Europarecht

EA 288: Vorliegen eines Thermofensters stellt einen Mangel iSd § 434 BGB dar

Aktenzeichen  12 U 4671/19

Datum:
2.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23145
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 434

 

Leitsatz

1. Der Senat beabsichtigt, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH BeckRS 2020, 35477) zu folgen, wonach eine Abschalteinrichtung iRd Abgasrückführung europarechtlich unzulässig ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist in einem Fahrzeug ein EA 288 Motor verbaut, bei dem zum Zeitpunkt der Pkw-Übergabe ein Thermofenster vorliegt, ist von der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs iSd § 434 BGB auszugehen. (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der nach § 287 ZPO abzuschätzenden Nutzungsentschädigung ist von einer möglichen Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 250.000 km auszugehen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Senat beabsichtigt, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 17.12.2020, C-693/18) zu folgen, wonach eine Abschalteinrichtung im Rahmen der Abgasrückführung europarechtlich unzulässig ist. Vorliegend ist daher – das Vorliegen eines „Thermofensters“ im streitgegenständlichen Motor (Typ EA 288) zum Zeitpunkt der Pkw-Übergabe ist zwischen den Parteien unstreitig – von der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs i.S.d. § 434 BGB auszugehen.
Durchgreifende Bedenken gegen einen wirksamen Rücktritt der Klagepartei vom Kaufvertrag sind nicht ersichtlich.
Bei der nach § 287 ZPO abzuschätzenden Nutzungsentschädigung geht der Senat von einer möglichen Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 250.000 km aus (vgl. Endurteil des OLG Nürnberg vom 26.02.2020 – 12 U 1336/19).
Es ergeht Anfrage an die Parteien mit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen, ob einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 525 Satz 1 ZPO, § 128 Abs. 2 ZPO) zugestimmt wird.
Für den Fall der Zustimmung teilt der Senat schon jetzt mit, dass die Klagepartei mit dem Beschluss, dass ein schriftliches Verfahren durchgeführt werden wird, aufgefordert werden wird, – gegebenenfalls mit geeigneten Beweisangeboten – in dem Schriftsatz, der der letzten mündlichen Verhandlung entsprechen wird, den aktuellen Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs (mit Angabe des genauen Ablesedatums!) mitzuteilen. Es empfiehlt sich, diese Mitteilung vorab von Anwalt zu Anwalt der Gegenpartei zukommen zu lassen, sodass diese möglicherweise diesen Kilometerstand ebenfalls in dem Schriftsatz, der der letzten mündlichen Verhandlung entspricht, unstreitig stellen kann.
Die Parteien werden mit einem entsprechenden Hinweis in dem genannten Beschluss auch aufgefordert werden, darüber Angaben zu machen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug vom Zeitpunkt des Erwerbs an bis heute gleichmäßig genutzt wurde und auch etwaige vom Landgericht festgestellten Kilometerstände über die Fahrleistung zutreffen und diese vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Kilometerstände des klägerischen Fahrzeugs sowohl für die Berechnung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als auch für die Zinsberechnung herangezogen werden können.
Der Senat sieht dies unter den gegebenen Umständen als gut geeignete Möglichkeit an, die derzeit etwa 2000 unerledigten Verfahren fördern zu können.


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