Europarecht

Gemeinde, Popularklage, Verletzung, Hund, Einstellung, Gesetzesvorbehalt, Verfahren, Feststellung, Erforderlichkeit, Gefahr, Rechtsstaatsprinzip, Anleinpflicht, Antragsteller, Zusammenhang, allgemeine Handlungsfreiheit, Sicherheit und Ordnung, rechtliches Interesse

Aktenzeichen  Vf. 3-VII-20

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 3032
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Einstellung eines Popularklageverfahrens, welches Vorschriften der Hundehaltungsverordnung einer Gemeinde zum Gegenstand hatte, nach Erledigterklärung.

Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt.
2. Die Stadt Amberg hat den Antragstellern die ihnen durch das Popularklageverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

I.
Gegenstand der später für erledigt erklärten Popularklage ist die Frage, ob einzelne bei Eingang des Antrags am 26. Februar 2020 geltende Bestimmungen der Verordnung der Stadt Amberg zum Schutz der Öffentlichkeit vor Gefahren durch Hunde (Hundehaltungsverordnung – HundeVO) vom 6. November 2000 (im Folgenden: Hundehaltungsverordnung bzw. HundeVO a. F.) gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben.
1. Die angegriffenen Vorschriften (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und § 4 Nr. 1) der aufgrund von Art. 18 Abs. 1 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG) erlassenen Hundehaltungsverordnung a. F. hatten folgenden Wortlaut:
§ 1 Verbote
(1) Große Hunde und Kampfhunde sind in öffentlichen Anlagen sowie auf öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen so zu führen, dass sie keine Gefahr für Leben, Gesundheit, Eigentum oder die öffentliche Reinlichkeit darstellen.
Hierzu sind sie in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen stets an einer reißfesten Leine von höchstens 150 cm Länge zu führen. Die Person, die einen leinenpflichtigen Hund führt, muss dabei jederzeit in der Lage sein, das Tier körperlich zu beherrschen.
§ 2 Begriffsdefinitionen
(1) Als große Hunde gelten Hunde mit einer Schulterhöhe von mindestens 45 cm sowie ausgewachsene Hunde der Rassen Schäferhund, Boxer, Dobermann, Rottweiler, Deutsche Dogge, Bullmastiff, Bullterrier, Dog Argentino, Dogue de Bordeaux, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastin Espanol, Mastino Napolitano und Rhodesian Ridgeback.
§ 4 Ordnungswidrigkeiten
Nach Art. 18 Abs. 3 Landesstraf- und Verordnungsgesetz kann mit Geldbuße belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig als dafür verantwortliche Person entgegen § 1 Abs. 1 dieser Verordnung
1. einen großen Hund oder Kampfhund auf den in dieser Bestimmung genannten Flächen umherlaufen lässt, ohne ihn an einer vorschriftsmäßigen Leine zu führen.
Die amtliche Bekanntmachung der Hundehaltungsverordnung a. F. war im Amtsblatt der Stadt Amberg Nr. 22 vom 18. November 2000 erfolgt.
2. Die am 1. November 2020 in Kraft getretene Verordnung der Stadt Amberg zum Schutz der Öffentlichkeit vor Gefahren durch Hunde (Hundehaltungsverordnung – HundeVO) vom 30. September 2020, die im Amtsblatt der Stadt Amberg Nr. 19 vom 2. Oktober 2020 bekannt gemacht wurde, hat die Hundehaltungsverordnung a. F. vom 6. November 2000 ersetzt (§ 5 Satz 1 HundeVO). Nach § 2 Abs. 1 der neuen Hundehaltungsverordnung gelten Hunde erst mit einer Schulterhöhe von mindestens 50 cm als große Hunde. Außerdem ist nun insbesondere gemäß § 3 Abs. 2 HundeVO als Ausnahme von der im – umformulierten – § 1 Abs. 1 HundeVO geregelten Anleinpflicht für große Hunde und Kampfhunde in den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen des gesamten Stadtgebiets Amberg ausdrücklich bestimmt, dass freier Auslauf für große Hunde im Sinn der Verordnung außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile sowie auf den eingerichteten und als solche bekanntgemachten Freilaufflächen möglich ist.
II.
1. Die Antragsteller haben mit ihrer Popularklage vom 21. Februar 2020 beantragt, § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und § 4 Nr. 1 HundeVO a. F. für nichtig zu erklären. Neben Verstößen gegen den Gesetzesvorbehalt (Art. 70 Abs. 1 BV) und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 BV) haben sie eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV), des Gleichheitssatzes (Art. 118 Abs. 1 BV), des Verbots der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen (Art. 118 a BV) und des Grundsatzes der Gesetzlichkeit der Bestrafung („nullum crimen sine lege“, Art. 104 Abs. 1 BV) gerügt.
Der Gesetzesvorbehalt des Art. 70 Abs. 1 BV sei verletzt, weil die Leinenpflicht für Hunde nicht mit der Ermächtigungsgrundlage in Art. 18 Abs. 1 LStVG sowie der entsprechenden Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 1. Juni 2015 (VollzBekLStVG) im Einklang stehe. Die in der Hundehaltungsverordnung a. F. der Stadt Amberg festgesetzte Schulterhöhe für sog. große Hunde von mindestens 45 cm unterschreite deutlich die in Nr. 18.1 VollzBekLStVG insoweit vorgesehene Schulterhöhe von mindestens 50 cm. Im Übrigen müsse der Verordnungsgeber nach Art. 18 Abs. 1 Satz 2 LStVG sorgfältig abwägen, in welchen Teilen des Stadtgebiets eine Leinenpflicht nötig sei, da insbesondere dem Bewegungsbedürfnis der Hunde ausreichend Rechnung zu tragen sei. Die Bußgeldregelung des § 4 Nr. 1 HundeVO a. F. verstoße auch gegen das aus Art. 70 BV abzuleitende Gebot der Klarheit und Bestimmtheit der Normen, das bei Straftatbeständen oder Ordnungswidrigkeiten besonders streng sei. Der Begriff des „Umherlaufens“ sei unklar und auch der örtliche Geltungsbereich nicht bestimmt genug definiert.
§ 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 HundeVO a. F. verstießen darüber hinaus gegen die im Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 BV verankerten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Geeignetheit und der Erforderlichkeit. Die Differenzierung nach der Schulterhöhe des Hundes sei kein geeignetes Kriterium zur Festlegung des Leinenzwangs, zumal es keine einheitliche Definition des Begriffs „große Hunde“ gebe. Eine generelle Leinenpflicht für große Hunde sei auch nicht erforderlich. Die Erstreckung einer solchen Leinenpflicht auf praktisch das gesamte Stadtgebiet – ohne Beschränkung auf bestimmte öffentliche Anlagen und Plätze oder z. B. auf das Gebiet der Altstadt – sei vor allem nicht verhältnismäßig.
Durch die Regelung der allgemeinen Leinenpflicht seien außerdem die allgemeine Handlungsfreiheit und der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Das Abstellen auf die Größe allein bzw. die Gleichsetzung mit speziell definierten Kampfhunden sei sachfremd und nicht gerechtfertigt. Von einer generellen Leinenpflicht seien Hundehalter ohne Auto viel stärker betroffen, da es ihnen nicht möglich sei, ihren Hund artgerecht zu halten. Der Begriff „körperlich zu beherrschen“ in § 1 Abs. 1 Satz 3 HundeVO a. F. stelle nur auf die reine Kraft und nicht auf die Beziehung zu dem Hund und dessen Gehorsam ab. Er sei im Hinblick auf die Unbestimmtheit problematisch und differenziere nicht hinreichend. Die Regelung verstoße auch gegen Art. 118 a BV, da sie Behinderten und chronisch Erkrankten, denen krankheitsbedingt die geforderte körperliche Beherrschung nicht möglich sei, de facto verbiete, große Hunde auszuführen.
Da die Hundehaltungsverordnung a. F. nicht der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Landesstraf- und Verordnungsgesetz entspreche, sei auch der Grundsatz der Gesetzlichkeit der Bestrafung gemäß Art. 104 BV verletzt.
Entgegen der Behauptung der Stadt Amberg sei in deren Satzung über die Benutzung der öffentlichen Grünanlagen (Grünanlagensatzung) vom 14. Juli 2004 von Freilaufflächen nicht die Rede. Auch wenn in einem online verfügbaren Merkblatt des Referats für Stadtentwicklung und Bauen (Sachgebiet Grünplanung und Landespflege) auf zwei Hundefreilaufflächen hingewiesen werde, so könne ein Merkblatt keine Rechtsvorschrift ergänzen oder aufheben.
2. a) Der Bayerische Landtag hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
b) Die Bayerische Staatsregierung hat von einer Äußerung zur Popularklage abgesehen.
c) Die Stadt Amberg hat in ihrer Stellungnahme vom 29. April 2020 die Popularklage für unbegründet erachtet.
Art. 70 Abs. 1 BV sei nicht verletzt, da die Hundehaltungsverordnung a. F. von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 18 Abs. 1 LStVG gedeckt sei. Art. 18 LStVG selbst enthalte keine Definition eines „großen Hundes“; erst Nr. 18.1 VollzBekLStVG sehe in der Fassung vom 1. Juni 2015 als „große Hunde“ solche mit einer Schulterhöhe von mindestens 50 cm an. Es könne heute nicht mehr nachvollzogen werden, ob bei Erlass der Verordnung noch eine Definition als „großer Hund“ ab 45 cm Schulterhöhe vorgesehen gewesen oder die Regelung der Stadt Amberg aus dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht definiert worden sei. Die Grenze hinsichtlich eines großen Hundes werde in der noch in diesem Jahr neu zu erlassenden Hundehaltungsverordnung der Stadt Amberg auf die derzeit gültigen 50 cm angepasst werden.
Die Anleinpflicht gelte in den „im Zusammenhang bebauten Ortsteilen“, wovon allerdings nicht das gesamte Stadtgebiet betroffen sei. In der Nähe der Altstadt sei sogar eine Freilauffläche definiert, um dem Bewegungsbedürfnis der Hunde zu genügen. Dem Rechtsstaatsgebot nach Art. 3 Abs. 1 BV sei hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs und auch im Übrigen genügt, da sowohl von großen Hunden als auch von Kampfhunden mögliche Gefahren für die Öffentlichkeit ausgingen. Bei großen Hunden könne diese Gefährlichkeit allein durch ihre Größe und damit einhergehend dem größeren Gewicht begründet werden. Die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 101 BV sei nicht verletzt, da die Verordnung dem Schutz des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit der übrigen Bevölkerung diene und daher die allgemeine Handlungsfreiheit des einzelnen Hundebesitzers rechtmäßig eingeschränkt werde. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 118 BV sei nicht ersichtlich, da große Hunde sowie Kampfhunde gefährlicher als kleinere Hunde seien. Die körperliche Beherrschbarkeit eines leinenpflichtigen Hundes müsse wegen der möglichen Gefahr für die Öffentlichkeit zwingend mit der Leinenpflicht einhergehen. Die Hundehaltungsverordnung a. F. entspreche der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und stelle damit eine rechtmäßige Grundlage für ein Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz dar, sodass auch ein Verstoß gegen Art. 104 BV nicht gegeben sei.
Mit Schreiben vom 9. November 2020 hat die Stadt Amberg ergänzend mitgeteilt, dass von ihr inzwischen eine neue Verordnung zum Schutz der Öffentlichkeit vor Gefahren durch Hunde erlassen worden sei, nämlich die Hundehaltungsverordnung (HundeVO) vom 30. September 2020, welche die mit der Popularklage angegriffene Hundehaltungsverordnung a. F. ersetzt habe.
3. Der Antragsteller zu 2 hat mit Schreiben vom 30. November 2020 mitgeteilt, dass für die Antragsteller kein rechtliches Interesse an der Feststellung der Verfassungswidrigkeit mehr bestehe, da das gegen ihn wegen Verstoßes gegen die Anleinpflicht eingeleitete Bußgeldverfahren eingestellt worden sei. Durch die neu erlassene Hundehaltungsverordnung der Stadt Amberg seien die im Rahmen der Popularklage angegriffenen Regelungen geändert bzw. Ergänzungen vorgenommen worden. Damit habe die Stadt zumindest indirekt eingeräumt, dass die Rügen der Antragsteller gerechtfertigt gewesen seien.
Die Stadt Amberg hat auf Hinweis, dass diese Mitteilung als Erledigterklärung gewertet werde, keinen Antrag nach Art. 55 Abs. 5 Halbsatz 2 VfGHG auf Entscheidung über die Popularklage gestellt.
III.
Das Verfahren ist einzustellen.
Das Popularklageverfahren nach Art. 98 Satz 4 BV dient dem Schutz der Grundrechte als Institution. Da kein Antrag nach Art. 55 Abs. 5 Halbsatz 2 VfGHG gestellt wurde, hat der Verfassungsgerichtshof nach Erledigterklärung der Popularklage darüber zu befinden, ob ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Verfahrens besteht (Art. 55 Abs. 5 Halbsatz 1 VfGHG). Dies ist dann anzunehmen, wenn eine verfassungsgerichtliche Klärung von Fragen, die den Gegenstand des Verfahrens bilden, im öffentlichen Interesse geboten erscheint (vgl. VerfGH vom 2.12.1997 VerfGHE 50, 268/270; vom 20.11.2018 – Vf. 1-VII-18 – juris Rn. 8; vom 15.9.2021 – Vf. 2-VII-21 – juris Rn. 8 m. w. N.).
Ein solches öffentliches Interesse besteht vorliegend nicht. Die Stadt Amberg hat die mit der Popularklage angegriffene Hundehaltungsverordnung a. F. vom 6. September 2000 mit Wirkung zum 1. November 2020 durch eine neue Hundehaltungsverordnung vom 30. September 2020 ersetzt. Die neue Verordnung wird von den Antragstellern nicht angegriffen. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nur dann, wenn noch ein objektives – nicht nur theoretisches – Interesse an der Feststellung besteht, ob sie mit der Bayerischen Verfassung vereinbar waren (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 7.8.2012 VerfGHE 65, 143/149; vom 20.8.2019 BayVBl 2020, 306 Rn. 14 und 18; vom 10.11.2021 – Vf. 97-VII-20 – juris Rn. 22 m. w. N.). Ein solches objektives Interesse besteht dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Rechtsnorm noch rechtliche Wirkungen entfalten kann, etwa weil sie für künftige (z. B. gerichtliche) Entscheidungen noch rechtlich relevant ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.5.2016 VerfGHE 69, 125 Rn. 103 m. w. N.; vom 2.12.2016 – Vf. 3-VII-14 – juris Rn. 13; vom 10.5.2017 – Vf. 6-VII-15 – juris Rn. 14; vom 10.11.2021 – Vf. 97-VII-20 – juris Rn. 22 m. w. N.).
An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Das gegen den Antragsteller zu 2 auf Grundlage der Hundehaltungsverordnung a. F. wegen Verstoßes gegen die Anleinpflicht eingeleitete Bußgeldverfahren wurde eingestellt. Dass weitere behördliche oder gerichtliche Bußgeldverfahren anhängig wären, in denen es auf die beanstandeten, nicht mehr geltenden Bestimmungen ankäme, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Mit der Popularklage wurde eine Vorschrift angegriffen, die lediglich einen eng umgrenzten Personenkreis betraf. Eine Fortführung des Verfahrens wäre auch nicht mit einer Klärung im öffentlichen Interesse stehender Fragen des Verfassungsrechts verbunden.
IV.
1. Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).
2. Nach Art. 27 Abs. 5 VfGHG kann der Verfassungsgerichtshof die volle oder teilweise Erstattung von Kosten und Auslagen anordnen. Er kann von dieser Befugnis auch in Fällen Gebrauch machen, in denen ein Verfahren wegen Erledigung der Hauptsache eingestellt wird (VerfGHE 50, 268/271; VerfGH vom 15.11.2004 – Vf. 5-VII-04 – juris Rn. 40; vom 20.11.2018 BayVBl 2019, 344 Rn. 17; vom 27.1.2022 – Vf. 22-VII-21 – juris Rn. 21).
Bei überschlägiger Bewertung der Erfolgsaussichten der Popularklage und unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände entspricht es der Billigkeit, gemäß Art. 27 Abs. 5 VfGHG anzuordnen, dass die Stadt Amberg den Antragstellern die notwendigen Auslagen zu erstatten hat, die diesen durch ihre Popularklage entstanden sind.
Die Popularklage war zulässig erhoben worden. Die gerügten Verordnungsbestimmungen wären daher vom Verfassungsgerichtshof umfassend auf alle in Betracht kommenden Verstöße gegen die Bayerische Verfassung geprüft worden. Bei der Frage der Kostenerstattung kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. Hebt der Normgeber von sich aus eine mit der Popularklage angegriffene Rechtsvorschrift auf, so kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass er verfassungsrechtliche Bedenken des Antragstellers selbst für berechtigt erachtet hat.
Die Stadt Amberg hat mit der am 1. November 2020 in Kraft getretenen neuen Hundehaltungsverordnung den Regelungsgehalt der angegriffenen Vorschriften in maßgeblicher Weise geändert. So sind nun nach § 3 Abs. 2 HundeVO die eingerichteten und als solche bekanntgemachten Freilaufflächen ausdrücklich von der Anleinpflicht innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ausgenommen. Darüber hinaus gelten nunmehr gemäß § 2 Abs. 1 HundeVO in Übereinstimmung mit Nr. 18.1 VollzBekLStVG in der aktuellen Fassung Hunde erst ab einer Schulterhöhe von mindestens 50 cm als große Hunde; dieselbe Schulterhöhe sah Nr. 18.1 VollzBekLStVG bereits in früheren Fassungen, auch schon im Jahr 2000 vor (vgl. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über den Vollzug des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes vom 8. August 1986 MABl S. 361, in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1992 AllMBl S. 555, nach Einfügen von Art. 18 LStVG durch das Gesetz zur Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes vom 10. Juni 1992 GVBl S. 152). Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Stadt mit dem Erlass der neuen Hundehaltungsverordnung zumindest auch den im Popularklageverfahren vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung tragen wollte. Daran muss sie sich im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über die Auslagenerstattung festhalten lassen (vgl. VerfGH vom 27.1.2022 – Vf. 22-VII-21 – juris Rn. 22; vgl. auch BVerfG vom 19.11.1991 BVerfGE 85, 109/115 f.).


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