Europarecht

Kein Anspruch auf Schadensersatz aus Kaufvertrag über ein Diesel-Fahrzeug, Marke VW Touran

Aktenzeichen  43 O 2444/18

Datum:
18.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 51377
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Ingolstadt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 263
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2, § 826

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 24.503,13 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Kläger stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu.
1.
a)
Das Gericht ist schon nicht davon überzeugt, dass der Kläger im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses nicht von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Abgasskandal wusste. Damit fehlt es an dem Tatbestandsmerkmal der Kausalität im Rahmen etwaiger deliktischer Ansprüche, für die der Kläger die Beweislast trägt. Der Kläger hat das streitgegenständliche Fahrzeug erst Ende März 2016 erworben. Zu diesem Zeitpunkt war die Thematik bereits seit September 2015 ständig eines der Top-Themen in den täglichen Medien, so dass es das Gericht schwer nachvollziehen kann, dass der Kläger von der Betroffenheit seines Fahrzeugs im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses nichts gewusst haben will. Der Kläger gab im Rahmen seiner informatorischen Anhörung an, dass er letztendlich erst durch eine Benachrichtigung durch die Beklagte im Sommer 2016 oder 2017 erfahren habe, dass an seinem Fahrzeug ein Software-Update durchgeführt werden müsse. In dem vom Kläger vorgelegten Kaufvertrag ist jedoch ausdrücklich unter dem Punkt „Besondere Vereinbarungen“ vermerkt: „Privatverkauf, keinerlei Garantie, Rücknahme oder Gewährleistung; gekauft wie gesehen; Das oben genannte Fahrzeug kann von einer VW-Rückrufaktion betroffen sein.“ Selbst wenn man also annehmen würde, dass der Kläger nicht positiv Kenntnis davon hatte, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von dem sogenannten „Abgasskandal“ betroffen ist, musste er jedenfalls damit rechnen. Dennoch erwarb er das Fahrzeug. Dies impliziert, dass die Betroffenheit des Fahrzeugs für den Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages keine entscheidende Rolle spielte.
b)
Der Kläger kann sich darüber hinaus auch nicht mehr darauf berufen, dass zum Zeitpunkt des Kaufs noch ein Vorsatz oder eine Schädigungsabsicht der Beklagten zu einem fortgesetzten Betrug gem. §§ 823 II, 263 StGB oder zu einer sittenwidrigen Schädigung gem. § 826 BGB vorlag. Die Beklagte teilte nämlich bereits im Rahmen einer Adhoc-Mitteilung am 22.09.2015 mit, dass bei Motoren des Typs EA 189 auffällige Abweichungen zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt wurden. Selbst wenn man zunächst – vor Bekanntwerden des Skandals – von einem Betrugsvorsatz oder der Absicht einer sittenwidrigen Schädigung der Kunden ausgehen würde, wäre spätestens mit der öffentlichen Bekanntgabe und Offenlegung der Betroffenheit der Motoren des Typs EA 189 von einer Beendigung eines entsprechenden Vorsatzes auszugehen, selbst wenn einzelne Kunden diese Information aus besonderen Umständen nicht erreicht haben sollte. Soweit ein fahrlässiges Verhalten der Beklagten im Raum steht, muss berücksichtigt werden, dass es bezüglich der Voraussetzungen von § 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV an der drittschützenden Wirkung der Normen der EG-FGV fehlt, da der Schutz des Vermögens des Erwerbers eines Kraftfahrzeugs weder im Aufgabenbereich der Vorschriften liegt, noch sich aus deren Auslegung unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Richtlinie ergibt (OLG München 21 U 1896/19).
2.
Mangels Bestehen eines Hauptanspruchs kann der Kläger auch nicht die Feststellung des Annahmeverzugs der Zurücknahme des Fahrzeugs beanspruchen, ebenso wenig den Ersatz vorgerichtlicher Kosten.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 S.2 ZPO.
III.
Die Höhe des Streitwerts ergibt sich aus der Klageerweiterung (Schriftsatz vom 13.08.2019, Bl. 68 d.A.) und aus der Klage, in der der Kläger für den Feststellungsantrag Ziffer 2. von einem Betrag in Höhe von 500 € ausgegangen ist.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben