Europarecht

Kein Anspruch auf Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes bei fehlender Erforderlichkeit

Aktenzeichen  W 6 K 17.1027

Datum:
19.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13268
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 6 Abs. 1 Nr. 14
StVO § 12 Abs. 1 Nr. 1, § 45 Abs. 1b S. 1 Nr. 2, § 46 Abs. 1 Nr. 11
VwV-StVO § 45 Ziff. IX. 2. a) zu Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 1b, Abs. 1c, Abs. 1d, Abs. 1e

 

Leitsatz

1. Die Bestimmung des § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO räumt dem Betroffenen ein subjektiv-öffentliches Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes ein. An der Erforderlichkeit der Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes fehlt es aber, wenn in unmittelbarer Umgebung der Wohnung des Betroffenen ausreichend Parkmöglichkeiten im öffentlichen Straßenraum vorhanden sind, deren Nutzung dem Betroffenen zumutbar ist. (Rn. 28, 29 und 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verfügt der Betroffene über einen Elektrorollstuhl und einen Rollator, kann es ihm – unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse – zumutbar sein, unter Zuhilfenahme dieser Geräte eine geringe Strecke (hier von bis zu 100 Metern) zurückzulegen (unter Hinweis auf VG Aachen BeckRS 2018, 6125 Rn. 31). (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

11 C 19.477 2019-04-04 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1.
Die erhobene Klage ist zulässig.
Beim Schreiben der Beklagten vom 1. Juni 2017 handelt es sich – entgegen der von der Beklagten geäußerten Auffassung – um einen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, mit dem der Antrag des Klägers auf Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes abgelehnt wurde, weshalb die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage gem. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft ist. Dabei ist klarzustellen, dass es sich beim Schreiben vom 1. Juni 2017 nicht um einen Widerspruchsbescheid i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt. Zwar hat der Kläger mit Schreiben vom 9. März 2017 „Widerspruch“ gegen die erste Ablehnung des Antrags durch die Beklagte vom 28. Dezember 2016 erhoben. Allerdings ist das Widerspruchsverfahren in der vorliegenden Konstellation wegen Art. 15 Abs. 2 AGVwGO nicht statthaft. Aus diesem Grund ist das Schreiben des Klägers als Antrag auf Wideraufgreifen des Verfahrens auszulegen. Diesem Antrag ist die Beklagte nachgekommen und hat nach nochmaliger Durchführung eines Verwaltungsverfahrens – unter konkludenter Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung vom 28. Dezember 2016 – eine erneute Entscheidung über den Antrag des Klägers getroffen (Zweitbescheid), die nun Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwGO, 19. Aufl. 2018, § 35 Rn. 98).
Die Klagefrist wurde gewahrt. Die Ablehnung des Antrags des Klägers vom 1. Juni 2017 war nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen, weshalb die Klage innerhalb der gem. § 58 Abs. 2 VwGO einschlägige Klagefrist von einem Jahr erhoben werden konnte.
2.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Ablehnung des Antrags auf Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparklatzes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einrichtung eines personengebundenen Behindertenparkplatzes in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung. Er besitzt auch keinen – vom Klagebegehren mitumfassten – Anspruch auf Neubescheidung, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist die Vorschrift des § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO, die auf § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG beruht. Danach treffen die Straßenverkehrsbehörden auch die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder vergleichbaren Funktionsstörungen oder für blinde Menschen.
Die Entscheidung über die Einräumung eines Parksonderrechts und Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes steht dabei im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde. Da die oben genannte Rechtsgrundlage nicht nur im öffentlichen Interesse steht, sondern die individuellen Belange bestimmter Gruppen von schwerbehinderten Menschen erfasst, räumt die Vorschrift ein subjektiv-öffentliches Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf einen personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatz ein. Die Ermessensentscheidung der Behörde ist dabei gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt durch das Gericht darauf zu überprüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten hat und ob sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Hierbei muss die Behörde insbesondere auch von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen sein. Ein Anspruch auf Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes besteht nur, wenn das Ermessen der Behörde „auf Null“ reduziert ist.
Soweit sich die Ermessensentscheidung der Straßenverkehrsbehörde an dem Zweck der Ermächtigungsnorm auszurichten hat, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG im Jahr 1980 das Ziel verfolgte, den entwürdigenden Zustand zu beenden, dass u.a. Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung unzumutbare weite Wege gehen oder gar getragen werden müssen (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zu § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG, BT-Drs. 8/3150, S. 9 und Begründung zur Verordnung der Änderung des StVO vom 21. Juli 1980, Verkehrsblatt 1980, 244, 514 ff und Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 6 StVG Rn. 22c abgedruckte Gesetzesbegründung). In der Gesetzbegründung wird ferner ausgeführt: „Bevor einem Schwerbehinderten Parkvorrechte eingeräumt werden, wird zu prüfen sein, ob er die persönlichen Voraussetzungen für eine Sonderregelung erfüllt: Er muss außergewöhnlich gehbehindert und wegen dieser Gehbehinderung darauf angewiesen sein, sein Kraftfahrzeug in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung oder seiner Arbeitsstätte zur Verfügung zu haben. Es muss für ihn unzumutbar sein, längere Wege zu diesem Zweck zu Fuß zurückzulegen. Lassen die allgemeinen Verkehrsverhältnisse die Reservierung von Parkraum nicht zu, muss nach einer anderen Lösung gesucht werden, die die Belange des Schwerbehinderten berücksichtigt. (…) Eine solche Sonderregelung wird generell dann nicht in Betracht kommen, wenn es sich um eine Straße handelt, auf der wegen starken Verkehrs z.B. ein absolutes Halteverbot (Zeichen 283) angeordnet wird und eine Parksonderregelung daher den übrigen Verkehr behindert oder gar gefährden würde. Auch wird z.B. kein Bedürfnis für derartige Parkmöglichkeiten zu bejahen sein, wenn auf eigenem Grund und Boden Parkmöglichkeiten bestehen oder in zumutbarer Weise geschaffen werden können oder sonst ausreichender Parkraum in unmittelbarer Nähe bzw. der Arbeitsstätte des Schwerbehinderten oder Blinden vorhanden ist.“
Dem entspricht auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 45 StVO (VwV-StVO), die im Interesse einer gleichmäßigen, am Gesetzeszweck ausgerichteten Rechtsanwendung das der Straßenverkehrsbehörde eröffnete Ermessen steuert, (vgl. dazu OVG NW, U.v. 23.6.2004 – 8 A 2057/03 – juris; OVG Hamburg, U.v. 19.4.2012 – 4 Bf 56/11 – juris). Nach Ziffer IX Nr. 2a) VwV-StVO zu § 45 StVO setzen Parkplätze für bestimmte schwerbehinderte Menschen, z.B. vor der Wohnung oder in der Nähe der Arbeitsstätte, eine Prüfung voraus, ob ein Parksonderrecht erforderlich ist. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn Parkraummangel nicht besteht oder der schwerbehinderte Mensch in zumutbarer Entfernung eine Garage oder einen Abstellplatz außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes hat; zudem ist zu prüfen, ob ein Parksonderrecht vertretbar ist. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn ein Haltverbot (Zeichen 283) angeordnet wurde oder ein zeitlich beschränktes Parksonderrecht genügt.
Hiervon ausgehend leidet die Entscheidung der Beklagten, keinen personengebundenen Schwerbehindertenparkplatz vor der Wohnung des Klägers in der K… Str. 10a, … Z… am Main, einzurichten, nicht an Ermessensfehlern. Insbesondere hat die Beklagte von ihrem Ermessen nicht deshalb in einer dem Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG, § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO widersprechenden Weise Gebrauch gemacht (Ermessensfehlgebrauch), weil sie den Kläger auf die in der Umgebung der Wohnung liegenden Parkmöglichkeiten verwiesen hat.
2.1
Zwar kommt die Zuteilung eines personenbezogenen Behindertenparklatzes zugunsten des Klägers grundsätzlich in Frage, da dieser unzweifelhaft Schwerbehinderter mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung ist. Allerdings ist die Erforderlichkeit der Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes – wie die Beklagte zutreffend festgestellt hat – nicht gegeben. Es sind in unmittelbarer Umgebung der Wohnung des Klägers ausreichend Parkmöglichkeiten im öffentlichen Straßenraum vorhanden, deren Nutzung dem Kläger zumutbar ist. So ist in der K… Straße, im H…weg und der B…-Straße, die sich – zumindest in Teilen – im unmittelbaren Umgriff der Wohnung des Klägers befinden, das Parken am rechten Fahrbahnrand möglich. Außerdem stehen in der Verbindungsstraße zwischen K… Straße und H…weg ca. 15 Parkmöglichkeiten zu Verfügung. Ein weiterer öffentlicher Parkplatz mit ca. zehn Stellplätzen befindet sich im weiteren Verlauf der K… Straße Es ist auch davon auszugehen, dass in diesem Bereich jederzeit Parkmöglichkeiten für den Kläger zur Verfügung stehen. Diese Überzeugung stützt sich im Wesentlichen auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der Beklagten vorgelegte Lichtbilddokumentation, die an 18 Tagen an verschieden Orten und teilweise auch am selben Tag zu verschiedenen Zeiten angefertigt wurde. Zu den verschiedenen Aufnahmezeitpunkten sind auf den Bildern immer mehrere freie Parkplätze auf den beschriebenen Parkmöglichkeiten zu erkennen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass auf jedem der angefertigten Lichtbilder in der B…-Straße freie Parkmöglichkeiten zu sehen sind. Auch in der K… Straße, in unmittelbarere Nähe des Fußgängerzugangs zum Anwesen K… Straße 10 und 10a, sind auf den meisten Bildern freie Parkplätze zu erkennen. Die vorgelegte Dokumentation kann aufgrund ihres zeitlichen und räumlichen Umfanges ein aussagekräftiges Bild über die Parksituation in dem für das Verfahren maßgeblichen Gebiet liefern. Zwar wurden die Bilder bereits im Jahr 2017 aufgenommen. Allerdings gibt es keine Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass sich die Situation in der Zwischenzeit geändert hat. So sind auf den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten und im Internet verfügbaren Luftbildaufnahmen keine größeren Baulücken zu erkennen, die auf eine etwaige weitere Verdichtung des Gebiets und damit auf eine Verschärfung der Parksituation hindeuten. Es wurde auch nichts in dieser Hinsicht vorgetragen.
Die vom Kläger mit Schriftsatz vom 6. September 2017 vorgelegten Bilder können diese Einschätzung nicht in Frage stellen. Dies liegt schon daran, dass die Bilder nicht alle für den Kläger in Frage kommenden Parkmöglichkeiten umfassen. So sind etwa die B…-Straße und der H…weg nicht Teil dieser Lichtbilddokumentation. Außerdem sind auf den vom Kläger vorgelegten Lichtbildern freie Parkplätze zu erkennen (so auch BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 11 C 29.477 – Rn. 14). Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden keine weiteren Bilder vorgelegt, welche diese Einschätzung in Frage stellen. Es ist außerdem nicht davon auszugehen, dass die Hol- und Bringzeiten des Kindergartens zu einer Verschärfung der Parksituation führen. Aufgrund der örtlichen Lage des Kindergartens ist davon auszugehen, dass Personen, die Kinder aus dem Kindergarten abholen, nicht die für den Kläger in Frage kommenden Stellplätze nutzen. Zwar liegt der Kindergarten im Norden des H…wegs, doch sind die Parkplätze insbesondere in der K… Straße und in der Verbindungsstraße zwischen H…weg und K… Straße zu weit vom Kindergarten entfernt, als dass damit zu rechnen ist, dass Eltern ihre Fahrzeuge dort abstellen.
Das sich aus der Lichtbilddokumentation ergebende Bild stimmt auch mit der Siedlungsstruktur überein, wie sie sich aus den in der Akte und im Internet zugänglichen Lichtbildern ergeben. So ist der Umgriff des Anwesens des Klägers im Wesentlichen von Einfamilienhäusern bzw. Doppelhaushälften geprägt, die oftmals über Abstellmöglichkeiten auf dem eigenen Grundstück verfügen. Dagegen sind nur wenige Mehrfamilienhäuser zu sehen, die teilweise, wie etwa das Wohnhaus des Klägers, über eigene Stellplätze verfügen. Außerdem kommt der Einschätzung der Beklagten, es bestehe im Gebiet um die K… Straße 10a kein Parkraummangel, ein besonderes Gewicht zu, da diese als örtliche Straßenverkehrsbehörde über eine besondere Expertise und Erfahrungen bei der Beurteilung der Frage nach den Parkraummangel in einem bestimmten Gebiet im eigenen Zuständigkeitsbereich verfügt.
Soweit der Kläger vorträgt, er könne nicht darauf verwiesen werden, sein Fahrzeug in der B…-Straße abzustellen, da es sich dabei um eine enge Straßenstelle i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO handle, auf der ein Haltverbot gelte, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVO dient der Sicherstellung ausreichenden Raums für den fließenden Verkehr. Eng ist eine Straßenstelle nach der Rechtsprechung in der Regel dann, wenn der zur Durchfahrt insgesamt frei bleibende Raum für ein Fahrzeug mit der höchstzulässigen Breite von 2,55 Meter (vgl. § 32 Abs. 1 Nr. 1 StVZO) zuzüglich 0,50 Meter Seitenabstand bei vorsichtiger Fahrweise nicht ausreichen würde. Geht man entsprechend des Vortrags der Beklagten davon aus, dass die Fahrbahn eine Breite von 5,00 Meter aufweist, ist die Restfahrbahnbreite nach Abstellung des Fahrzeugs des Klägers gewährleistet. Zwar weist das Fahrzeug des Klägers nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung eine Breite von 2,02 Meter auf, sodass nach Abstellen des Fahrzeugs weniger als 3,05 Meter Fahrbahnbreite verbleiben würde. Allerdings hat der Kläger die Möglichkeit, seinen Außenspiegel einzuklappen. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass die in der Regel erforderliche Restfahrbahnbreite gewährleistet ist. Zudem ist die oben dargestellte Regel nicht schematisch anzuwenden. Vielmehr sind bei der Beurteilung der Frage, ob eine enge Straßenstelle vorliegt, die individuellen Verhältnisse zu berücksichtigen. Diese lassen es nach Überzeugung des Gerichts auch zu, dass nach Abstellung eines Fahrzeuges eine Restfahrbahnbreite von geringfügig weniger als 3,05 Meter verbleibt. Die Straße befindet sich in einem Wohngebiet, sodass diese überwiegend von Pkw und nicht von Lkw oder anderen breiten Fahrzeugen befahren wird. Außerdem kann man davon ausgehen, dass die Straße aufgrund der engen Verhältnisse mit Geschwindigkeiten von deutlich unter 50 km/h befahren wird. Auch die Lichtbilder – auf denen geparkte Pkw zu sehen sind – erwecken nicht den Eindruck, dass eine schmale Straßenstelle i.S.d. § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO vorliegt.
Selbst wenn man davon ausginge, dass es dem Kläger aufgrund entgegenstehender rechtlicher Vorschriften nicht möglich wäre, in der B…-Straße und im H…weg zu parken, kann dies nicht dazu führen, dass man einen Parkraummangel i.S.d. § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO bejahen könnte. Denn aufgrund der Übrigen beschriebenen Parkmöglichkeiten ist sichergestellt, dass für den Kläger in unmittelbarer Umgebung seiner Wohnung ausreichend Parkmöglichkeiten zu Verfügung stehen.
2.2
Dem vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen kann nicht entnommen werden, dass es ihm nicht zumutbar wäre, die beschriebenen Parkplätze zu nutzen. Zwar wird in den ärztlichen Unterlagen beschrieben (ausdrücklich z.B. im Gutachten von Dr. med. R… vom 29.1.2016), dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen ohne Gehhilfen nur kürzeste Strecken zurücklegen kann. Allerdings ist davon auszugehen, dass dem Kläger auf den von seinem Anwesen aus gesehen nächstgelegenen Abstellmöglichkeiten immer Parkplätze zur Verfügung stehen, weshalb ihm die Ausweisung eines personenbezogenen Parkplatzes keinen Vorteil bringen könnte. Außerdem geht aus den ärztlichen Gutachten hervor, dass der Kläger über einen Elektrorollstuhl und einen Rollator verfügt (vgl. etwa Gutachten von Dr. med. K… vom 4.1.2017). Es ist davon auszugehen, dass dem Kläger unter Zuhilfenahme dieser Geräte die Zurücklegung von bis zu 100 Metern zumutbar ist (so auch BayVGH, B.v. 4.42019 – 11 C 29.477 – Rn. 14) und er somit alle oben beschriebenen Abstellmöglichkeiten nutzen kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es dem Kläger ausweislich des ärztlichen Gutachtens vom 4. Januar 2017 möglich ist, seine Wohnung im 2. Stock ohne Aufzug zu verlassen und wieder zu erreichen. Es ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht vorgetragen, dass es dem Kläger nicht möglich oder unzumutbar ist – etwa aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse -, diese Hilfsmittel zu benutzen, um zu seinem Fahrzeug zu gelangen bzw. dass es zwingend notwendig ist, dass er zu Fuß zu seinem Pkw gelangt (vgl. dazu VG Aachen, U.v. 27.2.2018 – 2 K 3854/17 – juris Rn. 45).
Soweit der Kläger vorträgt, er benötige für das Verladen sowohl des Rollators als auch des Elektrorollstuhls ein freies Heck und könne folglich nur Parkplätze nutzen, die dies gewährleisten, rechtfertigt auch dies keine andere Beurteilung. Es stehen in unmittelbarer Umgebung der Wohnung auch ausreichend Parkmöglichkeiten zu Verfügung, die ein freies Heck gewährleisten. Dies sind etwa die Parkplätze in der Verbindungsstraße zwischen H…weg und K… Straße. Auch die Parklücken in der K… Straße sind teilweise so groß, dass das Heck eines parkenden Fahrzeuges frei bleibt. Bei einem Parken in der B…-Straße bleibt das Heck frei, wenn der Kläger sein Auto als erstes nach dem Scheitelpunkt der Kreuzung zum H…weg abstellt. Bei Benutzung des Elektrorollstuhls kommen selbst die öffentlichen Parkplätze im südlichen Teil der K… Straße als Abstellmöglichkeiten für den Kläger in Frage.
2.3
Ein Augenschein zur Beurteilung der Parksituation im Umgriff des Anwesens des Klägers – wie u.a. vom Kläger angeregt – ist nicht veranlasst, da die vorgelegte Lichtbilddokumentation und die dem Gericht zur Verfügung stehenden Luftaufnahmen ausreichen, um die Verfügbarkeit von Parkmöglichkeiten und deren Auslastung zu beurteilen. Insbesondere würde ein Augenschein bezüglich Auslastung der Parkmöglichkeiten keine Erkenntnisse erbringen, die über das hinausgehen, was sich bereits aus den vorgelegten Lichtbildern ergibt; ein Augenschein zu einem bestimmten Zeitpunkt könnte stets nur eine Momentaufnahme liefern, welche nicht die Parkraumverfügbarkeit im Allgemeinen aufzeigen kann.
Da die Ablehnung des Antrags nicht ermessensfehlerhaft war, konnte die Klage keinen Erfolg haben.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO; die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben