Europarecht

Einstweiliger Rechtsschutz gegen Betriebsuntersagung

Aktenzeichen  Au 4 S 20.562

Datum:
28.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 13414
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
BImSchG § 20 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine auf § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützte Betriebsuntersagung.
Die Antragstellerin betreibt auf dem Grundstück Fl.Nr., Gemarkung, eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Bioabfall- und Speiserestevergärungsanlage.
In einer Änderungsgenehmigung gem. § 16 BImSchG der Regierung von … vom 10. Februar 2004 für die Maßnahmen „Verfahrensänderung; Änderung der Inputmenge auf 18.000 t/a; Errichtung und Betrieb eines weiteren Blockheizkraftwerks der Firma …“ ist unter Nr. 8.4.3.2 insbesondere bestimmt: „Im gereinigten Abgas des Biofilters darf die Geruchsstoffkonzentration (Z50 – Wert bestimmt aus mindestens 3 Proben) 500 GE/m3 nicht überschreiten. Das Messergebnis ist auf 2 Ziffern zu runden. Der typische Rohgasgeruch nach Prozessabluft und Speise- / Bioabfällen darf im Reingas des Biofilters nicht mehr erkennbar, d.h. deutlich wahrnehmbar sein“.
In einem auf § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG beruhenden Bescheid des Landratsamts … vom 17. Februar 2017 (geändert durch Bescheid vom 5.5.2017) wurde die Antragstellerin verpflichtet, beim Betrieb der Abfallbehandlungsanlage unter anderem folgende „Auflagen“ einzuhalten:
1.1 Im gereinigten Abgas des Biofilters II, Standort nördlich der Holztrocknung, darf die mittlere Geruchsstoffkonzentration (Z50-Wert bestimmt aus mindestens 3 Proben) 500 GE/m³ nicht überschreiten. Das Messergebnis ist auf 2 Stellen zu runden (z.B. 370 GE/m³ anstelle 367 GE/m³). Die Geruchsstoffkonzentration ist als Anzahl der Geruchseinheiten der emittierten Geruchsstoffe, bezogen auf das Volumen von Abgas bei 293,15 K und 101,3 kPa, vor Abzug des Feuchtegehaltes an Wasserdampf zu beziehen.
1.2 Die in Nr. 8.4.3.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Regierung von … vom 10.02.2004, Gz., für den Biofilter I und in Nr. 1.1 dieses Bescheides für den Biofilter II festgesetzten Emissionswerte für geruchsintensive Stoffe gelten jeweils als eingehalten, wenn das Ergebnis jeder Einzelmessung des mit dem Reingas emittierten filterspezifischen Eigengeruchs, zuzüglich der Messunsicherheit, die Geruchsstoffkonzentration von 500 GE/m³ nicht überschreitet und der für das Rohgas typische Geruch hinsichtlich Intensität, Qualität und hedonischer Wirkung nicht mehr wahrnehmbar ist.
1.3 Durch Messungen einer amtlich bekannt gegebenen Messstelle nach § 29b Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ist nachzuweisen, dass die in Nr. 8.4.3.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Regierung von … vom 10.02.2004, Gz., und die in Nr. 1.1 dieses Bescheides festgelegten Emissionsbegrenzungen der Geruchsstoffkonzentrationen im gereinigten Abgas der Biofilter I und II jeweils nicht überschritten werden und der für das Rohgas typische Geruch hinsichtlich Intensität, Qualität und hedonischer Wirkung nicht mehr wahrnehmbar ist.
1.4 Die Messungen haben bei maximaler Auslastung der Anlage bzw. während eines Betriebszustands mit maximalen Emissionen zu erfolgen.“
Nach umfangreichem Schriftwechsel zwischen Antragstellerin und Antragsgegner betreffend die von der Anlage der Antragstellerin hervorgerufenen Geruchsimmissionen untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin auf der Grundlage von § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG mit Bescheid des Landratsamts … vom 12. März 2020 den Betrieb der Bioabfall- und Speiserestevergärungsanlage. Dazu dürften ab dem 26. März 2020 keine Einsatzstoffe mehr angenommen werden. Vorher angenommene Einsatzstoffe dürfen in der Anlage behandelt werden (Nr. 1). Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 wurde angeordnet (Nr. 2). Falls die Antragstellerin ihrer Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheides ab dem 26. März 2020 nicht oder nicht vollständig nachkomme, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000,00 EUR zur Zahlung fällig.
Nach Nr. 1 des Bescheidtenors finden sich folgende „Hinweise“: „Über die Aufhebung der Untersagung des Betriebes kann entschieden werden, sobald dem Landratsamt … ein schriftliches Gutachten eines Sachverständigen für Abluftreinigungsanlagen, insbesondere Biofilter, vorliegt, welches mindestens folgende Punkte umfasst:
a) Funktionsfähigkeit und gegebenenfalls gegenseitige Beeinflussung aller Komponenten der Ablufterfassungs- und -behandlungsanlage.
b) Ursache des nicht ordnungsmäßen Betriebes der Abluftreinigungsanlage ab 14. Januar 2020 (Tag der Geruchsmessung durch die Firma … GmbH).
c) Konzept zur Wiederinbetriebnahme der Abluftverfassungs- und -behandlungsanlage nach der Aufhebung der Untersagung des Betriebes der Vergärungsanlage.
d) Konzept zur Gewährleistung des dauerhaften ordnungsgemäßen Betriebs der Ablufterfassungs- und Behandlungsanlage, unter Berücksichtigung und ggf. Überarbeitung des derzeitigen Betriebs- und Wartungskonzeptes der Anlagenbetreiberin.
Die Person des Sachverständigen ist vor dessen Beauftragung mit dem Landratsamt … abzustimmen. Einer Beauftragung von Herrn Privatdozent Dr. Ing. Habil. … gilt dabei als abgestimmt“.
Zur Begründung ist im Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass beim Betrieb der Anlage der Antragstellerin geruchsintensive Abluft entstehe, die vom Betreiber zu erfassen und zu reinigen sei, die Ablufterfassungs- und Reinigungsanlage bestehe aus zwei getrennten Abluftströmen. Letzte Reinigungsstufe des Abluftstroms I sei der Biofilter I, letzte Reinigungsstufe des Abluftstromes II der Biofilter II. Im gereinigten Abgas der beiden Biofilter dürfe die Geruchsstoffkonzentration jeweils 500 GE/m³ nicht überschreiten (vgl. Auflage 8.4.3.2 der Genehmigung der Regierung von … vom 10.2.2004; Nr. 1.1 des Bescheids des Landratsamts … vom 7.2.2017).
Der Antragsgegner habe wegen mehrerer Geruchsbeschwerden am 19. Juli 2019 eine Überwachung der Bioabfall- und Speiserestevergärungsanlage durchgeführt. Zum Zeitpunkt der Überwachung hätten sich die beiden Biofilter nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden. Dies habe den Antragsgegner dazu veranlasst, von der Antragstellerin die Durchführung von Immissionsmessungen zur Prüfung der Einhaltung der Immissionsbegrenzungen im gereinigten Abgas der beiden Biofilter zu verlangen.
Im Zeitraum vom 19. November 2019 bis zum 10. Januar 2020 seien zahlreiche weitere Geruchsbeschwerden aus der Bevölkerung des Marktes … beim Antragsgegner eingegangen. Bei bzw. in Folge einer Vorortüberwachung am 18. Dezember 2019 habe der Antragsgegner Mängel im Material des Biofilters I festgestellt.
Der Austausch der Aktivkohle durch die Antragstellerin am 23. Dezember 2019 habe keine Entspannung der Beschwerdesituation erbracht.
Am 14. Januar 2020 habe die … GmbH [im Folgenden: …] Immissionsmessungen in der Reinluft der beiden Biofilter durchgeführt. Am 15. Januar 2020 habe der Geschäftsführer der Antragstellerin den Antragsgegner darüber telefonisch informiert, dass sowohl der Biofilter I als auch der Biofilter II nicht mehr einsatzfähig seien und deshalb neu aufgesetzt werden sollten. Am 16. Januar 2020 habe die Antragstellerin per Mail den Austausch des Filtermaterials des Lavafilters mitgeteilt.
In der Folge habe es weitere Geruchsbeschwerden gegeben.
Nach dem Messbericht der … vom 21. Februar 2020 über die Geruchsmessungen am 14. Januar 2020 seien die zulässigen Geruchstoffkonzentrationen von 500 GE/m³ in der gereinigten Abluft in der Reinluft des Biofilters I mit 880 GE/m³ und in der Reinluft des Biofilters II mit 41.400 GE/m³ sowie 10.400 GE/m³ überschritten worden. Die … habe im Auftrag der Antragstellerin am 25. Februar 2020 weitere Immissionsmessungen durchgeführt. Ein Messbericht liege noch nicht vor. Nach mündlicher Auskunft des Geschäftsführers der Antragstellerin vom 26. Februar 2020 habe die Einhaltung der zulässigen Geruchsstoffkonzentration bei dieser Messung ebenfalls nicht nachgewiesen werden können.
Die Anordnung der Untersagung des Betriebs der Bioabfall- und Speiserestevergärungsanlage habe nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG erfolgen können.
Die Antragstellerin komme ausweislich der Messungen der … weder der bestandskräftigen Auflage 8.4.3.2 der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Regierung von … vom 10. Februar 2004 noch der bestandskräftigen Nr. 1.1 der Anordnung des Antragsgegners vom 7. Februar 2017 nach.
Die Anordnung der Untersagung des Betriebs sei ermessensgerecht und verhältnismäßig. Der Antragsgegner habe sich für die Untersagung des weiteren Betriebs der Anlage entschieden, weil die Antragstellerin bedeutende Anforderungen für die Abwehr von erheblichen Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft nicht einhalte. Die Überschreitung der zulässigen Geruchsstoffkonzentration belege einen nicht ordnungsgemäßen Betrieb der zur Reinigung installierten Abluftbehandlungsanlage. Solange die Ursache der Überschreitung nicht geklärt sei, könne die Betreiberin keine zielführenden Maßnahmen zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Betriebs der Anlage ergreifen und somit auch die Einhaltung der festgesetzten Geruchsstoffkonzentration in der Reinluft der beiden Biofilter nicht sicherstellen.
Die Untersagung des weiteren Betriebs der Anlage sei auch verhältnismäßig, weil die Antragstellerin die Abluftbehandlungsanlage in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß betrieben habe. Schon bei der Überwachung am 19. Juli 2019 hätten die Biofilter in Bezug auf Trockenheit bzw. Feuchte nicht den bescheidlichen Vorgaben entsprochen. Betriebliche Eigenkontrollen an den Biofiltereinrichtungen, wie bescheidlich vorgebeben, habe die Antragstellerin nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Selbst bei einer Prüfung der Abluftreinigungseinrichtungen im Dezember 2019 habe die Antragstellerin, mit Ausnahme des Aktivkohlefilters im Abluftstrom II, keine Mängel festgestellt. Die Antragstellerin sei bis zur Messung der … vom 14. Januar 2020 von einem mangelfreien Betrieb der beiden Biofilter ausgegangen. Das vorhandene Pflege- und Wartungskonzept der Biofiltereinrichtungen sei entweder nicht geeignet oder werde nicht richtig angewandt. Die Antragstellerin habe keine wirksamen Mechanismen, um Funktionsbeeinträchtigungen der Biofiltereinrichtungen festzustellen und damit eine Nichteinhaltung der zulässigen Geruchsstoffkonzentration zu verhindern. Erst die Zunahme der Häufigkeit von Geruchsbeschwerden aus der Nachbarschaft habe die Antragstellerin dazu veranlasst, die Abluftreinigungseinrichtung zu überprüfen. Der im Januar 2020 praktizierte Austausch sämtlicher Filtermaterialien der installierten Reinigungsstufen (Aktivkohle-, Lava- und Biofilter) biete keine Gewähr für einen dauerhaften ordnungsgemäßen Betrieb der Abluftreinigungsanlage. Solange die Antragstellerin Funktionsbeeinträchtigungen der Abluftbehandlungsanlage nicht erkennen könne, sei es nur eine Frage der Zeit, bis eine ähnliche Beschwerdesituation wie von Dezember 2019 bis Januar 2020 wieder auftrete.
Andere geeignete Mittel als die Untersagung des Weiterbetriebs der gesamten Anlage, welche die Einhaltung der zulässigen Geruchsimmissionen gewährleisteten, seien nicht ersichtlich.
Da die Ursache der Überschreitung der zulässigen Geruchsstoffkonzentration unbekannt sei, könnten gegenüber der Antragstellerin keine gegenwirkenden zusätzlichen Pflichten nach § 17 BImSchG zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Betriebs der Ablufterfassungs- und Behandlungsanlage angeordnet werden.
Eine Androhung von Zwangsgeldern für den Fall der Nichterfüllung der Auflage 8.4.3.2 der Genehmigung vom 10. Februar 2004 und Nr. 1.1 der Anordnung vom 7. Februar 2014 sei nicht zielführend. Zugelassene Messstellen könnten erfahrungsgemäß aus Kapazitätsgründen nicht unmittelbar nach auftretenden Geruchsbeschwerden Messungen durchführen, sodass erst Wochen danach Messergebnisse vorliegen würden. Letztendlich würde bei der Anwendung von Verwaltungszwang eine Ersatzvornahme vorliegen, bei der die Überwachungsbehörde durch Maßnahmen des Immissionsschutzes in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit der Antragstellerin eingreife. Im Vergleich dazu räume die Untersagungsverfügung der Betreiberin die Möglichkeit ein, durch aus ihrer Sicht geeignete Maßnahmen die Einhaltung der Geruchs- und Immissionsgrenzwerte sicherzustellen.
Eine teilweise Untersagung des Betriebs der Anlage, etwa durch die Reduzierung der zulässigen Einsatzstoffmenge, eine Beschränkung auf bestimmte Einsatzstoffe oder durch die Untersagung des Betriebs einzelner Teilbereiche der gesamten Anlage, reiche nicht aus, um die Einhaltung der Auflage und der Anordnung und damit die Verhinderung erheblicher Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft sicherzustellen. Da die Ursache der Überschreitung der zulässigen Geruchsstoffkonzentration im gereinigten Abgas der Biofilter nicht bekannt sei, könne nur eine komplette Untersagung den weiteren rechtswidrigen Betrieb der Anlage verhindern. Die Untersagung des Weiterbetriebs der Anlage stelle auch im Vergleich mit dem Widerruf der Genehmigung nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG das mildere Mittel dar. Der Antragstellerin sei es möglich, den Betrieb wieder aufzunehmen, sobald sie ausreichende Maßnahmen zur Einhaltung der Geruchsstoffkonzentrations-Grenzwerte getroffen habe.
Die Untersagung des Betriebs sei auch im Hinblick auf das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin am Weiterbetrieb der Anlage angemessen. Die finanziellen Beeinträchtigungen stünden nicht außer Verhältnis zur Durchsetzung der immissionsschutzrechtlichen Betreiberpflichten durch die vorübergehende Untersagung des Betriebs der Anlage, um zukünftige empfindliche Umweltbeeinträchtigungen in Form von Geruchsbelästigungen für die Nachbarschaft zu verhindern. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Aufhebung der Betriebsuntersagung, wenn die Einhaltung der Auflage 8.4.3.2 der Genehmigung vom 10. Februar 2004 und Nr. 1.1 der Anordnung vom 7. Februar 2017 sichergestellt sei. Durch die im Bescheidtenor eingeräumte Frist, bis zu der die Einsatzstoffe angenommen und auch noch behandelt werden dürften, sei es der Antragstellerin möglich, ihren vertraglichen Pflichten durch die Beauftragung anderer zugelassener Verwertungsanlagen weiter nachzukommen.
Über die Aufhebung der Betriebsuntersagung könne nach Vorlage eines Gutachtens, entsprechend dem Hinweis im Bescheidtenor, entschieden werden. Die Aufhebung der Betriebsuntersagung solle mit einer Messanordnung verbunden werden, die die Antragstellerin verpflichte, die Einhaltung der Geruchsimmissions-Grenzwerte spätestens sechs Monate nach der Wiederinbetriebnahme der Anlage durch eine Messung nachzuweisen.
Die von der Antragstellerbevollmächtigten im Schreiben vom 6. März 2020 vorgestellten einzelnen technischen Maßnahmen zur Optimierung der Geruchsstoffkonzentration in der gereinigten Abluft der Biofilter reichten nicht aus. Die Ursache der Überschreitung der zulässigen Geruchstoffkonzentration bei der Immissionsmessung der … am 14. Januar 2020 sei weiter unbekannt. Die für die künftige Sicherstellung der Einhaltung der Auflage und der Anordnung wesentlichen – in Betriebsanweisungen hinterlegten und wirksamen – Mechanismen zur Feststellung von Funktionsbeeinträchtigungen der Biofiltereinrichtungen seien ebenfalls nicht vorhanden. Der Einwand der Antragstellerin, durch eine Untersagung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG würde ein ordnungsgemäßes Anfahren der neu aufgesetzten Biofilter durch das Ausbleiben der Abluft verhindert, sei rechtlich nicht haltbar.
Die Antragstellerin habe die Auflage bzw. die angeordnete zulässige Geruchsstoffkonzentration schon in den vergangenen Jahren wiederholt nicht eingehalten. Zu vermuten sei, dass die Nichteinhaltung der zulässigen Geruchsstoffkonzentration ohne neue Anweisungen für den Betrieb der Ablufterfassungs- und Behandlungsanlage, die Anpassung der innerbetrieblichen Organisation oder personelle Konsequenzen in Zukunft wieder eintrete. Die nochmalige technische Optimierung der Abluftbehandlungsanlage und ein Neuaufsetzen der Biofilter reichten nicht aus, um auf eine Betriebsuntersagung verzichten zu können.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Bescheids vom 12. März 2020 Bezug genommen.
Die Antragstellerin ließ am 24. März 2020 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben, über die noch nicht entschieden ist (Au 4 K 20.561). Gleichzeitig beantragte sie im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
Zu den Gründen des Bescheids sei ergänzend folgendes auszuführen: Die Anordnung des Antragsgegners vom 4. Dezember 2009, Geruchs-Immissionsmessungen durchführen zu lassen, sei überflüssig gewesen, da die Antragstellerin dem Antragsgegner bereits am 14. August 2019 mitgeteilt habe, dass solche Messungen durchgeführt würden. Allerdings hätten diese erst im Januar 2020 stattfinden können. Auch habe die Antragstellerin auf die Ergebnisse der …-Messung vom 14. Januar 2020 neue Messungen beauftragt; das vollständige Ergebnisprotokoll hierzu liege noch nicht vor. Im Bescheid sei auch nicht erwähnt, dass die Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 6. März 2020 gegenüber dem Antragsgegner Stellung genommen hätten. Mit dem Schreiben sei ein Bericht des Sachverständigen Dr. … übermittelt worden. Dieser habe in dem Bericht vom 12. Februar 2020 mitgeteilt, dass die Verfahrenskombination aus Wäscher und Biofilter grundsätzlich für die hier vorliegende Abluftsituation geeignet sei, um eine Abreinigung von VOCs, Geruch sowie NH3 und H2S vornehmen zu können. Durch den Einsatz neuer Schüttungen für den Aktivkohlefilter sowie für die Biofilter sei mit einer deutlichen Immissionsverbesserung zu rechnen. Der Sachverständige weise zudem darauf hin, dass Teil- bzw. Vollstilllegungen von Anlagen und somit ausbleibende Immissionen nicht dazu geeignet seien, um die neu aufgesetzten Biofilter ordnungsgemäß anzufahren.
In einem Schreiben vom 20. März 2020 hätten die Antragstellerbevollmächtigten dem Antragsgegner ein dem Bescheid vom 12. März 2020 entsprechendes Gutachten des Sachverständigen Dr. … vom 18. März 2020 vorgelegt. Der Sachverständige habe festgestellt, dass der Anlagenbetrieb vom 29. Juli 2019 bis 14. Januar 2020 durch eine Reihe von Störungen gekennzeichnet gewesen sei, die nicht den regulären Anlagenbetrieb wiederspiegelten. Es stelle weiter fest, dass die Aktivkohlestufe sowie die Biofilterbetten inklusive Befeuchtungsmanagement mittlerweile ausgetauscht worden seien; hierdurch seien die mit der Messung der … vom 14. Januar 2020 festgestellten Mängel beseitigt worden. Dies werde belegt durch die vorläufigen Ergebnisse der neuen Messung der … vom 25. Februar 2020, wonach im Falle des Biofilters II die Geruchsimmissionen bereits jetzt deutlich reduziert werden könnten, mit nicht mehr maximal 40.000 GE/m³, sondern nur noch 5% davon. Die Funktionsfähigkeit der Anlage sei jetzt wiederhergestellt. Die volle Reinigungsleistung werde nach einer Allokationsphase von (üblicherweise) drei bis sechs Monaten erreicht. Jedenfalls nach Ablauf dieser Allokationsphase könne der Wert von Geruchseinheiten pro Kubikmeter wieder eingehalten werden. Letzteres könne nicht erreicht werden, wenn die Anlage in der Zwischenzeit, wie angeordnet, stillgelegt werde.
Der Bescheid des Antragsgegners sei rechtswidrig, weil er ermessensfehlerhaft sei. § 20 Abs. 1 BImSchG diene dazu, die Einhaltung von Auflagen durchzusetzen. Der Sachverständige Dr. … habe eindeutig festgestellt, dass Teil- bzw. Vollstilllegungen von Anlagen und somit ausbleibende Immissionen nicht dazu geeignet seien, um die neu aufgesetzten Biofilter ordnungsgemäß anzufahren, d.h. eine auf die Immissionssituation etablierte Mikroflora zu installieren.
Außerdem sei die Untersagung unverhältnismäßig. Sie sei ungeeignet. Nach den Feststellungen des Sachverständigen führe eine Untersagung und spätere Wiederinbetriebnahme dazu, dass die Reinigungsleistung der Abluftreinigungsanlage und damit das Unterschreiten des Grenzwerts von 500 GE/m³ erschwert werde. Eine Stilllegung des Betriebs ohne das Abwarten der technisch erforderlichen Allokationsphase erweise sich insoweit bereits als ungeeignet.
Die Untersagung sei auch nicht erforderlich. Die Antragstellerin habe bereits vor Ergehen des Bescheids die notwendigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit der Ablufterfassungs- und Reinigungsanlage ergriffen, namentlich der bereits umgesetzte Einsatz neuer Schüttungen für den Aktivkohlefilter sowie für die Biofilter. Hierdurch werde sich nach den Feststellungen des Sachverständigen die Emissions- und Immissionssituation deutlich verbessern. Eine vorübergehende Stilllegung und Wiederinbetriebnahme bewirke das Gegenteil. Die Antragstellerin habe sich darüber hinaus, vor Ergehen des Bescheids, dazu bereit erklärt, die vom Sachverständigen vorgeschlagenen Optimierungsvorschläge umzusetzen. Eine auch nur vorübergehende Betriebsstilllegung bedürfe es hierfür nicht. Zudem entstünden der Antragstellerin erhebliche, gegebenenfalls auch nicht rückgängig zu machende, wirtschaftliche Schäden. Es kämen Schadensersatzforderungen hinzu, da Verträge nicht eingehalten werden könnten.
Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom 30. März 2020,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Ausweislich der Bescheidgründe sei die Stellungnahme der Antragstellerbevollmächtigten vom 6. März 2020 gewürdigt worden. Der Antragsgegner habe die mit Schreiben vom 20. März 2020 gestellten Anträge auf außer Vollzugssetzung bzw. Aufhebung der Betriebsuntersagung abgelehnt, weil die vorgeschlagenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Optimierung der Abluftbehandlungsanlage hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit und mangels Anpassung des Betriebs- und Wartungskonzepts der Antragstellerin zu unkonkret seien. Weiter sei die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigungsanlage nicht gegeben, da der Biotricklingfilter keine bzw. eine unzureichende Reinigungswirkung aufweise.
Dem Antragsgegner seien die erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Antragstellerin bewusst gewesen. Gleichwohl überwögen die Interessen an der Einhaltung der zulässigen Geruchstoffkonzentration. Dies könne die Antragstellerin nicht gewährleisten. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG seien unstreitig erfüllt. Die Immissionsmessung der … GmbH habe am 14. Januar 2020 in der gereinigten Abluft des Biofilters I eine Geruchstoffkonzentration von 880 GE/m³ und in der gereinigten Abluft des Biofilters II eine Geruchstoffkonzentration von 41.400 GE/m³ sowie 10.400 GE/m³ ergeben. Bei einer weiteren Messung der … am 25. Februar 2020 habe nach Angaben der Antragstellerin der festgesetzte Immissionswert ebenfalls nicht eingehalten werden können.
Die Betriebsuntersagung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Die Antragstellerin behaupte zu Unrecht, dass die Abluftbehandlungsanlage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids voll funktionsfähig gewesen sei, dass durch die Einstellung des Betriebs die im Januar 2020 neu aufgesetzten Biofilter nicht ordnungsgemäß angefahren werden könnten und dass ohne die Untersagung des Betriebs nach der Adaptionszeit der Biofilter die Einhaltung des zulässigen Immissionswertes sichergestellt werde. Weder der Bericht noch das Gutachten des Sachverständigen Dr. … enthielten entsprechende Aussagen.
Die volle Funktionsfähigkeit der Abluftbehandlungsanlage sei nicht gegeben, weil der Biotricklingfilter keine nachweisbare Reinigungsleistung erbringe und die geruchserheblichen H2S-Konzentrationen in der Abluft des Abluftstroms II nicht ausreichend abgereinigt werden könnten.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen in seinem Bericht sowie im Gutachten seien im Abluftstrom II eine hohe H2S-Konzentration feststellbar, die zu der sehr hohen Geruchstoffkonzentration dieses Abluftstroms beitrügen. Weiter verweise der Sachverständige auf die nicht nachweisbare Reinigungseffizienz des Biotricklingfilters und empfehle dessen Umbau in einen PHgeregelten alkalischen Wäscher. Bei dem nicht funktionierenden Biotricklingfilter handele es sich um die erste Reinigungsstufe des Abluftstroms II, die maßgeblich dem Abbau der H2S-Immissionen diene.
Die Betriebsuntersagung sei auch nicht ermessensfehlerhaft, weil dadurch ein ordnungsgemäßes Anfahren der neu aufgesetzten Biofilter verhindert werde. § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG könne gerade auch angewendet werden, wenn die durchzusetzende Auflage oder Anordnung nur während des Betriebs einer Anlage erfüllt werden könne und der Anlagenbetreiber in der Vergangenheit Auflagen und Anordnungen wiederholt nicht eingehalten habe. Die Antragstellerin habe wiederholt die zulässige Geruchstoffkonzentration in der Reinluft der Biofilter nicht eingehalten (vgl. Immissionsmessungen vom 19.3.2015, 27.5.2015, 26.10.2017, 14.1.2020 und wohl auch 25.2.2020). Nach jeder nachgewiesenen Überschreitung sei die Abluftbehandlungsanlage technisch optimiert und die Biofilter neu aufgesetzt worden.
Zwar sei fachlich richtig, dass die Betriebsuntersagung aufgrund fehlender Abluftversorgung der Biofilter zu einer Beeinträchtigung der Biologie in den Filtern führen könne. Abhängig von der Dauer der Betriebsuntersagung könne dies ein Absterben der Filter-Bildung hier nach sich ziehen. In diesem Fall müssten die Biofilter neu aufgesetzt werden und die Adaptionszeit würde von Neuem beginnen. Diese Situation sei nicht ungewöhnlich für den Betrieb eines Biofilters, da dessen Filtermaterial regelmäßig, wegen der Verminderung der Reinigungsleistung, erneuert werden müsse.
Die Antragstellerin habe im Januar 2020 aufgrund der vorläufigen Ergebnisse der …-Messungen die Biofilter neu aufgesetzt, ohne dass ihr die Ursachen der Überschreitung des zulässigen Immissionswerts und die Funktionsfähigkeit der weiteren Abluftreinigungsstufen, wie Abluftwäscher, Biotricklingfilter oder Aktivkohlefilter, bekannt gewesen seien. Diese Sofortmaßnahme der Antragstellerin könne wegen der Komplexität der Abluftreinigungsanlage nicht als Grund für eine Unverhältnismäßigkeit der Betriebsuntersagung herangezogen werden.
Die Dauer der Betriebsuntersagung und damit die Auswirkungen auf das ordnungsgemäße Anfahren der Biofilter hingen wesentlich davon ab, wann die Antragstellerin Maßnahmen zur Gewährleistung der Betreiberpflichten ergreife.
Auch bei nach Ablauf der Adaptionszeit ordnungsgemäß angefahrenen Biofiltern sei nicht gewährleistet, dass die zulässige Geruchstoffkonzentration eingehalten werden könne. Dies gelte hier insbesondere für die hoch geruchsbelastende Abluft des Abluftstroms II. Wie bereits ausgeführt, sei durch die fehlende Reinigungsleistung des Biotricklingfilters keine ausreichende Abreinigung der geruchserheblichen H2S-Konzentrationen im Abluftstrom II sichergestellt.
Der Antragsgegner habe die Betriebsuntersagung erlassen, weil zu vermuten sei, dass ohne neue Anweisungen für den Betrieb der Ablufterfassungs- und -behandlungsanlage die Anpassung der innerbetrieblichen Organisation oder personellen Konsequenzen die Einhaltung des zulässigen Geruchs-Immissionswerts nicht sichergestellt werden könne. Dies schließe eine technische Optimierung der Abluftreinigungsanlage nicht aus.
Die Abluftreinigungsanlage bestehe nicht nur aus den Biofiltern I und II, sondern aus mehreren, sich gegenseitig beeinflussenden Reinigungsstufen. Im Abluftstrom I sei dem Biofilter I ein physikalischer Wäscher vorgeschaltet. Der Abluftstrom II sei mit Lavafilter (= Biotricklingfilter), Aktivkohlefilter, physikalischen Vorwäscher und Biofilter II, bestehend aus zwei Biofilterkammern, komplexer. Zur dauerhaften Gewährleistung der Einhaltung des festgesetzten Geruchs-Immissionswerts reiche es deshalb nicht aus, nur die Adaptionszeit der frisch aufgesetzten Biofilter zu betrachten. Alle Reinigungsstufen müssten für sich funktionieren und in der Wirkung auf einander abgestimmt sein, ihre Reinigungsfunktion müsse direkt oder indirekt durch die Antragstellerin oder beauftragte Dritte überwacht werden können. Dies sei weder im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Anträge der Antragstellerin vom 20. März 2020 sichergestellt gewesen.
Soweit sich die Antragstellerin auf Aussagen von Dr. … beziehe, der auf eine zu erwartende deutliche Immissionsverbesserung durch die Erneuerung der Aktivkohle und das Neuaufsetzen der beiden Biofilter abstelle, sei dem entgegen zu halten, dass die Betreiberpflicht nicht darin bestehe, ausgehend von den am 14. Januar 2020 ermittelten Messerwerten eine deutliche Verbesserung der Immission zu erreichen, sondern einen Immissionswert von 500 GE/m³ in der gereinigten Abluft sicher und dauerhaft einzuhalten.
Das Gutachten Dr. … vom 18. März 2020 erhalte im Vergleich zu seinem Bericht vom 31. Januar 2020 keine wesentlichen neuen Erkenntnisse, werfe aber Fragen zur Umsetzbarkeit der vorgeschlagenen technischen Optimierung der Abluftbehandlungsanlage auf. Das im Gutachten enthaltene Konzept zur Überwachung und Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs der Abluftreinigungsanlage berücksichtige nicht das derzeitige Betriebs- und Wartungskonzept der Antragstellerin.
Entgegen der Äußerungen der Antragstellerin sei die Funktionsfähigkeit der Abluftanlage durch die Erneuerung der Aktivkohle und das Neuaufsetzen der Biofilter nicht wiederhergestellt, weil der Biotricklingfilter keine nachweisbare Reinigungsleistung erbringe. Die Behauptung, dass nach einer Adaptionszeit der Biofilter der Immissionswert von 500 GE/m³ in der Reinluft eingehalten werden könne, entbehre einer fachlichen Grundlage. Das Gutachten vom 12. März 2020 lasse keinen entsprechenden Rückschluss zu.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 7. April 2020 wurde die Antragstellerin aufgefordert, die Ergebnisse der Messung der … vom 25. Februar 2020 vorzulegen sowie mitzuteilen, woraus die Antragstellerin eine Aussage des Gutachters Dr. … ableite, jedenfalls nach Ablauf einer Adaptionsphase von (üblicherweise) drei bis sechs Monaten könne der Wert von 500 GE/m3 wieder eingehalten werden.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 21. April 2020 ließ die Antragstellerin im Wesentlichen weiter vortragen: Nach dem zwischenzeitlich vorliegenden Messbericht der … betreffend die Messungen am 25. Februar 2020 sei ein anlagenspezifischer Rohgasgeruch im Reingas bei allen drei Biofiltern nicht mehr zu erkennen gewesen. Die Einhaltung der Auflage Nr. 8.4.3.2 Abs. 2 im Genehmigungsbescheid vom 10. Februar 2004 sei damit bereits jetzt wieder nachgewiesen. Ferner ergebe sich aus dem Messbericht, dass sich die Geruchsimmissionen an den Biofiltern I – III gegenüber der Messung am 14. Januar 2020 bereits deutlich verbessert hätten (Biofilter I: 590 GE/m3 statt 440 GE/m3; Biofilter II: 790 GE/m3 statt 4.200 GE/m3; Biofilter III: 2.000 GE/m3 statt 4.600 GE/m3). Bereits diese erhebliche Verbesserung im Hinblick auf die Geruchsimmissionen vier Wochen nach Austausch der Biofiltermaterialien rechtfertige die Annahme, dass nach Ablauf der Adaptionsphase der Grenzwert von 500 GE/m3 wieder eingehalten werden könne.
Auch ergäben sich die hohen geometrischen Mittelwerte bei der Messung am 14. Januar 2020 aus einer massiven Spreizung der Werte der Einzelproben (zwischen annähernd eingehalten bis massiv überhöht). Aus Sicht des Sachverständigen habe es nahegelegen, die massiven Ausreißer bei der Mittelwertfeststellung zu eliminieren, bzw. es bestünden insoweit Zweifel am gemessenen Ergebnis.
Auch könne die Messung vom 25. Februar 2020 im Hinblick auf die noch nicht abgelaufene Adaptionsphase noch nicht den „Regelbetrieb“ abbilden. Nur auf diesen Regelbetrieb könne sich der bescheidlich vorgegebene Wert von 500 GE/m3 beziehen, wie auch Nr. 5.3.2.1 Abs. 2 Satz 1 TA Luft zu entnehmen sei.
Weiter habe der Sachverständige mitgeteilt, dass die Einhaltung des Werts von 500 GE/m3 an allen drei Biofiltern jedenfalls nach Umwidmung des physikalischen Vorbefeuchters in einen Säurewäscher sowie dem Umbau von Biotricklingfilter zu Basenwäscher und nach Ablauf der Adaptionsphase von drei bis sechs Monaten eingehalten werden könne.
Es bleibe dabei, dass die angeordnete Betriebsuntersagung ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig sei. Diese Anordnung führe, wie nunmehr erneut vom Sachverständigen bestätigt, nicht zur Wiedereinhaltung des Grenzwerts von 500 GE/m3, sondern sabotiere dies. Zudem habe die Antragstellerin bereits weitere Maßnahmen, schon vor Ergehen des Bescheids, geplant, begonnen bzw. mittlerweile teilweise abgeschlossen. Diese Maßnahmen seien auch hinreichend konkret und umsetzbar. So seien (vor Bescheiderlass) neue Schüttungen für den Aktivkohlefilter sowie für den Biofilter eingesetzt worden. Am 8. April 2020 sei der Biotricklingfilter durch eine Fachfirma gewartet worden; dabei handele es sich um den Anlagenteil, welcher in seiner Funktion bisher nur eingeschränkt tauglich gewesen sei. Dieser werde seine Reinigungsleistung nach einer Adaptionsphase von drei bis sechs Monaten nunmehr ebenfalls wieder erfüllen. Damit dürfte gewährleistet sein, dass bis zu den geplanten Umbaumaßnahmen die Funktionsfähigkeit der Abluftreinigung wiederhergestellt sei. Ferner habe eine Mitarbeiterschulung durch die Fachfirma am 8. April 2020 stattgefunden, mit dieser sei auch ein Wartungsvertrag geschlossen worden. Weiter sei ein Taktgeber für das Magnetventil verbaut worden. Im Fermenter III sei in Kombination mit Reinigung, Wartung und Nachinstallation weiterer Sicherheitssensoren/-vorkehrungen ein neues Rührwerk installiert worden. Begonnen worden sei mit der Verdoppelung der Menge an Aktivkohle, der Abschluss sei bis Ende Mai 2020 möglich. Die zweite Aktivkohle sei eine wichtige und flexibel einsetzbare Anlagenkomponente, die die Umrüstung der Gesamtanlage im laufenden Betrieb und unter minimierten Geruchsemissionen erlaube.
Geplant, technisch durchführbar und nur noch der Abstimmung mit dem Antragsgegner bedürftig sei der Umbau der physikalischen Vorbefeuchter zu Säurewäschern zur gesicherten Ammoniakabscheidung – sofern erforderlich -, und der Umbau des Biotricklingfilters zu Basenwäscher zur gesicherten Abscheidung von H2S und potenziellen Emissionen an hydrophilen Schwefelorganika. Beide Umbauten seien nach dem Sachverständigen im laufenden Betrieb möglich.
Anders als der Antragsgegner meine, habe die Antragstellerin daher nicht bloß unkonkrete Vorschläge gemacht, deren Umsetzbarkeit unklar bzw. nicht prüfbar sei. Daher sei die vorübergehende Stilllegung der Anlage unverhältnismäßig, zumal mit Blick auf die wirtschaftlichen Konsequenzen. Diese und die geplanten, angekündigten und bereits durchgeführten Maßnahmen zur Reduzierung der Geruchsemissionen habe der Antragsgegner bei der Ermessensausübung nicht berücksichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 12. März 2020 entspricht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO. Sie ist hinreichend einzelfallbezogen, indem sie insbesondere das Interesse der Antragstellerin an einem vorläufigen Weiterbetrieb der Anlage den Interessen der Nachbarschaft an einer Einhaltung der für die Anlage festgelegten Geruchsgrenzwerte gegenüber stellt und angesichts erheblicher Geruchsbelästigungen den zweitgenannten Interessen den Vorrang im Sinne eines sofortigen Einschreitebedürfnisses einräumt (vgl. zum Zurückstehen der wirtschaftlichen Interessen des Betreibers im Rahmen einer Anordnung der sofortigen Vollziehung auch Peschau/ Czajka, in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Februar 2020, § 20 BImSchG Rn. 26). Auf die inhaltliche Richtigkeit der von der Behörde für die Anordnung des Sofortvollzugs gegebenen Begründung kommt es dagegen nicht an, weil das Gericht in der Sache eine eigenständige Entscheidung trifft. Einwände hinsichtlich der Begründung des Sofortvollzugs sind antragstellerseits auch nicht vorgebracht.
2. Die im Übrigen im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse am Vollzug der durch den Bescheid vom 12. März 2020 verfügten Betriebsuntersagung das Interesse der Antragstellerin überwiegt, vom Vollzug des Bescheids bis zur Entscheidung über ihre Klage verschont zu bleiben. Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung wird sich der Bescheid vom 12. März 2020 voraussichtlich als rechtmäßig erweisen, so dass er keine Rechte der Antragstellerin verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2.1 Die Betriebsuntersagung beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde, wenn der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Auflage, einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 BImSchG nicht nachkommt und die Auflage, die Anordnung oder die Pflicht die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage betreffen, den Betrieb ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Auflage, der Anordnung oder der Pflichten aus der Rechtsverordnung nach § 7 BImSchG untersagen. Dabei ist nach ganz überwiegender Auffassung im Rahmen eines Rechtsschutzersuchens des Anlagenbetreibers auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also den Zeitpunkt des Bescheiderlasses, abzustellen (vgl. BayVGH, U.v. 30.7.2013 – 22 B 11.1459 – juris Rn. 85; VG Halle (Saale), U.v. 23.3.2012 – 4 A 73/10 – juris Rn. 45; Jarass, BImSchG, 17. Aufl. 2017, § 20 Rn. 18; Peschau/Czajka, in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Februar 2020, § 20 BImSchG, Rn. 25; a.A. Hansmann/Röckinghausen, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 20 BImSchG, Rn. 85). Selbst wenn vorliegend jedoch tatsächliche Entwicklungen und Unterlagen berücksichtigt werden, die sich nach Bescheiderlass ergeben haben bzw. nach diesem Zeitpunkt von der Antragstellerin vorgelegt wurden, dürfte sich an der Rechtmäßigkeitsbeurteilung nichts ändern.
2.2 Es spricht alles dafür, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vorliegen.
Für die Ablufterfassungs- und -behandlungsanlage in der immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage der Antragstellerin wurden mittels Auflage (Nr. 8.4.3.2 der Genehmigung der Regierung von … vom 10.2.2004 betreffend den Biofilter I) bzw. mittels – bestandskräftiger und damit vollziehbarer – Anordnung nach § 17 BImSchG (Nr. 1.1 des Bescheids des Landratsamts … vom 17.2.2017 betreffend den Biofilter II) Grenzwerte für die Geruchsstoffkonzentration von 500 GE/m3 festgelegt. Nr. 1.2 der Anordnung vom 17. Februar 2017 fasst diese zulässigen Emissionswerte für geruchsintensive Stoffe für beide Biofilter (genauer: für die in der Anlage vorhandenen beiden Abluftströme, vgl. Darstellung Dr., Anlage K7, unter Nr. 1) nochmals klarstellend zusammen. Diese Grenzwertvorgaben betreffen auch den Betrieb der Anlage, da sie sich auf die beim Betrieb entstehende Abluft beziehen.
Diese zulässigen Geruchskonzentrationswerte hielt die Anlage der Antragstellerin weder vor Bescheiderlass ein (Messbericht der … vom 21.2.2020, betreffend Messungen am 14.1.2020; Behördenakt Bl. 415 ff.), noch ergibt sich dies aus dem zwischenzeitlich vorgelegten Messbericht der … vom 16. März 2020 (Anlage K8, betreffend Messungen am 25.2.2020).
Abzustellen zu sein dürfte dabei entsprechend den Annahmen des streitgegenständlichen Bescheids (S. 5) auf die in den beiden Messberichten ausgewiesenen maximalen Messwerte zuzüglich Messunsicherheit, wie sie sich in den Messberichten vorangestellten Zusammenfassungen finden. Denn nach Nr. 1.2 des auf § 17 Abs. 1 BImSchG beruhenden Bescheids vom 7. Februar 2017 gelten die Emissionswerte für geruchsintensive Stoffe jeweils als eingehalten, wenn das Ergebnis jeder Einzelmessung des mit dem Reingas emittierten filterspezifischen Eigengeruchs, zuzüglich der Messunsicherheit, die Geruchsstoffkonzentration von 500 GE/m³ nicht überschreitet. Danach ergaben sich bei der Messung am 14. Januar 2020 Werte von 880 GE/m3 (Biofilter I), 41.400 GE/m3 (Biofilter II, links) und 10.400 GE/m3 (Biofilter II rechts) und damit gerade beim Biofilter II erhebliche Überschreitungen. Bei der Messung am 25. Februar 2020 ergaben sich Werte von erneut 880 GE/m3 (Biofilter I), 1.200 GE/m3 (Biofilter II, links) und 3.100 GE/m3 (Biofilter II, rechts; nunmehr im Bericht als „Biofilter 3“ bezeichnet). Die bescheidlich festgelegten Werte sind damit nach wie vor deutlich, zum Teil um ein Vielfaches, überschritten.
Auf die im Schriftsatz der Antragstellerbevollmächtigten vom 21. April 2020 (S. 2) offenbar den Angaben in den Messberichten (jeweils unter Nr. 6.2) für die „mittlere geometrische Konzentration“ entnommenen Werte dürfte es angesichts der Vorgaben des genannten Bescheids nicht ankommen. Im Übrigen hielte auch nach den von der Antragstellerin herangezogenen aktuellen Werten kein Biofilter den vorgegebenen Wert von 500 GE/m3 ein; im Vergleich zur Messung am 14. Januar 2020 hätten sich diese Werte für den Biofilter I bei der Messung am 25. Februar 2020 sogar erhöht und lägen jetzt über dem zulässigen Wert.
Soweit die Antragstellerin Mängel an den Messungen der … vom 14. Januar 2020 thematisiert (vgl. Schriftsatz vom 21.4.2020, S. 2 f.; Stellungnahme Dr. … vom 20.4.2020 [Anlage K10], S. 7 bis 10; ansatzweise bereits Stellungnahme Dr. … vom 18.3.2020 [Anlage K7], S. 4), und in diesem Zusammenhang etwa anführt, die Messwerte der … dürften „in diesem Kontext nicht überbewertet werden“, die „Belastbarkeit“ der Einzelwerte erscheine „fraglich“ (hierzu Anlage K10, S. 7 und S. 10), der Zeitpunkt der Kontrollmessung sei „nicht ideal gewählt“ und reflektiere „keinen regulären Betriebszustand“ (Anlage K7, S. 4), ergibt sich hieraus nichts zu Gunsten der Antragstellerin. Aus Nr. 1.3 des Bescheids vom 17. Februar 2017 (i.d.F. des Änderungsbescheids vom 5.5.2017) und aus dessen Kontext zu den unmittelbar vor- und nachfolgenden Regelungen des Bescheids folgt, dass es Sache der Antragstellerin ist, über eine Messstelle nach § 29b BImSchG die Einhaltung der Geruchskonzentrationswerte nachzuweisen. Etwaige Fehler der von ihr beauftragten Messstelle gehen daher zu ihren Lasten. Des Weiteren hat sich die Antragstellerin (Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 24.3.2020, S. 3) darauf berufen, der … bereits im August 2019 den Messauftrag erteilt zu haben. Dem Antragsgegner sei bekannt gewesen, dass die Messungen der … in der zweiten oder dritten Kalenderwoche 2020 stattfinden würden. An dieser Beauftragung der … sowie dem sich daraus ergebenden Messzeitpunkt muss sich die Antragstellerin festhalten lassen, so dass auch vor diesem Hintergrund etwaige bei der Messung oder hinsichtlich des Messzeitpunkts unterlaufene Mängel zu ihren Lasten gehen.
Zudem ergeben sich aus dem Bescheid vom 17. Februar 2017 weder hinsichtlich der Einhaltung der Geruchskonzentrationswerte noch des Messzeitpunkts jahreszeitliche oder witterungsbedingte Einschränkungen. Insbesondere ist in Nr. 1.4 zu den Messungen lediglich bestimmt, dass diese bei maximaler Auslastung der Anlage bzw. während eines Betriebszustands mit maximalen Emissionen zu erfolgen haben.
Im Übrigen weist der Bericht der … vom 16. März 2020 über die Messungen vom 25. Februar 2020 ebenfalls deutliche Überschreitungen der zulässigen Geruchskonzentrationswerte auf, so dass die Antragstellerin nach wie vor einer Auflage bzw. einer vollziehbaren Anordnung nach § 17 BImSchG i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht nachkommt.
2.3 Die angeordnete Betriebsuntersagung dürfte auch weder Ermessensfehler aufweisen noch unverhältnismäßig sein.
Der Antragsgegner hat im streitgegenständlichen Bescheid sein Ermessen ausgeübt und ausführlich begründet (Nr. 2.2, S. 5 bis 11). Die dortigen Erwägungen dürften nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden sein. Insbesondere hat der Antragsgegner die Ausführungen im Schreiben der Antragstellerbevollmächtigten vom 6. März 2020 einbezogen (vgl. S. 11 des Bescheids), als auch sich mit den wirtschaftlichen Konsequenzen für die Antragstellerin befasst (S. 10). Ein Ermessensdefizit ist insoweit nicht erkennbar, zumal durch eine Betriebsuntersagung für den Anlagenbetreiber regelmäßig wirtschaftliche Nachteile wegen des Nichtbetriebs ausgelöst werden, so dass dieser Gesichtspunkt der Befugnis des § 20 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, Betriebsuntersagungen aussprechen zu können, immanent ist.
Ein Ermessensfehler bzw. eine Unverhältnismäßigkeit ergibt sich wohl auch nicht aus dem Vortrag der Antragstellerin, die Grenzwertvorgaben könnten bereits wieder nach einer Frist von drei bis sechs Monaten nach einer Adaptionsphase der im Januar 2020 neu aufgesetzten Biofilter bzw. nach der am 8. April 2020 durchgeführten Wartung und Instandsetzung des Biotricklingfilters (zu letzterem E-Mail Dr. … vom 21.4.2020 [Anlage K9], zu Frage 2) eingehalten werden; ebenso wenig dürfte dies hinsichtlich weiterer von der Antragstellerin als bereits durchgeführt bzw. begonnen angeführten Maßnahmen zur Geruchsreduzierung anzunehmen sein.
Zunächst bieten die Formulierungen betreffend die Grenzwerte für Geruchsstoffkonzentration in dem Genehmigungsbescheid der Regierung von … vom 10. Februar 2004 und in der auf § 17 BImSchG beruhenden Anordnung vom 17. Februar 2017 (in der Fassung des Änderungsbescheids vom 5.5.2017) keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Grenzwerte, insbesondere im Falle eines mangelbedingten Austausches oder nach Instandsetzung eines Teils der Abluftreinigungsanlage, für einen, zumal nicht näher bestimmten, Zeitraum von mehreren Monaten überschritten werden dürften. Eine solche mehrmonatige und, da von Witterungseinflüssen abhängig, nicht genau bestimmbare Überschreitung des sich hier aus Nr. 5.4.8.6.1 TA Luft ergebenden Grenzwerts widerspräche auch den Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und damit der Betreibensvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 BImSchG. Denn nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist die Erfüllung der sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten sicherzustellen. Dazu zählt auch der hier einschlägige (vgl. systematische Stellung des Nr. 5.4.8.6.1 TA Luft) Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG. Der Verweis der Antragstellerin auf Nr. 5.3.2.1 TA Luft, wonach Messungen nach Erreichung des ungestörten Betriebs, jedoch frühestens nach dreimonatigem Betrieb, spätestens sechs Monate nach Inbetriebnahme vorgenommen werden sollten, führt nicht weiter. Die Vorschrift gilt ihrem Wortlaut nach für die Neuerrichtung oder wesentliche Änderung von Anlagen. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, wenn durch den Austausch oder die Instandsetzung einer mangelhaften Komponente der Anlage lediglich der gebotene Status quo ante wiederhergestellt wird.
Zum anderen kann die Kammer eine Aussage des von der Antragstellerin beauftragen Sachverständigen, dass für die Einhaltung der Geruchsgrenzwerte lediglich die Adaptionsphase der neu aufgesetzten Biofilter bzw. des instandgesetzten Biotricklingfilters abgewartet werden müsse, dessen von der Antragstellerin vorgelegten schriftlichen Ausführungen nicht entnehmen. Die Antragstellerin fasst die jüngsten Aussagen des Sachverständigen selbst dahingehend zusammen, dass die Einhaltung des Geruchsgrenzwerts jedenfalls nach Umwidmung des physikalischen Vorbefeuchters in einen Säurewäscher sowie den Umbau von Biotricklingfilter zu Basenwäscher und nach Ablauf der Adaptionsphase von drei bis sechs Monaten eingehalten werden kann (Anlage K10, S. 3). Schon nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin ist es also mit einem bloßen Zuwarten, bis die neu aufgesetzten Biofilter bzw. der instandgesetzte Biotricklingfilter ihre volle Wirkung entfalten, nicht getan, sondern es sind weitere Maßnahmen an der Anlage der Antragstellerin erforderlich. Beide insoweit genannten Maßnahmen (Umbau des Lava-Biotricklingfilters zu einem alkalischen Wäscher; Umbau der bisherigen zur Vorbefeuchtung dienenden Wäscher in Säurewäscher) werden vom Sachverständigen der Antragstellerin als „erheblicher Eingriff in die Anlagentechnik und somit in das nach dem BImSchG genehmigte Abluftreinigungskonzept“ bzw. als „erheblichen Eingriff in das bisherige Abluftreinigungskonzept“ bezeichnet (Schreiben vom 20.4.2020, Nr. 2 bzw. Nr. 11). Diese beiden Maßnahmen dürften daher zumindest nach den Vorschriften des § 15 Abs. 1 BImSchG anzeigepflichtig sein; mit der Durchführung dürfte die Antragstellerin erst nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG beginnen. Von bloßen Marginalien, die an der Anlage geändert werden müssten, um eine Einhaltung des Grenzwerts für Geruchsstoffkonzentration sicherzustellen, kann daher keine Rede sein, wie sich im Übrigen auch aus dem antragstellerseits genannten Zeitbedarf von insgesamt mehreren Monaten ergibt (Schriftsatz vom 21.4.2020, S. 5 f.). Im Übrigen bedarf nach Angaben des Sachverständigen (Anlage K10, unter Nr. 11) die Umbaubarkeit hin zu Säurewäschern der Überprüfung; technisch sei dies zwar „grundsätzlich möglich“, jedoch sei die Werkstoffstabilität der Wäscherkolonnen zu prüfen. Der Sachverständige hält für diese Umbaumaßnahme einen Vor-Ort-Termin von Betreiber, Behördenvertreter, Gutachter und Anlagenbauer für erforderlich. Insofern ist nach wie vor keinesfalls gesichert, ob und insbesondere unter welchen Voraussetzungen diese für die Einhaltung des Grenzwerts aufgeführte Maßnahme durchführbar ist.
Möglicherweise deutet zwar die Beantwortung von Frage 1 in der E-Mail des Sachverständigen vom 21. April 2020 (Anlage K9) darauf hin, dass beim Biofilter I ein Abwarten eines Adaptionszeitraums von drei bis sechs Monaten zu einer Einhaltung des Grenzwerts führt. Hinreichend klar ist diese Aussage aber nicht. Zum einen ist von einer gesicherten Unterschreitung nicht die Rede, sondern von einem „unterschritten werden kann“. Zudem wird auch in diesem Absatz die Umwidmung des physikalischen Vorbefeuchters in einen Säurewäscher genannt, welcher die Einhaltung der Grenzwertvorgabe „sehr wahrscheinlich mache“. Weiter führt die E-Mail hinsichtlich der Biofilter II und III aus, dass „auch hier“ die Einhaltung des Geruchsgrenzwerts „nach Abschluss der baulichen und adaptiven Maßnahmen erwartet“ werde. Dies spricht dafür, dass entsprechendes auch für den Biofilter I gelten soll. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige bereits in seinem Schreiben vom 18. März 2020 (Anlage K7, S. 5) „mehrere Optimierungspotenziale“ aufgelistet hat, welche bei „ganzheitlicher Umsetzung“ im Regelbetrieb die Einhaltung des aktuellen Grenzwerts erwarten lasse. Dazu zählt der Sachverständige auch, dass beide physikalischen Wäscherstufen zu Säurewäschern umgerüstet werden sollten. Dass diese Maßnahme für den Biofilter I nicht geboten sei, weil bereits ein Abwarten der Adaptionsphase ausreichend sei, lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen. Im Übrigen entspricht, wie ausgeführt, eine mehrmonatige Überschreitung des Grenzwerts bis Abschluss der Adaptionsphase, zumal abhängig von nicht beeinflussbaren Faktoren (Witterung), auch hinsichtlich des Biofilters I nicht den bescheidlichen und normativen Vorgaben für den Anlagenbetrieb.
Hinsichtlich der Biofilter II und III ist darüber hinaus zu bemerken, dass der Sachverständige zwar von der Separation der Hydrolyseabluft vom bisherigen Abluftkonzept und der Zuführung als Brenngas in die Biogasanlage eine erhebliche Entlastung bzw. Reduzierung der eingetragenen Geruchsstofffracht erwartet (Anlage K10, unter Nr. 12; Anlage K9, zu Frage 1; vgl. bereits Anlage K7, S. 6 oben). Auch insoweit wird jedoch eingeräumt, dass die technische Machbarkeit der Maßnahme derzeit erst geprüft werde (E-Mail vom 21.4.2020, zu Frage 1).
Unter Berücksichtigung der schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen ist für die Kammer auch nicht erkennbar, dass die weiteren im Schriftsatz der Antragstellerbevollmächtigten vom 21. April 2020 (S. 4 und 5) als begonnen bzw. abgeschlossen bezeichneten Maßnahmen bereits ausreichen würden, die Einhaltung der bescheidlich angeordneten Geruchsstoffkonzentrationswerte herbeizuführen. Vielmehr ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen, dass (erst) die weitreichenderen von ihm genannten Maßnahmen (Seperation Hydrolyseabluft; Modifizierung der Wäscherstufen; zusätzliche Adsorberstufe) die Einhaltung der vorgegebenen Werte gewährleisten können (vgl. Anlage K10, unter Nr. 15 und Nr. 16, jeweils letzter Satz).
3. Bedenken hinsichtlich der insbesondere auf Art. 36, 31 BayVwZVG beruhenden Zwangsgeldandrohung in dem streitgegenständlichen Bescheid sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
4. Der Antrag war nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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