Europarecht

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Aktenzeichen  20 O 2955/20

Datum:
24.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 53028
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagtenpartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 39.093,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger konnte nicht ansatzweise substantiiert darlegen, dass ihm deliktische Ansprüche, insbesondere aus § 826 BGB iVm § 31 BGB, zustehen.
Dem Gericht lagen im Zeitpunkt der Entscheidung keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut hat. Daher fehlt der behaupteten unerlaubten Handlung schon die Grundlage.
Die Klagepartei ging im Schreiben vom 14.2.2019, verfasst durch den Klägervertreter, lediglich davon aus, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug die Motorsteuerungssoftware so programmiert sei, dass sie erkennt, ob sich das Fahrzeug in einer Prüfsituation befindet oder im regulären Fahrbetrieb auf der Straße (Anlage K12). Dies wird vermutet aufgrund des Rückrufs einzelner BMW-Modelle. Diese damalige Vermutung wird dann in der Klageschrift, ohne hierzu zu weiteren mittlerweile herangetragenen neuen konkreten Erkenntnissen vorzutragen, als Behauptung aufgestellt unter Verweis auf Messergebnisse der Deutschen Umwelthilfe und als Beweis ein Sachverständigengutachten angeboten.
Aus Differenzmesswerten zwischen den im Prüfstand gemessenen Werten und denen im Realverkehr unter Aufgabe konkret definierter Parameter kann nicht im Umkehrschluss geschlossen werden, dass die vorgegebenen Grenzwerte, insbesondere die für die Schadstoffklasse EURO 5, nicht eingehalten werden.
Soweit die Klagepartei im Schriftsatz vom 15.6.2020 eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug behauptet, nämlich den Verbau eines sog. Thermofensters, war auch diese Behauptung unsubstantiiert.
Im Großen und Ganzen wird diese Behauptung auf eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 31.3.2020 gestützt. In diesem Verfahren wurde aber nicht festgestellt, dass die Beklagte tatsächlich ein sog. Thermofenster im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut hat, sondern es vertrat die Auffassung, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Dies setzt aber voraus, dass die Klagepartei zunächst ihrer primären Darlegungslast nachgekommen ist. Dies ist eine Einzelfallentscheidung. Vorliegend hat der Kläger den Einbau eines sog. Thermofensters gerade nicht substantiiert dargelegt. Erst wenn überhaupt substantiiert dargelegt worden wäre, dass ein sog. Thermofenster tatsächlich verbaut ist, käme es auf die Frage an, ob ein Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung ist oder nicht. Soweit die Klagepartei auf ein Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts München I verweist, war der Einbau eines solchen Thermofensters im dortigen Verfahren gerade unstreitig; es handelte sich auch um einen VW Multivan und um kein Fahrzeug der Beklagten. Ebenso war im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.1.2019 (Az. 23 O 178/18) entgegen der klägerischen Behauptung kein Fahrzeug der Beklagten betroffen, sondern ein Mercedes Benz E 250.
Im Übrigen erschöpft sich der klägerische Vortrag in weiten Teilen in pauschalen Behauptungen, ohne dass das Gericht einen konkreten Bezug zum streitgegenständlichen Fahrzeug erkennen kann.
Im Ergebnis sind bei obiger Sachlage für das Gericht keinerlei belastbare Hinweise dafür erkennbar, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von einer Abgasmanipulation betroffen ist. Unstreitig war es auch nicht von einer entsprechenden Rückrufaktion oder einem Einschreiten des KBA betroffen.
Mangels ausreichenden Anhaltspunkten brauchte das Gericht dem Beweisangebot des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei, nicht nachzugehen. Es ist gerade nicht die Aufgabe des Gerichts im Zivilprozess aufgrund eines vagen Verdachts einen möglichst umfassenden Beweisbeschlusses zu erlassen, damit dann gezielt nach vermeintlichen Mängeln gesucht werden kann. Bei diesem Beweisangebot handelt es sich um einen reinen Ausforschungsbeweis, der erst dazu dienen sollen, eine unsubstantiierte Klage substantiiert zu machen.
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es dem Kläger grundsätzlich unbenommen ist, vermutete Tatsachen vorzutragen. Bei der Annahme, eine Partei stelle willkürliche Behauptungen ins Blaue hinein auf, ist durchaus Zurückhaltung geboten. Dies findet aber dort seine Grenze, wenn für die zu beweisenden Tatsachen gar keine greifbaren Anhaltspunkte mehr erkennbar sind und die Behauptung rein willkürlich erscheint (vgl. BGH NJW-RR 2015, 829).
Nach Auffassung des Gerichts ist diese Klage vor dem Hintergrund des sogenannten Dieselskandals ins Blaue hinein erhoben worden.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S.2 ZPO.
Verkündet am 24.09.2020


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