Europarecht

Mischgetränk aus Wein und Bier darf weder als “aromatisierter weinhaltiger Cocktail” noch als “Wein” bzw. “Wine” bezeichnet werden

Aktenzeichen  Au 9 K 20.597

Datum:
21.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 29361
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VO (EU) Nr. 251/2014 Art. 3, Abs. 4
VO (EU) Nr. 1308/2013 Art. 78 Abs. 1, Abs. 2
VwGO § 43 Abs. 1
WeinG § 2 Nr. 1, § 25 Abs. 1, § 26 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Nach Art. 3 Abs. 4 lit. c VO (EU) Nr. 251/2014 ist das Versetzen eines weinhaltigen Getränks mit Alkohol jeglicher Art – hier: Bier – verboten. Die Verkehrsbezeichnung eines mit Bier versetzten weinhaltigen Getränks als “aromatisierter weinhaltiger Cocktail” ist daher gem. Art. 5 Abs. 3 VO (EU) Nr. 251/2014 unzulässig. (Rn. 34 und 36 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Mischgetränk aus Wein und Bier darf gem. § 26 Abs. 1 WeinG iVm § 2 Nr. 1 WeinG nicht als “Wein” oder “Wine” bezeichnet werden. (Rn. 52 – 54) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Die Entscheidung konnte aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten vom 9. September 2020 bzw. 10. September 2020 gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung ergehen.
II.
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Hiernach kann insbesondere die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Ein solches Rechtsverhältnis liegt vor, wenn rechtliche Beziehungen streitig sind, die sich aus einem bestimmten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung für das Verhältnis mehrerer Personen zueinander oder das Verhältnis einer Person zu einer Sache ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.1996 – 8 C 19.94 – NJW 1996, 2046).
Zwischen den Beteiligten steht ein solchermaßen konkretisiertes Rechtsverhältnis in Streit. Es bestehen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob das von der Klägerin hergestellte Getränk unter Verwendung des Begriffs „Wine“ und unter der Bezeichnung als „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ in Verkehr gebracht werden darf.
Der Zulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage steht auch nicht deren grundsätzliche Subsidiarität gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen. Hiernach kann eine Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Das ist vorliegend nicht der Fall. Das Inverkehrbringen des Produkts wurde der Klägerin vom Beklagten bisher nicht untersagt. Dem bisherigen Schriftverkehr lässt sich die Rechtsansicht des Beklagten, nicht aber eine konkrete Regelungsabsicht entnehmen.
b) Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an den von ihr begehrten Feststellungen, § 43 Abs. 1 VwGO.
(1) Als berechtigtes Interesse kommt grundsätzlich jedes als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art in Betracht (vgl. BVerwG, U.v. 16.1.1996 – 8 C 19.94 – NJW 1996, 2048). Die gerichtliche Entscheidung muss geeignet sein, die Rechtsposition des Klägers zu verbessern. Maßgeblich ist insbesondere, ob im zu entscheidenden Fall ein konkreter Klärungsbedarf besteht, das heißt, ob zwischen den Beteiligten in Bezug auf einen konkreten Sachverhalt Meinungsverschiedenheiten bestehen, bezüglich derer ein Feststellungsurteil Befriedungswirkung verspricht. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse liegt insbesondere dann vor, wenn sich einer der Beteiligten berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.1985 – 3 C 53.84 – NJW 1986, 800).
(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ein berechtigtes Interesse der Klägerin an den begehrten Feststellungen zu bejahen. Zwischen den Beteiligten besteht in Bezug auf die Zulässigkeit der Bezeichnung des von der Klägerin hergestellten Produkts ein konkreter Klärungsbedarf, nachdem der Beklagte der Klägerin die Untersagung des Inverkehrbringens bereits in Aussicht gestellt hat.
c) Die Klägerin hat an der Erhebung einer vorbeugenden Feststellungsklage auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Ein solches ist ausnahmsweise dann gegeben, wenn der Betroffene nicht in zumutbarer Weise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Ein entsprechender Verweis kann im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) insbesondere dann nicht erfolgen, wenn der Betroffene damit auf die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe in einem Straf- oder Bußgeldverfahren verwiesen werden würde. Es ist ihm nicht zuzumuten, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen gewissermaßen „von der Anklagebank“ zu führen. Der Betroffene hat vielmehr ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als fachspezifischere Rechtsschutzform einzuschlagen (BVerfG, B.v. 7.4.2003 – 1 BvR 2129/02 – juris Rn. 14). Vorliegend wäre der objektive Tatbestand der Strafvorschrift des § 49 Satz 1 Nr. 4 WeinG verwirklicht, wenn das von der Klägerin hergestellte Getränk irreführend im Sinne von § 25 Abs. 1 WeinG wäre, weil seine Bezeichnung den europarechtlich festgesetzten Anforderungen nicht entsprechen würde. Der Klägerin ist unter diesen Umständen nicht zuzumuten, die durch den Meinungsstreit hervorgerufene Unsicherheit über die Rechtslage hinzunehmen. Das drohende Einschreiten des Beklagten rechtfertigt deshalb im vorliegenden Fall das Interesse der Klägerin an einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Bei dem streitgegenständlichen Getränk handelt es sich nicht um einen „aromatisierten weinhaltigen Cocktail“ im Sinn der europarechtlichen Vorschriften, sodass der Beklagte befugt ist, der Klägerin das Inverkehrbringen des Produkts unter der bisherigen Verkehrsbezeichnung zu untersagen.
a) Das von der Klägerin hergestellte Produkt erfüllt nicht die Voraussetzungen eines „aromatisierten weinhaltigen Cocktails“, weil es – entgegen Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 – mit Bier und damit mit Alkohol im Sinn der Vorschrift versetzt wurde. Die Verwendung der Verkehrsbezeichnung „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ ist deshalb gemäß Art. 5 Abs. 3 VO (EU) 251/2014 unzulässig.
Gemäß Art. 3 Abs. 4 VO (EU) 251/2014 gilt als „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ ein Getränk, das (a) aus einem oder mehreren der Weinbauerzeugnisse gemäß Anhang VII Teil II Nr. 1, 2 und 4 bis 11 der VO (EU) 1308/2013 gewonnen wurde, ausgenommen mit Alkohol versetzte Weine und „Retsina“-Wein, bei dem (b) der Anteil der Weinbauerzeugnisse gemäß Buchst. a) mindestens 50% des Gesamtvolumens ausmacht, das (c) nicht mit Alkohol versetzt wurde, das (d) mit Farbstoffen versetzt sein kann, das (e) gesüßt sein kann sowie (f) einen vorhandenen Alkoholgehalt (in % vol.) von mehr als 1,2% vol. und weniger als 10% vol. aufweist.
(1) Zwischen den Beteiligten ist lediglich die Reichweite des Produktmerkmals des Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 „nicht mit Alkohol versetzt“ streitig. Bei der gebotenen Auslegung der Norm auf der Grundlage ihres Wortlauts, ihrer systematischen Stellung und ihrem Sinn und Zweck ergibt sich jedoch, dass aufgrund des Produktmerkmals „nicht mit Alkohol versetzt“ das Versetzen eines weinhaltigen Getränks mit Alkohol jeglicher Art verboten ist.
aa) Ausgehend vom Wortlaut „nicht mit Alkohol versetzt“ in Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 spricht bereits die Verwendung des Begriffs „Alkohol“ ohne weitere Spezifizierung dafür, dass die Produktvorgabe das Zusetzen jeglichen Alkohols untersagt. Eine Einschränkung des Merkmals dahingehend, dass lediglich das Versetzen des Getränks mit reinem Alkohol untersagt ist, kann der Vorschrift hingegen nicht entnommen werden.
Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei dem Begriff „Alkohol“ um einen Oberbegriff, der sowohl für das Reinprodukt der chemischen Verbindung Ethanol (auch Ethyl- oder Äthylalkohol) als auch generell für alkoholische Getränke steht. Dieses Begriffsverständnis liegt auch der vorliegend einschlägigen Verordnung zugrunde, in der ausgehend vom Oberbegriff „Alkohol“ an verschiedenen Stellen weitere Differenzierungen des Begriffs „Alkohol“ vorgenommen werden. Während in Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 der Oberbegriff „Alkohol“ verwendet wird, enthält der Erwägungsgrund Nr. 11 der Verordnung den weiter konkretisierten Begriff „Ethylalkohol“ und Anhang I Nr. 7 der Verordnung denjenigen des „reinen Alkohol(s)“. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber – dem die unterschiedlichen Bedeutungen des Begriffs „Alkohol“ aufgrund der innerhalb der Verordnung vorgenommenen Differenzierungen bekannt waren – die Absicht hatte, den Anwendungsbereich der Regelung auf das Versetzen mit „reinem“ Alkohol zu beschränken.
bb) Auch systematische Erwägungen sprechen für die soeben dargestellte Auffassung. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt die Regelung in Anhang I Nr. 3 der VO (EU) 251/2014 („Zusatz von Alkohol“) nicht die Schlussfolgerung zu, dass für „aromatisierte weinhaltige Cocktails“ lediglich der Zusatz der dort genannten Alkoholkategorien verboten ist, das Getränk jedoch mit jedem anderen Alkohol versetzt werden darf.
Die in Anhang I Nr. 3 der VO (EU) 251/2014 bezüglich des Zusatzes von Alkohol enthaltene Regelung legt vielmehr fest, welche Alkoholika für die Bereitung bestimmter aromatisierter Weine (Art. 3 Abs. 2 VO (EU) 251/2014) und bestimmter aromatisierter weinhaltiger Getränke (Art. 3 Abs. 3 VO (EU) 251/2014) verwendet werden dürfen. Insoweit handelt es sich um eine technische Spezifikation für diejenigen aromatisierten Weinerzeugnisse, die nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. c) und Abs. 3 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 dem Grunde nach mit Alkohol versetzt werden dürfen. Die Regelung in Anhang I Nr. 3 VO (EU) 251/2014 stellt dabei sicher, dass diese Erzeugnisse nicht mit jeglichem Alkohol, sondern lediglich mit den dort genannten Alkoholkategorien versetzt werden. Die Regelung dient dabei dem in Erwägungsgrund Nr. 11 zur VO (EU) 251/2014 festgelegten Ziel, zur Herstellung von aromatisierten Weinerzeugnissen ausschließlich Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs zu verwenden, um den Erwartungen der Verbraucher und den traditionellen Verfahren Rechnung zu tragen und eine Absatzmöglichkeit für landwirtschaftliche Grunderzeugnisse zu gewährleisten.
Auf „aromatisierte weinhaltige Cocktails“ ist die Regelung in Anhang I Nr. 3 VO (EU) 251/2014 hingegen nicht anwendbar, weil diese bereits nach Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 generell nicht mit Alkohol versetzt werden dürfen. Einer weitergehenden Spezifizierung der für den Zusatz von Alkohol erlaubten Alkoholkategorien bedarf es in diesem Fall konsequenterweise nicht. Eine über die für aromatisierte Weine und aromatisierte weinhaltige Getränke hinausgehende allgemeingültige – und damit auch für „aromatisierte weinhaltige Cocktails“ geltende – Definition des Begriffs „Alkohol“ lässt sich der Regelung in Anhang I Nr. 3 VO (EU) 251/2014 deshalb nicht entnehmen.
cc) Die sich nach dem Wortlaut und der systematischen Betrachtung der Regelung ergebende Auslegung des Begriffs „Alkohol“ wird auch durch den Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 verfolgt entgegen der Ansicht der Klägerin und der insoweit angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Trier nicht den Zweck, das Versetzen mit Alkohol in solchen Fällen zu erlauben, in denen der erstrebte „Endalkoholgehalt“ ohne eine Alkoholerhöhung nicht erreicht werden kann. Eine diesbezügliche Absicht kann der Regelung nicht entnommen werden. Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 dient auch nicht der „Kontrolle“ des im Getränk vorhandenen Alkoholgehalts. Dieses wird bereits über die Vorgabe in Art. 3 Abs. 4 Buchst. f) VO (EU) 251/2014 erreicht, wonach ein „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ einen Alkoholgehalt (in % vol.) von mehr als 1,2% vol. und weniger als 10% vol. aufzuweisen hat.
Die in Art. 3 Abs. 2, 3 und 4 VO (EU) 251/2014 zum Versetzen mit Alkohol getroffenen Regelungen dienen ausweislich der Erwägungsgründe der Verordnung vielmehr der Sicherstellung der traditionellen Eigenart von aromatisierten Weinerzeugnissen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 4). Die Verordnung soll die Qualität der aromatisierten Weinerzeugnisse sicherstellen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 8) und so deren guten Ruf schützen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 4). Des Weiteren soll durch die Regelungen der Verordnung den Erwartungen der Verbraucher und den traditionellen Verfahren Rechnung getragen werden (vgl. Erwägungsgrund Nr. 11). Dieses Ziel wird unter anderem dadurch erreicht, dass das Versetzen der aromatisierten Weinerzeugnisse mit (sonstigem) Alkohol reglementiert wird. Dabei unterscheidet Art. 3 VO (EU) 251/2014 zwischen aromatisierten Weinen, aromatisierten weinhaltigen Getränken und aromatisierten weinhaltigen Cocktails. Während die beiden erstgenannten Getränke unter Beachtung der weiteren Reglementierungen des Anhangs I Nr. 3 der VO (EU) 251/2014 mit den dort genannten Alkoholika versetzt werden dürfen, ist der Zusatz von Alkohol für aromatisierte weinhaltige Cocktails nach Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 generell untersagt.
dd) Der von der Klägerin angeführten Argumentation des Verwaltungsgerichts Trier, wonach die Regelung in Anhang II C Nr. 4 VO (EU) 251/2014 belege, dass lediglich der Zusatz bestimmter Alkoholkategorien, nicht aber der Zusatz jeglichen Alkohols verboten sei, folgt das Gericht nicht. Anhang II C der VO (EU) 251/2014 enthält weitere Vorgaben für die Bezeichnung und Beschreibung von „aromatisierten weinhaltigen Cocktails“. In Anhang II C Nr. 1 der VO (EU) 251/2014 wird zunächst allgemein festgelegt, dass Erzeugnisse, die die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 4 VO (EU) 251/2014 erfüllen, die Verkehrsbezeichnung „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ führen dürfen. Darüber hinaus werden in Anhang II C Nr. 2 bis 4 der VO (EU) 251/2014 für die dort aufgeführten und näher beschriebenen Erzeugnisse weitere Verkehrsbezeichnungen erlaubt. So ist beispielsweise in Anhang II C Nr. 4 der VO (EU) 251/2014 festgelegt, dass ein „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“, der mit Schaumwein gemischt ist, die weitergehende Verkehrsbezeichnung „Schaumweincocktail“ führen darf. Aus der Tatsache, dass einem „aromatisierten weinhaltigen Cocktail“ hiernach in zulässiger Weise Schaumwein zugesetzt werden darf, lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der Zusatz von Alkohol bei „aromatisierten weinhaltigen Cocktails“ – mit Ausnahme der in Anhang I Nr. 3 VO (EU) 251/2014 genannten Kategorien von Alkohol – generell zulässig ist. Auch bei Schaumwein handelt es sich grundsätzlich um Alkohol im Sinn von Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014. Allerdings muss hier die Besonderheit beachtet werden, dass es sich bei Schaumwein um ein Weinbauerzeugnis gemäß Anhang VII Teil II Nr. 4 VO (EU) 1308/2013 handelt, welches nach Art. 3 Abs. 4 Buchst. a) VO (EU) 251/2014 als Grundbestandteil schlechthin für die Herstellung eines „aromatisierten weinhaltigen Cocktails“ verwendet werden darf und damit nicht von der Regelung des Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 erfasst wird. Dabei spielt es letztlich auch keine Rolle, ob es sich bei Schaumwein um den Grundbestandteil des „aromatisierten weinhaltigen Cocktails“ handelt oder ob dieser lediglich einem anderen Weinbauerzeugnis im Sinn von Art. 3 Abs. 4 Buchst. a) VO (EU) 251/2014 beigemischt wurde. Art. 3 Abs. 4 Buchst. a) VO (EU) 251/2014 erfasst ausweislich des Wortlauts („…aus einem oder mehreren der Weinbauerzeugnisse…“) die erfassten Weinbauerzeugnisse im Allgemeinen und nicht nur solche, die Haupt- oder Grundbestandteil des Getränks sind. Da das Beimischen von Schaumwein deshalb kein Versetzen mit Alkohol im Sinn von Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 darstellt, kann der vom Veraltungsgericht Trier herangezogenen Regelung in Anhang II C Nr. 4 VO (EU) 251/2014 entgegen dessen Ansicht nicht entnommen werden, dass auch Getränke, die mit Alkohol versetzt wurden, die Verkehrsbezeichnung „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ führen dürfen.
ee) Zur Auslegung des Begriffs „Alkohol“ in Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 kann entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht auf die in Anhang I Nr. 5 der Spirituosenverordnung (VO (EG) 110/2008) enthaltene Regelung zurückgegriffen werden. Hiernach wird der Zusatz von Alkohol als ein Verfahren definiert, bei dem einer Spirituose Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs und/oder Destillate landwirtschaftlichen Ursprungs zugesetzt werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die im Anwendungsbereich der Spirituosenverordnung für den Zusatz von Alkohol geltende Begriffsbestimmung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Dem steht bereits entgegen, dass die vorliegend maßgebliche Verordnung (VO (EU) 251/2014) mit der Regelung in Anhang I Nr. 3 der VO (EU) 251/2014 eine eigenständige Bestimmung des Zusatzes von Alkohol enthält, die einen Rückgriff auf die in der Spirituosenverordnung enthaltene Regelung ausschließt. Da sich die Regelungen in Anhang I Nr. 3 der VO (EU) 251/2014 bzw. in Anhang I Nr. 5 der VO (EG) 110/2008 auch auf unterschiedliche Erzeugnisse beziehen, fehlt es den dortigen Begriffsbestimmungen letztlich auch an einer Vergleichbarkeit, die einen Rückschluss auf den Regelungsgehalt der jeweils anderen Verordnung zulassen würde.
ff) Soweit die Klägerin geltend macht, dass auch andere, unter anderem ebenfalls mit Bier versetzte Getränke von Wettbewerbern aus anderen Mitgliedsstaaten als „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ in Verkehr gebracht werden, führt dies nicht zur Zulässigkeit der von ihr beabsichtigten Bezeichnung. Sollte diesen Getränken entgegen der rechtlichen Vorgabe Alkohol im Sinn von Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 zugesetzt worden sein, kann sich die Klägerin darauf nicht berufen, da es keinen Anspruch auf Gleichheit im Unrecht gibt.
(2) Da das streitgegenständliche Getränk der Klägerin mit Bier, und damit mit Alkohol im Sinn von Art. 3 Abs. 4 Buchst. c) VO (EU) 251/2014 versetzt wird, erfüllt es nicht die Produktvorgaben eines aromatisierten weinhaltigen Cocktails. Es darf damit die Verkehrsbezeichnung „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ gemäß Art. 3 Abs. 4 und Art. 5 Abs. 3 VO (EU) 251/2014 nicht führen.
(3) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob es sich bei dem dem streitgegenständlichen Getränk zugesetzten Bier darüber hinaus um ein geschmackgebendes Lebensmittel im Sinn von Anhang I Nr. 1 Buchst. b) ii) der VO (EU) 251/2014 handelt, ist damit nicht mehr entscheidungserheblich.
b) Das streitgegenständliche Getränk der Klägerin darf auch nicht unter Verwendung der Verkehrsbezeichnung „Wine“ („…“) in den Verkehr gebracht werden.
(1) Gemäß Art. 78 Abs. 1 und 2 VO (EU) 1308/2013 darf der Begriff „Wein“ oder engl. „Wine“ für die Vermarktung eines Erzeugnisses nur verwendet werden, wenn es den Anforderungen des Anhangs VII Teil II Nr. 1 der VO (EU) 1308/2013 entspricht. Hiernach bezeichnet der Ausdruck „Wein“ ein Erzeugnis, das ausschließlich durch vollständige oder teilweise alkoholische Gärung der frischen, auch eingemaischten Weintrauben oder des Traubenmosts gewonnen wird. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten die Verwendung des Begriffs „Wein“ gestatten, wenn er Teil eines zusammengesetzten Ausdrucks ist.
Diese europarechtliche Regelung wird im deutschen Recht von § 26 Abs. 1 WeinG aufgegriffen, der zum Zweck des Begriffsschutzes das grundsätzliche Verbot der Verwendung des Begriffs „Wein“ oder engl. „Wine“ allein oder in Verbindung mit anderen Worten enthält, sofern nicht eine Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union oder eine bundesrechtliche Regelung eine ausdrückliche Ausnahme vorsieht. Von diesem Verbot werden Erzeugnisse im Sinn von § 2 Nr. 1 WeinG allerdings nicht erfasst. Solche sind (a) die in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union genannten Erzeugnisse des Weinbaus ohne Rücksicht auf ihren Ursprung, (b) aromatisierter Wein, aromatisierte weinhaltige Getränke, aromatisierte weinhaltige Cocktails (aromatisierte Weinerzeugnisse) sowie (c) weinhaltige Getränke im Sinn von § 2 Nr. 2 WeinG.
(2) Das streitgegenständliche Getränk wird vom Verbot des § 26 Abs. 1 WeinG erfasst, weil es kein Erzeugnis im Sinn von § 2 Nr. 1 Buchst. a) WeinG ist. Da es nicht ausschließlich durch vollständige oder teilweise alkoholische Gärung der frischen, auch eingemaischten Weintrauben oder des Traubenmosts gewonnen wird, entspricht es nicht den Vorgaben des Art. 78 Abs. 2 i.V.m. Anhang VII Teil II Nr. 1 der VO (EU) 1308/2013. Es handelt sich auch nicht um ein Erzeugnis nach § 2 Nr. 1 Buchst. b) WeinG, da es die Produktvorgaben eines aromatisierten weinhaltigen Cocktails – wie bereits dargestellt – nicht erfüllt. Aufgrund der erfolgten Aromatisierung des streitgegenständlichen Getränks handelt es sich auch nicht um ein weinhaltiges Getränk im Sinn von § 2 Nr. 1 Buchst. c) WeinG.
Da es sich damit bei dem von der Klägerin hergestellten Getränk um kein Erzeugnis im Sinn von § 2 Nr. 1 WeinG handelt, dürfte das Wort „Wein“ bzw. engl. „Wine“ allein oder in Verbindung mit anderen Worten gemäß § 26 Abs. 1 WeinG somit nur gebraucht werden, wenn eine Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder Europäischen Union oder eine bundesrechtliche Regelung dies ausdrücklich vorsieht. Eine solche ausdrückliche Ausnahme ist für das streitgegenständliche Getränk jedoch nicht vorgesehen. Die Verwendung des Begriffs „Wein“ bzw. engl. „Wine“ ist damit unzulässig.
(3) Nachdem das streitgegenständliche Produkt kein „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ und damit kein Erzeugnis im Sinn von § 2 Nr. 1 Buchst. b) WeinG ist, kommt es auf die Frage, inwieweit das Wort „Wein“ bzw. engl. „Wine“ für „aromatisierte weinhaltige Cocktails“ über diesen zusammengesetzten Begriff hinaus frei verwendet werden darf, nicht mehr entscheidungserheblich an.
III.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben