Europarecht

Dublin-Verfahren (Bulgarien)

Aktenzeichen  M 24 K 16.50501

Datum:
9.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 134132
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1, § 34a Abs. 1 S. 1
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2, Art. 18 Abs. 1 lit. b, Art. 23 Abs. 2, Art. 25 Abs. 2
GRCh Art. 4

 

Leitsatz

Sowohl für Asylbewerber wie auch für Dublin-Rückkehrer besteht derzeit kein Grund für die Annahme, in Bulgarien bestehe kein ausreichendes Verfahren für die Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahrens. Auch die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, stellt für sich genommen keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems dar. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
2. Das Verwaltungsgericht München ist zur Entscheidung über die Klage insbesondere örtlich zuständig, weil der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit seinen Aufenthalt nach dem Asylgesetz im Regierungsbezirk Oberbayern (Landkreis …*) und damit im Gerichtsbezirk zu nehmen hatte (§ 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO). Aufgrund des Kammerbeschlusses vom 27. September 2016 ist der Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung über die Klage berufen (§ 76 Abs. 1 AsylG).
3. Die Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Bescheid ist zulässig, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 74 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG erhoben worden.
4. Die Klage ist jedoch begründet, da sich der streitgegenständliche Bescheid im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als rechtmäßig erweist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
4.1. Rechtsgrundlage für den Bescheid sind §§ 29 Abs. 1 Nr. 1a und 34a Abs. 1 AsylG (in der am 6. August 2016 in Kraft getretenen Fassung durch das Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I, 1939 ff)).
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG (vormals § 27a AsylG a.F.) ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Die für die Bestimmung des nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG zuständigen Staates maßgebliche Dublin-III-VO ist gem. Art. 49 Unterabs. 2 Satz 1 Alternative 2 Dublin-III-VO auf den vorliegenden Fall anwendbar, da der Antrag auf internationalen Schutz nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde.
Im vorliegenden Fall ist Bulgarien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO ausweislich des EURODAC-Treffers als Staat der ersten Einreise in das Gebiet der Mitgliedstaaten für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Eine nach der gem. Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO verbindlichen Rangfolge des Zuständigkeitskriterienkatalogs vorrangige Zuständigkeit der Beklagten oder eines anderen Staates ist nicht ersichtlich.
Die Zuständigkeit Bulgariens ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Bundesrepublik Deutschland (oder einen anderen Mitgliedstaat) übergegangen. Das Bundesamt hat sein Wiederaufnahmegesuch innerhalb der von Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO vorgesehenen, wegen der zugrunde liegenden EURODAC-Treffermeldung gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 hier 2-monatigen Frist an Bulgarien gerichtet, das sich am 14. März 2016 mit der Wiederaufnahme des Klägers gemäß Art. 20 Abs. 5 Dublin-III-VO einverstanden erklärte. Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO noch nicht abgelaufen ist. Aufgrund des rechtzeitigen Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, der bewirkt, dass eine Abschiebung des Antragstellers kraft Gesetzes (§ 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht vollzogen werden darf, wird die am 14. März 2016 mit der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs zunächst begonnene Überstellungsfrist mit der Entscheidung über diesen Antrag erneut in Lauf gesetzt (BVerwG, U.v. 26.05.2016 – 1C 15/15 – juris Rn. 11).
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein anderer Staat einen Selbsteintritt i.S.v. Art. 17 Dublin-III-VO erklärt hat oder dass die Zuständigkeit Bulgariens gemäß Art. 19 Abs. 2 oder 3 Dublin-III-VO erloschen ist.
4.2. Eine Überstellung an Bulgarien als den nach der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaat ist vorliegend auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO unmöglich.
4.2.1. Nach dieser Vorschrift ist die Überstellung unmöglich, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Bulgarien systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikel 4 der EU-Grundrechtscharta (GRCh) mit sich bringen. Der Regelung liegt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zugrunde, wonach die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich aufgrund des Prinzips gegenseitigen Vertrauens bestehende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Europäischen Grundrechtecharta (GRCh), der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht, nicht unwiderleglich ist, sondern für den Fall, dass dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein kann, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, widerlegt werden kann (EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u.a. – juris Rn. 79 ff). Die Schwachstellen bzw. Mängel des Asylsystems müssen dabei nicht kumulativ Asylverfahren und Aufnahmebedingungen betreffen, sondern können auch alternativ vorliegen (Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 27a Rn. 47; vgl. auch BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 9: „Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen“).
Eine Widerlegung der Vermutung ist allerdings an hohe Hürden geknüpft. Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die einschlägigen EU-Richtlinien genügen, um die Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat zu verhindern (EuGH, a.a.O; BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 6). Ein hinreichend schwerer Verstoß gegen das Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung des Art. 4 GRCh (bzw. des inhaltsgleichen Art. 3 EMRK) ist im asylrechtlichen Zusammenhang etwa gegeben bei einer systemischen Nichtbeachtung des Refoulementverbots. Es können aber auch die allgemeinen Haft- und Lebensbedingungen für Asylbewerber eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen (BeckOK AuslR/Günther AsylG § 27a Rn. 24-25; zum im Rahmen von Art. 3 EMRK zu prüfenden Refoulementverbot siehe auch: EGMR, U.v. 21. 1. 2011 − M.S. S./Belgien u. Griechenland, 30696/09 – NVwZ 2011, 413 Rn. 286 ff und 342 ff; EGMR, U.v. 3.7.2014 – Mohammadi/Österreich, 71932/12 – abrufbar unter http://www.ris.bka.gv.at, Rn. 60 und 71 ff). Systemische Schwachstellen liegen also insbesondere dann vor, wenn dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, der Zugang zu einem Asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden Mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, wenn das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder wenn er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer (noch) zumutbaren Weise befriedigen kann (OVG NRW, U.v. 7. März 2014 – 1 A 21/12.A – juris Rn. 126).
„Systemisch“ sind Schwachstellen, die den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft treffen, sondern die sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren lassen. Dies setzt voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 9). Für die Annahme systemischer Mängel kann ausreichend sein, dass der Asylbewerber einer Gruppe von Personen angehört, für deren Mitglieder sich die unmenschliche oder erniedrigende Behandlung systemimmanent regelhaft prognostizieren lässt (BeckOK AuslR/Günther, AsylG § 27a Rn. 24-25).
4.2.2. Auf der Grundlage der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel geht das Gericht davon aus, dass im Hinblick auf Bulgarien wesentliche Gründe für die Annahme systemischer Schwachstellen in diesem Sinne jedenfalls im Hinblick auf Personen, die wie der Kläger innerhalb der Gruppe der Asylbewerber keiner besonders verwundbaren Teilgruppe – wie insbesondere Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke – angehören, nicht ersichtlich sind.
4.2.3. Das Gericht legt seiner Entscheidung folgende Erkenntnismittel zugrunde:
– United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR), UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, 2 January 2014 (nachfolgend: UNHCR I), abrufbar unter: http://www.refworld.org/docid/52c598354.html
– UNHCR, Bulgarien als Asylland – UNHCR Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien, April 2014 (nachfolgend: UNHCR II), abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des BAMF oder http://www.refworld.org/docid/534cd85b4.html
– European Asylum Support Office (EASO), EASO Special Support Plan to Bulgaria, 05.12.2014 (nachfolgend: aktueller EASO-Plan), abrufbar unter:
http://easo.europa.eu/wp-content/uploads/SSP-BG-2014-12-03.pdf
– UNHCR, Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen für Deutschland, Schreiben vom 23.12.2014 an das Verwaltungsgericht Minden in der Verwaltungsrechtssache 10 L 530/14.A (nachfolgend: UNHCR III; einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);
– Asylum Information Database (aida), Country Report Bulgaria, Stand: Oktober 2015, (nachfolgend: aida) abrufbar unter:
http://www.asylumineurope.org/reports/country/bulgaria
– Eurostat – Asylum and new asylum applicants – monthly data, Stand: 15.2.2016 (nachfolgend: aktuelle Eurostat-Statistik), abrufbar unter (Abrufdatum 15.2.2016):
http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table& init=1& language=en& pcode=tps00189& plugin=1
– Amnesty International – Report 2014/15 – Bulgaria – 25.2.2015, abrufbar unter:
http://www.refworld.org/docid/54f07e10c.html
– Amnesty International – Missing the Point. Lack of Adequate Investigation of hate crimes in Bulgaria, Februar 2015, abrufbar unter:
http://www.amnesty.eu/en/news/statements-reports/eu/missing-the-point-lack-of-adequate-investigation-of-hate-crimes-in-bulgaria-0790/
– Amnesty International – Report 2016 – Bulgarien, abrufbar unter: http://www.amnesty.de/jahresbericht/2016/bulgarien
– Pro asyl, Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien, April 2015, abrufbar unter:
http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2015/150415_Bulgarienbericht.pdf Dabei ist für das Gericht im Hinblick auf Art. 77 Abs. 1 AsylG die aktuelle Situation im Zeitpunkt des vorliegenden Entscheidung maßgeblich, weswegen nicht mehr aktuelle Erkenntnismittel und frühere Judikate (vgl. etwa VG München, B.v. 16.7.2014 – M 24 S 14.50345 – juris), soweit sich seit deren Ergehen aktuellere Erkenntnisse ergeben haben, für das Gericht nicht entscheidend sind.
4.2.4. Das Gericht schließt sich den folgenden Ausführungen des VG Düsseldorf (B.v. 7.5.2015 – 13 L 1607/15.A – juris 32-49) an, die ihrerseits die Ausführungen des VG Minden (U.v. 10.2.2015 – 10 K 1660/14.A – juris Rn. 61-70) bestätigend fortführen und gleichermaßen mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Urteil vom 1. April 2015 – A 11 S 106/15 (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. U.v. 10.11.2014 – A 11 S 1778/14 – und v. 18.3.2015 – A 11 S 2042/14 – jeweils juris) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 29.01.2015 – 13a B 14.50039 – juris) hinsichtlich des Fehlens systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems und der Aufnahmebedingungen im Einklang stehen:
Damit ist vorliegend in erster Linie die Situation von Dublin-Rückkehren zu betrachten.
Gemessen hieran und unter Berücksichtigung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller Gefahr liefe, nach der Rücküberstellung nach Bulgarien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen.
Das Gericht verkennt zwar nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände in Bulgarien. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. So listen Amnesty International in seinem Bericht vom März 2014 sowie European Council on Refugees and Exiles (ECRE) in seiner Stellungnahme vom 7. April 2014 – trotz Anerkennung gewisser Verbesserungen – weiterhin mangelhafte Bedingungen auf und plädieren dafür, von einer Überstellung von Flüchtlingen nach Bulgarien abzusehen. Auch Bordermonitoring führt in seinem Bericht vom 7. Juli 2014 über die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Bulgarien Missstände auf und spricht sich gegen Überstellungen im Dublin-Verfahren nach Bulgarien aus, solange in Bulgarien keine menschliche Behandlung aller Asylsuchenden gewährleistet ist.
VG Würzburg, Beschluss vom 18. August 2014 – W 6 S 14.50098 -, juris, Rn. 17.
Indes ist für das Gericht entscheidend, dass UNHCR in seiner aktualisierten Bestandsaufnahme vom April 2014 („UNHCR Observations: Current Situation of Asylum in Bulgaria – April 2014“) nicht mehr darauf beharrt, von Dublin-Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien abzusehen. Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office – EASO) hat ebenfalls keine Empfehlung ausgesprochen, von der Rückstellung nach Bulgarien abzusehen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Drittstaat, der nach den Kriterien der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind, 37 vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 – C 528/11 -, NVwZ-RR 2013, 660.
Maßgebend für UNHCR war, dass die bulgarischen Behörden und ihre Partner in den letzten drei Monaten signifikante Anstrengungen mit Blick auf die Lebensbedingungen für Asylsuchende und das Asylsystem unternommen haben. Die Bedingungen in den Aufnahmezentren haben sich verbessert. Es gibt Zugang zur medizinischen Versorgung. Auch die Unterstützung durch EASO brachte erhebliche Verbesserungen. In dem Bericht des UNHCR ist ausgeführt, trotz weiter gegebener Schwächen und Defizite des Asylsystems in Bulgarien sei angesichts der zwischenzeitlich eingetretenen, zahlreichen Verbesserungen eine allgemeine Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien – mit Ausnahme besonders schutzwürdiger Personen – nicht mehr angezeigt. Die in den Aufnahmezentren festgestellten Bedingungen hätten sich seit Dezember 2013 spürbar verbessert; dies betreffe den Zugang zur medizinischen Primärversorgung, Unterstützung durch Dolmetscherdienste im Anmelde- und Asylverfahren, bei der Unterkunft und der finanziellen Unterstützung. Bulgarien sei von der EU finanziell, logistisch und personell unterstützt worden. Die bulgarische Regierung hab sich dem Problem nicht verschlossen, sondern konstruktiv mit UNHCR und EASO zusammengearbeitet.
VG Würzburg, Beschluss vom 18. August 2014 – W 6 S 14.50098 -, juris Rn. 18; VG Bremen, Urteil vom 16. Juli 2014 – 1 K 152/14 -, juris Rn. 32; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30366 -, juris, Rn. 27; VG München, Beschluss vom 7. Mai 2014 – M 11 S 14.50163 -, juris, Rn. 17 ff.
Die Bulgarien vorgeworfenen Verstöße gegen das Refoulement-Verbot durch Zurückschiebungen an der bulgarisch-türkischen Grenze, 41 vgl. dazu etwa den Bericht von Pro Asyl von April 2015 (a.a.O.), S. 27 f, 42 betreffen den Antragsteller nicht, weil er sich bereits auf Unionsgebiet befindet. Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien in Bezug auf Dublin-Rückkehrer gegen das Refoulement-Verbot verstößt, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Asylbewerber, die wie der Antragsteller aus anderen Mitgliedsstaaten der EU nach Bulgarien zurückkehren, haben grundsätzlich keine Hindernisse beim Zugang zum Asylverfahren aufgrund ihrer Rückkehr. Ist der Asylantrag bei der Rückkehr noch nicht entschieden, wird für die Person (grundsätzlich) in Bulgarien eine Entscheidung getroffen. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird das Verfahren wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann „objektive Gründe“ für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellt; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft. Bei Dublin-Rückkehrern, wie dem Antragsteller, wird das Asylverfahren indessen grundsätzlich – unabhängig davon, ob die vorstehend genannten Fristen verstrichen sind – wiedereröffnet, und zwar an der Stelle, an welcher der Stillstand eingetreten ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Eine Prüfung seines Antrags ist dann prinzipiell sichergestellt; der Betroffene genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber auch. Das Verfahren wird nur dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig beendet worden ist. In diesem Fall hat auch der Dublin-Rückkehrer nur noch die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen.
Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 4. Mai 2015 – 15 L 947/15.A -, S. 5 f.; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 10. Februar 2015 – 10 K 1660/14.A -, juris, Rn. 88; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014, – A 11 S 1778/14 -, juris, Rn. 58.
Schließlich lässt sich auch nicht feststellen, dass der Antragsteller in Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit inhaftiert werden wird. Dublin-Rückkehrer genießen grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Antragsteller im Erstverfahren, d.h. sie werden im Anschluss an die Rückkehr üblicherweise in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht. Nur solche im Dublin-Verfahren überstellte Personen, deren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes durch eine bestands- bzw. rechtskräftige Entscheidung abgelehnt worden ist und die keinen Folgeantrag stellen, können in einer Haftanstalt festgehalten werden, aus der heraus dann die Abschiebung durchgeführt wird. Dies betraf im Zeitraum von 1. Januar bis zum 30. Oktober 2014 nur 7 von 143 Dublin-Rückkehrern.
Vgl. UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Minden vom 23. Dezember 2014, S. 4 der auszugsweisen Übersetzung aus dem Englischen.
Abgesehen davon begründet die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, für sich genommen noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems. Mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird nämlich das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. Nach Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 Dublin-III-VO haben die Mitgliedstaaten die Pflicht, jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, zu prüfen. Dabei haben sie die durch die erstmals in der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 13. Dezember 2005 (ABl. L 326) und neugefasst in der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180/60) bestimmten einheitlichen Standards zu beachten. Zu diesen Mindestgarantien zählt, dass die Verwaltung mit aller gebotenen Sorgfalt die entsprechenden Erklärungen der betroffenen Person zur Kenntnis nimmt, indem sie sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht und ihre Entscheidung eingehend begründet. Die Verfahrensgarantien umfassen jedoch nicht das Recht, im Falle eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat verbleiben zu dürfen und von Maßnahmen verschont zu werden, die der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen. Namentlich erfolgt die Inhaftnahme in einem solchen Fall nicht mehr allein deshalb, weil der Betroffene Asylbewerber ist (vgl. Artikel 18 Absatz 1 der RL 2005) bzw. weil er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (Artikel 26 Absatz 1 RL 2013). Die Haft zum Zweck der Sicherung einer Abschiebung begründet demnach noch keinen systemischen Mangel im Sinne der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung.
Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A -, juris Rn. 81 m.w.N.; VG Minden, Urteil vom 10. Februar 2015, 15 K 1660/14.A, juris, Rn. 89 ff. unter Hinweis auf VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013, 33 L 450.13 A, juris, Rn. 14 ff.
Bei einer Gesamtwürdigung der dargestellten Erkenntnisse geht das Gericht im Ergebnis davon aus, dass die noch bestehenden Umstände jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Soweit die Bedingungen in einzelnen Aufnahmeeinrichtungen noch verbesserungswürdig sind, ist darauf hinzuweisen, dass einzelne Missstände, die in bestimmten Aufnahmeeinrichtungen auftreten, das Asyl- und Aufnahmesystem nicht insgesamt tangieren. Auch der Umstand, dass sich die Situation in Bulgarien deutlich schlechter darstellen mag als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet für sich keinen systemischen Mangel.
Vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 18. August 2014 – W 6 S 14.50098 -, juris Rn. 19.
4.2.5. Ergänzend zu den vorgenannten Ausführungen ist anzumerken, dass Amnesty International in seinem Bericht 2014/15 – Bulgaria – vom 25. Februar 2015 ausdrücklich die Verbesserung der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien in den Blick nimmt und sich nicht mehr für das Absehen von Rücküberstellungen ausspricht. Besorgnis verbliebe jedoch hinsichtlich des Zugangs auf bulgarisches Territorium (sog. „Push-Backs“, so auch im Amnesty Report 2016) und der Integration von Flüchtlingen. Die Verhütung und die Verfolgung ausländerfeindlich motivierter Straftaten durch die staatlichen Behörden seien inadäquat. Der Bericht von Pro Asyl, Flüchtlinge in Bulgarien vom April 2015 gibt Einzelbefragungen aus dem Zeitraum 2013 bzw. Mitte 2014 wieder, in denen – soweit eindeutig herauslesbar – Vorkommnisse vor Asylantragstellung und nach Asylanerkennung geschildert werden, die deshalb keinen Erkenntniswert zu den konkreten Aufnahmebedingungen während des Asylverfahrens wiedergeben.
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass für den Kläger bei einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine hinreichende Möglichkeit besteht, sein Asylbegehren in Bulgarien prüfen zu lassen. Auch die aktuelle Eurostat-Statistik, die den von UNHCR III konstatierten Wiederanstieg der Asylbewerberzahlen in Bulgarien bestätigt, rechtfertigt angesichts des EASO-Plans, der für Bulgarien weitere Unterstützung vorsieht, keine andere Schlussfolgerung, zumal ausweislich des aida-Reports Bulgarien (Stand: 30.9.2015, dort S. 29) für Dublin-Rückkehrer keine prinzipiellen Hindernisse beim Zugang zum Asylverfahren nach einer Rückkehr bestehen.
4.2.6. Auch hinsichtlich des weiteren Verlaufs des dem Kläger offenstehenden Asylverfahrens sind keine durchgreifenden Mängel erkennbar – insoweit schließt sich das Gericht dem VG Minden (U.v. 10.2.2015 – 10 K 1660/14.A – juris Rn. 72-73) an:
Auch in Bezug auf den weiteren Verlauf des dem Kläger offenstehenden Asylverfahrens sind keine durchgreifenden Mängel des bulgarischen Asylsystems erkennbar. Die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen – wie dem Kläger – wesentlich verkürzt. Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können. Zumindest für ein – im Falle des Klägers in Rede stehendes – Asylerstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen. Diese Defizite können jedoch – auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen – nicht als derart gravierend eingestuft werden, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären und die Betroffenen in ihren Rechten aus Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verletzen würden.
Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014- A 11 S 1778/14 -, m.w.N., juris (Rdnr. 56).
4.2.7. Im Hinblick auf die sozialen Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern in Bulgarien (Unterbringung und Versorgung) ist jedenfalls für Personen, die wie der Kläger innerhalb der Gruppe der Asylbewerber keiner besonders verwundbaren Teilgruppe – wie insbesondere Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke – angehören, nicht von systemischen Mängeln i.S.v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO auszugehen.
Das Gericht schließt sich insoweit folgenden Ausführungen des VG Minden (U.v. 10.2.2015 – 10 K 1660/14.A – juris Rn. 101 – 109) an:
Die SAR verwaltet sieben Aufnahme-, Unterbringungs- und Übergangseinrichtungen (drei in Sofia, eines in der Nähe Sofias und drei im Süden Bulgariens) mit einer Gesamtaufnahmekapazität von 6.000 Personen. Am 3. November 2014 waren in diesen Einrichtungen (lediglich) 3.910 Personen (davon 2.817 Syrer) untergebracht. In den Einrichtungen der SAR sollen lediglich Asylbewerber untergebracht werden. Allerdings erlaubt die SAR die andauernde Unterbringung von 650 Einzelpersonen, denen Schutz gewährt wurde und die in diesen Einrichtungen verweilen, da sie keine sonstigen Mittel haben, um ihren Unterhalt in Bulgarien zu sichern.
Vgl. dazu Seite 2 der Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014.
Dass sich die genannten Zahlen seit November 2014 wesentlich verändert hätten, ist nicht ersichtlich. Der Kläger wird danach im Anschluss an eine Rückkehr in die Republik Bulgarien einen Platz in einer der Aufnahmeeinrichtungen der SAR erhalten können, da deren Kapazitäten bei weitem nicht erschöpft sind.
Auch die Bedingungen in den Aufnahmeeinrichtungen sind nicht derart defizitär, dass insoweit von systemischen Mängeln ausgegangen werden müsste. Nach der Auskunft des UNHCR vom 23. Dezember 2014 sorgt der Staat in den Aufnahmeeinrichtungen der SAR zwei Mal täglich für warme Mahlzeiten und eine medizinische Grundversorgung der Bewohner. Aufgrund einer Förderung durch den UNHCR sorgen Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarisches Helsinki Komitee, Caritas) u.a. für soziale Dienste, rechtliche Beratung und Sprachkurse. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten Dublin-Rückkehrer haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die auch anderen Asylbewerbern zustehen.
Insgesamt sind die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen in baulicher wie auch personeller Hinsicht grundlegend angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Dass die Verhältnisse in mancherlei Hinsicht nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Dass die Qualität der Nahrung in den Aufnahmeeinrichtungen möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Angesichts der erreichten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist – jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern – nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem (wie in der Vergangenheit) wieder kollabieren wird und die Asylsuchenden daher die Zentren erneut „auf eigenen Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. Dies gilt umso mehr, als die derzeit wieder (moderat) ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im Jahr 2013, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen.
Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014- A 11 S 1778/14 -, juris (Rdnr. 49 ff.).
Allerdings sieht der UNHCR in seiner Auskunft vom 23. Dezember 2014 nach wie vor erhebliche Defizite des bulgarischen Asylsystems in Bezug auf besonders schutzbedürftige Personen, zu denen vor allem Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke gehören.
Vgl. zu diesem Aspekt auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 -, juris (Rdnr. 49, 51 ff.).
Das Gericht lässt offen, ob sich aus den entsprechenden Defiziten systemische Mängel des bulgarischen Asylsystems ergeben. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Kläger hieraus nichts für sich herleiten, weil er nicht zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen im vorstehend genannten Sinne zählt. Für Alleinstehende und Paare ohne Kinder lassen sich entsprechende Mängel in der Regel – so auch hier – nicht feststellen.
Auch aus dem neueren aida-Report Bulgarien (Stand: 30.9.2015, dort S. 43-51) ergibt sich nichts anderes. Nach wie vor wird zwar von bestehenden Defiziten bei den Aufnahmebedingungen berichtet, jedoch sind diese zur Überzeugung des Gerichts nicht als so schwerwiegend einzuschätzen, dass sie die Schwelle einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO überschreiten. Dies gilt jedenfalls für Personen, die nicht zu dem vom UNHCR ausdrücklich erwähnten Kreis der besonders Schutzbedürftigen (insbesondere Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke) gehören. Diesem besonders schutzwürdigen Personenkreis gehört der Kläger nicht an.
4.2.8. Auch soweit in Bulgarien Defizite bei der Versorgung anerkannter Schutzberechtigter diskutiert werden (vgl. VGH Baden-Württemberg U.v. 10.11.2014 – A 11 S 1778/14 – InfAuslR 2015, 77, juris Rn. 59), ist jedenfalls der Kläger hiervon in seinem derzeitigen asylrechtlichen Status nicht betroffen.
Im Falle des Klägers liegen daher keine wesentlichen Gründe für die Annahme systemische Schwachstellen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO vor, die einer Überstellung nach Bulgarien entgegenstehen. Im Ergebnis erweist sich deshalb der angefochtene Bescheid als rechtmäßig; die Anfechtungsklage bleibt ohne Erfolg.
5. Der vollständig unterliegende Kläger hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff der Zivilprozessordnung (ZPO).


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