Europarecht

Erfolgloser Eilantrag gegen tierschutzrechtliches Einschreiten

Aktenzeichen  W 8 S 19.1689

Datum:
6.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 1592
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO  § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1, Abs. 5
TierSchG § 2, § 16 Abs. 3, § 16a
GG Art. 20a

 

Leitsatz

1. Im Tierschutzrecht ist die zu befürchtende Gefahr weiterer Verstöße gegen Anforderungen des Tierschutzrechts, insbesondere von § 2 TierSchG, und die damit verbundene Gefahr von Schmerzen, Leiden oder Schäden des Tieres als Begründung des Sofortvollzugs in der Regel ausreichend. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Tierschutzrechtlich verantwortlich ist der (Mit-)Halter, d.h. jede Person, die ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, ohne dass es darauf ankäme, ob der in Anspruch genommene Halter zugleich auch Eigentümer des betreffenden Tiers ist. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei zahlreichen oder schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Verstößen kann ein Haltens- oder Betreuungsverbot auch dann ausgesprochen werden, wenn den Tieren nur deshalb keine oder weniger Schmerzen, Leiden oder Schäden entstanden sind, weil das Veterinäramt mit der Vergangenheit durch entsprechende Anordnungen teilweise rechtzeitig entgegenwirken konnte, diese Maßnahmen aber gleichwohl zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Tierhaltung geführt haben. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aufgrund seiner vorrangigen Beurteilungskompetenz können fachliche Beurteilungen des beamteten Tierarztes nicht durch schlichtes Bestreiten und auch nicht durch pauschale und unsubstanziierte gegenteilige Behauptung entkräftet werden. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein punktuell gezeigtes Wohlverhalten unter dem Druck eines behördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahrens rechtfertigt nicht ohne weiteres die Annahme der tierschutzrechtlichen Zuverlässigkeit, solange darin kein nachhaltiger Reifeprozess zu erkennen ist.  (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Herr . K., … und Herr … F. werden zum Verfahren beigeladen.
II. Der Antrag wird abgelehnt.
III. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners (vertreten durch das Landratsamt R.-G.) vom 18. Dezember 2019 betreffend die Untersagung des Haltens und Betreuens von Tieren sowie Wegnahme, anderweitige pflegliche Unterbringung und Vermittlung der Tiere.
1. Die Antragstellerin betreibt seit ihrem Umzug im Jahr 2013 in den Landkreis R.-G. auf ihrem Anwesen in S. eine Tierhaltung, zuletzt mit mindestens 108 Katzen, ca. 80 Hühnern, vier Hunden (zwei Deutsche Drahthaar, ein Australian Shepherd, ein kleiner alter Mischling), einem Pferd sowie vier Enten. Die Tierhaltung gab bereits wiederholt Anlass zu tierschutzrechtlichen Beanstandungen und Anordnungen.
Bereits im Jahr 2011 war die Antragstellerin wegen quälerischer Tiermisshandlung in 141 Fällen durch das Amtsgericht Haßfurt zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Im Jahr 2016 wurde die Antragstellerin wegen quälerischer Tiermisshandlung eines Katers durch das Amtsgericht Neustadt a. d. Saale verurteilt. Das Landratsamt R.-G. ordnete mit Bescheid vom 6. September 2019 an, dass die Anzahl der Katzen in der privaten Katzenhaltung der Antragstellerin auf maximal 60 Katzen beschränkt wird. Die hiergegen erhobene Klage wurde in der mündlichen Verhandlung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg am 16. Juli 2018 zurückgenommen.
Bei einer am 29. November 2019 durch das Veterinäramt des Landratsamtes R.-G. durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle wurden auf dem Anwesen der Antragstellerin mindestens 108 Katzen, vier Hunde, etwa 80 Hühner, vier Enten sowie ein Pferd gezählt. Neben mehreren gering- und mittelgradigen Mängeln wurden auch wiederholte sowie grobe Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des § 2 TierSchG bei zahlreichen Tieren festgestellt.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2019 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin, wohnhaft in K. . in S. das Halten und Betreuen von Tieren. Eine Haltung von Tieren für die Antragstellerin durch eine andere Person auf dem v.g. Anwesen wurden ebenfalls untersagt (Nr. 1). Die sich auf dem Haltungsgrundstück befindlichen mindestens 108 Katzen, ca. 80 Hühner, vier Enten, vier Hunde (zwei Deutsche Drahthaar, ein Australian Shepherd, ein kleiner alter Mischling) sowie ein Pferd wurden der Antragstellerin sofort weggenommen, auf deren Kosten anderweitig pfleglich untergebracht und werden nach Erlass einer Veräußerungsanordnung, die einem oder mehreren gesonderten Bescheiden vorbehalten bleibt, vermittelt (Nr. 2). Die Antragstellerin wurde verpflichtet, das Betreten ihres Grundstückes K. . in S. sowie alle auf diesem Grundstück befindlichen Wohnräume und andere Räume durch Vertreter und beauftragte Personen des Landratsamtes R.-G. sowie die gemäß Nr. 2 angeordneten Wegnahme- und anderweitige pflegliche Unterbringung der Tiere zu dulden (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Anordnungen unter Nrn. 1 bis 3 wurde angeordnet (Nr. 4). Für den Fall, das die Antragstellerin die unter Nr. 3 festgelegte Duldungspflicht nicht ab sofort erfüllt, wurde die Vollziehung der Duldungsanordnung durch unmittelbaren Zwang angedroht (Nr. 5). Die Kosten der erforderlichen Maßnahmen nach Nr. 2 hat die Antragstellerin zu tragen. Die gesamten Kosten werden mit einem späteren Kostenbescheid mit den Tiervermittlungserlösen durch das Landratsamt R.-G. verrechnet und der Antragstellerin in Rechnung gestellt (Nr. 6). Die Kosten des Verfahrens in Höhe von 100,00 EUR wurden der Antragstellerin auferlegt (Nr. 7 und Nr. 8).
In den Gründen des streitgegenständlichen Bescheides vom 18. Dezember 2019 ist im Wesentlichen ausgeführt: Bei der Vor-Ort-Kontrolle am 29. November 2019 seien durch das Veterinäramt gemäß der fachlichen Stellungnahme vom 5. Dezember 2019 schwerwiegende Verstöße festgestellt worden. Die Einzelhaltung des Pferdes schränke dessen Sozialverhalten beträchtlich ein. Das Pferd sei zum Kontrollzeitpunkt nicht gefüttert gewesen. Bereiche der Haltungseinrichtung und das zur Fütterung eingelagerte Heu des Pferdes seien durch den Kot des freilaufenden Geflügels stark verunreinigt gewesen. Auch das Tränkwasser sei stark verschmutzt gewesen. Im Aufenthaltsbereich des Geflügels im Scheunen-Durchgangsbereich hätten sich zahlreiche Fremdgegenstände, Unrat und Müllansammlungen befunden. Das Geflügel sei nicht seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht gewesen. Die drei großen Hunde seien in einem zwingerartig umzäunten Bereich des Hofes von 2 x 4 m (Fläche der einen vorhandenen Schutzhütte noch nicht abgezogen) gehalten worden. Die Mindestgröße des Zwingers von 16 m² frei benutzbarer Bodenfläche sei somit erheblich unterschritten worden, was bei den Hunden zu gravierenden Einschränkungen in Bezug auf die Erfüllung ihres Bewegungsbedürfnisses führe. Hierunter würden die Hunde beträchtlich leiden. Erschwerend komme hinzu, dass es sich bei den beiden jungen Jagdhunden rassetypisch um Jagdgebrauchshunde handele, die einen ausgeprägten Bewegungsdrang und Jagdtrieb aufwiesen. Bei Fehlen einer wesensgemäßen körperlichen und geistigen Auslastung (in der Regel erfordere dies eine jagdliche Ausbildung und tägliches Training mit den Hunden) würden diese Hunde fortwährend leiden. Folglich seien an die Kenntnisse und Fähigkeiten der Halter solcher Hunde besonders hohe Anforderungen zu stellen. Neben auffälligem Beschwichtigungsverhalten der Hunde gegenüber Herrn K. (geduckte Körperhaltung, Ausweichen, Beschwichtigungssignale) habe auch der lautstarke Umgangston des Herrn K. gegenüber den Hunden, als diese ihm ein eben versehentlich gerissenes Huhn herausgeben sollten, von mangelnden Kenntnissen und Fähigkeiten im Umgang mit den Hunden gezeugt. Den Hunden habe des Weiteren kein Wasser zur Verfügung gestanden. Des Weiteren habe den drei großen Hunden nur eine einzige Schutzhütte, die zudem in ihrer Bauweise nicht den Vorgaben der Tierschutzhundeverordnung entspreche, zur Verfügung gestanden. Somit sei es den Hunden nicht möglich gewesen, gleichzeitig, bei widriger Witterung, einen schützenden Bereich aufzusuchen. Der vierte Hund habe sichtbar unter Durchfall gelitten. Die Ursache hierfür habe die Antragstellerin bisher nicht tiermedizinisch abklären lassen. Somit sei für die Gesundheit des Hundes nicht ausreichend Sorge getragen worden. Der Pflegezustand des Hundes sei zudem mangelhaft gewesen. Das Fell sei stumpf gewesen, im Bereich der Hinterläufe seien Durchfallkotanheftungen zu erkennen gewesen. Hinsichtlich der Katzenhaltung seien die hygienischen Verhältnisse als besorgniserregend einzustufen gewesen. Neben unzähligen kot- und urinverschmutzten Katzenklos seien an zahlreichen Stellen im gesamten Anwesen auch auf Böden, Möbeln, an Wänden etc. Kot, Urin sowie Erbrochenes zu sehen und zu riechen gewesen. Der Kot der Katzen sei zudem sehr häufig als Durchfall abgesetzt gewesen. Katzen seien per se extrem saubere Tiere. Auf Stressoren in ihrer Umgebung würden Katzen häufig mit Unsauberkeit als Ausdruck ihres Leidens reagieren. Eine derart häufige Defäkation sowie Miktion außerhalb der Katzentoiletten, wie sie in der Tierhaltung der Antragstellerin vorkämen, würden das hohe Stresslevel in der Tierhaltung wiederspiegeln. Die Haltung von Katzen in derart großen Gruppen widerspreche der natürlichen Verhaltensweise der Tiere, die in der Regel Einzelgänger seien oder, zum Teil vorübergehend, in kleinen Gruppen mit wenigen Tieren leben würden. Die ordnungsgemäße Betreuung der Tiere sei augenscheinlich nicht gewährleistet, da der überwiegende Teil der Katzen mittel- bis hochgradige Pflegedefizite aufweise. Neben den nicht abgeklärten Durchfällen im Bestand seien insbesondere die mit Belägen behafteten Ohrinnenseiten der Katzen, das bei vielen Tieren auffällig stumpfe, teils schüttere Fell, vermehrtes Kratzen sowie eitrige Augen bzw. Nasenausfluss zu erkennen gewesen. Die Antragstellerin habe sich sowohl in der Vergangenheit als auch aktuell als äußerst unzuverlässig gezeigt. So habe sie gegen verbeschiedene Anordnungen verstoßen, Absprachen und Termine nicht eingehalten, Kontrollen verzögert und nicht zuletzt wiederholt in ihrer Obhut gehaltenen Tieren Leiden zugefügt. Die bei den Katzen vorgefundenen Verstöße gegen § 2 TierSchG würden sich auf die gesamte Haltungseinheit auf dem Anwesen K. . in S., sprich Altsowie Neubau, beziehen. Von einer vorherigen Anhörung der Antragstellerin sei gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 und 2 BayVwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen des Landratsamtes R.-G. abgesehen worden, da eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug und auch im öffentlichen Interesse notwendig gewesen sei. Durch die Anhörung würde ein Zeitverlust eintreten, der mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Schaden zur Folge hätte, nämlich, dass das Leiden der Tiere verlängert werden würde und der Zweck der Maßnahme nur noch in geringerem Ausmaß vollzogen werden könnte. Zudem wäre zu befürchten, dass Tiere zum Zwecke der Vereitelung beiseitegeschafft und versteckt und damit die Leiden der Tiere verlängert würden. Bereits in der Vergangenheit seien nach Vorankündigung einer Kontrolle die Vorlaufzeiten dazu genutzt worden, um den tatsächlichen Tierbestand zu reduzieren oder die Haltungseinrichtung tierart- und bedürfnisgerecht zu gestalten. Ein milderes Mittel, das gleichermaßen zu Gefahrenabwehr geeignet wäre, sei nicht ersichtlich. In der Tierhaltung der Antragstellerin würden sich Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben seit Jahren wiederholen. Allein bei der aktuellen Kontrolle seien zahlreiche grobe und wiederholte Verfehlungen festgestellt worden. Aus dieser Kette von Verstößen resultiere die Erkenntnis, dass die Antragstellerin mangels nötiger Zuverlässigkeit und Sorgfalt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erneut tierschutzrechtlichen Vorgaben zuwiderhandeln werde und den Tieren dadurch erhebliche und/oder länger anhaltende Schmerzen, Leiden oder Schäden zufüge. Das Landratsamt R.-G. habe sich nach pflichtgemäßem Ermessen für ein generelles Tierhaltungs- und Betreuungsverbot sowie die Wegnahme der Tiere und deren anderweitigen pfleglichen Unterbringung auf Kosten der Antragstellerin entschieden. Um künftige tierschutzrechtliche Verstöße im oben beschriebenen Sinne zu verhindern, sei es erforderlich, keine Tiere mehr in der Obhut der Antragstellerin zu belassen. Ein erneuter Auflagenbescheid zur Anordnung von Maßnahmen die Tierhaltung betreffend, werde nicht als zielführend erachtet. Grund dafür sei einerseits die bereits erwähnte Unzuverlässigkeit der Antragstellerin, andererseits sei diese in hohem Maße uneinsichtig.
Aus § 16a Abs. 2 Nr. 3 TierSchG leite sich auch die Untersagungsverfügung für das Halten von Tieren für die Antragstellerin durch andere Personen auf dem jeweiligen Haltungsanwesen ab, um eine Tierhaltung über ein Strohmannsverhältnis von vornherein zu unterbinden. Nach § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG könne ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt sei, dem Halter fortgenommen und so lange auf dessen Kosten pfleglich untergebracht werden, bis eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Unterbringung des Tieres durch den Halter sichergestellt sei. Eine Fristsetzung zur Sicherstellung einer den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechenden Tierhaltung sei vorliegend jedoch entbehrlich, da gegen die Antragstellerin als Tierhalterin das Tierhaltungsverbot nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG gleichzeitig mit der Fortnahmeverfügung verhängt und für sofort vollziehbar erklärt werde. Die Antragstellerin sei als Halterin im weiteren Sinne der richtige Adressat der Fortnahme- und Unterbringungsverfügung. Darauf, ob der in Anspruch genommene Halter zugleich auch Eigentümer der Tiere sei, komme es grundsätzlich nicht an, denn das Gesetz stelle ausdrücklich nur auf die Eigenschaft als Halter ab. Die Duldungsanordnung beruhe auf § 16 Abs. 2, 3 Satz 1 Nr. 2 TierSchG. Das Betreten des Grundstücks der Antragstellerin und aller darauf befindlichen Räume diene der Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und der Gewährleistung eines effektiven Tierschutzes. Dies sofortige Vollziehung der Anordnung unter Nrn. 1 bis 3 des Bescheides sei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Es könne hinsichtlich dieser Anordnungen nicht hingenommen werden, dass eine erhobene Klage aufschiebende Wirkung entfalte. Die aufschiebende Wirkung der Klage hätte nämlich zur Folge, dass die Antragstellerin weiterhin Tiere halten und betreuen dürfe. Die damit verbundenen erheblichen Leiden für die Tiere würden ein sofortiges Einschreiten durch Wegnahme der Tiere und Inobhutgabe an geeignete Personen bzw. Einrichtungen erfordern. Die Androhung des unmittelbaren Zwanges stütze sich auf Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2, Art. 29, 34 und 36 VwZVG. Andere Zwangsmittel würden nicht zum Ziel führen und keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolgt erwarten lassen.
2. Mit Schriftsätzen vom 19. Dezember 2019, bei Gericht eingegangen per Telefax am 20. Dezember 2019, ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 19.1688 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid des Landratsamtes R.-G. vom 18. Dezember 2019 erheben und beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18. Dezember 2019, zugestellt am 19. Dezember 2019, 3.1.3-5680, wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsgegner führe in dem angegriffenen Bescheid bereits den Sachverhalt teilweise unzutreffend aus und stütze die Anordnungen auf Vorwürfe, die auch nach Kenntnis der Behörde selbst schlicht unzutreffend seien. So ergebe sich aus dem Bericht zu der im Juli 2019 durchgeführten Kontrolle unzweifelhaft, dass die Antragstellerin bereits damals angekündigt habe, eine Vergesellschaftung ihres Pferdes anzustreben. Zwischenzeitlich habe die Antragstellerin sich mit einem anderen Eigentümer über den Kauf eines Pferdes geeinigt, das Pferd stehe zur Abholung bereit und hätte in den kommenden Tagen geholt werden sollen. Zudem habe im Hinblick auf die Anschaffung eines weiteren Pferdes die Koppel ausgebaut werden wollen, weshalb bereits Koppelstäbe angeschafft worden seien, die in den kommenden Tagen hätten verbaut werden sollen. Eben jene Koppelstäbe seien offenbar als Sperrmüll aufgefasst worden. Das Pferd erhalte üblicherweise zweimal täglich frisches Heu. Da die Kontrolle durch das Veterinäramt bereits um 8:30 Uhr begonnen habe, habe man an diesem Morgen noch keine Fütterung vorgenommen gehabt und auch der Stall sei nicht ausgemistet gewesen, da dies üblicherweise im Laufe des Vormittags erfolge. Da das Pferd an Diabetes leide, erhalte es Spezialfutter sowie getreidefreies Müsli. Hinsichtlich der Geflügelhaltung könne nicht nachvollzogen werden, inwieweit das freie Umherlaufen der Tiere als problematisch einzustufen sein sollte. Tatsächlich würden die Hühner auf dem Hof der Antragstellerin unter das Tierwohl fördernden Rahmenbedingungen leben, da sie sich frei bewegen könnten. Das Heu im Stall sei in Ballen zusammengebunden und werde selbstverständlich von etwaigen Verunreinigungen befreit, bevor es zur Verfütterung an das Pferd eingesetzt werde. Die Hunde der Antragstellerin würden keineswegs im Zwinger gehalten, sondern würden sich üblicherweise selbstverständlich frei auf dem Hof und im Haus bewegen. Allerdings verbringe die Antragstellerin die Hunde zeitweise in den Zwinger, wenn Fremde sich auf ihrem Hof aufhalten würden. Bereits im Zuge der Kontrolle im Juli 2019 sei das Vorhandensein des Zwingers festgestellt worden, der Veterinär habe jedoch selbst festgestellt, dass eine dauerhafte Zwingerhaltung gerade nicht vorliege. Der Zwinger diene keineswegs dem dauerhaften Aufenthalt der Tiere und müsse daher auch nicht die Fläche aufweisen, die ein Zwinger zur dauerhaften Haltung aufweisen müsste. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass alle Hunde in der Hundeschule angemeldet seien. Hinsichtlich der Katzenhaltung sei zu sagen, dass die gesonderte Haltung von 60 Katzen im Altbau durch die Antragstellerin, deren Lebensgefährten und einem gemeinsamen Freund und die gesonderte Haltung von weiteren etwa 40 Katzen im Neubau durch die genannten Personen und Herrn F. der Behörde bereits seit 2016 bekannt gewesen seien. Insbesondere habe sich auch seit der Kontrolle im Juli 2019 keine wesentliche Änderung ergeben. Die Haltung sei im Zuge der besagten Kontrolle auch nicht beanstandet worden. Bei der Haltung durch die Antragstellerin handle es sich um ein Katzenhospiz für alte und kranke Tiere. Die Katzen hätten sich in regelmäßiger tierärztlicher Behandlung befunden. Die Behörde habe vorliegend die Eilbedürftigkeit lediglich vorgeschoben, um möglichst eilig sämtliche Tiere wegnehmen zu können. Ein tatsächliches Eilbedürfnis habe hingegen nicht vorgelegen. Insbesondere lasse sich dem Bescheid auch keine differenzierende Erläuterung entnehmen, inwieweit eine eilige Sicherstellung sämtlicher Tiere vorliegend erforderlich gewesen sein sollte. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Anordnung in Nr. 1 des Bescheides sich auch auf die Herren S. und K. beziehe, obgleich die Behörde dies nicht ausdrücklich formuliert habe. Ein an die Antragstellerin adressierter Bescheid könne jedoch selbstverständlich kein Haltungsverbot für Dritte beinhalten, da dies gegen die Bestimmtheit des Bescheids und dessen Adressatenfunktion verstoße. Der Hühnerbestand befinde sich im Eigentum des Herrn K. Darüber hinaus sei Herr K. der Halter der Drahthaar-Rüden und des Australian Shepherd, weshalb auch deren Wegnahme auf Grundlage des Bescheids gegen die Antragstellerin nicht habe erfolgen dürfen. Herr K. werde von der Behörde auch steuerrechtlich als Halter geführt. Außerdem habe die Antragstellerin auch das Eigentum an den Katzen im Altbau und an dem Pferd mittlerweile auf Herrn K. übertragen. Die Katzen im Neubau des Anwesens würden sämtlich Herrn F. gehören. Schließlich genüge die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch nicht dem in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO niedergelegten formellen Erfordernis einer hinreichenden schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung.
Mit Schriftsätzen vom 16. Januar, 21. Januar und 4. Februar 2020 erklärte die Bevollmächtigte der Antragstellerin, dass die Antragstellerin hinsichtlich der vergleichsweise geringfügigen Beanstandungen aus der Kontrolle vom 2. Juli 2019 Herrn Dr. B. in der Folge mehrere Emails mit Lichtbildaufnahmen übersandt habe, mit denen sie die zwischenzeitlich ergriffenen Maßnahmen zu Verbesserung der Haltungseinrichtungen des Pferdes und der Hühner dokumentiert habe. Hinsichtlich der Ziffern 3 und 5 werde keine Entscheidung im Eilrechtswege begehrt. Es dränge sich der Eindruck auf, dass der eigentliche Hintergrund der zwischenzeitlich erfolgten Sicherstellung sämtlicher Tiere der erhebliche Druck der Nachbarschaft auf die Behörde gewesen sei. Die Behörde habe sich hingegen offenkundig bemüht, diese Verbindung nicht herzustellen, weshalb sich die entsprechenden Hinweise auf die Nachbarschaft in der Behördenakte nicht wiederfinden würden. Eine Einflussnahme auf die gerichtliche Entscheidungsfindung durch gezieltes Vorenthalten entscheidungsrelevanter Aktenbestandteile sei jedoch nicht nur rechtswidrig, sondern stelle auch die Integrität des behördlichen Handelns hier deutlich in Frage. Es werde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin durch die Vorlage zahlreicher Lichtbilder und der umfangreichen Tierarztrechnungen und Behandlungsberichte dargelegt habe, dass das von der Behörde gezeichnete Bild völlig verzerrt sei. Die Behörde habe die die Haltungseinrichtungen der Katzen bewusst so abgebildet, dass ein verwahrloster, unordentlicher und ausgesprochen negativer Eindruck entstehe. Auf die Schriftsätze vom 16. Januar, 21. Januar und 4. Februar 2020 wird im Übrigen ergänzend Bezug genommen.
Das Landratsamt R.-G. beantragte für den Antragsgegner,
den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.
Zur Begründung führte das Landratsamt R.-G. im Wesentlichen aus: Dem Antrag der Antragstellerin fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, soweit er sich gegen die Nummern 2, 3 und 5 des Bescheides des Landratsamtes R.-G. vom 18. Dezember 2019 wende, denn die dort getroffenen Anordnungen seien bereits am 19. Dezember 2019 vollzogen worden und seien damit erledigt. Bereits in der Vergangenheit sei durch die Antragstellerin immer wieder durch Übertragung des Eigentums von Tieren auf andere Personen versucht worden, sich aus der Situation zu winden, was als Schutzbehauptung bzw. Strohmannverhältnis zu werten sei. Seitens des Landratsamtes werde jedoch darauf hingewiesen, dass die Eigentumsverhältnisse unerheblich seien. In der Tierhaltung der Antragstellerin würden sich Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben seit Jahren wiederholen. Die Zustände in der Tierhaltung hätten sich deutlich verschlechtert. Zu der enormen Anzahl der gehaltenen Katzen seien erschwerend noch weitere Tiere, wie die Hühner, Hähne und Enten sowie zusätzlich drei Hunde, gekommen. Das Landratsamt R.-G. sehe eine dem § 2 TierSchG entsprechende angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung und Haltung einer derart großen Anzahl von Tieren – wovon alte und kranke Katzen ein Großteil darstellen – nicht als gewährleistet und habe somit die entsprechenden Maßnahmen am 19. Dezember 2019 getroffen. Nur durch die Anordnung eines sofort vollziehbaren Tierhaltungs- und Betreuungsverbotes sowie der Wegnahme und anderweitig pfleglichen Unterbringung der Tiere könnten anhaltende und drohende künftige Verstöße wirksam beendet bzw. verhindert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 19.1688) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
1. Die Beiladung der Eigentümer der weggenommenen Tiere unter Nr. I des Beschlusses beruht auf § 65 VwGO.
2. Der Sofortantrag ist bei verständiger Würdigung des von der Antragstellerin offenbarten Begehrens unter Berücksichtigung ihres Interesses gemäß § 88 VwGO i.V.m. § 122 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Nrn. 1 und 2 des Bescheides vom 18. Dezember 2019 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO begehrt. Mit Schriftsatz der Bevollmächtigten der Antragstellerin wurde ausdrücklich erklärt, dass hinsichtlich der Nrn. 3 und 5 des Bescheides keine Entscheidung im Eilrechtswege begehrt wird. Hinsichtlich der in Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheids auferlegten Kostentragung für die erforderlichen Maßnahmen nach Nr. 2 (Wegnahme und anderweitige Unterbringung) wurde die sofortige Vollziehbarkeit nicht angeordnet. Die sofortige Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO umfasst jedoch nicht Kostenerstattungsansprüche, mit denen die Behörde Ersatz von finanziellen Aufwendungen fordert und die durch die Umstände des Einzelfalls geprägt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 80 Rn. 63; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 16a Rn. 39).
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners liegt das erforderliche Rechtschutzbedürfnis auch in Bezug auf die Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vor, auch wenn die dort getroffene Anordnung bereits am 19. Dezember 2019 vollzogen worden ist. Denn im Fall des – hier mangels entsprechenden Antrags nicht gegenständlichen – Begehrens der Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO setzt dieses grundsätzlich voraus, dass der Verwaltungsakt, der Grundlage der Vollziehung war, nicht (mehr) vollziehbar ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 80 Rn. 180). Die sofort vollziehbare Anordnung bildet die Grundlage für die bestehende anderweitige pflegliche Unterbringung der weggenommenen Tiere.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO im ausreichenden Maße schriftlich begründet. Maßgebend ist, dass der Antragsgegner mit seiner Begründung in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Anordnung des Sofortvollzugs wegen der in zeitlicher Hinsicht und bezüglich seiner Gefährdungseinschätzung besonderen Situation im Einzelfall für unverzichtbar hält. Im Tierschutzrecht ist die zu befürchtende Gefahr weiterer Verstöße gegen Anforderungen des Tierschutzrechts, insbesondere von § 2 TierSchG, und die damit verbundene Gefahr von Schmerzen, Leiden oder Schäden des Tieres als Begründung des Sofortvollzugs in der Regel ausreichend (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 16a Rn. 30; Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Auflage 2019, § 16a Rn. 23 m.w.N.). Der Antragsgegner hat vorliegend zum Ausdruck gebracht, dass nur durch den Sofortvollzug der Maßnahmen verhindert werde, dass weiterhin Tiere tierschutzwidrig durch die Antragstellerin gehalten würden. Die damit verbundenen erheblichen Leiden für die Tiere würden ein sofortiges Einschreiten durch Wegnahme der Tiere und Inobhutgabe an geeignete Personen bzw. Einrichtungen erfordern. Andernfalls würde das Ziel der Maßnahmen, einen effektiven Tierschutz zu gewährleisten, verfehlt. Damit ist der Forderung, die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben, auch mit Blick darauf, dass die hier zur Begründung des Verwaltungsakts angestellte Erwägung zugleich für die Dringlichkeit der Vollziehung sprechen, Rechnung getragen. Die weitere Frage, ob die vom Antragsgegner angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (NdsOVG, B.v. 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – juris; OVG LSA, B.v. 27.10.2017 – 3 M 240/17 – juris; BayVGH, B.v. 14.9.2017 – 9 CS 17.456 – juris).
Eine summarische Prüfung, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, aber auch ausreichend ist, ergibt, dass der Rechtsbehelf des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die getroffenen Regelungen sind rechtmäßig und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Unabhängig davon ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen. Dass die Voraussetzungen der einzelnen Maßnahmen gemäß § 16a TierSchG zur Beseitigung und Verhütung tierschutzwidriger Zustände (vgl. § 1 und 2 TierSchG) im vorliegenden Fall gegeben sind, hat der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 18. Dezember 2019, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO analog), zutreffend begründet.
Das Vorbringen der Antragstellerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
Dass die Antragstellerin vor der Verfügung der Wegnahme und anderweitigen Unterbringung der Tiere nicht angehört wurde, führt nicht zur formellen Rechtswidrigkeit dieser Anordnungen. Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Von einer Anhörung kann jedoch abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 und Alt. 2 BayVwVfG. Gefahr im Verzug in diesem Sinne setzt voraus, dass durch die vorherige Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust einträte, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge hätte, dass der Zweck der zu treffenden Regelung nicht erreicht wird. Abzustellen ist darauf, ob die Maßnahme selbst bei mündlicher, eventuell telefonischer Anhörung zu spät käme (Kallerhoff in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 28 Rn. 51 m.w.N.). Im öffentlichen Interesse kann eine Entscheidung ohne vorherige Anhörung des Betroffenen z.B. zur Ausnutzung des Überraschungseffekts erforderlich sein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 28, Rn. 57).
Vorliegend spricht einiges dafür, dass eine Anhörung nach den obigen Maßstäben im öffentlichen Interesse entbehrlich war. Dies kann hier jedoch dahinstehen, da ein etwaiger Anhörungsmangel gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG jedenfalls geheilt wurde. Nach dieser Vorschrift kann die Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG). Die Antragstellerin hatte bei der Wegnahme der Tiere am 19. Dezember 2019 Gelegenheit zur Stellungnahme und hat dies auch wahrgenommen, wie sich aus dem Schreiben des Bevollmächtigten des Herrn K. vom 27. Dezember 2019 an das Landratsamt R.-G. ergibt (s. Behördenakte S. 235). Zudem hat sich das Landratsamt in der Antragserwiderung mit der von der Antragstellerin vorgebrachten Gegenvorstellung auseinandergesetzt und hat dadurch (jedenfalls sinngemäß) zum Ausdruck gebracht hat, dass es an der getroffenen Entscheidung weiter festhält. Dies genügt den vorstehend genannten Anforderungen an eine Heilung von Anhörungsmängeln.
Gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG). Sie kann ein Tier, dass nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen und erforderlichenfalls veräußern (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG). Sie kann weiter demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach Nr. 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den von ihm gehaltenen und betreuten Tieren erheblich oder länger anhaltenden Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten und/oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG).
Die vorgenannten Rechtsgrundlagen decken sowohl die generelle Untersagung des Haltens und Betreuens von Tieren durch die Antragstellerin bzw. für diese durch eine andere Person auf ihrem Anwesen als auch die sofortige Wegnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung. Eine Veräußerung wurde in Nr. 2 des Bescheids des Landratsamtes R.-G. vom 18. Dezember 2019 ausdrücklich einem oder mehreren gesonderten Bescheiden vorbehalten und ist damit nicht streitgegenständlich.
Die Antragstellerin ist als (Mit-)Halterin der Tiere richtiger Adressat der streitgegenständlichen Anordnungen. Halter i.S.d. § 16a TierSchG ist jede Person, die ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, wobei auch mehrere Personen gleichzeitig Halter sein können. Es ist insoweit unerheblich, ob der in Anspruch genommene Halter zugleich auch Eigentümer der Tiere ist (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, § 16a Rn. 21). Als Tierhalter ist grundsätzlich derjenige anzusehen, der an der Haltung des Tieres ein eigenes Interesse und die Befugnis hat, über Betreuung und ggf. Existenz des Tiers zu entscheiden, wobei darauf abzustellen ist, in wessen Haushalt oder Betrieb das Tier gehalten wird, wem die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und wer aus eigenem Interesse für dessen Kosten aufkommt. Bei diesen Gesichtspunkten handelt es sich lediglich um Indizien, die nicht kumulativ vorliegen müssen (OVG Bln-Bbg, U.v. 23.11.2017 – 5 B 2.17 – juris Rn. 42). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Antragstellerin hier jedenfalls (Mit-)Halterin der betroffenen Tiere. Auch wenn die Tiere (inzwischen) im Eigentum Dritter stehen und Tierarzt-, Futterkosten und die Hundesteuer (teilweise) von diesen getragen werden, so ist das eigene Interesse der Antragstellerin an der Haltung der Tiere offensichtlich. Dies wird durch die Ausführung (in Bezug auf die Katzen) im anwaltlichen Schriftsatz vom 16. Januar 2020 (S. 6), für die Mandantin sei jedes Tier wie ein Familienmitglied und so scheue sie keine Kosten und Mühen, um dem anfallenden Pflegebedarf gerecht zu werden, bestätigt. Im Übrigen zeugen die Einlassungen der Antragstellerin im Rahmen der Antragsbegründung von ihrem offensichtlichen Interesse am gesamten Tierbestand. Zudem ist die Antragstellerin beim Veterinäramt mit den Betriebsarten Hühnerhaltung, Entenhaltung und Equidenhaltung als Halterin gemeldet (vgl. Stellungnahme Veterinäramt vom 20. Januar 2020). Ferner wurde ihre (Mit-)Halterstellung auch nicht glaubhaft bestritten. Die Ausführungen der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Schriftsatz vom 4. Februar 2020, dass Herr K. jedenfalls auch als weiterer Tierhalter anzusehen ist, selbst wenn man also annähme, dass die Antragstellerin als Halterin der im Eigentum des Herrn K. befindlichen Tiere anzusehen ist, sind nicht geeignet, Zweifel an der (Mit-)Halterstellung der Antragstellerin zu begründen, sondern stützen diese vielmehr.
Die Maßnahmen dienen dazu, die bestehenden tierschutzwidrigen Zustände zu beseitigen und künftige Verstöße zu vermeiden. Denn haben sich im Verantwortungsbereich bereits Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben ereignet, kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Die Voraussetzungen für ein Eingreifen sind gegeben, sobald eines der durch § 2 TierSchG geschützten Verhaltensbedürfnisse erheblich zurückgedrängt wird bzw. objektive Anhaltspunkte einen entsprechenden Verdacht begründen. Es genügt, wenn – wie hier – einzelne Gebote aus § 2 TierSchG für einen längeren Zeitraum und/oder in besonders intensiver Form verletzt worden sind. Die Gefahr von Schmerzen, Leiden oder Schäden reicht aus. Bei zahlreichen oder schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Verstößen kann ein Haltens- oder Betreuungsverbot auch dann ausgesprochen werden, wenn den Tieren nur deshalb keine oder weniger Schmerzen, Leiden oder Schäden entstanden sind, weil das Veterinäramt mit der Vergangenheit durch entsprechende Anordnungen teilweise rechtzeitig entgegenwirken konnte, diese Maßnahmen aber gleichwohl zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Tierhaltung geführt haben. Die Tierschutzbehörde muss nicht sehenden Auges warten, bis den Tieren, nachdem weniger belastende Einzelanordnungen keine nachhaltige Besserung der Pferdehaltung erbracht haben, weiter erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt werden (vgl. Hirt/Maisak/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. 2018, § 16a Rn. 2, 13 f., 21. f., 45 ff. mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Auch eine Abgabe bzw. Wegnahme bis hin zur Veräußerung ist hinzunehmen, wenn dies im Interesse der Tiere geboten ist (vgl. Metzger in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 226. Ergänzungslieferung August 2019, § 16a TierSchG Rn. 14; SächsOVG, B.v. 14.11.2017 – 3 B 290/17 – juris). Die Wegnahme der Tiere und ihre anderweitige Unterbringung auf Kosten der Antragstellerin bilden eine Einheit (vgl. BVerwG, U.v. 7.8.2008 – 7 C 7/08 – BVerwGE 131, 346). Zur Konkretisierung der in § 2 TierSchG niedergelegten Grundsätze können dabei die aufgrund von § 2a TierSchG ergangenen Rechtsverordnungen (hier: TierSchHundeV) herangezogen werden (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 2 Rn. 51).
Bei der Frage, ob den Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden und erhebliche Schäden zugefügt worden sind, ist des Weiteren die vorrangige Beurteilungskompetenz des beamteten Tierarztes zu beachten, dessen fachliche Beurteilungen jedenfalls nicht durch schlichtes Bestreiten und auch nicht durch pauschale und unsubstanziierte gegenteilige Behauptung entkräftet werden können (Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 24 und 26). Die Einschätzung des beamteten Tierarztes, dem vom Gesetzgeber ausdrücklich eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt worden ist, ist im Regelfall als maßgeblich anzusehen. Denn Amtstierärzte sollen als Sachverständige bei der Durchführung des Tierschutzgesetzes beteiligt werden (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG). In dem einem exakten Nachweis nur begrenzt zugänglichen Bereich einzelfallbezogener Wertungen kommt ihrer fachlichen Beurteilung besonders Gewicht zu.
Angesichts der hier von der amtlichen Tierärztin konkret dargelegten Mängel genügen die gegenteiligen Einlassungen der Antragstellerin nicht zur Rechtfertigung einer anderen Beurteilung. Dies gilt sowohl bei der Frage, ob grobe oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen als auch hinsichtlich der Frage, ob den Tieren die in § 16a Abs. 1 TierSchG vorausgesetzten qualifizierten Folgen zugefügt worden sind. An die Äußerungen der Amtstierärztin sind dabei keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Der beamtete Tierarzt muss Tatsachen angeben und bewerten, die einzelfallbezogen den Schluss auf eine erhebliche Vernachlässigung des Tieres oder auf schwerwiegende Verhaltensstörungen tragen. Es geht um die verlässliche Absicherung der tierschutzrelevanten Beurteilung des Sachverhalts durch die Beteiligung eines beamteten Tierarztes, weil dieser hierzu besonders fachlich befähigt ist. Auch die Form eines Aktenvermerks sowie Lichtbilder können genügen. Von den Feststellungen des Tierarztes wäre – anders als hier – nur dann nicht auszugehen, wenn das Gutachten Mängel aufweist, die es zur Sachverhaltsfeststellung als ungeeignet, zumindest aber als nicht ausreichend tragfähig erscheinen lässt. Dies wäre etwa der Fall, wenn das Gutachten unvollständig oder widersprüchlich wäre oder von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausginge oder sich erhebliche Zweifel an der Sachkunde des Gutachters ergäben (vgl. OVG SH, B.v. 5.6.2019 – 4 MB 42/19 – juris; BayVGH, B.v. 24.5.2019 – 23 ZB 19.183 – juris; B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – KommunalPraxis BY 2019, 270; B.v. 30.4.2019 – 23 ZB 16.2520 – juris; B.v. 6.11.2017 – 9 C 17.328 – juris; B.v. 6.11.2017 – 9 ZB 15.2608 – juris; B.v. 19.10.2017 – 9 ZB 16.2073 – juris; B.v. 23.5.2017 – 9 C 16.2602 – juris; B.v. 18.4.2017 – 9 ZB 15.2694 – juris; OVG LSA, B.v. 11.1.2019 – 3 M 421/18 – juris; B.v. 14.5.2018 – 3 M 141/18 – juris; B.v. 10.5.2017 – 3 M 51/17 – LKV 2017, 326; NdsOVG, B.v. 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – RdL 2018, 80; OVG Berlin-Bbg, U.v. 23.11.2017 – OVG 5 B 2.17 – juris). Dies ist hier nicht der Fall.
Im Übrigen liegt in der Art der Durchführung der Kontrolle am 29. November 2019 kein Verstoß gegen die Vorgaben des § 16 Abs. 3 TierSchG vor. Denn nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b TierSchG können zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung Wohnräume des Auskunftspflichtigen durch die zuständigen Personen betreten, besichtigt sowie zur Dokumentation Bildaufzeichnungen, mit Ausnahme von Bildaufzeichnungen von Personen, angefertigt werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Dies gilt für alle Einrichtungen und Personen, die mit den Tieren Umgang haben und Adressat einer tierschutzrechtlichen Anordnung werden können (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 16 Rn. 4), und damit auch auf die von Herrn K. und Herrn S. bewohnten Privaträume.
Ausgehend von den obigen Ausführungen finden sich in den vorgelegten Behördenakten ein Kontrollbericht vom 16. Juli 2019, eine Stellungnahme vom 6. Dezember 2019 sowie zahlreiche Lichtbilder, die die Feststellungen der beamteten Tierärztin und auch deren Schlussfolgerungen dokumentieren und die in den Bescheid eingeflossen sind. Dabei handelt es sich nicht um eine punktuelle Momentaufnahme. Vielmehr ist auch dokumentiert, dass die Antragstellerin bereits wiederholt Anlass zu tierschutzrechtlichen Beanstandungen gab. Im Jahr 2016 wurde sie ferner wegen quälerischer Tiermisshandlung eines Katers durch das Amtsgericht Bad Neustadt a.d. Saale verurteilt, bereits im Jahr 2011 wegen quälerischer Tiermisshandlung in 141 Fällen durch das Amtsgericht Haßfurt. Die amtsärztliche Stellungnahme vom 6. Dezember 2019 ist auch ausführlich im streitgegenständlichen Bescheid wiedergegeben. Darauf wird im Einzelnen verwiesen.
Aufgeführt ist etwa hinsichtlich der Pferdehaltung, dass die Isolation des Herdentieres in keiner Weise einer art- und bedürfnisgerechten Tierhaltung entspreche. Dies schränke dessen Sozialverhalten beträchtlich ein und führe zu einer nicht unerheblichen Einschränkung des Wohlbefindens. Das Pferd sei zum Kontrollzeitpunkt nicht gefüttert gewesen. Bereiche der Haltungseinrichtung und das zur Fütterung gelagerte Heu seien durch den Kot des freilaufenden Geflügels stark verunreinigt gewesen. Auch das Tränkwasser sei stark verschmutzt gewesen. Die hygienischen Bedingungen der Pferdehaltung seien zum Kontrollzeitpunkt als bedenklich einzustufen gewesen. Die in § 2 TierSchG sowie den Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten geforderte verhaltensgerechte Unterbringung sei nicht gewährleistet. Auch das Geflügel werde nicht seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht. In seinem Aufenthaltsbereich im Scheunen-Durchgangsbereich hätten sich zahlreiche Fremdgegenstände, Unrat und Müllansammlungen befunden. Das Geflügel werde nicht seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht. Hinsichtlich der Hundehaltung sei die Mindestgröße des Zwingers von 16 m² frei benutzbarer Bodenfläche erheblich unterschritten worden, was bei den Hunden zu gravierenden Einschränkungen in Bezug auf die Erfüllung ihres Bewegungsbedürfnisses führe. Hierunter würden die Hunde beträchtlich leiden. Erschwerend komme hinzu, dass es sich bei den beiden jungen Jagdhunden rassetypisch um Jagdgebrauchshunde handele, die einen ausgeprägten Bewegungsdrang und Jagdtrieb aufwiesen. Bei Fehlen einer wesensgemäßen körperlichen und geistigen Auslastung (in der Regel erfordere dies eine jagdliche Ausbildung und tägliches Training mit den Hunden) würden diese Hunde fortwährend leiden. Folglich seien an die Kenntnisse und Fähigkeiten der Halter solcher Hunde besonders hohe Anforderungen zu stellen. Neben auffälligem Beschwichtigungsverhalten der Hunde gegenüber Herrn K. (geduckte Körperhaltung, Ausweichen, Beschwichtigungssignale) habe auch der lautstarke Umgangston des Herrn K. gegenüber den Hunden, als diese ihm ein eben versehentlich gerissenes Huhn herausgeben sollten, von mangelnden Kenntnissen und Fähigkeiten im Umgang mit den Hunden gezeugt. Den Hunden habe des Weiteren kein Wasser zur Verfügung gestanden. Des Weiteren habe den drei großen Hunden nur eine einzige Schutzhütte, die zudem in ihrer Bauweise nicht den Vorgaben der Tierschutzhundeverordnung entspreche, zur Verfügung gestanden. Somit sei es den Hunden nicht möglich gewesen, gleichzeitig, bei widriger Witterung, einen schützenden Bereich aufzusuchen. Der vierte Hund habe sichtbar unter Durchfall gelitten. Die Ursache hierfür habe die Antragstellerin bisher nicht tiermedizinisch abklären lassen. Somit sei für die Gesundheit des Hundes nicht ausreichend Sorge getragen worden. Der Pflegezustand des Hundes sei zudem mangelhaft gewesen. Das Fell sei stumpf gewesen, im Bereich der Hinterläufe seien Durchfallkotanheftungen zu erkennen gewesen. Durch die beschriebenen Zuwiderhandlungen seien Verhaltensbedürfnisse der Hunde sowohl aus den Funktionskreisen Ruhe- und Bewegungsverhalten als auch Ernährung erheblich zurückgedrängt worden. Die Pflege- und Gesundheitsfürsorge, sowie artgemäße Auslastung seien vernachlässigt worden. Hinsichtlich der Katzenhaltung seien die hygienischen Verhältnisse als besorgniserregend einzustufen gewesen. Neben unzähligen kot- und urinverschmutzten Katzenklos seien an zahlreichen Stellen im gesamten Anwesen auch auf Böden, Möbeln, an Wänden etc. Kot, Urin sowie Erbrochenes zu sehen und zu riechen gewesen. Der Kot der Katzen sei zudem sehr häufig als Durchfall abgesetzt gewesen. Katzen seien per se extrem saubere Tiere. Auf Stressoren in ihrer Umgebung würden Katzen häufig mit Unsauberkeit als Ausdruck ihres Leidens reagieren. Eine derart häufige Defäkation sowie Miktion außerhalb der Katzentoiletten, wie sie in der Tierhaltung der Antragstellerin vorkämen, würden das hohe Stresslevel in der Tierhaltung wiederspiegeln. Die Haltung von Katzen in derart großen Gruppen widerspreche der natürlichen Verhaltensweise der Tiere, die in der Regel Einzelgänger seien oder, zum Teil vorübergehend, in kleinen Gruppen mit wenigen Tieren leben würden. Bei derartigen Konflikten entstehe für die beteiligten Katzen Stress, dem sie in einer artgemäß gestalteten Einzelhaltung oder fakultativen Kleingruppe deutliche seltener bis gar nicht ausgesetzt wären. Folglich sei die Großgruppenhaltung, wie die Antragstellerin sie betreibe, ein grober Verstoß gegen die Vorschriften des § 2 TierSchG, der unweigerlich bei einer Vielzahl der Tiere zu andauerndem sozialen Stress führe, der für die Katzen tagtäglich mit Leiden verbunden sei. Die ordnungsgemäße Betreuung der Tiere sei augenscheinlich nicht gewährleistet, da der überwiegende Teil der Katzen mittel- bis hochgradige Pflegedefizite aufweise. Neben den nicht abgeklärten Durchfällen im Bestand seien insbesondere die mit Belägen behafteten Ohrinnenseiten der Katzen, das bei vielen Tieren auffällig stumpfe, teils schüttere Fell, vermehrtes Kratzen sowie eitrige Augen bzw. Nasenausfluss zu erkennen gewesen.
Die gravierenden Verstöße werden durch die interne Stellungnahme des Veterinäramts des Landratsamtes R.-G. vom 20. Januar 2020 u.a. zu den inzwischen zugesandten Befunden und Mitteilungen der behandelnden Tierärzte nochmals unterstrichen.
Demnach entspricht die Tierhaltung laut nachvollziehbarer amtstierärztlicher Feststellung und Einschätzung vielfach nicht den sich aus § 2 TierSchG ergebenden Anforderungen. Als besonders schwerwiegend wurde amtstierärztlich auch eingeschätzt, dass der Tierbestand sowohl zahlenmäßig als auch in Bezug auf die gehaltenen Tierarten weiter vergrößert wurde, wenngleich eine Haltungsbeschränkung auf 60 Katzen angeordnet ist. Sogar vermeintliche “Pflegekatzen” seien zusätzlich in den Bestand aufgenommen worden, wenngleich bereits die art- und bedürfnisgerechte Haltung und Betreuung der vorhandenen Tiere nicht gewährleistet sei.
Es kann dahinstehen, ob die dokumentierten Verstöße in Bezug auf jede gehaltene Tierart bereits als in ihrer Dauer gewichtig anzusehen sind, jedenfalls liegt in der Gesamtbetrachtung einer Vielzahl von nach ihrer Art gewichtigen Verstöße und damit eine erhebliche Vernachlässigung der Tiere im Sinne des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG vor. Die Antragstellerin hat gegen diverse tierschutzrechtliche Anforderungen an die Haltung der verschiedenen Tierarten verstoßen und sich uneinsichtig gezeigt.
Die dagegen vorgebrachten Einwände der Antragstellerin rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Angesichts der von der amtlichen Tierärztin umfassend und konkret dargelegten Mängel und unter Berücksichtigung der dargelegten Vorgeschichte genügt – wie bereits ausgeführt – die bloße gegenteilige Einlassung der Antragstellerin nicht, um die tierärztlich festgestellten tierschutzwidrigen Zustände zu erschüttern oder sonst in Zweifel zu ziehen. Die in den beigezogenen Behördenakten enthaltenen Berichte des Amtstierarztes einschließlich der hierzu gefertigten aussagekräftigen Fotos sprechen für sich. Sie offenbaren eine Vielzahl von gravierenden Verstößen, teils über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Verstöße sind ausführlich dokumentiert. Die Bemühungen der Antragstellerin haben in der Vergangenheit bis heute nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung geführt (vgl. OVG Bln-Bbg, U.v. 23.11.2017 – 5 B 2.17 – juris; BayVGH, B.v. 6.11.2017 – 9 C 17.328 – juris; B.v. 9.8.2017 – 9 ZB 15.2487 – juris; B.v. 14.9.2017 – 9 CS 17.456 – juris; OVG Saarl., B.v. 11.9.2017 – 2 B 455/17 – juris; OVG LSA, B.v. 10.5.2017 – 3 M 51/17 – LKV 2017, 326).
Ein punktuell gezeigtes Wohlverhalten unter dem Druck eines behördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahrens rechtfertigt zudem nicht ohne weiteres die Annahme der tierschutzrechtlichen Zuverlässigkeit, solange darin kein nachhaltiger Reifeprozess zu erkennen ist. Das Wohlverhalten kann dazu dienen, behördliche Maßnahmen zu vermeiden. Die Antragstellerin hat letztlich nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um tierschutzrechtlichen Missstände nachhaltig zu beseitigen. Die Prognose der tierschutzrechtlichen Unzuverlässigkeit wird so nicht infrage gestellt, weil erneut mit erheblichen Verstößen gegen die einschlägigen tierschutzrechtlichen Bestimmungen zu rechnen ist.
Soweit die Antragstellerin vorbringt, die Behörde habe die übrige Tierhaltung bei der im Juli 2019 stattgefundenen Kontrolle – abgesehen von der Hühner- und Entenhaltung – nicht beanstandet, ist dem entgegenzuhalten, dass die Katzenhaltung nach den Aufzeichnungen der Behörde nur flüchtig und nicht vollumfänglich begutachtet werden konnte, da sich der größte Teil der Katzen versteckt hat und der Zugang zu den Privaträumen nicht gestattet worden ist. Die Haltung der drei großen Hunde sei nicht weiter beanstandet worden, da von der Antragstellerin und Herrn K. versichert worden sei, dass die Hunde in den nächsten Tagen zu deren eigentlichen Besitzer gebracht würden und es sich nur um eine vorübergehende Betreuung handelte. Die Einzelhaltung des Pferdes wurde unter der Voraussetzung einer unmittelbar bevorstehenden Vergesellschaftung akzeptiert (vgl. interne Stellungnahme Veterinäramt vom 23. Januar 2020 und Kontrollbericht vom 14. Juli 2019).
Die Aufnahme der Verfügung im streitgegenständlichen Bescheid, dass auch eine Haltung von Tieren für die Antragstellerin durch eine andere Person auf dem betreffenden Anwesen untersagt wird, ist ebenfalls von § 16a Abs. 2 gedeckt und vorliegend gerechtfertigt. Eine solche Anordnung ist möglich (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Auflage 2016, § 16a Rn. 50), ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz und die Adressatenfunktion nicht ersichtlich. Sie dient der Vermeidung der Tierhaltung über ein Strohmannverhältnis, wofür vorliegend angesichts der Übertragung des Tierbestandes der Antragstellerin an Herrn K. (s. Behördenakte Bl. 238) trotz des gleichwohl bestehenden und oben bereits dargestellten Interesses der Antragstellerin an allen Tieren ausreichend Anhaltspunkte bestehen.
Das Vorbringen der Antragstellerin führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Wenn diese in Bezug auf die Haltungsbedingungen der Tiere Abweichendes zu ihren Gunsten vorbringt und Lichtbilder vorlegt, die am 18. Dezember 2019 gefertigt wurden, vermag dies ausgehend von den oben ausgeführten Grundsätzen zur Widerlegung amtstierärztlicher Feststellungen die Einschätzung der Amtstierärztin nicht zu erschüttern. Der Vortrag der Antragstellerin besteht letztlich in bloßem Bestreiten der festgestellten Verstöße und in Schutzbehauptungen. Bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ergeben sich nach dem Vorbringen des Antragsgegners und dem Akteninhalt für das Gericht keine Zweifel an der grundsätzlichen Richtigkeit der amtstierärztlich festgestellten Tatsachen und den daraus resultierenden Verstößen.
Die getroffenen Maßnahmen sind durchweg auch ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Es sind keine geeigneten milderen Mittel ersichtlich, als die Tierhaltung durch die Antragstellerin bzw. für diese auf ihrem Anwesen generell auf Dauer zu untersagen und die Tiere wegzunehmen, um tierschutzwidrige Zustände zu beseitigen und in Zukunft zu vermeiden. Über Jahre hinweg kam es vielmehr zu einer Reihe von erheblichen Verfehlungen. Eine vollständige Untersagung des Haltens und des Betreuens der Tiere ist notwendig und verhältnismäßig, wenn weitere Zuwiderhandlungen drohen und in Betracht kommende weniger einschneidende Handlungsalternativen zur Abwendung der Gefahr nicht genügend und effektiv erscheinen. Bei einer Vielzahl von Verstößen über Jahre hinweg, die weitere Verstöße als wahrscheinlich erscheinen lassen, kann das grundsätzlich bestehende Auswahlermessen sogar dahingehend reduziert sein, dass eine Fortnahmeverfügung und ein Haltungs- und Betreuungsverbot erlassen werden muss, um eine Fortsetzung der Leidensgeschichte der Tiere zu verhindern. Die in der Vergangenheit getroffenen Maßnahmen des Veterinäramtes und des Antragsgegners haben nicht gefruchtet, so dass im Ergebnis kein anderer Weg bleibt als die im Bescheid getroffenen drastischen Maßnahmen (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 49 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Vor diesem Hintergrund der bisherigen fruchtlosen Maßnahmen kam die erneute Erteilung von Auflagen als ein mögliches milderes Mittel nicht mehr in Betracht. Der Antragstellerin scheint die nötige eigene Einsicht in die erforderlichen Maßnahmen zu fehlen. Vielmehr gibt ihr bisheriges Verhalten zu erkennen, dass sie weder in der Lage noch willens ist, die Tiere mit der erforderlichen tierschutzrechtlichen Halterzuverlässigkeit zu versorgen. Insbesondere ist unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen auch eine Bestandsreduzierung bzw. eine Beschränkung der Anordnungen auf (eine) bestimmte Tierart(en) nicht erfolgsversprechend und kommt damit nicht als milderes Mittel in Betracht. Aufgrund der erheblichen tierschutzrelevanten Feststellungen ist der gesamte Tierbestand wegzunehmen. Selbst wenn nur einige Tiere des Bestandes vernachlässigt sind und andere nicht, ist es im Interesse eines wirksamen Tierschutzes möglich und erforderlich, dass der Halterin sämtliche Tiere weggenommen werden (vgl. VG Aachen, U.v. 19.12.2009 – 6 K 2135/08 – juris).
Angesichts dessen ist dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung tierschutzgemäße Zustände (§ 1 TierSchG, Art. 20a GG) der Vorrang vor dem privaten, auch grundrechtlich geschützten Interesse der Antragstellerin einzuräumen. Ein über Jahre festzustellendes Vorliegen tierschutzwidriger Haltungsbedingungen verbunden mit dem uneinsichtigen Verhalten der Antragstellerin und mit dem Abschieben von Verantwortlichkeiten auf andere rechtfertigt die Annahme des Antragsgegners, dass die Antragstellerin zur weiteren Haltung und Betreuung von Tieren ungeeignet ist und es bei einer weiteren Tätigkeit zu weiteren Verstößen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen kommen würde. Angesichts wiederholter Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben, der zweimaligen strafrechtlichen Verurteilung wegen quälerischer Tiermisshandlung und der bei der Kontrolle am 29. November 2019 festgestellten zahlreichen groben und wiederholten Verfehlungen konnte ein vollständiges Haltungs- und Betreuungsverbot ermessensfehlerfrei ausgesprochen werden. Trotz früherer Kontrollen, bei denen der Antragstellerin auch konkrete Haltungsanforderungen dargelegt worden sind, war keine nachhaltige Besserung zu erreichen, so dass kein milderes Mittel gegeben ist (vgl. NdsOVG, B.v. 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – juris; BayVGH, B.v. 6.11.2017 – 9 ZB 15.2608 – juris; OVG LSA, B.v. 27.10.2017 – 3 M 240/17 – juris; B.v. 10.5.2017 – 3 M 51/17 – LKV 2017, 326).
Eine Fristsetzung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Hs. 2 TierSchG, um eine den Anforderungen des § 2 TierSchG genügende Haltung zu gewährleisten, war vorliegend entbehrlich. Denn es wurde gegenüber der Antragstellerin gleichzeitig mit der Fortnahmeverfügung ein Tierhaltungsverbot nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG verhängt und für sofort vollziehbar erklärt. Zudem ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zu erwarten, dass die Antragstellerin die nötigen Haltungsbedingungen zeitnah wird herstellen können (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, § 16a Rn. 26, 33 m.w.N. zur Rechtsprechung), insbesondere auch nicht durch Übergabe an eine andere geeignete Person (nicht ihr Lebensgefährte oder geschiedener Mann).
Im Übrigen sind im Hinblick auf die Möglichkeit eines Wiedergestattungsantrags gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 letzter Halbsatz TierSchG an die Verhältnismäßigkeit keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Der Antragstellerin wird so durch die Wiedergestattungsmöglichkeit Gelegenheit zur Abhilfe eingeräumt. Ihr bleibt unbenommen, bei grundlegender Änderung der Verhältnisse einen Antrag auf Wiedergestattung der Tierhaltung oder -betreuung zu stellen (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 letzter Halbsatz TierSchG). Erforderlich ist der Nachweis, dass der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen weggefallen ist und sich die Basis für die frühere Prognose zwischenzeitlich verändert hat. Die Antragstellerin müsste einen individuellen Lernprozess belegen, der bei ihr zu einer Reifung und Läuterung in ihrem Verhalten gegenüber potenziell zu haltenden Tieren geführt hat und der über ein bloßes zeitweiliges oder situationsbedingtes Unterlassen der früheren tierschutzwidrigen Handlungsweise hinausgeht (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 55; OVG SH, B.v. 5.6.2019 – 4 MB 42/19 – juris; BayVGH, B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 18.756 – juris und B.v. 8.5.2019 – 23 ZB 17.1908 – KommunalPraxis BY 2019, 270; B.v. 30.4.2019 – 23 CS 19.662 – juris; B.v. 23.11.2018 – 9 ZB 16.2467 – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 8.10.2018 – OVG 5 S 52.17 – RdL 2019, 221).
Da der angedrohte unmittelbare Zwang schon vollzogen wurde und nicht Gegenstand des Sofortverfahrens ist, kann hier dahingestellt bleiben, ob hier die zur Vermeidung eines Vollstreckungshindernisses erforderliche Duldungsverfügung gegenüber den Eigentümern der Tiere, soweit diese nicht im Eigentum der Antragstellerin standen, (vgl. BVerwG, U.v. 7.8.2008 – 7 C 7/08 – BVerwGE 131, 346) vorlag. Dies gilt ebenso in Bezug auf die im Bescheid ausdrücklich vorbehaltene Veräußerungsanordnung.
Nach alledem sind die in den Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 18. Dezember 2019 getroffenen Maßnahmen nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
Abgesehen davon spricht auch eine reine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Denn die sofortige Vollziehung der im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen ist zur Herstellung tierschutzgemäßer Zustände im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles ist es nicht verantwortbar, die Tiere der Antragstellerin bis zur eventuellen Bestandskraft des Bescheids weiterhin zu überlassen. Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist der nicht zu verkennende Nachteil, den die getroffenen Anordnungen der Antragstellerin auferlegen, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse. Dem Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 2 GG steht das Tierwohl, das ebenfalls durch das Grundgesetz geschützt ist (Art. 20a GG), entgegen. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung der Klage, weil es darum geht, eine sachgerechte Betreuung und Versorgung der Tiere entsprechend der tierschutzrechtlichen Vorgaben ab sofort sicherzustellen und die Tiere vor (weiteren) Schmerzen oder vermeidbaren Leiden und Schäden zu bewahren. Für das öffentliche Interesse an der sofortigen Wegnahme und anderweitigen Unterbringung der Tiere sprechen die eindeutigen amtsärztlichen Feststellungen und Schlussfolgerungen. Zahlreiche mildere Maßnahmen und Ansprachen in der Vergangenheit haben keine nachhaltige Besserung bewirkt. Vielmehr haben sich die Zustände in der Tierhaltung nach den Feststellungen des Veterinäramts des Landratsamtes R.-G. deutlich verschlechtert und es sind zu der großen Zahl der gehaltenen Katzen noch zahlreiche weitere Tiere gekommen. Die gebotene tierschutzrechtliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin fehlt. Bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache würde die Antragstellerin ihr bisheriges tierschutzwidriges Verhalten aller Voraussicht nach fortsetzen und die berechtigten Belange der Allgemeinheit zusätzlich gefährden. Diese Annahme begründet sich auch in der fehlenden Einsichtsfähigkeit der Antragstellerin, die die Verantwortung immer wieder auf andere Personen oder auf äußere Umstände schiebt und der es nicht gelungen ist, eine tierschutzgerechte Haltung der Tiere zu gewährleisten. Wegen der gravierenden und in Bezug auf die Katzenhaltung lang anhaltenden Verstöße gegen das Tierschutzgesetz prognostiziert die Behörde nach Überzeugung des Gerichts zu Recht, dass die bei den Kontrollen festgestellten schlechten Haltungsbedingungen weitere Leiden für die von der Antragstellerin gehaltenen Tiere erwarten lassen. In Obhut von Menschen gehaltene Tiere sind aber auf deren ausreichende Pflege, Versorgung und Schutz angewiesen, die die Antragstellerin offensichtlich nicht zuverlässig leisten kann und/oder will (vgl. OVG LSA, B.v. 27.10.2017 – 3 M 240/17 – juris).
In Bezug auf die von der Antragstellerseite geltend gemachte Unvollständigkeit des Akteninhalts wird darauf hingewiesen, dass die sich aus § 99 Abs. 1 VwGO für die Behörde grundsätzlich ergebende Pflicht zur Aktenvorlage durch das um Information nachsuchende Gericht nicht erzwungen werden kann. Eine unberechtigte Weigerung der Behörde wäre bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 99 Rn. 7), wofür hier jedoch angesichts der grundsätzlich erfolgten Aktenübermittlung durch den Antragsgegner und der obigen Ausführungen kein Anlass bestand.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass das Vorbringen der Antragstellerseite, die Wegnahme des Tierbestandes sei infolge eines durch Nachbarschaftsbeschwerden aufgebauten erheblichen Drucks veranlasst gewesen, nicht entscheidungserheblich ist und zu keiner anderen Beurteilung führt. Denn das Einschreiten der Behörde beruht auf ihren eigenen tragenden Feststellungen und ist nach den obigen Ausführungen rechtmäßig.
3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Beigeladenen haben ihre außergerichtlichen Kosten mangels Antragsstellung gemäß § 154 Abs. 3 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen.
4. Die Streitwertfestsetzung resultiert aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nach Nr. 35.2 des Streitwertkatalogs ist bei Anordnungen gegen den Tierhalter vom Auffangwert von 5.000,00 EUR auszugehen. Da die Antragstellerin – soweit ersichtlich – die Tiere nicht beruflich und auch nicht gewerbsmäßig hält, geht das Gericht nicht davon aus, dass die streitgegenständliche Anordnung einer Gewerbeuntersagung gleichkommt. Des Weiteren sieht das Gericht die im Bescheid vom 18. Dezember 2019 getroffenen einzelnen Maßnahmen der Haltungsuntersagung, der Wegnahme der Tiere und der anderweitigen Unterbringung auf Kosten des Antragstellers als eine Einheit an (vgl. auch BVerwG, U.v. 7.8.2008 – 7 C 7/08 – BVerwGE 131, 346), die sich nicht streitwerterhöhend auswirken. Nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs war der volle Streitwert von 5.000,00 EUR im Sofortverfahren zu halbieren, so dass letztlich 2.500,00 EUR festzusetzen waren.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben