Europarecht

Nichtzulassungsbeschwerde, Bescheid, Kaufvertrag, Fahrzeug, Kaufpreis, Marke, Sittenwidrigkeit, Berufung, Software, Staatsanwaltschaft, Mangel, Frist, Darlegungslast, betrug, unerlaubte Handlung, konkrete Anhaltspunkte

Aktenzeichen  8 U 7321/19

Datum:
3.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53922
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

4 O 344/19 — LGPASSAU LG Passau

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klagepartei gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Klagepartei erhält Gelegenheit, sich zu I. bis zum 01.04.2021 zu äußern. Dabei wird der Klagepartei gem. § 139 Abs. 1 Satz 3 ZPO aufgegeben, ihre Stellungnahme entsprechend dem Hinweis des Senats zu gliedern. Ansonsten gelten die allgemeinen Präklusionsvorschriften (BT-Drs. 19/13828 S. 31).
III. Binnen derselben Frist können sich alle Beteiligten auch zum Streitwert des Berufungsverfahrens äußern, den der Senat beabsichtigt, auf bis zu 65.000.- € festzusetzen.

Gründe

I.
Die Klagepartei macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit dem sog. Abgas-Skandal geltend.
Den Feststellungen des Landgerichts zufolge erwarb die Klägerin unter dem 09.12.2015 bei der Beklagten einen Pkw Mercedes Benz GLC 220d 4MATIC als Neufahrzeug. Der Kaufpreis betrug 63.147,35 €. Das Fahrzeug wurde am 29.06.2016 übergeben. Hersteller des Fahrzeugs ist die Beklagte. lm Fahrzeug ist ein Dieselmotor OM 651 verbaut. Mit Bescheid vom 03.08.2018 hat das Kraftfahrtbundesamt (KBA) gegenüber der Beklagten für bestimmte Modelle abhängig von der individuell verbauten Softwareversion nachträgliche Nebenbestimmungen zur Typengenehmigung erlassen. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist von dieser Anordnung erfasst. Der Bescheid ist nicht bestandskräftig. Resultierend aus dem Rückruf wurde durch die Beklagte ein Software Update entwickelt und vom KBA freigegeben (Freigabeschreiben Anlage B 8). Die Klägerin hat das von der Beklagten angebotene Software-Update am 24.10.2018 durchführen lassen. Mit Schreiben vom 09.10.2019 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Nachbesserung aufgefordert und ihr eine Frist bis 16.10.2019 gesetzt. Mit Schreiben vom 17.10.2019 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Die Klägerin hat danach in erster Instanz behauptet, beim streitgegenständlichen Fahrzeug sei eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut gewesen. Dies sei auch vom KBA festgestellt worden. Das KBA habe angeordnet, dass eine Überarbeitung der Motorsteuerungssoftware vorgenommen werden solle, damit die niedrigeren NOx Werte nicht nur unter den auf den Prüfstand herrschenden Bedingungen sondern auch im realen Farbfahrbetrieb erreicht werden könnten. Die Abgasreinigung erfolge beim streitgegenständlichen Fahrzeug nur im sogenannten „Thermofenster“.
Die für den streitgegenständlichen Modelltyp erteilte Typengenehmigung sei rechtswidrig und hätte nicht erteilt werden dürfen. Auch mit einem Softwareupdate könne dieser Mangel nicht geheilt werden. Die Beklagte habe den Kläger vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt indem sie das streitgegenständliche Fahrzeug in Verkehr gebracht und die gesetzeswidrige Software-Programmierung verschwiegen habe.
Die Beklagte hat hinsichtlich etwaiger Gewährleistungsansprüche die Einrede der Verjährung erhoben. Sie behauptet zudem, im streitgegenständlichen Fahrzeug werde keine Programmierung, insbesondere keine „Motorsteuerungssoftware“ oder „unzulässige Abschalteinrichtung“ verwendet, die – manipulativ – so gestaltet worden wäre, dass auf der Straße unter „normalen Betriebsbedingungen“ ein anderes Emissionsverhalten des Emissionskontrollsystems angestrebt werde als auf dem Prüfstand. Die EG-Typgenehmigung sei uneingeschränkt wirksam.
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen mit der Begründung, Gewährleistungsansprüche der Klägerin sein jedenfalls verjährt. Auch eine unerlaubte Handlung liege nicht vor. Das Verhalten der Verantwortlichen der Beklagten lasse sich nicht als sittenwidrig einstufen. Die Abgaswerte der typenzugelassenen Fahrzeuge der Beklagten würden in einem Testszenario erhoben, das die Klägerin nicht dargestellt habe. Allein daraus, dass die strengen Abgaswerte nur in der Testsituation einzuhalten seien, ergebe sich, dass sie im tatsächlichen Verkehr in Einzelfällen überschritten werden könnten. Wenn in dieser Situation vom Fahrzeughersteller die Grenzen des Zulässigen ausgereizt oder auch überschritten würden, führe dies nicht zu einer Bewertung des Gesamtcharakters als sittenwidriges Vorgehen.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klagepartei mit folgenden Berufungsanträgen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei EUR 63.447,35 nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 10.12.2015 bis 02.04.2019 und seither von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zugum-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges der Marke Mercedes Benz GLC 220 d 4MATIC mit der Fahrgestellnummer …66 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 03.04.2019 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.994,04 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2019 zu zahlen.
Hilfsweise,
4. das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Passau, Az.: 4 O 344/19 vom 29.11.2019, aufzuheben und zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen.
Ergänzend wird auf das angefochtene Urteil und die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren Bezug genommen.
II.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klagepartei gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Die Entscheidung des Landgerichts hält den von der Berufung erhobenen Einwendungen ausgehend von der aktuellen Rspr. des BGH zumindest im Ergebnis stand:
1. Vorauszuschicken ist, dass die Berufungsbegründung in weiten Teilen Vorbringen enthält, das sich im Ersturteil so nicht findet und von dem der Senat daher davon ausgehen muss, dass es im Berufungsverfahren neu ist und dort schon mangels entsprechender Berufungsrüge i.S.v. § 520 III Nr. 4 ZPO nicht mehr gem. § 531 II ZPO zugelassen werden kann (vgl. die mitgeteilten Allgemeinen Verfahrenshinweise des Senats). Auch das verspätete Vorbringen hätte aber keine andere Entscheidung gerechtfertigt, wie unten näher ausgeführt wird.
Ebenfalls vorauszuschicken ist, dass vorgelegte Anlagen lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nie ersetzen können (BGH, NJW 2008, 69, Rz. 25 mwN.). Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren (z.B. BGH, NJW-RR 2004, 639 [640]; BGH, Urteil vom 17. März 2016, III ZR 200/15 Rn. 19 mwN.). Zumindest im Anwaltsprozess obliegt es daher dem Prozessbevollmächtigten, den Vortrag der Partei selbst zu ordnen, Anlagen auszuwerten und die Tatsachen nach Rechtsgesichtspunkten hervorzuheben und vorzutragen. Pauschale Verweisungen auf Anlagen sind unzulässig (z.B. Musielak/Voit. ZPO, 14. Auflage 2017, § 130 Rnr. 10 mwN.) und genügen ohne inhaltliche Auswertung der Anlage der Darlegungslast nicht (BGH NJW 2017, 2617 Rz. 33).
2. Da die Beklagte den Feststellungen des Landgerichts zufolge hier auch Verkäuferin des streitgegenständlichen Fahrzeugs war, kämen hier zwar auch kaufrechtliche Ansprüche grundsätzlich in Betracht (vgl. dazu z.B. BGH vom 9. Juni 2020, VIII ZR 315/19); sie wären aber mangels arglistigem Verschweigen eines etwaigen Mangels (dazu s.u. bei unerlaubter Handlung) jedenfalls verjährt, wie bereits das Landgericht zutreffend angenommen hat (LGU S. 4). Außerdem wäre die hier mit Schreiben vom 09.10.2019 gesetzte Frist zur Nachbesserung bis 16.10.2019 deutlich zu kurz gewesen, sodass der Rücktritt vom 17.10.2019 schon deshalb unwirksam gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2020 – VIII ZR 318/19).
Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst. Dem BGH waren kaufrechtliche Ansprüche in dem von ihm entschiedenen Parallelverfahren nicht einmal gesonderter Erwähnung wert, obwohl auch dort ein Erwerb bei der auch hier beklagten Herstellerin vorlag (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19, Rz. 2: „Der Kläger erwarb am … von der Beklagten ein Neufahrzeug“; Rz. 6: Vertragliche Ansprüche seien verjährt…).
3. Eine Haftung der Beklagten ergibt sich hier nach der Rspr. des BGH auch weder aus § 826 BGB, noch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB, noch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG oder mit § 6 Abs. 1, § 27 EG-FGV. Die zuletzt genannten Bestimmungen stellen schon keine Schutzgesetze dar (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, Rz. 73 ff.; ebenso bereits Senat, WM 2019, 1937).
a) Nach der Rspr. des BGH (Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19, ebenfalls zum Motor der Beklagten OM 651) ist das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gelte auch dann, wenn mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebt werde. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit sei nur gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen.
(1) Dabei könne zugunsten der Klagepartei in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren sei (vgl. zu Art. 5 der Verordnung 715/2007/EG auch EuGH, Urteil vom 15 16 – 9 – 17. Dezember 2020 – C-693/18, Celex-Nr. 62018CJ0693). Denn der darin liegende Gesetzesverstoß sei auch unter Berücksichtigung einer damit einhergehenden Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz dieser Steuerungssoftware durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Hierfür bedürfe es vielmehr weiterer Umstände (Rz. 16).
(2) Der Einsatz einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems sei nämlich nicht mit der Fallkonstellation zu vergleichen, die dem BGH-Urteil vom 25. Mai 2020 (VI ZR 252/19, zum WV-Motor EA 189) zugrunde lag und in der der BGH das Verhalten des beklagten Automobilherstellers gegenüber dem klagenden Fahrzeugkäufer als sittenwidrig qualifiziert habe. Dort habe der Automobilhersteller von der Einhaltung der Grenzwerte im realen Fahrbetrieb vollständig abzusehen und dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) stattdessen zwecks Erlangung der Typgenehmigung mittels einer eigens zu diesem Zweck entwickelten Motorsteuerungssoftware wahrheitswidrig vorgespiegelt, dass die von ihm hergestellten Dieselfahrzeuge die neu festgelegten Grenzwerte einhalten. Die Software sei bewusst und gewollt so programmiert worden, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten wurden (Umschaltlogik), und zielten damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde ab. Die mit einer derartigen – evident unzulässigen – Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeuge habe der dortige Hersteller sodann unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Durchführung des Typgenehmigungsverfahrens als selbstverständlich voraussetzten, in den Verkehr gebracht. Ein solches Verhalten stehe einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleich (Rz. 17).
(3) Bei dem Einsatz einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems fehle es dagegen an einem derartigen arglistigen Vorgehen des beklagten Automobilherstellers, das die Qualifikation seines Verhaltens als objektiv sittenwidrig rechtfertigen würde. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn die in dem jeweiligen Fahrzeug eingesetzte temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung nicht danach unterscheide, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet und keine Funktion aufweise, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviere und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziere, sondern in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise arbeite (Rz. 18).
(4) Bei dieser Sachlage sei der Vorwurf der Sittenwidrigkeit gegenüber dem jeweiligen Hersteller nur gerechtfertigt, wenn zu dem – unterstellten – Verstoß gegen die Verordnung 715/2007/EG weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen.
(a) Die Annahme objektiver Sittenwidrigkeit setze deshalb weiter voraus, dass die handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, sei bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt. Dabei trage die Klagepartei als Anspruchsteller für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast (Rz. 19).
(b) Für ein derartiges Vorstellungsbild des Herstellers müsse die Klagepartei aber zumindest konkrete Anhaltspunkte aufzeigen (Rz. 20 ff.).
(aa) Nicht ausreichend hierfür sei allerdings, dass ein Fahrzeug Gegenstand einer freiwilligen Kundendienstmaßnahme des Herstellers sei, mit der nach Behauptung der Klagepartei lediglich bezweckt werde, eine unzulässige Abschalteinrichtung in Wegfall zu bringen und einen verpflichtenden Rückruf zu vermeiden. Denn hieraus ließen sich keine Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des Herstellers zum maßgeblichen Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung – also spätestens dem Eintritt des behaupteten Schadens in Form des Vertragsschlusses – ziehen.
(bb) Erheblich könne aber die Behauptung einer Klagepartei sein, dass der Hersteller im Typgenehmigungsverfahren unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems gemacht habe. Hätte die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren z.B. verschleiert, dass die Abgasrückführungsrate in dem streitgegenständlichen Fahrzeugtyp durch die Außentemperatur mitbestimmt wird, könnten sich hieraus gegebenenfalls Anhaltspunkte für ein Bewusstsein der für die Beklagte handelnden Personen ergeben, eine – unterstellt – unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19, ebenfalls zum Motor der Beklagten OM 651).
(c) Zur Abgrenzung von grundsätzlich unbeachtlichem Vortrag ins Blaue muss der Anspruchsteller somit mindestens greifbare Anhaltspunkte aufzeigen.
Die sonach gebotene Darlegung und der Nachweis einer angeblichen „unzulässigen Abschalteinrichtung“ muss zumindest grundsätzlich auf den im streitgegenständlichen Fahrzeug konkret verbauten Motor gerichtet sein. Denn es geht nicht an, alle Fahrzeuge eines Herstellers quasi „über einen Kamm zu scheren“, indem man behauptet, die Beklagte habe wie andere Hersteller Fahrzeuge mit illegalen Abschalteinrichtungen verkauft, das Kraftfahrtbundesamt (KBA) habe auch für Fahrzeuge der Beklagten einen Zwangsrückruf angeordnet und deshalb sei auch das streitgegenständliche Fahrzeug von den Manipulationen betroffen. Eine solche „Vermutung“ sieht der Senat nicht, schon weil damit sämtliche Motoren einer Motorenfamilie/ einer Baureihe ohne Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen technischen Merkmale und ohne Berücksichtigung der möglicherweise äußerst unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen (z.B. Euro 6 statt Euro 5) dem Generalverdacht einer unzulässigen Abschalteinrichtung unterworfen werden würden (vgl. ausführlich Senat, Beschluss vom 29.08.2019,Az. 8 U 1449/19, WM 2019, 1937, Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 15.09.2020, Gz. VI ZR 389/19, ohne weitere Begründung zurückgewiesen).
Einen solchen „Generalverdacht“ hat auch der BGH in seinem Beschluss vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19, nicht angenommen. Der BGH hat dort die Auffassung vertreten, dass hinreichende Anhaltspunkte für einen Mangel auch dann vorliegen, wenn derselbe Motorentyp – auch dort Daimler OM 651 – in anderen Fahrzeugtypen der dortigen Beklagten, die von einer Rückrufaktion des KBA betroffen sind, verbaut ist. Das deckt sich mit der oben angeführten Auffassung des Senats, dass konkret motorbezogene Anhaltpunkte erforderlich sind. Außerdem betraf diese Entscheidung einen Kaufrechtsfall und sagt nichts darüber aus, welche zusätzlichen Anforderungen in diesem Zusammenhang an Vortrag und hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch den Hersteller zu richten sind.
(d) Auch die Grundsätze der sekundären Darlegungslast ändern daran nichts.
(1) Die Grundsätze der sekundären Darlegungslast reduzieren nicht etwa die allgemeinen Anforderungen an die Substantiierung der primären Darlegungen des Anspruchstellers auf die allgemeine Behauptung der maßgebenden Tatbestandsmerkmale (so wohl z.B. OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 – 13 U 142/18, Rz. 60 ff., zu „Dieselfällen“). Wenn man einer Partei in diesen Fällen schon zugesteht, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält (BGH, Urteil vom 4. Oktober 2018, III ZR 213/17, Rz. 25 mwN), müssen diese vermuteten Tatsachen dem Gericht auch eine Überprüfung ihrer Entscheidungserheblichkeit ermöglichen, m.a.W. also schlüssig im oben genannten Sinne sein, um überhaupt eine sekundäre Darlegungslast des Bestreitenden auslösen zu können. Denn schon begrifflich ist eine sekundäre Darlegungslast ohne primäre schlüssige Behauptung eines konkreten Lebenssachverhalts ausgeschlossen (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2019, Az.: 10 U 134/19, Rz. 36 und 90). Wollte man dies anders sehen, würde man eine Klagepartei in mit den Grundsätzen der deutschen Zivilprozessordnung schwerlich zu vereinbarender Weise von dem Erfordernis jeglichen schlüssigen Sachvortrages entbinden (so auch OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2019, Az.: 3 U 148/ 18, Rz. 6; vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, Beschluss vom 29.08.2019,Az. 8 U 1449/19, WM 2019, 1937, Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 15.09.2020, Gz. VI ZR 389/19, ohne weitere Begründung zurückgewiesen).
(2) Aus denselben Gründen löst bloßer Vortrag ins Blaue auch noch keine sekundäre Darlegungslast der Gegenseite aus (vgl. zum Ganzen ausführlich Senat, Beschluss vom 29.08.2019,Az. 8 U 1449/19, WM 2019, 1937, Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 15.09.2020, Gz. VI ZR 389/19, ohne weitere Begründung zurückgewiesen).
Der Anspruchsteller muss auch hierfür zunächst mindestens greifbare Anhaltspunkte aufzeigen, die sich allerdings auch aus den Umständen des Einzelfalls ergeben können (BGH, Urteil vom 26. Januar 2021 – VI ZR 405/19, Rz. 15 ff.). Der Anspruchsteller kann somit insbesondere nicht darauf hoffen, die erforderlichen Anhaltspunkte erst aufgrund der sekundären Darlegungslast des Gegners zu erhalten. Denn die deutsche Zivilprozessordnung kennt keine – über die anerkannten Fälle der Pflicht zum substantiierten Bestreiten hinausgehende – allgemeine Aufklärungspflicht der nicht darlegungs- und beweispflichtigen Partei (BGH, Urteil vom 11.06.1990 – II ZR 159/89).
b) Ausgehend von diesen Anforderungen hat die Klagepartei eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte hier nicht hinreichend vorgetragen und unter Beweis gestellt bzw. keine hinreichenden Anhaltspunkte hierfür vorgebracht:
(1) Dafür, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug von der Beklagten eine sog. Prüfstandserkennungssoftware verbaut worden wäre, die bewusst und gewollt von der Beklagten so programmiert worden wäre, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden (Umschaltlogik), und die damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abgezielt hätte, wie sie z.B. dem BGH-Urteil vom 25. Mai 2020 (VI ZR 252/19, zum WV-Motor EA 189) zugrunde lag, fehlt hier sowohl schlüssiger Vortrag als auch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte.
(a) Dass sich die Klagepartei hier erstinstanzlich konkret auf eine in dem streitgegenständlichen Fahrzeug angeblich verbaute Prüfstandserkennungssoftware berufen hätte, kann den Feststellungen des Landgericht nicht entnommen werden. Dort ist vielmehr nur von einem angeblich verbauten „Thermofenster“ die Rede.
Soweit das Landgericht ausgeführt hat, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von einer Anordnung des KBA erfasst sei, fehlt es dort an Feststellungen dazu, was konkret Gegenstand dieser Beanstandung gewesen sein soll, insbesondere, dass Gegenstand dieser Beanstandung eine Prüfstandserkennungssoftware gewesen wäre.
Vorgelegt wurde seitens der Beklagten in erster Instanz allerdings eine „teilgeweißte“ Freigabe für eine Rückrufaktion vom 12.09.18 (wohl als Anlage B 8, nicht nummeriert). Daraus ergibt sich allenfalls, dass nach dem Update seitens des KBA keine unzulässigen Abschalteinrichtung mehr festgestellt wurden und die danach noch vorhandenen Abschalteinrichtungen von diesem als zulässig eingestuft wurden. Wie der Motorzustand vor der Rückrufaktion gewesen sein soll, und welche angeblich unzulässigen Abschalteinrichtung vorher vorhanden gewesen sein sollen, ergibt sich daraus nicht. Da die Verwendung von Thermofenstern nach der Rspr. des BGH nicht per se sittenwidrig ist (s.o.), ergeben sich daher daraus keinerlei Anhaltspunkte für ein entsprechendes Vorstellungsbild der Beklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung – also spätestens dem Eintritt des behaupteten Schadens in Form des Vertragsschlusses. Außerdem wäre es ggf. auch insoweit so, dass Anlagen lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen können, diesen aber nie ersetzen (s.o.). An solchem Vortrag fehlt es hier aber in der Berufungsbegründung klägerseits völlig; die pauschalen Verweise auf den Vortrag erster Instanz sind insoweit nicht statthaft (vgl. bereits die Allgemeinen Verfahrenshinweise des Senats).
Zur Klarstellung sei insoweit angemerkt, dass der Senat nicht davon ausgeht, dass ein Rückruf des KBA wegen einer Prüfstandserkennungssoftware zwingend erforderlich wäre, um entsprechende Anhaltspunkte zu begründen. Ein Rückruf des KBA hinsichtlich eines bestimmten Motortyps wegen einer nach dessen Ansicht dort verbauten unzulässigen Prüfstandserkennungssoftware würde aber in der Regel auch einen hinreichenden Anhaltspunkt dafür darstellen, dass eine entsprechende unzulässige Abschalteinrichtung auch in anderen Fahrzeugen mit demselben Motortyp objektiv vorhanden ist. Fehlt es aber an einem solchen Rückruf wegen einer Prüfstandserkennungssoftware für den konkreten Motortyp, müssen die erforderlichen hinreichenden Anhaltspunkte ggf. in anderer Weise dargelegt werden. Das ist der Klagepartei aber hier auch in der Berufungsbegründung nicht gelungen:
(b) Die Berufungsbegründung verhält sich dazu ebenfalls nicht konkret. Der fragliche Bescheid wurde hier im Verfahren ebensowenig vorgelegt wie die Typgenehmigung.
(aa) Soweit sich die Berufungsbegründung auf S. 4 auf eine Anlage K 21 bezieht, ist eine pauschale Bezugnahme darauf bereits unzulässig, s.o. Dabei ist anzumerken, dass die zahlreichen klägerseits vorgelegten Anlagen überwiegend nicht nummeriert sind und die Anlage überhaupt nur mit großer Mühe aufgefunden werden konnte. Im übrigen ist aus dieser Anlage ebenfalls nicht ersichtlich, von was konkret die dort aufgeführten Fahrzeuge „betroffen“ sein sollen. Es folgt einzig ein Hinweis auf eine Webseite von Daimler zu „innovation/diesel/rueckruffaq“; welche konkrete Beanstandung es bei den aufgeführten Fahrzeugen gab und dass Gegenstand dieser Beanstandung eine Prüfstandserkennungssoftware gewesen wäre, geht hieraus in keiner Weise hervor. Auch die Berufungsbegründung führt hierzu nicht weiter aus.
(bb) Soweit die Berufungsbegründung aus dem KBA-Bericht „Wirksamkeit von Software-Updates zur Reduzierung von Stickoxiden bei Dieselmotoren“ vom 10.01.2020 zitiert, und dort über die „Entfernung von Aufheizstrategien der Abgasnachbehandlung, die nur auf dem Prüfstand oder im Prüfzyklus aktiv waren“, berichtet wird, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dieser Bericht insoweit konkret auch den hier streitgegenständlichen Motor OM651 betreffen würde.
Gleichwohl sei dazu noch angemerkt, dass dieses neue Vorbringen auf dieser Basis auch nicht zugelassen werden hätte können. Behauptet der Berufungsführer, neue Tatsachen oder Beweismittel seien ihm erst nach Schluss der ersten Instanz bekannt geworden, hat er zur Vermeidung des Vorwurfs der Nachlässigkeit darzulegen, warum er sich nicht früher um entsprechende Kenntnis bemüht hat (KG, MDR 2003, 471; BVerfG NJW 2005, 1768; BGH, Urteil vom 27. August 2013 – X ZR 19/12, Rz. 30). Die Klägervertreter hätten daher insbesondere auch vorzutragen und gem. § 531 II 2 ZPO glaubhaft zu machen gehabt (vgl. die entsprechende Anordnung in den Allgemeinen Verfahrenshinweise des Senats), dass vorher keine entsprechenden Forschungsergebnisse hinsichtlich des streitgegenständlichen Motors OM651 allgemein bekannt geworden sind, was angesichts der zahlreichen Medienberichte in den letzten Jahren insbesondere zum Motor OM651 keineswegs selbstverständlich erscheint.
(cc) Soweit die Berufungsbegründung auf S. 7 verspätet (der dort in Bezug genommene Schriftsatz vom 27.08.2019, S. 2 ff. [Bl. 209 ff. d.A.] enthält keine entsprechende Behauptung mit Beweisangebot) und sehr pauschal ein Thermofenster behauptet (dazu s.u.) und unter Beweis stellt, das innerhalb eines bestimmten Temperaturfensters – und insbesondere auch im Temperaturbereich, der bei der Abgasmessung auf dem Prüfstand maßgebend ist – wirken soll, würde dies keine Prüfstandserkennungssoftware i.S.d. Rspr. des BGH darstellen. Denn auch dann würde die temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung nicht danach unterscheiden, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet und keine Funktion aufweisen, die bei erkanntem Prüfstandsbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und den Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert, sondern in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise arbeiten (vgl. BGH aaO Rz. 18).
(dd) Soweit die Berufungsbegründung noch aus diversen Gerichtsentscheidungen zitiert, ist überwiegend schon nicht vorgetragen, dass diese denselben Motor OM651 betroffen hätten. Die wiederholt zitierten Beschlüsse des BGH vom 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, und vom 08.01.2019, Az.: VIII ZR 225/17, betrafen (unverjährte) Kaufrechtsfälle und sagen nichts darüber aus, welche Anforderungen in diesem Zusammenhang an Vortrag und hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch den Hersteller bzw. ein arglistiges Verschweigen durch den Verkäufer zu richten sind. Dafür ist die oben zitierte Rspr. des VI. Zivilsenats des BGH maßgebend.
Soweit der BGH in dem Beschluss vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19, Rz. 11 f.) ausgeführt hat, Mitte Juli 2017 sei aufgrund von Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart im Rahmen eines eingeleiteten Ermittlungsverfahrens bekannt geworden, dass in Motoren der Typen OM 651 und OM 642 eine unzulässige Thermosoftware verbaut worden sei, ist auch dieser Vortrag nunmehr verspätet (s.o.). Außerdem ergibt sich daraus allenfalls, dass die Staatsanwaltschaft ein unzulässiges Thermofenster angenommen hat (dazu s.u.), und nicht, dass eine Prüfstandserkennungssoftware gefunden worden wäre.
(2) Auch aus der Verwendung eines Thermofensters in dem streitgegenständlichen Fahrzeugmotor ergibt sich hier keine Haftung der Beklagten. Denn es fehlt hier insbesondere an weiteren Umständen i.S.d. Rspr. des BGH, die das Verhalten der für die Beklagten handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen:
(a) Zwar dürfte im Berufungsverfahren unstreitig sein, dass die Beklagte in dem streitgegenständlichen Fahrzeugmotor entsprechend der Behauptung der Klagepartei in der Berufungsbegründung S. 7 ein sog. „Thermofenster“ verbaut hat, das die Abgasrückführung im streitgegenständlichen Fahrzeug bei kühleren Temperaturen ab 17 Grad Celsius zurückfährt, wobei eine signifikante Reduktion jedenfalls bei einer Temperatur von 5 Grad Celsius erfolgt; denn die Berufungserwiderung ist dieser Behauptung nicht konkret entgegengetreten; sie meint wohl nur, dies stelle eine zulässige Abschalteinrichtung dar.
(b) Das kann jedoch dahinstehen. Denn es fehlt hier selbst dann jedenfalls an konkretem Vortrag zu weiteren Umständen im Sinne der Rspr. des BGH, die das Verhalten der für die Beklagten handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Insbesondere hat die Klagepartei weder schlüssig dargelegt, dass die Beklagte im Typgenehmigungsverfahren oder sonst unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems gemacht hätte, noch hat sie hierfür hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorgebracht:
(aa) Das Landgericht hat einen entsprechenden Vortrag der Klagepartei in erster Instanz nicht festgestellt. Danach hat die Klagepartei nur behauptet, die erteilte Typgenehmigung sei rechtswidrig und hätte nicht erteilt werden dürfen (LGU S. 2). Dass die Beklagte dabei unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems gemacht hätte, wurde danach dort nicht behauptet. Vorgelegt wurde die Typgenehmigung ebenfalls nicht.
(bb) Wie oben bereits ausgeführt fehlt es, soweit das Landgericht festgestellt hat, dass das streitgegenständliche Fahrzeug von einer Anordnung des KBA erfasst sei, an Vortrag dazu, was konkret Gegenstand dieser Beanstandung gewesen sein soll. Erst recht ergibt sich daraus nicht, dass und welche unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems die Beklagten bei der Typgenehmigung oder sonst gemacht haben soll.
(cc) Auch die Berufungsbegründung kommt diesbezüglich selbst verspätet nicht über allgemeine Pauschalbehauptungen hinaus. Sie hält wohl den Einsatz jeder objektiv eventuell unzulässigen Abschalteinrichtung für eine Täuschung; dies entspricht aber nicht der Rspr. des BGH und auch nicht der Rspr. des Senats, s.o. Wie, wann und wodurch die Beklagte das KBA oder sonst konkret worüber getäuscht haben soll, wird dort weder konkret dargelegt noch werden hierfür tatsächliche Anhaltspunkte vorgebracht. Soweit die Berufungsbegründung z.B. auf S. 21 einen Hinweisbeschluss des OLG Karlsruhe zitiert, wonach dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge eine Täuschung der Typgenehmigungsbehörde zur Erlangung der EGTypgenehmigung vorausgegangen sei, betraf dies wohl einen VWMotor und ist auch sonst völlig unsubstantiiert.
(dd) Soweit der BGH in dem Beschluss vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19, Rz. 11 f.) ausgeführt hat, Mitte Juli 2017 sei aufgrund von Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart im Rahmen eines eingeleiteten Ermittlungsverfahrens bekannt geworden, dass in Motoren der Typen OM651 und OM642 eine unzulässige Thermosoftware verbaut worden sei, ist auch dieser Vortrag nunmehr zum einen verspätet (s.o.).
Zum anderen ist dieser Vortrag völlig unsubstantiiert, da sich daraus nicht ansatzweise ergibt, welche strafrechtlich relevanten Tatvorwürfe die Staatsanwaltschaft der Beklagten in Bezug auf den Motor OM651 macht. Zwar kann ein Anspruchsteller seinen Anspruch im Zivilprozess z.B. durch konkrete Bezugnahme auf ein als Anlage vorgelegtes, ausführlich begründetes rechtskräftiges Strafurteil schlüssig darlegen (BGH, Beschluss vom 25. September 2018 – VI ZR 443/16, Rz. 9 ff.). Dass er dies auch durch pauschale Bezugnahme auf ein Ermittlungsverfahren könnte, wird aber, soweit ersichtlich, nicht vertreten.
III.
1. Der Streitwert ergibt sich aus dem bezifferten Hauptsache-Zahlungsantrag; durch eine erst noch zu beziffernde Nutzungsentschädigung wird er nicht reduziert.
2. Bei dieser Sachlage wird schon aus Kostengründen empfohlen, die Berufung zurückzunehmen. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren vorliegend von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
3. Zu diesen Hinweisen kann der Berufungsführer binnen der oben gesetzten Frist Stellung nehmen. Der Senat soll nach der gesetzlichen Regelung die Berufung unverzüglich durch Beschluss zurückweisen, wenn sich Änderungen nicht ergeben. Mit einer einmaligen Verlängerung dieser Frist um maximal 3 Wochen ist daher nur bei Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zu rechnen (vgl. OLG Rostock, OLGR 2004, 127 ff.).


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