Europarecht

Kosten für Feuerwehreinsatz, Beseitigung einer (Hydraulik-)Ölspur, Kostensatzung, Streckenkosten- und Ausrückestundenkosten, fehlende Kalkulationsgrundlage, Personalkosten, Sachkosten (Ölbindemittel), Pauschalierung der Kosten

Aktenzeichen  W 5 K 20.1177

Datum:
15.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 9369
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayFwG Art. 28 Abs. 1 S. 1
BayFwG Art. 28 Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts M.-S. vom 27. Juli 2020 wird aufgehoben, soweit darin Kosten über den Betrag von 2.915,50 EUR hinaus erhoben wurden.     
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage, über die das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
Streitgegenstand ist der Kostenbescheid der Beklagten vom 29. Januar 2018, soweit ein Betrag von mehr als 2.885,14 EUR gefordert wurde, in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts M.-S. vom 27. Juli 2020.
Der Kostenbescheid vom 29. Januar 2018 ist formell bestandskräftig geworden, soweit ein Betrag von 2.885,14 EUR gefordert wurde. Denn eine Auslegung der Reichweite und des Inhalts des eingelegten Widerspruchs anhand §§ 133, 157 BGB (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 70 Rn. 3) kommt zu dem Ergebnis, dass der von der …-Versicherung am 21. Februar 2018 bzw. vom Kläger am 1. März 2018 (nochmals) eingelegte Widerspruch nur erhoben wurde, soweit mit dem Leistungsbescheid vom 29. Januar 2018 Kosten verlangt wurden, die den Betrag von 2.885,14 EUR überschreiten. Dies lässt sich in der Gesamtschau den beiden Schreiben der …-Versicherung vom 19. Februar 2018 und vom 13. März 2018 entnehmen. Die …-Versicherung verweist in ihrem Widerspruchsschreiben vom 19. Februar 2018 darauf, dass die dem Bescheid zu Grunde liegende Berechnung unter Zuhilfenahme einer technischen Beratung zu prüfen sei. In dem letztgenannten Schreiben vom 13. März 2018 wird zum einen erklärt, dass für den Schadenfall ein Entschädigungsbetrag von 2.885,14 EUR abgerechnet werde. Es wird also vorbehaltlos ein Betrag in der vg. Größenordnung geleistet. Zum anderen wird bezüglich der Abrechnung auf den „beiliegenden Prüfbericht“ verwiesen. Insoweit wird deutlich, dass ein Widerspruch nur hinsichtlich des gekürzten, also nicht geleisteten Betrags eingelegt werden sollte, zumal sich dem in Bezug genommenen „Prüfbericht Feuerwehr“ entnehmen lässt, dass nur die Kostensätze für die Einsatzkräfte und die Kostensätze für die Einsatzfahrzeuge sowie die „Sonstigen Kosten“ der Stadt Karlstadt als überhöht angesehen werden, während die Einsatzzeiten des eingesetzten Personals und der Fahrzeuge als plausibel und nachvollziehbar betrachtet werden.
2. Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kostenbescheid der Beklagten vom 29. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts M.-S. vom 27. Juli 2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin Kosten erhoben werden, die über den Betrag von 2.915,14 EUR hinausgehen.
2.1. Die Beklagte hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr durch den Feuerwehreinsatz am 3. Februar 2017 entstanden sind.
Dieser Kostenersatzanspruch findet seine Rechtsgrundlage in Art. 28 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes – BayFwG – vom 23. Dezember 1981 (GVBl S. 626, BayRS 215-3-1-I) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), der den Kostenersatz für das Tätigwerden der gemeindlichen Feuerwehren im Pflichtaufgabenbereich des abwehrenden Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes regelt. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG können die Gemeinden in den unter Absatz 2 Nrn. 1 bis 6 aufgezählten Fällen Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) oder durch Einsätze hilfeleistender Werkfeuerwehren (Art. 15 Abs. 7 BayFwG) entstanden sind; der Anspruch wird gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 durch Leistungsbescheid geltend gemacht. Nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG besteht der Kostenersatzanspruch für Einsätze der Feuerwehr im technischen Hilfsdienst, bei denen die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs veranlasst war. Einen solchen entgeltlichen technischen Hilfsdienst haben die Freiwilligen Feuerwehren der Beklagten bei dem Einsatz zur Beseitigung der (Hydraulik-)Ölspur am 3. Februar 2017 geleistet. Der Kläger ist als Halter des Fahrzeugs, durch das der Feuerwehreinsatz veranlasst war, zum Ersatz der Kosten verpflichtet (Art. 28 Abs. 3 Nr. 2 BayFwG).
Billigkeitsgründe im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG, die gegen die Inanspruchnahme des Klägers sprechen, sind vorliegend weder erkennbar noch vorgetragen. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass persönliche Härten vorliegen oder sich der Kostenersatz auf den Kläger äußerst belastend oder existenzgefährdend auswirken könnte. Letzteres kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil die …-Versicherung als Kfz-Haftpflichtversicherung des Klägers den Kostenersatz dem Grunde nach übernommen und bereits eine Teilleistung in Höhe von 2.885,14 EUR bezahlt hat (vgl. Schreiben der …-Versicherung an die Stadt Karlstadt vom 13.3.2018).
Die Rechtsverfolgung ist auch nicht im Hinblick auf § 114 Satz 1 VwGO erfolgreich. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen bezüglich der Entscheidung über die Geltendmachung von Aufwendungsersatz rechtsfehlerfrei ausgeübt. Zwar legt Art. 28 Abs. 1 und Abs. 2 BayFwG kein sogenanntes intendiertes Ermessen in Richtung einer Kostenerhebung im Regelfall fest (BayVGH, U.v. 14.12.2011 – 4 BV 11.895 – juris Rn. 35; U.v. 20.2.2013 – 4 B 12.717 – juris Rn. 21). Bei der Ausübung des Ermessens kann das haushaltsrechtliche Gebot von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (Art. 61, 62 GO) herangezogen werden (BayVGH, U.v. 20.2.2013 – 4 B 12.717 – juris Rn. 21 m.w.N.). Ebenso wenig ist die Heranziehung des Klägers als Halter des Kraftfahrzeugs zu beanstanden, welches die Ölspur verursacht hat. Bei der Einforderung entstandener Kosten bedarf es, anders als bei der Störerauswahl zur Durchsetzung sicherheitsrechtlicher Handlungspflichten, keiner weiteren Ermessenserwägungen der anordnenden Behörde. Die kostenberechtigte Behörde darf vielmehr grundsätzlich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen, von wem sie die Kosten einziehen will (VG München, U.v. 29.3.2000 – M 7 K 99.4131 – juris Rn. 16 m.w.N.). Im vorliegenden Einzelfall sind keine Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen, die ausnahmsweise gegen eine Inanspruchnahme des Klägers als Halter des betroffenen Kraftfahrzeugs sprechen könnten.
Somit ist davon auszugehen, dass der Beklagten der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach zusteht, zumal dies von Klägerseite auch nicht in Abrede gestellt wird.
2.2. Die von der Beklagtenseite geltend gemachte Restforderung in Höhe von 426,42 EUR ist um den auf die Strecken- und Ausrückestundenkosten (209,74 EUR) und den auf die Materialkosten entfallenden Anteil (186,32 EUR) zu kürzen. Nicht zu beanstanden ist hingegen die Höhe der veranschlagten Personalkosten (30,36 EUR).
Gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BayFwG können die Gemeinden Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 4 BayFwG festlegen. Das hat die Beklagte vorliegend getan. In der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 30. Juli 2015 sieht die Beklagte pauschalierte Sätze u.a. für Streckenkosten und Ausrückestundenkosten vor.
Eine solche Kostenersatzsatzung muss allerdings bestimmten Mindestanforderungen genügen, damit auf ihrer Grundlage die Einsatzkosten pauschaliert geltend gemacht werden dürfen (Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 und Satz 2 BayFwG. Zur Kostenerhebung auf Grundlage einer Satzung nach Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 18. Juli 2008 (Az. 4 B 06.1839 – juris Rn. 25 f.) grundlegend Folgendes ausgeführt:
„Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BayFwG ermächtigt die Gemeinden im Interesse einer Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs, Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 4 BayFwG – also sowohl im Pflichtaufgabenbereich als auch bei freiwilligen Aufgaben – durch Satzung festzulegen. Die Gemeinden werden durch diese Bestimmung der Notwendigkeit enthoben, zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG die bei dem einzelnen Feuerwehreinsatz entstanden Aufwendungen konkret zu ermitteln. Die Pauschalsätze müssen sich freilich der Höhe nach in etwa an den Kosten messen lassen, die tatsächlich angefallen sind. Welche inhaltlichen Maßstäbe bei der Festlegung der Pauschalsätze im Einzelnen zu beachten sind, regelt Art. 28 Abs. 4 BayFwG näher, indem er die entsprechende Geltung der Art. 2 und 8 KAG anordnet (Satz 1 Halbsatz 2) mit der Maßgabe, dass bei der Erfüllung von Pflichtaufgaben nach Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG eine Eigenbeteiligung der Gemeinden an den Vorhaltekosten vorzusehen ist, die die Vorteile für die Allgemeinheit angemessen berücksichtigt (Satz 2). Mit dem Verweis auf die kommunalabgabenrechtlichen Regelungen des Art. 8 KAG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung einer gemeindlichen Einrichtung, insbesondere auf den dort maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff (vgl. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG), soll nach der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass die Gemeinden auch im Pflichtaufgabenbereich die allgemeinen Vorhaltekosten (Abschreibung) über die auf die tatsächlichen Einsatzstunden anteilig entfallende Abschreibung hinaus in die Kostenkalkulation einfließen lassen können (LT-Drs. 13/10448 S. 4). (…)
Vor diesem Hintergrund zielt der Kostenersatzanspruch auch in seiner pauschalierten Form lediglich auf den Ersatz derjenigen Sach- und Personalaufwendungen sowie sonstigen Kosten, die bei dem jeweiligen Feuerwehreinsatz tatsächlich entstanden sind. Zur Bemessung der Pauschalsätze darf daher auf die gebührenrechtlichen Regelungen des Art. 8 KAG nur insoweit zurückgegriffen werden, als die Besonderheiten des Feuerwehrrechts deren Anwendung zulassen.“
Insbesondere müssen die Gemeinden auch eine eigene Kostenkalkulation vornehmen. Die bloße Übernahme von Musterpauschalbeträgen und -berechnungen ohne eigene Kalkulation reicht nicht aus (vgl. Schulz in PdK Bay K-​16, Stand: 6. Fssg. 2020, Art. 28 BayFwG, Erläuterungen 4.2; Forster/Pemler/Remmele, BayFwG, 45. NL Okt. 2019, Art. 28 Rn. 69; siehe auch VG Würzburg, U.v. 28.6.2018 – W 5 K 16.745 – juris Rn. 28; VG Ansbach, U.v. 19.9.2018 – AN 14 K 16.01955 – juris Rn. 49; VG München, U.v. 11.4.2019 – M 30 K 17.2105 – juris Rn. 18. Vgl. hierzu auch das Schreiben des Bayerischen Gemeindetages, des Bayerischen Städtetages, des LandesFeuerwehrVerbandes Bayern e.V. und des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes vom 8.9.2020 zum überarbeiteten Muster einer Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz: „Jede Gemeinde hat vielmehr auf der Basis der örtlichen Zahlen die Berechnung ihrer individuellen Pauschalsätze vorzunehmen“). Auch nach Nr. 28.3 der Vollzugsbekanntmachung zum Bayerischen Feuerwehrgesetz (VollzBekBayFwG) müssen die Gemeinden insbesondere eine eigene Kostenkalkulation vornehmen. Die Berechnung der konkreten Kosten ist in Anlage 7 der VollzBekBayFwG dargestellt. Beispielsrechnungen finden sich auch im gemeinsamen Muster des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des LandesFeuerwehrVerband Bayern e.V. sowie des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes. Eine unreflektierte Übernahme von Musterbeträgen ohne eigene konkrete Berechnungen genügt diesen Anforderungen nicht.
2.2.1. Der Kläger hat vorliegend Kalkulationsrügen erhoben und insbesondere – und zwar sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im Klageverfahren – bemängelt, dass für die eingesetzten Fahrzeuge keine Kalkulationsgrundlagen vorgelegt worden seien, die eine Überprüfung der in der Satzung aufgeführten Pauschalsätze ermöglichten. Mit diesem Vorbringen dringt er durch. Die Beklagte hat auf Anforderung des Gerichts eine beglaubigte Ablichtung der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren der Stadt Karlstadt vom 30. Juli 2015 vorgelegt. Die in der Anlage zu dieser Satzung festgelegten Pauschalsätze lassen sich hinsichtlich der Streckenkosten sowie der Ausrückestundenkosten für die eingesetzten Fahrzeuge nicht nachvollziehen, da von der Stadt Karlstadt keine eigenen Kalkulationen für diese Pauschalsätze erstellt und auch keinerlei Belege vorgelegt worden sind. Damit fehlt es für den Betrag in Höhe von 209,74 EUR, den die Beklagte für ihre eingesetzten Fahrzeuge als Ausrückestunden- und Streckenkosten verlangt hat und den die Klägerseite bestritten hat (verlangt wurden insgesamt 1.137,66 EUR, von Klägerseite wurde ein Betrag von 927,92 EUR zugestanden), an einer wirksamen Rechtsgrundlage (so auch VG München, U.v. 22.6.2016 – M 7 K 15.255 – juris Rn. 20).
Soweit die Beklagtenseite (mit Schreiben vom 27.8.2019 gegenüber dem Klägerbevollmächtigten, vgl. Bl. 45 der Behördenakte) sich darauf beruft, dass sie die „Mustersatzung“ des Bayerischen Gemeindetags und die „Musterkalkulation der Pauschalsätze“ des Bayerischen Gemeindetages, des Bayerischen Städtetages und des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes vom Herbst 2014 verwendet habe, reicht dies für sich genommen als Grundlage für die erfolgte Kostenerhebung in Bezug auf die Einsatzfahrzeuge nicht aus. Dies macht vielmehr deutlich, dass es offensichtlich an einer eigenen Kostenkalkulation der Beklagten fehlt und die Beklagte die „Mustersatzung“ bzw. die „Musterkalkulation der Pauschalsätze“ übernommen hat. Die Beklagte hat offenkundig keine eigene Kostenkalkulation durchgeführt, sondern – wie sie im Schreiben vom 27. August 2019 erklärt hat – die Musterkalkulation „zur Berechnung ihrer Pauschalsätze verwendet“. Es ist ungeachtet dessen – da keinerlei Unterlagen aktenkundig sind, die eine eigene Kostenkalkulation belegen – nicht auszuschließen, dass die Anschaffungskosten und Zuschüsse für die einzelnen Fahrzeuge sowie andere für die Berechnung der einzelnen Pauschalsätze relevante Berechnungsgrundlagen von den in der Anlage zur Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetags angegebenen bzw. den in der gemeindlichen Kostensatzung aufgeführten Werten zum Nachteil des Klägers in rechtserheblicher Weise abweichen. Diesem Risiko ist auch nach der einschlägigen Verwaltungsvorschrift zu begegnen. Gemäß Nr. 28.3 VollzBekBayFwG können sich die Gemeinden bei der Kalkulation der Pauschalsätze zwar an Mustern und Handlungsanleitungen orientieren; sie sind jedoch – so heißt es in der Vorschrift weiter – nicht von ihrer Verpflichtung entbunden, eine eigene Kostenkalkulation vorzunehmen. Ohne eine solche eigene Kostenkalkulation besteht keine Gewähr dafür, dass die in der gemeindlichen Satzung enthaltenen Pauschalsätze für die Strecken- und Ausrückestundenkosten der Einsatzfahrzeuge der Höhe nach in etwa den tatsächlich angefallenen Kosten entsprechen.
Aufgrund dessen besteht keine Rechtsgrundlage, wonach die Beklagte die streitgegenständlichen Strecken- und die Ausrückestundenkosten in Höhe von 209,74 EUR unter Bezugnahme auf die Pauschalsätze der gemeindlichen Kostensatzung erheben darf.
2.2.2. Hinsichtlich der Materialkosten, nämlich der noch offenen Kosten für das beim Einsatz verwendete Ölbindemittel in Höhe von 186,20 EUR (nach der Berechnung der Stadt Karlstadt 17 Sack x 34,70 EUR = 589,90 EUR; nach dem Ansatz der Klägerseite 17 Sack x 23,74 EUR = 403,58 EUR) ist der Kostenersatz ebenfalls zu beanstanden. Im Einzelnen:
Zu den notwendigen Aufwendungen i.S.v. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG, die ersetzt verlangt werden können, zählen neben den Personalaufwendungen (s. hierzu unter 2.2.3.) die Sachaufwendungen und hierbei neben den konkreten Betriebskosten für Fahrzeuge und Geräte (Streckenkosten und Ausrückestundenkosten) auch die Kosten für während des Einsatzes verbrauchtes Material und hier insb. auch die Kosten für den eingesetzten Ölbinder (vgl. Forster/Pemler/Remmele, BayFwG, 44. NL Januar 2019, Art. 28 Rn. 16, 21, 23).
Die Gemeinden können zum einen auch insoweit – also hinsichtlich des verwendeten Verbrauchsmaterials – zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG die bei dem einzelnen Feuerwehreinsatz entstandenen Aufwendungen konkret ermitteln. Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BayFwG ermächtigt die Gemeinden zum anderen aber auch – wie bereits dargelegt – im Interesse einer Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs, Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 4 BayFwG durch Satzung festzulegen. Eine Pauschalierung „nach Einzelfall“ oder auf der Basis lediglich gemeindeinterner Richtlinien ist ihr aufgrund der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Rechtsform der Satzung verwehrt (Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 2. Aufl. 2008, Rn. 150).
Hier hat sich die Beklagte im Rahmen ihrer Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 30. Juli 2015 dafür entschieden, die Kosten konkret zu ermitteln. Denn nach § 1 Abs. 3 Satz 3 der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren der Stadt Karlstadt vom 30. Juli 2015 werden für Materialverbrauch „die Selbstkosten berechnet“ und nach Satz 2 der Ziffer 4 der Anlage werden hierfür „die Selbstkosten der Beschaffung sowie der Entsorgung“ berechnet.
Dieser Vorgabe einer konkreten Ermittlung und Zugrundelegung der tatsächlich entstandenen Kosten entspricht die Berechnung der dem Kläger auferlegten Kosten für das verwendete Ölbindemittel nur teilweise, nämlich nur in der Größenordnung von 18,68 EUR pro Sack.
Die Beklagte hat hinsichtlich eines Sacks Ölbindemittel einen Einzelpreis von 34,70 EUR zugrunde gelegt (vgl. Berechnungsblatt zum Bescheid vom 29.1.2018), die Klägerseite hat diesen Kostenansatz substantiiert bestritten. Ausweislich des Aktenvermerks der Beklagten vom 25. November 2015 „Kostenermittlung für die Verrechnung des Ölbindemittels“ wird dieser Verrechnungspreis von 34,70 EUR in einzelne Positionen aufgeschlüsselt. So wird ein Einkaufspreis für das Ölbindemittel „Absodan Plus, Typ III/R, Korngröße 0,5 – 1 mm, Sack mit 20 kg“ i.H.v. 15,70 EUR zuzüglich 19% MwSt. i.H.v. 2,98 EUR zugrunde gelegt. Dieser Betrag i.H.v. 18,68 EUR (15,70 EUR zuzügl. 2,98 EUR) stellt die Selbstkosten der Beschaffung dar. Die Kammer hegt keine Zweifel an der konkreten Berechnung dieser Kosten, zumal zur Plausiblisierung auch eine Rechnung vorgelegt wurde. Soweit allerdings darüber hinaus in dem Aktenvermerk ein „Pauschalbetrag“ für die Kosten der Entsorgung i.H.v. 7,00 EUR angesetzt wurde, ist diese Forderung nicht durch die Satzung der Beklagten gedeckt, da hinsichtlich des Verbrauchsmaterials – und damit auch des Ölbindemittels – in der Satzung eine konkrete Berechnung der Selbstkosten der Beschaffung und der Entsorgung vorgeschrieben wird. Pauschalierte Sätze sieht die Satzung der Beklagten insoweit – anders als bei den Streckenkosten und Ausrückestundenkosten (siehe unter 2.2.1.) sowie den Personalkosten (siehe unter 2.2.3) – nicht vor. Mithin entspricht die Forderung eines Pauschalbetrags im streitgegenständlichen Bescheid nicht der Satzung der Beklagten und kann hierin keine Rechtsgrundlage finden. Der Gemeinkostenzuschlag i.H.v. 35% und damit ein Betrag von 8,99 EUR findet in der Satzung ebenfalls keine Rechtsgrundlage. Es handelt sich weder um Selbstkosten der Beschaffung noch um Selbstkosten der Entsorgung. Entschließt sich eine Gemeinde zur Pauschalierung der Kosten, so darf sie dies nur auf der Grundlage einer Satzung nach Art. 28 Abs. 4 BayFwG tun.
2.2.3. Hinsichtlich der Personalkosten – in Höhe von 30,36 EUR (nach der Berechnung der Stadt Karlstadt 66 Stunden x 24,00 EUR = 1.584,00 EUR, nach dem Ansatz der Klägerseite 66 Stunden x 23,54 EUR = 1.553,64 EUR) – ist der Kostenersatz nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 1 der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren der Stadt Karlstadt vom 30. Juli 2015 i.V.m Ziffer 5 der Anlage hierzu.
Die Veranschlagung der Personalkosten in Höhe von insgesamt 1.584,00 EUR (66 Einsatzstunden der Feuerwehrdienstleistenden x 24,00 EUR je Stunde) weist keinen Rechtsfehler auf. Ziffer 5 der Anlage zur Satzung sieht vor, dass Personalkosten nach Ausrückestundenkosten berechnet werden und für den Einsatz ehrenamtlicher Feuerwehrdienstleistender ein Stundensatz von 24,00 EUR verrechnet wird.
Selbst wenn man – was die Kammer offen lässt – von einer Nichtigkeit der Satzungsteile in Bezug auf die unter „1. Streckenkosten“ und „2. Ausrückestundenkosten“ festgeschriebenen Kostensätze ausgehen würde, hätte dies nicht die Gesamtnichtigkeit der Satzung zur Folge. Die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit einer Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, hängt grundsätzlich davon ab, ob die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob zudem hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2008 – 9 B 42/08 – juris Rn. 13). Dies zugrunde gelegt, berührt die dargelegte Ungültigkeit der Festsetzungen der Streckenkosten (unter 1. der Anlage zur gemeindlichen Satzung) und der Ausrückestundenkosten (unter 2. der Anlage zur gemeindlichen Satzung) für die eingesetzten Fahrzeuge nicht die hier unter „5. Personalkosten“ relevanten Kostensätze. Die Strecken- und Ausrückestundenkosten bilden keine untrennbare Einheit mit den in der Anlage zur Satzung zu Personalkosten und sonstige Leistungen getroffenen Regelungen; vielmehr bestehen diese vollkommen unabhängig voneinander (VG Würzburg, U.v. 28.6.2018 – W 5 K 16.745 – juris Rn. 32; VG München, U.v. 22.6.2016 – M 7 K 15.255 – juris Rn. 26 m.w.N.).
Die Kammer hält den Stundensatz in Höhe von 24,00 EUR für angemessen, weil der Beklagten Kosten auch für den Einsatz ehrenamtlicher Feuerwehrdienstleister entstehen, beispielsweise durch Erstattung des Verdienstausfalls (Art. 9 Abs. 3 BayFwG), des fortgezahlten Arbeitsentgelts (Art. 10 BayFwG) oder durch Entschädigung (Art. 11 BayFwG) (vgl. VG Würzburg, U.v. 28.6.2018 – W 5 K 16.745 – juris Rn. 35; VG München, U.v. 5.8.2015 – M 7 K 14.3249 – juris Rn. 36). Anhaltspunkte, die für ein grobes Missverhältnis zu realistischen Stundenkosten sprechen würden, sind jedenfalls nicht erkennbar.
2.2.4. Im Ergebnis ist der Klage somit im tenorierten Umfang stattzugeben.
3. Die Kostenentscheidung erfolgt auf Grundlage von § 155 Abs. 1 Sätze 1 und 3 VwGO. Da der Kläger hier nur zu einem geringen Teil unterlegen (ca. 1/14) ist, konnten der Beklagten die Kosten ganz auferlegt werden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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