Europarecht

Keine systemischen Mängel im Asylverfahren in den Niederlanden

Aktenzeichen  Au 6 K 18.50264

Datum:
15.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 25059
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Dublin III-VO Art. 7 Abs. 1, Abs. 3, Art. 12 Abs. 4, Art. 16 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

In den Niederlanden läuft ein Asylbewerber keine Gefahr, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein, sodass keine systemischen Mängel im holländischen Asylverfahren oder den dortigen Aufnahmebedingungen für Asylbewerber bestehen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 8. Februar 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Damit besitzt der Kläger auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte im nationalen Verfahren über sein Asylgesuch entscheidet.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Anfechtungsklage vorliegend die allein statthafte Klageart (vgl. BVerwG, U.v. 27.10.2015 – 1 C 32.14 – BVerwGE 153, 162; BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 13a B 17.50003 – juris). Die zudem (hilfsweise) erhobene Verpflichtungsklage ist demnach bereits nicht statthaft.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Asylantrag des Klägers ist unzulässig, weil die Niederlande für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes – AsylG). Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl L 180 vom 29.6.2013, S. 31; sog. Dublin III-VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 7 Abs. 1 Dublin III-VO). Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet die Beklagte die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Niederlande im auch für die Anwendung der Dublin III-VO maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG, vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2016 – 1 C 24.15 – juris Rn. 8) gemäß Art. 12 Abs. 2 und 4 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylgesuchs des Klägers zuständig ist. Denn dieser ist im Besitz eines niederländischen Visums (Gültigkeitsdauer bis 3.10.2017). Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl L 180 vom 29.6.2013, S. 31; sog. Dublin III-VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 7 Abs. 1 Dublin III-VO). Besitzt ein Antragsteller ein gültiges Visum, so ist nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung erteilt wurde. Besitzt ein Antragsteller ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten nicht verlassen hat (Art. 12 Abs. 4 Satz 1 Dublin III-VO). Dies ist beim Kläger der Fall.
Die vom Bundesamt durchgeführte Abfrage in der VIS-Datenbank ergab, dass der Kläger ein Visum von den Niederlanden für den Zeitraum vom 19. August 2017 bis zum 3. Oktober 2017 erhielt. Dieses ist seit weniger als sechs Monaten abgelaufen. Nach Art. 7 Abs. 2 der Dublin III-VO kommt es für die Bestimmung des nach Kapitel III zuständigen Mitgliedstaates auf den Zeitpunkt der ersten Stellung eines Gesuchs auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat an, mithin vorliegend auf den 30. November 2017. Zu diesem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt war das Visum noch keine zwei Monate abgelaufen, so dass Art. 12 Abs. 4 Satz 1 Dublin III-VO vorliegend Anwendung findet. Dementsprechend hat die Niederlande mit Schreiben vom 6. Februar 2018 die Zustimmung zur Aufnahme des Klägers gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO erklärt.
Allein der Verweis auf das Prinzip der Familieneinheit bzw. der Vortrag des Klägers Verwandte in Deutschland zu haben, hindert nicht die Anwendung des Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO. Nach Art. 7 Abs. 3 Dublin III-VO berücksichtigen die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 genannten Kriterien alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist (Art. 7 Abs. 3 Dublin III-VO). Der Kläger ist volljährig und bereits kein Familienangehöriger bzw. Verwandter i.S.v. Art. 2 Buchst. g und h Dublin III-VO, der diese Begriffe allgemein definiert. Im Übrigen ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass Indizien im vorgenannten Sinn vorgelegt wurden, bevor die vorgenannte Zustimmung der niederländischen Behörden erfolgte. Es besteht kein Schutzanspruch aus Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK und Art. 7 GRCh. Der Kläger ist als erwachsener Mann grundsätzlich nicht mehr auf die Fürsorge und Unterstützung seiner Tante bzw. Cousins und Cousinen angewiesen, eine notwendige Unterstützung des Klägers im Erwachsenenalter ist weder dargelegt noch ersichtlich.
Auch die nunmehr vorgetragene Verlobung bzw. Heiratsabsicht führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung. Als Familienangehörige sind nach Art. 2 Buchst. g erster Spiegelstrich Dublin III-VO der Ehegatte des Antragstellers oder sein nicht verheirateter Partner anzusehen, der mit ihm eine dauerhafte Beziehung führt, soweit nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich vergleichbar behandelt werden wie verheiratete Paare.
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Kläger ist nicht der Ehegatte seiner Verlobten im Sinne dieser Vorschrift. Die geltend gemachte Eheschließung steht auch nicht unmittelbar bevor (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 – AuAS 2017, 14, juris Rn. 11). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass es für diese noch kein konkretes Datum gebe und die Anmeldung der Eheschließung wegen fehlender Unterlagen noch nicht habe erfolgen können; er hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass er auch eine Ledigkeitsbescheinigung benötige. Zwar hat der Kläger vorgetragen, seine Verlobte vor etwa vier Monaten kennengelernt und mit ihr seit drei Monaten eine Beziehung zu haben. Er unterliegt aber der Wohnsitzverpflichtung in der Erstaufnahmeeinrichtung nach § 47 Abs. 1a Satz 1 AsylG; demnach kann rechtlich kein Zusammenleben der aufenthaltsberechtigten Partnerin mit dem Kläger stattfinden, mithin auch keine eheliche oder außereheliche Lebensgemeinschaft, da nur er den Wohnsitzbeschränkungen im Asylverfahren – derzeit auf …- in einer Unterkunft für Asylbewerber unterliegt, sie hingegen in R. wohnt.
Nach deutschem Recht bzw. den hiesigen Gepflogenheiten werden nicht verheiratete Paare aber ausländerrechtlich nicht vergleichbar behandelt wie verheiratete Paare. Die gilt sowohl im Rahmen des Familienasyls nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als auch im Aufenthaltsrecht (näher dazu OVG NW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 32 ff. m.w.N.).
b) Gründe, von einer Überstellung in die Niederlande gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO setzt voraus, dass es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer un menschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCharta) mit sich bringen. In diesem Fall setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der Zuständigkeitskriterien nach Kapitel III der Dublin III-VO fort, um ggf. die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festzustellen. Kann keine Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festgestellt werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
Dieser Regelung liegt das Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10, C-493/10 – juris) zugrunde. Danach gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der EU-Grundrechtecharta entspricht. Allerdings ist diese Vermutung widerlegbar. Den nationalen Gerichten obliegt die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GrCharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist jedoch nicht bereits bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen in dem jeweils zuständigen Mitgliedstaat widerlegt. An die Feststellung systemischer Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von derartigen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im betreffenden Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Rn. 9).
aa) Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass ein außerhalb des Konzepts normativer Vergewisserung liegender Ausnahmefall vorliegt oder dass der Kläger in den Niederlanden aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen würde, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Es bestehen in Bezug auf die Niederlande keinerlei Anhaltspunkte, dass dem Kläger bei einer Überstellung dorthin eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht (vgl. hierzu: VG München, B.v. 10.4.2017 – M 3 S 17.50843 – juris; VG Gelsenkirchen, B. v. 17.3.2017 – 12a L 634/17.A – juris; VG Freiburg, U. v. 24.02. 2016 – A 1 K 2724/14 – juris Rn. 19 ff. m.w.N.; VG Ansbach, B.v. 24.11.2015 – AN 14 S 15.50400 – juris Rn. 24 m.w.N.).
bb) Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die ein Selbsteintrittsrecht der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich; ausweislich des Bescheides ist davon auszugehen, dass die Beklagte ihr Ermessen erkannte. Insbesondere bestehen keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote (dazu sogleich) und ergeben sich solche Gründe hier nicht allein aus dem Vortrag, der Kläger beabsichtigte die Ehe mit seiner Verlobten zu schließen und habe in den Niederlanden keine Verwandte.
Soweit der Kläger Rückführungshindernisse hinsichtlich der Türkei geltend macht, ist dies vom Bundesamt nicht zu prüfen, das lediglich die Rückführung in die Niederlande angeordnet hat, welche als Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention hinsichtlich ihres Asylrechtsvollzugs auch mit Blick auf die Türkei keinen schwächeren Rechtsstandards unterliegt als Deutschland. Rückführungshindernisse hinsichtlich der Türkei zu prüfen, ist Sache der Niederland. Dies gilt auch für das Refoulement-Verbot.
Der Wunsch, die krebskranke Tante zu pflegen bzw. der ergänzende Vortrag, es bestehe die vorgetragene Beistandsgemeinschaft (unter Verweis auf BVerfG, B.v. 24.6.2014 – 1 BvR 2926/13 – BVerfGE 136, 382) führt insoweit zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Denn der Kläger und die Tante bzw. Cousins und Cousinen sind soweit ersichtlich volljährig und haben bisher getrennt gelebt. Zumal im Übrigen in den vom Bundesverfassungsgericht behandelten Fällen, eine enge verwandtschaftliche Beziehung regelmäßig nicht im Zweifel stand. Allein der erstmals in der mündlichen Verhandlung erfolgte pauschale Vortrag, im Heimatdorf seien zwei Personen im Rahmen einer Blutrache getötet worden, die Familie des Klägers habe mit dieser Familie Probleme, Teile dieser Familie lebten auch in Holland, vermag keinen außergewöhnlichen humanitären Grund im vorgenannten Sinne zu begründen. Zumal hinsichtlich solcher Delikte auf die niederländischen Strafverfolgungsbehörden zu verweisen ist.
Auch die vorgetragene Eheschließungsabsicht stellt keinen außergewöhnlichen Grund im o.g. Sinne dar. Die geltend gemachte Vorwirkung (Art. 6 GG) bzw. eine Unvereinbarkeit einer Rücküberstellung mit der Eheschließungsfreiheit kommt hier nicht in Betracht; denn der Kläger hat nicht alles Erforderliche für die Eheschließung getan, diese steht – wie dargelegt – nicht unmittelbar bevor (Nr. 2a).
c) Die Abschiebung des Klägers in die Niederlande kann auch durchgeführt werden; sie ist rechtlich bzw. tatsächlich möglich. Ihr stehen weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote noch inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse entgegen.
Solche Abschiebungshindernisse sind im Rahmen einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG ausnahmsweise von der sonst allein auf die Prüfung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beschränkten Beklagten auch noch nach Erlass der Abschiebungsanordnung zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris), da die Abschiebung nur durchgeführt werden darf, wenn sie rechtlich und tatsächlich möglich ist. Dies ist hier der Fall.
Nach derzeitiger Sachlage besteht für den Kläger kein tatsächliches Abschiebungshindernis; dies gilt auch mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG (s.o.). Auch erfolgt die Rückübernahme durch die Niederlande, da die dortigen Behörden ihre Zuständigkeit erklärten.
d) Auch ist die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Dublin III-VO noch nicht abgelaufen, worauf sich der Kläger berufen könnte (vgl. EuGH, U.v. 25.10.2017 – C-201/16 – DVBl 2017, 1486/1487 f. Rn. 30, 40, 44 ff.). Vielmehr läuft die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO von sechs Monaten seit ausdrücklicher Annahme des Überstellungsgesuchs am 6. Februar 2018 nicht nur bis zum 6. August 2018 (s. Berechnung Bl. 113 der Behördenakte), sondern ab Bestandskraft des Beschlusses über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage neu für sechs Monate, da im gegenständlichen Verfahren eine Überprüfung der Überstellungsentscheidung mit aufschiebender Wirkung nach Art. 27 Abs. 3 Buchst. a) und b) VO 604/2013/EU i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG erfolgte, in deren Anschluss die Überstellungsfrist neu zu laufen beginnt (vgl. EuGH, U.v. 25.10.2017 – C-201/16 – DVBl 2017, 1486 Rn. 27). Unabhängig davon wurde die Überstellungsfrist vorliegend zudem nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bis 23. August 2019 verlängert.
e) Einwände gegen das im streitgegenständlichen Bescheid verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot ab dem Tag der Abschiebung, gestützt auf § 11 AufenthG, sind nicht ersichtlich. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen (vgl. oben); ggf. wäre nach Eheschließung und Abschluss des Asylverfahrens in den Niederlanden ein Antrag auf Verkürzung der Befristung möglich.
3. Nach allem erweist sich der angefochtene Bescheid des Bundesamtes als rechtmäßig und war die Klage demnach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V. m. § 83b AsylG abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.


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