Europarecht

Keine systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufenthaltsbedingungen für Asylbewerber in Italien

Aktenzeichen  M 9 S 17.52578

Datum:
21.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 2642
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29, § 34a Abs. 1 S. 1, § 77 Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
GRCh Art. 4
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2

 

Leitsatz

1. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Asylbewerber im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh ausgesetzt wäre. (Rn. 14 – 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Vorabentscheidungsersuchen des BVerwG (BeckRS 2017, 121936) und des VGH BW (BeckRS 2017, 106575) an den EuGH (C-517/17 bzw. C-163/17) beschäftigen sich nur mit der Situation von Migranten, die in Italien bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen haben. (Rn. 18 – 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen einen sog. Dublin-Bescheid.
Er wurde nach eigenen Angaben am 10. September 1995 in Pakistan geboren (Bl. 26 d. Behördenakts – i. F.: BA -). Der Antragsteller reiste nach eigenen Angaben am 20. Mai 2017 u.a. über Italien in das Bundesgebiet ein (Bl. 20 d. BA). Er beantragte am 26. Juni 2017 förmlich Asyl (Bl. 26 d. BA).
Aufgrund eines Eurodac-Treffers der Kategorie 2 für Italien – „IT2…“ – vom 20. Mai 2017 (Bl. 92 d. BA) wurde am 29. Juni 2017 ein Aufnahmegesuch an Italien gerichtet (Bl. 93ff. d. BA); eine Zugangsbestätigung liegt vor (Bl. 99ff. des BA). Die italienischen Behörden haben bis dato nicht geantwortet. Der Verwaltungsvorgang enthält eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (i. F.: BÜMA) vom 22. Mai 2017, die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (i. F.: Bundesamt) laut Eingangsstempel am 23. Mai 2017 einging (Bl. 44 d. BA).
Mit Bescheid vom 1. September 2017, Gz. 7130899-461, bekanntgegeben am 11. September 2017 (siehe das zur Gerichtsakte gereichte Empfangsbekenntnis), lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziff. 3) und befristete das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4). Wegen der Begründung wird auf den Bescheid Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat am 14. September 2017 Klage gegen den Bescheid erhoben und Eilantrag gestellt. Vorliegend beantragt er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
In Italien finde kein geordnetes und zuverlässiges Asylverfahren statt. Diverse Entscheidungen aus den Jahren 2013 und 2014 sähen das auch so. Zum Beweis sei weiter ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das Bundesverwaltungsgericht hätten die katastrophalen Verhältnisse in Italien dazu bewogen, einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof zu richten, ebenso der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Diese Vorlagebeschlüsse zeigten, dass konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass Asylsuchende in Italien vollständig schutzlos seien. Die aufschiebende Wirkung sei anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Eilantrag abzulehnen.
Auf ihre Ausführungen wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.
II.
Der Eilantrag hat keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Bei dieser Entscheidung sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einerseits und das private Aussetzungsinteresse, also das Interesse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu.
An der Rechtmäßigkeit der vom Bundesamt zutreffend auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen bei summarischer Prüfung keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Italien ist hier für die Prüfung zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 lit. a, Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2, Art. 22 Abs. 1, Abs. 7 Dublin III-VO i.V.m. Art. 24 Abs. 4, Art. 14 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 603/2013. Die italienischen Behörden haben auf das Aufnahmegesuch, das am 29. Juni 2017 (Bl. 97 d. BA) und damit rechtzeitig innerhalb der 2-Monats-Frist des Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin III-VO gestellt wurde, nicht reagiert. Auch die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 26.7.2017 – C-670/16 – juris) parallel einzuhaltende 3-Monats-Frist des Art. 21 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO wurde gewahrt unabhängig davon, ob man auf die Einreise des Antragstellers oder auf das Ausstellungsdatum der BÜMA abstellt – wobei beide Zeitpunkte eigentlich nicht maßgebend sind, vgl. Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1, Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO.
Die Überstellung an Italien ist auch nicht rechtlich unmöglich im Sinn des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCharta) ausgesetzt wäre. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCharta) entspricht. Diese Vermutung ist zwar nicht unwiderleglich, vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Betroffenen führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 EU-GRCharta ausgesetzt zu werden. Eine Widerlegung der Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten anzunehmen, an die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris).
Das Gericht geht nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnissen davon aus, dass in Italien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben genannten Sinne gegeben sind. Dazu wird Bezug genommen auf die einhellige Rechtsprechung, die keine systemischen Mängel hinsichtlich Italiens (an-)erkennt (NdsOVG, B.v. 6.6.2018 – 10 LB 167/18 – juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 12.9.2018 – 1 B 50/18, 1 PKH 39/18 – juris; NdsOVG, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 3.9.2018 – 1 B 41/18 – juris; VG Cottbus, B.v. 4.1.2019 – VG 5 L 535/18.A – juris; B.v. 12.7.2017 – 5 L 442/17.A – juris; VG München, B.v. 6.7.2017 – M 9 S 16.51285 – juris; B.v. 20.2.2017 – M 9 S 17.50105 – juris; B.v. 29.12.2016 – M 1 S 16.50997 – juris; VG Hamburg, B.v. 8.2.2017 – 9 AE 5887/16 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 – 12 L 3754/16.A – juris; BayVGH, U.v. 28.2.2014 – 13a B 13.30295 – juris; OVG NW, U.v. 21.6.2016 – 13 A 1896/14.A – juris; NdsOVG, U.v. 25.6.2015 – 11 LB 248/14 – juris; zumeist mit Bezug u.a. auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NW vom 23. Februar 2016 und auf den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016: „Aufnahmebedingungen in Italien – Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien“, einsehbar z.B. über MILO oder Asylfact bzw. in der Gerichtsbibliothek – Dublin-Sammlung: Italien – bzw. teils frei zugänglich im Internet abrufbar). Nach dieser Erkenntnislage erhalten Asylsuchende (Neuankömmlinge und Rückkehrer gleichermaßen) zuverlässig eine Unterkunft – u.a. über die CAS- bzw. über die SPRAR-Einrichtungen – und sonstige Versorgung (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 4ff.; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 18ff., insb. S. 28ff.). Es werden stetig zusätzliche Aufnahmezentren geschaffen; das Aufnahmesystem in Italien ist innerhalb von vier Jahren von ca. 5.000 Plätzen auf ca. 120.000 Plätze angewachsen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 15). Es ist mithin nichts dafür ersichtlich, dass die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung überschritten wäre; dies wäre erst dann der Fall, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden (z.B. VG Schwerin, U.v. 26.9.2016 – 16 A 1757/15 As SN – juris; VG Hamburg, B.v. 8.2.2017 – 9 AE 5887/16 – juris; OVG NW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris). Probleme bei der Unterbringung in der zweiten Jahreshälfte 2015 rechtfertigen keine andere Einschätzung, da diesbezügliche Schwierigkeiten nicht nur in Italien, sondern in weiten Teilen Europas bestanden. Auch der insgesamt eher kritische Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., sieht diesbezüglich in erster Linie nur die Aufnahmesituation von „Personen mit Schutzstatus“ in Italien als problematisch an, nicht aber die Bedingungen für Asylsuchende und Dublin-Rückkehrer (vgl. S. 18ff. einerseits und S. 33ff. andererseits). Für Erstere wird, ohne dass es vorliegend tragend darauf ankommt, darauf hingewiesen, dass die Gruppe der „Personen mit Schutzstatus“ hinsichtlich der Versorgungssituation schlicht den Einheimischen gleichgestellt ist (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 5; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 35 und 50); unabhängig davon ist klarzustellen, dass die Frage „systemischer Mängel“ nur die Durchführung des Asylverfahrens betrifft und dass eine Anwendung dieser Rechtsfigur auf bereits anerkannte Flüchtlinge deshalb ausscheiden muss (ebenso z.B. VG Hamburg, U.v. 9.1.2017 – 16 A 5546/14 – juris in Auseinandersetzung mit anderen Ansichten). Weiter ist festzuhalten, dass die Dublin III-VO gerade nicht zu einem „forum shopping“ dergestalt verhelfen soll, dass der Betroffene ein Recht darauf habe, sich einen Mitgliedstaat für die Prüfung seines Asylantrags auszusuchen, der beispielsweise ein besseres soziales Sicherungssystem oder bessere Unterbringungsmöglichkeiten bietet (statt aller OVG NW, U.v. 10.3.2016 – 13 A 1657/15.A – juris). Auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien eventuell schlechter darstellt als im Bundesgebiet, begründet keinen systemischen Mangel des dortigen Asylverfahrens (vgl. EGMR, E.v. 2.4.2013 – Nr. 27725/10 – juris; VG München, B.v. 9.11.2016 – M 6 S 16.50638 – juris). Alle Asylbewerber haben in Italien kostenfreien Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem (OVG NW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 6). Alle, auch irregulär anwesende Personen und Rückkehrer, haben ein Recht auf medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall, auch ohne Selbstbehalt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 54f.; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 6). Das sog. ticket – der Selbstbehalt – muss darüber hinaus auch langfristig nicht bezahlt werden, solange eine nicht erwerbstätige Person bspw. in einer SPRAR-Einrichtung untergebracht ist oder eine sog. STP-Karte besitzt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 56f.). Zugang zu einem Hausarzt und zu weiteren medizinischen Leistungen erhält man über eine Gesundheitskarte, die man ohne weiteres über eine Registrierung bei den lokalen Institutionen erlangt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 55).
Angesichts der dargestellten Erkenntnismittellage drängt sich dem Gericht die Einholung eines (weiteren) Gutachtens nicht auf, zumal es nicht das eine richtige Erkenntnismittel gibt.
Auch aus den Hinweisen auf die Vorlagebeschlüsse ergibt sich nichts anderes:
Das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 27.6.2017 – 1 C 26.16 – juris), über das vom Europäischen Gerichtshof noch nicht entschieden wurde (dort anhängig unter dem Az. C-517/17), beschäftigt sich nur mit der Situation von Migranten, die in Italien bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen haben. Dies trifft für den Antragsteller nicht zu, weder nach eigener Aussage (Bl. 21 d. BA) noch nach den Eurodac-Erkenntnissen – ein Treffer der Kategorie 2 zeigt, dass nicht einmal ein entsprechender Asylantrag gestellt wurde.
Bei der zitierten Vorlage des VGH BW, B.v. 15.3.2017 – A 11 S 2151/16 – juris, über die vom EuGH ebenfalls noch nicht entschieden wurde (anhängig unter C-163/17), geht es um die Frage, ob eine Überstellung des Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat unzulässig ist, wenn er für den Fall einer Zuerkennung eines internationalen Schutzstatus dort im Hinblick auf die dann zu erwartenden Lebensumstände einem ernsthaften Risikos ausgesetzt wäre, eine Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GRCharta zu erfahren – d.h. um eine Situation, zu der es möglicherweise nach der Gewährung internationalen Schutzes im zuständigen Mitgliedstaat, hier Italien, kommen kann. Das aber hat mit der Dublin III-VO bereits nichts mehr zu tun. Systemische Mängel sind nur i. R. d. Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen EU-Mitgliedstaates von Bedeutung, nicht aber für die Phase nach Abschluss des Asylverfahrens (vgl. den Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO und bspw. OVG NW, U.v. 19.5.2017 – 11 A 52/17.A – juris; VG München, B.v. 23.1.2019 – M 9 S 17.52280 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 22.1.2019 – 29 L 3642/18.A – juris; VG Hamburg, U.v. 9.1.2017 – 16 A 5546/14 – juris).
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 AufenthG oder ein inlandsbezogenes Vollzugshindernis (BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris) wurden nicht behauptet und/oder nach § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG glaubhaft gemacht (zur Heranziehung des § 60a Abs. 2c AufenthG auch i.R.v. zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen vgl. nur BayVGH, B.v. 26.4.2018 – 9 ZB 18.30178 – juris). Der Antragsteller gab im Rahmen seiner Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags an, nicht an Beschwerden, Erkrankungen, Gebrechen oder an einer Behinderung zu leiden (Bl. 122 d. BA).
Auch die allgemeinen Verhältnisse in Italien begründen kein Abschiebungsverbot. Unabhängig davon, dass die dortige Versorgungslage nach Obenstehendem unproblematisch ist, handelte es sich bei etwaigen schlechten humanitären Verhältnissen um eine Situation, der die gesamte Bevölkerungsgruppe „Asylbewerber“ (EGMR, U.v. 4.11.2014 – 29217/12, Tarakhel /Schweiz – NVwZ 2015, 127) ausgesetzt wäre, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt würde. Eine extreme Gefährdungslage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausnahmsweise nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – juris; U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris), bei der ein Einzelner – hier: der Antragsteller – mithin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. 60.7.3.1 AufenthGAVwV; BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25/18 – juris; U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris; Göbel-Zimmermann u.a., Asyl- und Flüchtlingsrecht, Stand: 1. Auflage 2017, Rn. 324), liegt in Italien nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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