinuierlich und erfolgreich Unterbringungskapazitäten aufzubauen, so dass nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Obdachlosigkeit der Antragstellerin droht. Dafür spricht, dass erstmals 2020 die Situation erreicht wurde, dass mehr Unterbringungsplätze als Bewerber zur Verfügung stehen. Ende 2020 schließlich waren 4% der Unterbringungsplätze frei (AIDA a.a.O., S. 102 f.). Soweit die Antragstellerin vorträgt, nach ihrer Abschiebung nach Frankreich auf der Straße geschlafen zu haben, hat dies hinsichtlich der Lagebeurteilung für Dublin-Rückkehrer keine Aussagekraft, da die Antragstellerin eigener Aussage nach – was sich mit dem nicht vorhandenen EURODAC-Treffer für Frankreich deckt – dort überhaupt kein Asyl beantragt und sich somit selbst aus dem System der sozialen Sicherung von Asylbewerbern ausgeschlossen hat. Schließlich vermag auch das durch die Antragstellerbevollmächtigte referenzierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 2. Juli 2020 (28220/13) keine andere Lageeinschätzung zu rechtfertigen. Zum einen ist seitdem gut ein Jahr vergangen und ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt derjenige der gerichtlichen Entscheidung. Gerade hinsichtlich der Unterkunftssituation kann für Ende 2020, also nach dem Urteil des EGMR, eine Verbesserung festgestellt werden. Zum anderen lässt sich aus dem Urteil nicht die allgemeine Aussage ableiten, dass Asylbewerber in Frankreich entgegen der Vorgaben des Art. 3 EMRK respektive Art. 4 GRCh behandelt werden. Das zeigt sich schon daran, dass der EGMR nur dreien der vier Kläger Recht gab und jeweils die besonderen Umstände des Einzelfalls würdigte, insbesondere die Dauer bis zur erfolgreichen Registrierung als Asylsuchender in Frankreich. Im konkreten Fall der Antragstellerin kommt zu ihren Gunsten hinzu, dass sie gut Französisch spricht und ihr demgemäß die Verständigung mit den französischen (Asyl) Behörden und Nichtregierungsorganisationen deutlich leichter fallen und den Registrierungsprozess beschleunigen dürfte.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Frankreich. Aus den Zahlen der …-Universität vom 18. Juni 2021 lässt sich seit einem Hoch im April 2021 ein deutlich fallender Trend bei Neuinfektionen und Todesfällen bei einer gleichzeitig steigenden Zahl an Impfungen für Frankreich ablesen (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 18.6.2021). Insofern ist keine Überlastung staatlicher Strukturen insbesondere im Bereich der Unterkünfte und des Gesundheitssystems zu befürchten.
d) Der Antragstellerin droht auch nach einer etwaigen Anerkennung als international Schutzberechtigte in Frankreich keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist bei der Prüfung, ob ein Überstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens in den an sich zuständigen Mitgliedstaat die Gefahr einer gegen Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung birgt, nicht nur in den Blick zu nehmen, ob diese Gefahr im Rahmen des Asylverfahrens droht, sondern auch, ob nach einer etwaigen Anerkennung als Asylberechtigter eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten ist (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 87 ff.).
Dies ist in Frankreich nicht der Fall. Nach einer etwaigen Anerkennung wird Flüchtlingen ein Aufenthaltstitel mit einer Gültigkeit von zehn Jahren verliehen, subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine für vier Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis, die verlängert werden kann. (AIDA a.a.O., S. 144, zur Möglichkeit der Einbürgerung S. 146 f.; BFA a.a.O., S. 12, welches von einer nur einjährigen Aufenthaltsgenehmigung für subsidiär Schutzberechtigte ausgeht). Anerkannte Schutzberechtigte, die während des Asylverfahrens untergebracht waren, können nach der Schutzgewährung weitere drei Monate in der bisherigen Unterkunft verbleiben. Eine Verlängerung um weitere drei Monate ist möglich. Nach der Anerkennung müssen sie einen Willkommens- und Integrationsvertrag unterschreiben, im Rahmen dessen die Möglichkeit einer weiteren temporären Unterbringung für neun Monate in einem hierfür vorgesehenen Zentrum besteht, die wiederum für drei Monate verlängerbar ist. Die staatlichen Integrationsmaßnahmen sind für sich genommen zwar nicht ausreichend, werden jedoch durch solche von Nichtregierungsorganisationen ergänzt (BFA a.a.O., S. 12 f.).
Anerkannte Schutzberechtigte haben wie französische Staatsbürger Zugang zum Arbeitsmarkt, wobei tatsächliche Hürden, wie mangelnde Sprachkenntnisse, bestehen können (AIDA a.a.O., S. 154 f.; BFA a.a.O., S. 13).
Weiter genießen anerkannte Schutzberechtigte Krankenversicherungsschutz und haben Zugang zu Sozialleistungen und verschiedenen Beihilfen in Bereichen wie Familie, Wohnraum, Bildung, Behinderung, et cetera (BFA a.a.O.).
Zu alldem tritt noch, dass die Antragstellerin die Landessprache spricht und ihr insofern eine Verständigung mit den Behörden und der Eintritt in den Arbeitsmarkt deutlich leichter fallen dürften als sprachunkundigen Schutzberechtigten.
e) Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsgegnerin von ihrem gemäß Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen hätte.
f) Nachdem auch ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG für die Antragstellerin in Bezug auf Frankreich nicht ersichtlich ist, wie bereits in Ziffer 2 des vollziehbaren Bescheides vom 7. Januar 2020 festgestellt wurde, erweist sich die Abschiebungsanordnung im Ergebnis als voraussichtlich rechtmäßig.
Es stellen sich bezüglich eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nämlich dieselben rechtlichen Fragen, die das Gericht bereits unter 2. c) und d) zur Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG in Bezug auf die Lage in Frankreich für Dublin-Rückkehrer und anerkannte Schutzberechtigte erörtert hat. Es wird deshalb auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenso wenig erfüllt. Hinsichtlich allgemeiner Gefahren im Zielstaat, etwa verursacht durch das Corona-Virus oder die humanitäre Lage, sind die Anforderungen in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende Extremgefahr) höher als jene in § 60 Abs. 5 AufenthG (vgl. BVerwG, B.v. 23.8.2018 – 1 B 42.18 – juris Rn. 13), so dass im Lichte des Nichtvorliegens eines Abschiebungsverbots aus Art. 60 Abs. 5 AufenthG erst recht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung nicht gegeben sind (vgl. VGH BW, U.v. 12.10.2018 – A 11 S 316/17 – juris). Eine sonstige der Antragstellerin individuell drohende Extremgefahr für deren Leib, Leben oder Freiheit ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Die Gefahr in Frankreich am Corona-Virus SARS-CoV-2 zu erkranken oder gar zu versterben ist für die junge und gesunde Antragstellerin nicht zu einer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohenden Extremgefahr verdichtet. Zudem listet das Robert-Koch-Institut Frankreich seit dem 23. Mai 2021 nur noch als einfaches Risikogebiet (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Co-ronavirus/Risikogebiete_neu.html, zuletzt abgerufen am 18.6.2021).
g) Mit der Zustimmung des angefragten Staates Frankreich zur Aufnahme der Antragstellerin und der Aufforderung, entweder den Flughafen Aéroport de Lyon-Saint-Exupéry oder Aéroport de Marseille-Provence für die Überstellung zu nutzen, steht auch die tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung i.S.v. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG fest. Etwaige inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, die im Rahmen der Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anders als bei der Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt zu prüfen sind, sind nicht ersichtlich (Pietzsch in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 29. Ed. 1.4.2021, § 34a AsylG Rn. 9 ff.).
h) Soweit die Antragstellerbevollmächtigte hilfsweise die Verpflichtung der Ausländerbehörde, bis zur Entscheidung im Klageverfahren keine Abschiebemaßnahmen gegen die Antragstellerin zu ergreifen, beantragt hatte, ist darin eine bereits unzulässige (Eventual-)Antragshäufung zu sehen. Nach § 44 VwGO entsprechend muss der Antragsgegner von Haupt- und Hilfsantrag identisch sein (Buchheister in Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 44 Rn. 6). Daran fehlt es hier, weil Antragsgegnerin des Hauptantrages die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt und Antragsgegnerin des Hilfsantrages die „zuständige Ausländerbehörde“ ist. Eine subjektive Klagehäufung mit zwei Antragsgegnerinnen ist hier ausweislich des Schriftsatzes des Antragstellerbevollmächtigten vom 18. März 2021, in dem als Antragsgegnerin lediglich die Bundesrepublik Deutschland benannt ist, nicht gewollt. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, warum das Bundesamt und die Ausländerbehörde einfache oder notwendige Streitgenossen im Sinne des § 64 VwGO i.V.m. § 59-63 ZPO sein sollten.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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