Europarecht

Sachbescheidungsinteresse in Bezug auf baurechtliche Entscheidung über Prostitutionsstätte

Aktenzeichen  W 6 K 20.116

Datum:
22.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 19538
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 10, Art. 36 Abs. 1
ProstSchG § 12 Abs. 1, Abs. 7, § 14 Abs. 2 Nr. 5, § 37 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

1. Ein Sachbescheidungsinteresses ist zu verneinen, wenn außer Zweifel steht, dass der Verwertung einer beantragten Genehmigung rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Entscheidungskompetenz über rein baurechtliche, insbesondere bauplanungsrechtliche Fragen, liegt ausschließlich bei der Baubehörde, sodass dieser Regelungsgegenstand – sollte noch keine entsprechende bauchrechtliche Sachprüfung vorliegen – nicht gleichsam stellvertretend in der prostitutionsrechtlichen Erlaubnis geprüft werden kann.  (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der beklagten Stadt S. vom 16. Dezember 2019 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 20. Dezember 2017 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
Zwar war die Versagung der Erlaubnis durch die Beklagte rechtswidrig. Dennoch hat die Klägerin keinen Anspruch im Sinne einer gebundenen Entscheidung auf Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen – Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), auch wenn die Vorgaben nach dem ProstSchG, insbesondere §§ 15, 16 und 18 ProstSchG, unstrittig erfüllt sind. Ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes besteht erst, wenn überdies auch keine Versagungsgründe nach § 14 ProstSchG vorliegen. Aufgrund der offenen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit kann die Erlaubnis hier aber nur mit einer Nebenbestimmung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 2. Alt. BayVwVfG erteilt werden, welche im Ermessen der Behörde liegt.
Folglich ist die Sache nicht spruchreif, sodass der Versagungsbescheid vom 16. Dezember 2019 aufzuheben und die Beklagte zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten ist, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
1. Die Klage ist als Versagungsgegenklage zulässig, § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO. Der ausdrücklich als Verpflichtungsklage formulierte Antrag ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der gestellte Verpflichtungsantrag auch den Bescheidungsantrag als minus enthält. Er braucht deshalb nicht hilfsweise neben dem Antrag auf Erlass des Verwaltungsakts gestellt zu werden (Eyermann/Happ, 15. Aufl. 2019, VwGO § 42 Rn. 34).
2. Die Klage ist nur hinsichtlich des Bescheidungsantrags begründet.
Die Versagung der beantragten Erlaubnis unter Berufung auf fehlendes Sachbescheidungsinteresse war rechtswidrig und ist daher aufzuheben (2.1.). Die Beklagte hat über den Antrag der Klägerin neu zu entscheiden, denn die Klägerin hat (noch) keinen feststehenden Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis, da noch nicht abschließend geklärt ist, ob die örtliche Lage des Prostitutionsgewerbes dem öffentlichen Interesse widerspricht (2.2.). Nachdem die Klägerin alle sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Erlaubnis erfüllt und die noch offene Rechtsfrage der bauplanungsrechtlichen Vereinbarkeit in dem hierfür bestimmten Baugenehmigungsverfahren zu klären ist (2.2.2.), kommt vorliegend nur eine Erteilung der beantragten Erlaubnis unter Nebenbestimmungen in Betracht (2.2.3.).
2.1. Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt der Klägerin nicht das Sachbescheidungsinteresse an dem gestellten Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG.
Die Regelungen des Prostituiertenschutzgesetzes entfalten keine Konzentrationswirkung, da gemäß § 12 Abs. 7 ProstSchG und ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8556, S. 77) die sonstigen Anzeige- und Erlaubnispflichten unberührt bleiben (so auch Rixen, GewArch – Beilage WiVerw Nr. 02/2018, 127-152 (148)). Jedoch ist eine Behörde nicht verpflichtet, in die Prüfung eines Genehmigungsantrags einzutreten, wenn der Antragsteller die Genehmigung zwar (möglicherweise) formal beanspruchen kann, jedoch klar ist, dass er aus Gründen außerhalb des Verfahrens an einer Verwertung der begehrten Genehmigung gehindert wäre und deshalb die Genehmigung ersichtlich nutzlos wäre (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.2004 – 7 B 92/03 – NVwZ 2004, 1240 m.w.N.). Dies kann etwa der Fall sein, wenn die privatrechtlichen Verhältnisse die Verwirklichung des Vorhabens nicht zulassen (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 12.8.1993 – 7 B 123/93 – NVwZ-RR 1994, 381) oder die Verwirklichung des Vorhabens an im Verfahren selbst nicht zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften scheitert, etwa weil andere erforderliche Genehmigungen nicht erteilt werden können (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 24.10.1980 – 4 C 3/78 – BVerwGE 61, 128, bezogen auf das Verhältnis einer Bebauungsgenehmigung zu vorhabenhinderlichen Vorschriften des Landesbaurechts). In jedem Fall ist jedoch Voraussetzung für die Verneinung eines Antragsinteresses, dass sich das (rechtliche oder tatsächliche) Hindernis „schlechthin nicht ausräumen“ lässt (vgl. BVerwG, U.v. 24.10.1980 a.a.O., m.w.N.). Erforderlich für die Verneinung des Sachbescheidungsinteresses ist daher, dass außer Zweifel steht, dass der Verwertung einer beantragten Genehmigung rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2004, NVwZ-RR 2004, 855, zum Rechtsschutzinteresse). Im Umkehrschluss fehlt das Sachbescheidungsinteresse nicht schon dann, wenn lediglich zweifelhaft oder ungewiss ist, ob der Antragsteller wegen – vermeintlicher – Hindernisse von der angestrebten Erlaubnis Gebrauch machen kann. Erforderlich ist vielmehr, dass das schlechthin nicht ausräumbare Hindernis gegen die Verwertung der Erlaubnis ein „offensichtliches“ ist, wobei an das Vorliegen der Offensichtlichkeit strenge Anforderungen zu stellen sind (BayVGH, U.v. 23.3.2006 – 26 B 05.555 – BeckRS 2006, 17553 Rn. 18).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann vorliegend das Sachbescheidungsinteresse nicht verneint werden, denn über die gewerbliche Betätigung der Klägerin ist baurechtlich bislang nicht entschieden worden. Auch wenn die Klägerin (bislang) keine Baugenehmigung für die Nutzung des Anwesens … … als Prostitutionsstätte hat, betreibt sie die Prostitutionsstätte dort seit Januar 2011 und nach unbestrittener Aussage der Klägerin wird dieses Anwesen seit gut 20 Jahren als Prostitutionsstätte genutzt, ohne dass bauaufsichtliche Maßnahmen ergriffen worden wären. Eine offensichtliche bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit kann daher nicht angenommen werden. Soweit auf die verfahrensinterne Stellungnahme des Bau- und Umweltamtes der Beklagten vom 5. September 2018 verwiesen wird, ergibt sich hieraus nichts Anderes, da dort lediglich apodiktisch ohne weitere Ausführungen mitgeteilt wird, dass „keinerlei Aussicht auf Erteilung einer Baugenehmigung“ bestehe. Auf welche Erkenntnisse oder Rechtsgrundlagen sich diese Aussage stützt, bleibt völlig offen und ist in keinster Weise nachvollziehbar. Erst im laufenden Klageverfahren hat sich die Beklagte insoweit eingelassen, dass die Baugenehmigungsfähigkeit nach ihrer Auffassung jedenfalls aus bauplanungsrechtlichen Gründen scheitere. Dies ist jedoch weder offenkundig noch feststehend, denn ausweislich der Einlassungen der Beteiligten im Klageverfahren ist schon die Bestimmung des Gebietscharakters – Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO einerseits oder Kerngebiet gemäß § 7 BauNVO andererseits – zwischen den Beteiligten umstritten. Vor dem Hintergrund des gut 20-jährigen Bestehens der Prostitutionsstätte der Klägerin an dieser Stelle stellt sich bereits die Frage, inwieweit die Prostitutionsstätte selbst möglicherweise den Gebietscharakter geprägt haben könnte. Damit kann die baurechtliche Zulässigkeit jedenfalls nicht von vornherein offensichtlich und ohne jeden Zweifel abgelehnt werden.
Es handelt sich zudem nicht um eine neue bzw. erst aufzunehmende Nutzung. Auch wenn eine jahrelange Nichtbeanstandung eines – aus Beklagtensicht – baurechtswidrigen Zustandes nicht zu seiner Legalisierung führen mag, ist auch wegen dieses Umstands nicht ersichtlich, weshalb der Klägerin die Verwertung der begehrten prostitutionsschutzrechtlichen Erlaubnis zweifelsfrei unmöglich sein sollte.
Dass die in Zusammenhang mit dem Betrieb der Prostitutionsstätte von der Klägerin getätigten Aufwendungen möglicherweise im Ergebnis nutzlos sein könnten, nimmt ihr jedenfalls nicht das Sachbescheidungsinteresse, da die Entscheidung, eine ggf. wirtschaftlich riskante Investition zu tätigen, allein im Risikobereich eines Unternehmers liegt. Zur Klarstellung kann darauf hingewiesen werden, dass die Erlaubnis nach dem ProstSchG unabhängig von einer baurechtlichen Genehmigung ergeht (vgl. auch Regierung v. Unterfranken, Schreiben v. 9.7.2018, Bl. 12 d.A.).
2.2. Die Klägerin hat jedoch keinen feststehenden Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG, sodass die Beklagte nicht zur deren Erteilung verpflichtet werden konnte. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn keine Versagensgründe vorliegen, jedoch ist die Sache im Hinblick auf § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG noch nicht spruchreif im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO (2.2.2.). Auch wenn die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit vorliegend noch von der Beklagten in dem dafür bestimmten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen ist, kann die Erteilung der begehrten Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG wegen fehlender Vorgreiflichkeit des Erlaubnisverfahrens nicht aus diesem Grund versagt werden. Um sicherzustellen, dass keine Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG erteilt wird, die möglicherweise dem öffentlichen Interesse widerspricht, kann sie aber nicht uneingeschränkt erteilt werden. Vielmehr ist die Erlaubnis mit einer Nebenbestimmung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 2. Alt. BayVwVfG zu versehen, deren Auswahl im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten liegt (2.2.3.).
2.2.1. Mit Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes zum 1. Juli 2017 hat der Gesetzgeber erstmals umfassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe geschaffen, dessen Kernelement die Einführung einer Erlaubnispflicht ist, welche an die Erfüllung gesetzlicher Mindestanforderungen und an die Zuverlässigkeit des Betreibers gekoppelt ist. So formuliert § 12 Abs. 1 ProstSchG einen umfassenden Erlaubnisvorbehalt für das Betreiben eines Prostitutionsgewerbes im Sinne von § 2 Abs. 3 ProstSchG. Die Erlaubnis ist bei der zuständigen Behörde zu beantragen und mit dem Antrag sind die zur Erlaubniserteilung notwendigen Informationen vorzulegen. Zu den vom Betreiber bereitzustellenden Unterlagen gehört das Betriebskonzept, zu dessen Erstellung der Betreiber nach § 16 ProstSchG verpflichtet ist, sowie bei natürlichen Personen Name, Geburtsdatum und Anschrift derjenigen Person, für die die Erlaubnis beantragt wird, § 12 Abs. 5 ProstSchG.
Liegen keine Versagungsgründe vor, so besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis (BT-Drs. 18/8556, S. 76). Versagungsgründe können ausweislich § 14 ProstSchG insbesondere die fehlende Zuverlässigkeit nach § 15 ProstSchG (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 ProstSchG), das Nichterfüllen von Mindestanforderungen der zum Prostitutionsgewerbe genutzten Anlagen gemäß § 18 ProstSchG (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 ProstSchG) oder ein fehlerhaftes Betriebskonzept nach § 16 ProstSchG (§ 14 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ProstSchG) sein. Neben diesen dem Prostituiertenschutzgesetz immanenten Anforderungen hat der Gesetzgeber mit § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG nachgebildet (BT-Drs. 18/8556, S. 79). Demnach ist die Erlaubnis auch zu versagen, wenn das Betriebskonzept des Prostitutionsgewerbes oder dessen örtliche Lage dem öffentlichen Interesse widerspricht. Mit dem in der Gesetzesbegründung enthaltenen Verweis auf die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Verhältnis zwischen Bau- und Gaststättenrecht im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG (BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 1 C 18/87) wird überdies klar, dass für § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG die zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG höchstrichterlich gefestigte Rechtsprechung für das Prostituiertenschutzgesetz übernommen werden sollte. Des Weiteren geht der Gesetzgeber offenbar davon aus, dass von Seiten der Erlaubnisbehörde auch tatsächlich ein materieller Prüfungsbedarf besteht, ob ein solcher Versagungsgrund vorliegt; die Behörde kann sich zur Prüfung bei den zuständigen Baubehörden informieren und auf deren Prüfungen zu baunutzungs- und bauplanungsrechtlichen Belangen Bezug nehmen. Der noch im Arbeitsentwurf vom 11. April 2015 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend enthaltene Vorschlag, dass eine Erlaubnis zu versagen sei, wenn eine für den Nutzungszweck erforderliche Baugenehmigung noch nicht erteilt wurde oder wenn die Betriebsstätte den baunutzungs- oder bauplanungsrechtlichen Festsetzungen widerspricht (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsentwurfs), wurde nicht in den späteren Referentenentwurf vom 31. Juli 2015 des Bundesministeriums übernommen; stattdessen wurde im Referentenentwurf zum – jetzigen – § 12 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG ausgeführt, dass bei Prostitutionsstätten die Verträglichkeit dieser Nutzung für die jeweilige örtliche Lage weitgehend bereits im Zuge der baunutzungs- und bauplanungsrechtlichen Prüfung des Vorhabens erfolgen werde, worauf die zuständige Behörde ggf. Bezug nehmen könne; dies sei für Prostitutionsveranstaltungen und Prostitutionsfahrzeuge hingegen nicht anzunehmen, hier bestehe materieller Prüfungsbedarf (vgl. Stühler, GewArch 2016/4, S. 129 ff. (130)).
Offenkundig wollte der Gesetzgeber die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte gerade nicht von einer zuvor erteilten baurechtlichen Genehmigung abhängig machen. Mit Aufnahme des § 12 Abs. 7 ProstSchG, der bestimmt, dass Erlaubnis- oder Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften, insbesondere nach den Vorschriften des Gaststätten-, Gewerbe-, Bau-, Wasser- oder Immissionsschutzrechts, unberührt bleiben, war auch kein Gleichlauf mit anderen Genehmigungsverfahren beabsichtigt. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8556, S. 77) werden sonstige Erlaubnis- und Anzeigepflichten nach anderen Gesetzen nicht ersetzt. Folglich entfalten die Vorschriften des ProstSchG auch keine Konzentrationswirkung (so auch Rixen, GewArch – Beilage WiVerw Nr. 02/2018, 127-152 (148)) und erteilte Erlaubnisse nach § 12 ProstSchG haben hinsichtlich sonstiger ggf. erforderlicher Genehmigungsverfahren keine Bindungswirkung.
2.2.2. Sowohl im angefochtenen Versagungsbescheid als auch in der Klageerwiderung stellt die Beklagte fest, dass die Vorgaben des ProstSchG – nämlich die objektbezogenen Mindestanforderungen an die Prostitutionsstätte gemäß § 18 Abs. 1 Nrn. 1-7 ProstSchG und die personenbezogene Zuverlässigkeit gemäß § 15 ProstSchG – durch die Klägerin erfüllt werden.
Vorliegend ist die Klägerin, welche die Prostitutionsstätte seit Jahren in dem verfahrensgegenständlichen Anwesen betreibt, nicht in Besitz einer entsprechenden Baugenehmigung für diese Nutzungsart. Eine solche Überprüfung hat bislang auch noch nicht durch die hierfür zuständige Baubehörde stattgefunden, sodass im prostitutionsrechtlichen Verfahren nicht abschließend ausgeschlossen werden kann, dass die örtliche Lage der Prostitutionsstätte dem öffentlichen Interesse gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG widerspricht.
2.2.2.1. Der Gesetzgeber wollte mit § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG eine zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG gleichlaufende Regelung schaffen und die anerkannte Auslegung dieser Norm durch das Bundesverwaltungsgericht für das Prostituiertenschutzgesetz übernommen wissen (so auch VG Regensburg, B.v. 12.2.2020 – 4 S 20.81 – BeckRS 2020, 3007 Rn. 25). Demnach widerspricht ein Gaststättenbetrieb insbesondere dann im Hinblick auf seine örtliche Lage dem öffentlichen Interesse, wenn er bauplanungsrechtlich unzulässig ist (Erbs/Kohlhaas/ Ambs/Lutz, 230. EL Mai 2020, GastG § 4 Rn. 21 unter Bezugnahme auf BVerwG GewA 1990, 29 = U.v. 17.10.1989 – 1 C 18/87). Es kann daher im Bereich des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG zu einer Zuständigkeitskonkurrenz zwischen Bau- und Gaststättenbehörde kommen, wenn die inhaltlichen Maßstäbe, die in dieser Hinsicht an die gaststättenrechtliche bzw. prostitutionsrechtliche Beurteilung anzulegen sind, mit den baurechtlichen übereinstimmen.
Der in der Gesetzesbegründung zum ProstSchG enthaltene Verweis auf das Urteil des BVerwG vom 17. Oktober 1989 (1 C 18/87) ist aus Sicht der Kammer auch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Norm mit der Einschränkung zu sehen, dass bereits eine baurechtliche Entscheidung zu diesem Komplex vorliegt. Denn nur für den Fall, dass die baurechtliche Situation bereits abschließend bewertet wurde, entfaltet sie dahingehend in einem späteren gaststättenrechtlichen bzw. prostitutionsrechtlichen Verfahren nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG Bindungswirkung, vgl. BVerwG, U.v. 4.10.1988 – 1 C 72.86 (BVerwGE 80, 259 (261 f.) = NVwZ 1989, 258 = NJW 1989, 1233). Demgegenüber kann die Gaststättenbehörde spezifisch baurechtliche Fragen, die sich im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG in Zusammenhang mit der örtlichen Lage stellen, nicht vorgreiflich für ein noch ausstehendes Baugenehmigungsverfahren entscheiden, da die bindende Klärung derartiger Fragen in dem darauf zugeschnittenen Baugenehmigungsverfahren durch die Bauaufsichtsbehörde erfolgt.
Die Abschichtung der Zuständigkeiten der Baubehörde und der nach ProstSchG zuständigen Behörde ist erforderlich, weil die „örtliche Lage“ im gewerberechtlichen Sinne (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG und § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG) mehr erfasst, als nur die bauplanungsrechtliche Situation, auch wenn sich die materiellen Prüfungskreise des Baurechts einerseits und des Gaststättenrechts bzw. Prostituiertenrechts andererseits im Hinblick auf die Vereinbarkeit des Betriebs mit der örtlichen Lage überschneiden können. Denn das öffentliche Interesse, zu dem der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage in Widerspruch geraten kann, beurteilt sich nicht allein nach materiell baurechtlichen, insbesondere bauplanungsrechtlichen Vorschriften; vielmehr kann sich die gaststättenrechtliche Unzulässigkeit eines Gewerbebetriebs am konkreten Ort auch aus spezifisch gewerberechtlichen Erwägungen ergeben, die unter anderem neben dem Schutz der Allgemeinheit vor nicht gewollten oder abgelehnten Kontakten mit dem Dirnenmilieu den Schutz der Jugend vor sittlicher Gefährdung bezwecken (VGH BW, GewA 2001, 432 = B.v. 13.3.2001 – 14 S 2916/99).
Die so entstehende Konkurrenz ist in der Weise zu lösen, dass die zur Entscheidung berufene Behörde danach bestimmt wird, zu welchem in die originäre Zuständigkeit der beteiligten Behörden fallenden Regelungsgegenstand der stärkere Bezug besteht (BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 1 C 18/87 unter Verweis auf BVerwGE 80, 259 (261 f.) = NVwZ 1989, 258 = NJW 1989, 1233). Demnach ist die Entscheidung der Baurechtsbehörde ausschlaggebend, soweit es um Rechtsfragen geht, deren Beantwortung in deren originäre Zuständigkeit fällt oder zumindest zu dieser den stärkeren Bezug hat (Erbs/Kohlhaas/Ambs/Lutz, 230. EL Mai 2020, GastG § 4 Rn. 21a; VGH BW, GewA 2001, 432 = B.v. 13.3.2001 – 14 S 2916/99 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 4.10.1988 – 1 C 72.86). Daraus folgt, dass die Entscheidungskompetenz über rein baurechtliche, insbesondere bauplanungsrechtliche Fragen, ausschließlich bei der Baubehörde liegt, sodass dieser Regelungsgegenstand – sollte noch keine entsprechende bauchrechtliche Sachprüfung vorliegen – nicht gleichsam stellvertretend in der prostitutionsrechtlichen Erlaubnis geprüft werden kann. Dies steht auch nicht in Widerspruch zur Gesetzesbegründung zum § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG (BT-Drs. 18/8556, S. 79), ausweislich dessen von Seiten der Erlaubnisbehörde materieller Prüfungsbedarf bestehe, ob aufgrund der örtlichen Lage ein Widerspruch zu öffentlichen Interessen und damit ein Versagungsgrund vorliege. Denn sogleich im nächsten Satz stellt die Gesetzesbegründung fest, dass die mit dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG befasste Behörde sich zur Prüfung bei den zuständigen Baubehörden informieren und auf deren Prüfungen zu baunutzungs- und bauplanungsrechtlichen Belangen Bezug nehmen könne. Dies wiederum setzt denknotwendig voraus, dass bereits eine Prüfung durch die Baurechtsbehörde erfolgt ist, welche nach den obigen Ausführungen und der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Gewerbeamt sowohl im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG als auch nunmehr des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG bindet. Aufgrund des Verweises der Gesetzesbegründung auf die Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 1989 (1 C 18/87) und der Entstehung des ProstSchG (vgl. Stühler, GewArch 2016/4, S. 129 ff. (130)) ist eine zuvor erfolgte Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit bzw. Genehmigungsfähigkeit zwar keine Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG, kann aber auch nicht durch eine solche Erlaubnis ersetzt werden, wie im expliziten Ausschluss einer Konzentrationswirkung in § 12 Abs. 7 ProstSchG deutlich wird.
Folglich kann es nicht Aufgabe der für die Erlaubniserteilung nach § 12 ProstSchG zuständigen Behörde sein, eine – aus welchen Gründen auch immer – zuvor ausgebliebene Überprüfung der baurechtlichen Vereinbarkeit der betreffenden Prostitutionsstätte im Rahmen des Erlaubniserteilungsverfahrens nach ProstSchG zu integrieren. Gerade weil die Gaststättenbehörde spezifisch baurechtliche Fragen, die sich im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG stellen, nicht mit Bindungswirkung für ein noch ausstehendes Baugenehmigungsverfahren entscheiden kann, ist im Hinblick darauf, dass die Entscheidung der nach GastG oder ProstSchG zur Entscheidung berufenen Behörde keinerlei Bindungswirkung für die Baubehörde zu entfalten vermag, aufgrund des Grundsatzes der Verfahrensökonomie (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) eine Abschichtung der Zuständigkeiten vorzunehmen (so auch BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 1 C 18/87).
2.2.2.2. Die Behörde hat vorliegend die örtliche Lage im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG im Rahmen ihrer Zuständigkeit überprüft und für unproblematisch befunden. Wie sich aus dem Protokoll über die Betriebsbegehung der Prostitutionsstätte der Klägerin am 13. November 2018 (Bl. 25 ff. d.A.) ergibt, fügt sich das Haus unscheinbar in das Straßenbild ein, die Fenster sind nicht einzusehen. Eine Gefährdung der Jugend kann ausgeschlossen werden, da die Überwachung durch eine Außenkamera bereits nur augenscheinlich volljährigen Kunden Zutritt ins Gebäude gewährt. Schädliche Umwelteinwirkungen wurden ebenso wenig festgestellt wie Belästigungen der Allgemeinheit. Es wurde festgehalten, dass der Behörde nichts über Beschwerden bekannt sei und es keine gebe. Als Fazit wurde festgehalten, dass keinerlei Mängel im Betrieb der Klägerin bestehen. In einem weiteren Aktenvermerk vom 27. Juni 2019 ist zur Prostitutionsstätte der Klägerin festgehalten, dass es keine Störungen oder Beschwerden gegeben habe (Bl. 47 d.A.).
Soweit die örtliche Lage im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG auch bauplanungsrechtliche Belange umfasst, wurden diese ausweislich der Behördenakte weder überprüft noch entschieden. Soweit sich die Beklagte vorliegend auf die apodiktische Feststellung des Bauamtes, es bestehe keinerlei Aussicht auf Erteilung einer Baugenehmigung, beruft, ist schon fraglich, auf welcher Grundlage diese Aussage getätigt wurde. Jedenfalls wurde dies bislang nicht verbindlich und mit Außenwirkung im Rahmen eines Baugenehmigungs- oder Nutzungsuntersagungsverfahrens gegenüber der Klägerin festgestellt. Wie bereits oben ausgeführt, vermag die für die Erlaubniserteilung nach § 12 Abs. 1 ProstSchG zuständige Behörde gerade nicht mit Bindungswirkung und damit auch nicht rechtsverbindlich aufgrund fehlender originärer Zuständigkeit und mangels Konzentrationswirkung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG (vgl. § 12 Abs. 7 ProstSchG) diesen Aspekt stellvertretend für die Baurechtsbehörde prüfen, sodass die Einlassungen im Klageverfahren als Parteivorbringen zu werten sind.
Nachdem ausweislich der Einlassungen der Beteiligten im Gerichtsverfahren bereits die bauplanungsrechtliche Einordnung strittig ist, liegt auch keine Fallkonstellation vor, die aufgrund ihrer einfachen und eindeutigen Gestaltung der für die Erlaubnis nach § 12 ProstSchG zuständigen Behörde ein Offensichtlichkeitsurteil ohne nähere Überprüfung erlauben würde. Aus der Mitteilung des Bauamtes vom 5. September 2018 geht in keinster Weise hervor, weshalb die Erteilung einer Baugenehmigung nicht in Betracht kommt. Bereits aus der Formulierung der Anfrage vom 31. August 2018 an das Bauamt wird deutlich, dass die für das Erlaubnisverfahren nach § 12 ProstSchG zuständige Behörde ausschließlich auf die Klärung des Sachbescheidungsinteresses abzielte und es ihr offenkundig nicht um eine materiell-rechtliche Überprüfung der baurechtlichen Situation ging. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass die Beklagte die Versagung der Erlaubnis sowohl im Verwaltungs- als auch im gerichtlichen Verfahren stets mit fehlendem Sachbescheidungsinteresse begründet hat. Soweit in diesem Zusammenhang nunmehr auf fehlende baurechtliche Voraussetzungen abgestellt wird, kann dies nicht nachvollzogen werden, denn ausweislich der Aktenlage ist diese Überprüfung nie erfolgt. Eine offensichtliche bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit ließe sich auch nicht mit der Tatsache vereinbaren, dass die Klägerin seit vielen Jahren die Prostitutionsstätte betreibt, ohne dass die Beklagte hiergegen bauaufsichtlich eingeschritten ist.
Die Frage, ob die Nutzung des Anwesens der Klägerin als Prostitutionsstätte baurechtlich genehmigungspflichtig und genehmigungsfähig ist, ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht im vorliegenden prostitutionsrechtlichen, sondern im dafür vorgesehenen baurechtlichen Verfahren zu prüfen. Nachdem die Behörde im angefochtenen Bescheid die Erlaubnis gerade nicht aus eigener materiell-rechtlicher Überzeugung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG versagt hat – was wegen der fehlenden baurechtlichen Überprüfung denknotwendig nicht möglich gewesen ist -, war auch nicht im gerichtlichen Verfahren zu prüfen, ob dieser angebliche Versagungsgrund vorliegt (in diesem Sinne BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 1 C 18/87).
2.2.3. Nachdem die Frage, ob die Prostitutionsstätte aufgrund ihrer örtlichen Lage (auch) keinen bauplanungsrechtlichen Vorgaben und damit dem öffentlichen Interesse widerspricht, noch nicht von der dafür zuständigen Baubehörde der Beklagten geprüft wurde, ansonsten aber sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG vorliegen und die Klägerin die Prostitutionsstätte seit vielen Jahren betreibt, ist die Erlaubnis unter Nebenbestimmungen zu erteilen.
Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf nach Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Die Entscheidung über die Beifügung einer Nebenbestimmung liegt in Fällen des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Dies gilt sowohl für die Frage, mit welchen Nebenbestimmungen konkret die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen sichergestellt werden soll, als auch – in Grenzen -, ob überhaupt anstelle der Ablehnung eines Antrags die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen ist. Insoweit wird das Ermessen häufig zugunsten des Betroffenen reduziert sein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 36 Rn. 44). Eine Nebenbestimmung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 2. Alt. BayVwVfG erlaubt die abschließende Sachentscheidung im Interesse des Bürgers oder auch im öffentlichen Interesse, obwohl noch nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt oder nachgewiesen sind. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen noch nicht erbracht oder nachgewiesen, müsste dies an sich zur Ablehnung eines beantragten Verwaltungsaktes führen. Die Ausstattung des begünstigenden Bescheides mit entsprechenden Nebenbestimmungen erlaubt demgegenüber eine bürgerfreundlichere Verwaltungspraxis und kann das mildere Mittel darstellen, sodass die Nebenbestimmung als das mildere Mittel i.R.d. Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sogar geboten sein kann (BeckOK VwVfG/ Tiedemann, 47. Ed. 1.4.2020, VwVfG § 36 Rn. 12).
Durch eine Nebenbestimmung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 2. Alt. BayVwVfG wird vorliegend sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubnis – nämlich die Widerspruchsfreiheit zu öffentlichen Interessen – gewährleistet wird. Der bloße Hinweis zur Klarstellung, dass die Erlaubnis nach § 12 Abs. 7 ProstSchG unbeschadet einer zusätzlich erforderlichen Baugenehmigung ergeht, wie im Schreiben der Regierung von Unterfranken vom 9. Juli 2018 vorgeschlagen (Bl. 12 d.A.), reicht aufgrund der vorliegend offenen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nicht aus.
Eine Nebenbestimmung ist auch zulässig, denn gemäß § 17 Abs. 1 ProstSchG kann die Erlaubnis inhaltlich beschränkt oder mit Auflagen verbunden werden, gemäß § 17 Abs. 3 ProstSchG können unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 ProstSchG jederzeit selbstständige Anordnungen erteilt werden. Diese Regelungen sind indes nicht abschließend, sodass grundsätzlich – so wie im Bereich des Gaststättenrechts (vgl. Metzner, GastG, § 5 Rn. 21), dessen Grundsätze hinsichtlich des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG Anwendung finden – alle Nebenbestimmungen von Art. 36 BayVwVfG zulässig sind (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 36 Rn. 35).
Vorliegend ist das Ermessen hinsichtlich der Entscheidung, ob die Erlaubnis unter Nebenbestimmungen erteilt werden muss, auf Null reduziert. Dies gilt zum einen, weil die Klägerin – abgesehen von der (noch offenen) bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit – sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 12 ProstSchG erfüllt. Insbesondere wurde auch die Vereinbarkeit der örtlichen Lage i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG hinsichtlich der sonstigen Belange, die nicht das Baurecht betreffen, von der Beklagten bejaht (s.o). Zum anderen betreibt die Klägerin die Prostitutionsstätte seit über neun Jahren, ohne dass es Beschwerden gegeben hätte und auch ohne dass die Beklagte jemals bauaufsichtlich eingeschritten wäre. Vor dem Hintergrund, dass die baurechtliche Zulässigkeit nicht offenkundig verneint werden kann, ist die Erteilung der begehrten Erlaubnis unter Nebenbestimmungen das mildere und einzig verhältnismäßige Mittel.
Hinsichtlich der Entscheidung, unter welchen Nebenbestimmungen die Erlaubnis erteilt werden kann, wird im Rahmen der Ermessensausübung zunächst einzubeziehen sein, dass mit der Nebenbestimmung gewährleistet werden soll, dass sich die Klägerin überhaupt einem baurechtlichen Verfahren unterzieht. Vorliegend ist die baurechtliche Situation derzeit völlig offen und in einem noch durchzuführenden Verfahren bei der Baubehörde zu klären. Nachdem für die Einleitung eines solchen Verfahrens zwingende Voraussetzung ein vom Bauherrn zu stellender Bauantrag ist, welcher den Verfahrensgegenstand bestimmt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl 2019, § 22 Rn. 31 und § 9 Rn. 24), und der Bauantrag zugleich Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist, da es sich bei der Baugenehmigung um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (BeckOK, BauordnungsR Bayern/Weinmann, 15. Ed. 1.6.2020, BayBO Art. 64 Rn. 10), erschiene es ausreichend, aber auch erforderlich und verhältnismäßig, der Klägerin aufzugeben, einen entsprechenden Bauantrag zu stellen. Zur Absicherung wäre ein Widerrufsvorbehalt, geknüpft an die bestandskräftige Ablehnung der Baugenehmigung, denkbar. Hingegen wäre eine aufschiebende Bedingung, welche die Erlaubnis nach § 12 ProstSchG von der Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung abhängig macht, vor dem Hintergrund, dass die Klägerin die Prostitutionsstätte seit über 9 Jahren betreibt, ohne dass die Beklagte diesbezüglich bauaufsichtlich eingeschritten wäre, und aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte trotz Feststellung der aus ihrer Sicht fehlenden Erlaubnisfähigkeit (Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 12.10.2018 – Bl. 15 d.A.) selbst eine „Genehmigungsfiktion“ bis zum 31. Dezember 2019 (Schreiben der Beklagten v. 20.11.2018 – Bl. 33 d.A.) ausgesprochen hat, ohne sich veranlasst zu sehen, die baurechtliche Zulässigkeit tatsächlich zu prüfen, wohl unverhältnismäßig. Eine Befristung (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 ProstSchG) wäre vorliegend nicht als zielführend anzusehen.
3. Damit war der Bescheid vom 16. Dezember 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Da ausweislich der Rechtsauffassung des Gerichts die Klägerin nur geringfügig unterlegen ist (vgl. 2.2.3.), erscheint es ermessensgerecht, die Kosten vollständig der Beklagten aufzuerlegen, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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