Europarecht

Fahrtenbuchauflage, Kfz-Händler, Probefahrt, Obliegenheit zur Erfassung der Daten eines unbekannten Fahrzeugführers, Pflicht zur Löschung nach Abschluss der Probefahrt (verneint)

Aktenzeichen  11 ZB 22.895

Datum:
22.7.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 18962
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVZO § 31a
DSGVO Art. 6, 17

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 23 K 21.6317 2022-01-21 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.800,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs.
Am 18. April 2021 – einem Sonntag – wurde mit dem seinerzeit auf den Kläger zugelassenen Fahrzeug mit dem Kennzeichen RO- … die zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften um 44 km/h überschritten.
Mit Schreiben vom 29. April 2021 übersandte das … Polizeiverwaltungsamt dem Kläger einen Zeugenfragebogen und bat um Mitteilung der Personalien sowie der Anschrift des verantwortlichen Fahrzeugführers. Der Kläger gab daraufhin unter dem 6. Mai 2021 an, er sei nicht gefahren und die Person auf dem Bild für ihn nicht erkennbar. Am selben Tag meldete er das Fahrzeug ab. Auf ein Ermittlungsersuchen des Polizeiverwaltungsamts vom 10. Mai 2021 hin teilte die Polizeiinspektion B. mit Schreiben vom 11. Juni 2021 mit, die Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers sei ergebnislos geblieben. Die Halteradresse sei mehrfach aufgesucht worden. Die Lebensgefährtin des Klägers sei augenscheinlich nicht die verantwortliche Fahrzeugführerin. Der Kläger habe weiterhin angegeben, die Person auf dem Bild nicht zu kennen und sich äußerst unkooperativ sowie aggressiv gezeigt. Die umliegenden Anwohner seien befragt worden, hätten aber keine sachdienlichen Angaben machen können. Daraufhin wurde das Bußgeldverfahren eingestellt.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2021 übersandte das … Polizeiverwaltungsamt den Vorgang dem Landratsamt R.
Auf die Anhörung zu der beabsichtigten Fahrtenbuchauflage hin trug der Kläger mit Schreiben vom 25. Oktober 2021 vor, er betreibe einen Kfz-Handel und eine Kfz-Werkstatt. Das o.g. Fahrzeug habe zum Verkauf gestanden und sei öfters von ihm bekannten sowie unbekannten Personen Probe gefahren worden. Dazu habe ihm die Vorlage eines gültigen Führerscheins ausgereicht; aus datenschutzrechtlichen Gründen sei es ihm nicht gestattet, Personalien ohne Einwilligung abzuspeichern. Da ihm die Person nicht bekannt sei, könne er keine Angaben zu dem Fahrzeugführer machen. Er habe aber dazugelernt und werde in Zukunft, natürlich mit Einwilligung des Betroffenen, die Daten penibel abspeichern.
Mit Bescheid vom 5. November 2021 verpflichtete das Landratsamt den Kläger unter Androhung von Zwangsgeldern für den Zeitraum vom 15. November 2021 bis zum 14. November 2022 zur Führung eines Fahrtenbuchs für das aktuell auf den Kläger zugelassene Fahrzeug mit dem Kennzeichen RO- … sowie ein etwaiges Ersatzfahrzeug. Der Fahrer des (abgemeldeten) Fahrzeugs mit dem Kennzeichen RO- … habe trotz umfangreicher polizeilicher Ermittlungen nicht in Erfahrung gebracht werden können. Der begangene Verkehrsverstoß sei so schwerwiegend, dass er die Auferlegung eines Fahrtenbuchs für die verfügte Dauer rechtfertige. Da das in Rede stehende Fahrzeug außer Betrieb gesetzt worden sei, werde das o.g. Fahrzeug als Ersatzfahrzeug bestimmt.
Am 6. Dezember 2021 erhob der Kläger Anfechtungsklage, die das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 21. Januar 2022 abwies. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anordnung eines Fahrtenbuchs lägen vor. Die Feststellung des Fahrzeugführers sei unmöglich gewesen. Die Polizei habe alle zumutbaren und angemessenen Ermittlungsmaßnahmen getroffen, insbesondere dem Kläger den Zeugenfragebogen innerhalb von zwei Wochen übersandt. Ob der Kläger von der Person der verantwortlichen Fahrzeugführerin Kenntnis gehabt und die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers mitverschuldet habe, sei nicht entscheidend. Im Übrigen dürfte es sich um eine reine Schutzbehauptung handeln, wenn der Kläger vortrage, bei Probefahrten die Daten der Fahrzeugführer nicht festzuhalten, da dies eigenen Interessen sowie der Lebenserfahrung widerspreche. Die Ermessensausübung sei nicht zu beanstanden und genüge insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend dargelegt sind (§ 124 Abs. 4 Satz 4, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Vorbringen des Klägers, auf das sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), da er weder einen tragenden Rechtssatz des angefochtenen Urteils noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 = Rn. 32 m.w.N.).
a) Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) vom 26. April 2012 (BGBl I S. 679), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2021 (BGBI I S. 3091), kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Sie kann hierfür ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen (§ 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO). Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 StVZO erfüllt, liegen der Erlass der Anordnung und die Bestimmung der Dauer im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde (BVerwG, U.v. 28.5.2015 – 3 C 13.14 – BVerwGE 152, 180 Rn. 16) und müssen sich damit als verhältnismäßig erweisen.
b) Davon ausgehend stellt die Antragsbegründung die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Feststellung des Fahrzeugführers unmöglich war, nicht ernstlich in Zweifel.
Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Art und Ausmaß der Ermittlungen hängen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab. Die Behörde hat in sachgemäßem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu treffen, die in gleich gelagerten Fällen erfahrungsgemäß zum Erfolg führen (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.1982 – 7 C 3.80 – VRS 64, 466 = juris Rn. Rn. 7). Verweigert der Fahrzeughalter seine Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers, sind weitere Ermittlungen in der Regel nicht zumutbar (BVerwG, U.v. 17.12.1982 a.a.O.). Vielmehr darf ein Fahrzeughalter, der unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nicht dartun kann oder will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Fahrzeug gefahren hat, grundsätzlich durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (BVerwG, B.v. 23.6.1989 – 7 B 90.89 – NJW 1989, 2704 = juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 6.5.2010 – 11 ZB 09.2947 – SVR 2010, 347 = juris Rn. 8). Allerdings muss die Verfolgungsbehörde auch in solchen Fällen naheliegenden und mit wenig Aufwand durchführbaren Ansätzen zur Fahrerermittlung nachgehen und das Ergebnis ihrer Bemühungen dokumentieren (vgl. zu alldem BayVGH, U.v. 18.2.2016 – 11 BV 15.1164 – DAR 2016, 286 = juris Rn. 17).
Diesen Anforderungen ist hier Genüge getan. Dass weitergehende Ermittlungen zumutbar und erfolgversprechend gewesen wären, wurde nicht substantiiert dargetan, ist aber auch nicht ersichtlich. Der Einwand des Klägers, die Ermittlungen seien zu spät erfolgt, greift nicht durch. Grundsätzlich gehört es zu einem angemessenen Ermittlungsaufwand der Verfolgungsbehörde, den Fahrzeughalter unverzüglich, d.h. regelmäßig innerhalb von zwei Wochen von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung zu benachrichtigen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 31a StVZO Rn. 27; BVerwG, U.v. 13.10.1978 – VII C 77.74 – NJW 1979, 1054 = juris Rn. 19). Diese Fristbestimmung, die auf dem Erfahrungssatz beruht, dass eine Person Vorgänge des persönlichen Lebensbereichs aus den letzten 14 Tagen im Regelfall erinnern oder jedenfalls noch rekonstruieren können wird (vgl. Dauer, a.a.O. Rn. 29; OVG NW, U.v. 31.3.1995 – 25 A 2798/93 – NJW 1995, 3335 = juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 18.2.2016, a.a.O. Rn. 18), ist mit Versendung des Anhörungsschreibens vom 29. April 2021, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ersichtlich eingehalten worden.
Abgesehen davon wäre eine etwaige Verzögerung nach dem Vortrag des Klägers aber auch nicht ursächlich für die unterbliebene Ermittlung. Danach hat der Kläger das in Rede stehende Fahrzeug einem ihm unbekannten Kunden für eine Probefahrt zur Verfügung gestellt, sich aber keine Notizen zu dessen Identität gemacht, da der Kauf nicht zustande kam. Damit kann davon ausgegangen werden, dass auch eine frühere Anhörung kein anderes Ermittlungsergebnis gebracht hätte, da die Erfolglosigkeit in keinem Zusammenhang zu dem verblassenden Erinnerungsvermögen des Klägers steht (vgl. dazu Dauer, a.a.O. Rn. 30; BayVGH, B.v. 12.11.2007 – 11 CS 07.1802 – juris Rn. 12).
Ferner wäre eine Verzögerung aber auch deswegen unschädlich, weil bei einem Kfz-Händler die Dokumentation von Probefahrten erwartet werden kann. Den Halter trifft allgemein eine Obliegenheit, im Fall der Überlassung eines Fahrzeugs an einen Unbekannten oder an eine Person, die ihm zwar bekannt ist, zu dem er aber nicht zuverlässig Kontakt aufnehmen kann, die genaue Identität des Fahrzeugführers vorab festzustellen und sich hierüber Notizen zu machen. Denn ein verständiger Halter ist bereits im Eigeninteresse darauf bedacht, überhaupt und auch noch während einer gewissen Zeitspanne nach der Gebrauchsüberlassung seines Fahrzeugs an einen Dritten dartun zu können, wer innerhalb welchen Zeitraums die tatsächliche Gewalt über diese Sache ausgeübt hat, um seine Belange dann wahren zu können, wenn die öffentliche Gewalt oder private Dritte wegen unerlaubter Handlungen, die während der Fahrzeugüberlassung begangen wurden, auf ihn zukommen (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2010 – 11 ZB 09.2947 – SVR 2010, 347 = juris Rn. 8; U.v. 18.2.2016, a.a.O. Rn. 23). Dies gilt erst recht für Fahrten im Rahmen eines Wirtschaftsbetriebs. Es entspricht – unabhängig von der Reichweite gesetzlicher Buchführungspflichten – sachgerechtem Verhalten eines wirtschaftlich Tätigen, die mit einem Firmenwagen vorgenommenen Fahrten längerfristig zu dokumentieren (vgl. dazu Dauer, a.a.O. Rn. 30; BayVGH, B.v. 18.3.2008 – 11 CS 07.2210 – juris Rn. 16; OVG NW, U.v. 31.3.1995 – 25 A 2798/93 – NJW 1995, 3335 = juris Rn. 17; B.v. 10.9.2019 – 8 B 774/19 – VRS 137, 12 = juris Rn. 5; OVG SH, B.v. 26.3.2012 – 2 LA 21/12 – juris Rn. 8 f.; SächsOVG, B.v. 10.1.2020 – 6 B 297/19 – VerkMitt 2020, Nr. 36 = juris Rn. 3; NdsOVG, B.v. 11.7.2012 – 12 LA 169/11 – ZfSch 2012, 536 = juris Rn. 6 zur Autovermietung).
Ohne Erfolg führt der Kläger in diesem Zusammenhang das Recht auf Löschung bzw. die damit korrespondierende Pflicht zur Löschung nach Art. 17 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der RL 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO; ABl L 119 vom 4.5.2016, S. 1) ins Feld. Nach der Rechtsprechung des Senats, auf die der Beklagte zu Recht hingewiesen hat, ist – ungeachtet der Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs der DSGVO – im Falle des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a StVZO eine Weitergabe der persönlichen Daten des verantwortlichen Fahrers an die Polizei nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO zur Wahrung der berechtigten Interessen des Polizeiverwaltungsamts, eines Dritten im Sinne von Art. 4 Nr. 10 DSGVO, bei Abwägung mit den Interessen des Fahrzeugführers zulässig. Behörden haben ein berechtigtes Interesse daran, die ihnen im öffentlichen Interesse obliegenden Aufgaben zu erfüllen, zu denen die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten gehört. Die Übermittlungsbefugnis ist auch mit dem Grundsatz der Zweckbindung (Art. 5 Abs. 1 Buchst. b DSGVO) vereinbar, da der Zweck der im Zusammenhang mit der Fahrzeugführung erfolgten Datenspeicherung die Abwicklung von behördlichen oder gerichtlichen Ahndungen mitumfasst. Nach einer Kompatibilitätsprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 DSGVO wäre sogar eine Zweckänderung zulässig (vgl. (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 11 ZB 19.991 – juris Rn. 20; vgl. dazu auch OVG Hamburg, B.v. 1.12.2020 – 4 Bs 84/20 – DAR 2021, 581 = juris Rn. 19; zu der Durchsetzung von Rechtsansprüchen als berechtigtes Interesse siehe Heberlein in Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 26). Für die Erhebung der Daten durch den Halter, die ebenfalls eine Verarbeitung darstellt (Art. 4 Nr. 2 DSGVO), gilt nichts anderes. Wenn der Antrag auf Zulassung der Berufung Art. 17 DSGVO in den Raum stellt, legt er bereits nicht dar, aus welchem der in dessen Abs. 1 genannten Gründe die Daten zu löschen wären. Sollte der Vortrag darauf zielen, dass diese nach Abschluss der Probefahrt für die Zwecke, für die sie erhoben wurden, nicht mehr notwendig wären i.S.d. Art. 17 Abs. 1 Buchst. a DSGV, ginge er von einem zu engen Erhebungszweck aus. Denn dieser umfasst, wie bereits erwähnt, auch die Abwicklung von behördlichen oder gerichtlichen Ahndungen. Im Übrigen kann sich die Rechtfertigung einer weiteren Speicherung auch aus einer zulässigen Zweckänderung ergeben (vgl. Leutheusser-Schnarrenberger in Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. 2020, Art. 17 DSGVO Rn. 24; Kamann/Braun in Ehmann/Selmayr, DSGVO, Art. 17 Rn. 22). Ob hier ein Ausnahmetatbestand gemäß Art. 17 Abs. 3 DSGVO vorliegt, bedarf daher keiner Erörterung.
Damit geht der Einwand des Klägers, er habe den Fahrzeugführer überhaupt nicht benennen können bzw. dürfen, von vornherein ins Leere. Abgesehen davon kommt es für die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a StVZO bereits nicht darauf an, ob den Halter ein Verschulden an der Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers trifft. Denn der Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs kommt eine präventive und keine strafende Funktion zu. Sie stellt eine der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dienende Maßnahme der Gefahrenabwehr dar, mit der dafür Sorge getragen werden soll, dass künftige Feststellungen eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich sind (vgl. OVG NW, B.v. 11.11.2013 – 8 B 1129/13 – VRS 125, 243 = juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 3.5.2019 – 11 ZB 19.213 – juris Rn. 17).
c) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die angegriffene Verfügung leide an keinem Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) und sei insbesondere nicht unverhältnismäßig, ist ebenfalls nicht ernstlich zweifelhaft. Die dagegen gerichteten Einwände greifen nicht durch.
Wenn der Kläger rügt, die Begründung des Bescheids beziehe sich primär auf den Fahrzeugführer, ist damit kein Ermessensfehler dargelegt. Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, ist eine Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, mit der dafür Sorge getragen werden soll, dass künftig die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich ist (vgl. BVerwG, B.v. 3.2.1989 – 7 B 18.89 – NJW 1989, 1624 = juris Rn. 4; Dauer, a.a.O. Rn. 11). Davon hat sich das Landratsamt leiten lassen, wenn es ausführt, die Fahrtenbuchauflage solle gewährleisten, dass der Fahrzeugführer in Zukunft zur Verantwortung gezogen werden könne.
Ebenfalls ohne Erfolg vermisst der Antrag auf Zulassung der Berufung konkrete Erwägungen, warum sich die Verpflichtung auf ein Ersatzfahrzeug beziehe, nachdem es sich um ein „Verkaufsfahrzeug“ gehandelt habe. Es lag auf der Hand und bedurfte keiner näheren Begründung, dass die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, der die Fahrtenbuchauflage begegnen will, mit der Abmeldung des Fahrzeugs, mit dem die unaufklärbare Verkehrszuwiderhandlung begangen wurde, nicht entfallen ist (vgl. NdsOVG, B.v. 30.4.2015 – 12 LA 156/14 – ZfSch 2015, 415 = juris Rn. 9). Ebenso verhält es sich, wenn der Kläger das Fahrzeug mit dem Kennzeichen RO- …, für das die Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs angeordnet wurde, im Rahmen seines Kfz-Handels verkauft und dafür andere Fahrzeuge zum Weiterverkauf erwirbt. Dies gilt hier umso mehr, als der Kläger erklärt hat, auch in Zukunft die Personalien der Fahrzeugführer nur mit deren Einverständnis zu erfassen, also seinen Aufsichtsobliegenheiten weiterhin nicht uneingeschränkt nachkommen will.
Zu Unrecht meint der Kläger schließlich, im Rahmen der Ermessensentscheidung hätte zu seinen Gunsten berücksichtigt werden müssen, dass er das Fahrzeug, für das die Fahrtenbuchanordnung getroffen wurde, im Rahmen seines Kfz-Betriebs Dritten überlässt. Dies nimmt ihn, wie dargetan, nicht von der Aufsichtsobliegenheit aus. Vielmehr lässt dies die Dokumentation der Fahrten erst recht sachgerecht erscheinen und unterstreicht der Umstand, dass das in Rede stehende Fahrzeug von einer Vielzahl unterschiedlicher Personen genutzt wird, das Bedürfnis für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage (vgl. dazu auch OVG Hamburg, B.v. 1.12.2020 – 4 Bs 84/20 – DAR 2021, 581 = juris Rn. 20).
2. Soweit der Kläger besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) in den Raum stellt, sind deren Voraussetzungen nicht dargelegt und liegen nach dem Vorstehenden auch nicht vor.
3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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