Europarecht

Schadensersatzanspruch, Fahrzeug, Kaufpreis, Sittenwidrigkeit, Vertragsschluss, Berufung, Anrechnung, Streitwert, Software, Erstattung, Haftung, Minderwert, Pkw, Vergleich, Kosten des Rechtsstreits, nicht ausreichend, Erstattung des Kaufpreises

Aktenzeichen  41 O 10178/19

Datum:
13.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51536
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 53.102,09 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angesichts der nunmehr beantragten Anrechnung der Nutzungsentschädigung erfolgte Ermäßigung des Klageantrags ist zulässig gemäß § 264 Nr. 2 ZPO.
Die Klagepartei hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises für das streitgegenständliche Kfz Zugum-Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gegen die Beklagte.
I. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 826 BGB. Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB ist eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Klägers durch die Beklagte. Eine solche ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
1. Das Gericht erkennt im vorliegenden Sachverhalt keine sittenwidrige Schädigung des Klägers.
Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. In diese rechtliche Wertung ist einzubeziehen, ob das Verhalten nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zweckes oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (BGH, Urteil vom 03.12.2013 – XI ZR 295/12). Wer jedoch bewusst täuscht, um einen anderen zum Vertragsschluss zu bringen, handelt in der Regel sittenwidrig, so z.B. bei unwahren Angaben über vertragswesentliche Gegenstände (Sprau in: Palandt, BGB, 78. Aufl., 2019, § 826 Rn. 20).
Diese Voraussetzungen liegen im hiesigen Fall nicht vor.
a) Nach Ansicht des Gerichts stellt das unstreitig verbaute „Thermofenster“ sowie die verwendete AdBlue Dosierung und das OBS System keine „echte Abschalteinrichtung“, wie sie womöglich in anders gelagerten Fällen verbaut war, dar. In anderen Fällen des „Dieselskandals“ mag eine Motorsteuerungssoftware verbaut worden sein, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt und dort einen besonderen Modus aktiviert (sog. „Umschaltlogik“). In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zum normalen Betriebsmodus verändert, wodurch der nach der Euro-5-Norm vorgegebene Stickoxid-Wert während des Durchfahrens des NEFZ eingehalten wird. Im normalen Fahrbetrieb schaltet das Fahrzeug hingegen in einen anderen Modus, selbst unter Bedingungen, die denen im NEFZ entsprechen. In dem im Straßenverkehr aktivierten Modus kommt es dabei zu einem höheren Schadstoffausstoß.
Eine solche Abschalteinrichtung war allerdings im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht verbaut. Soweit sich der Kläger darauf beruft, geschieht dies erkennbar ins Blaue hinein, pauschal, unsubstantiiert und ohne jeden Bezug zum konkreten streitgegenständlichen Fahrzeug.
Die Einholung eines Sachverständigengutachtens war hinsichtlich der unsubstantiiert vorgetragenen Abschalteinrichtungen nicht geboten, da ein solches Gutachten einer Ausforschung gleichgekommen wäre.
Auf die Unsubstantiiertheit des klägerischen Vortrags hinsichtlich der gerügten Abschalteinrichtungen hat die Beklagte bereits in der Klageerwiderung vom 13.03.2020 ausdrücklich hingewiesen. Ein diesbezüglicher Hinweis erfolgte von Seiten des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2020.
b) In dem streitgegenständlichen Fahrzeug kommt unstreitig zur Stickoxidverringerung eine sog. Abgasrückführung zum Einsatz, die unter anderem abhängig von der Temperatur gesteuert wird. Dieser technische Sachverhalt, den man als „Thermofenster“ bezeichnen kann, genügt nach Auffassung des Gerichts ebensowenig wie die außermotorische Abgasnachbehandlung mittels AdBlue und die Verwendung des OBS Systems für das Vorliegen einer sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB.
Der entscheidende Unterschied, der den vorliegenden Sachverhalt von anders gelagerten Fällen unterscheidet, ist die Tatsache, dass anders als in Fällen einer „Umschaltlogik“ keine per se und unter jedem Gesichtspunkt unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt. Die Umschaltlogik in anders gelagerten Fällen sollte unter keinen Umständen entdeckt werden und führte dazu, dass das Fahrzeug im realen Straßenverkehr – auch unter Umständen, die dem NEFZ entsprechen – stets andere Emissionswerte hatte als auf dem Prüfstand. Es sollte dort konkret die Erlaubnisbehörde getäuscht werden. Der Motor wurde nicht nur für die Umstände des Prüfstands optimiert (wie beim Thermofenster), sondern die Software erkannte den NEFZ und schaltete infolgedessen in einen umweltfreundlicheren Modus. Gerade dies war jedoch das besonders Verwerfliche an der Software bzw. Umschaltlogik anders gelagerter Fälle. Der streitgegenständliche Motor ist hingegen nur auf die Zustände auf dem Prüfstand optimiert, was grundsätzlich zulässig ist. Auf der Straße hat er bei gleichen Bedingungen wie auf dem Prüfstand auch die gleichen Emissionswerte.
Eine Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten liegt nach der Gesamtwürdigung der Umstände auch deshalb nicht vor, weil das Thermofenster grundsätzlich gem. Art. 5 Abs. 2 lit. a VO (EG) 715/2007 zumindest denkbar erlaubt sein könnte. Es kommt dabei nicht wesentlich darauf an, ob eine solche Zulässigkeit hier tatsächlich vorliegt, solange das Thermofenster nicht derartig schmal konstruiert ist, dass eine Berufung auf Art. 5 Abs. 2 lit. a VO (EG) 715/2007 nach dem Telos der Norm abwegig erscheint. Dafür gibt es im vorliegenden Fall allerdings keine Anhaltspunkte.
Bereits die Tatsache, dass eine Zulässigkeit gem. Art. 5 Abs. 2 lit. a VO (EG) 715/2007 in Betracht kommt, führt nach Ansicht des Gerichts dazu, dass eine sittenwidrige Schädigung ausscheidet. Kann sich die Beklagte darauf berufen, dass sie grundsätzlich von einer Zulässigkeit gem. Art. 5 Abs. 2 lit. a VO (EG) 715/2007 ausgeht, so fehlt es jedenfalls an der notwendigen sittenwidrigen Gesinnung im Sinne des § 826 BGB. Geht die Beklagte hiervon zurecht aus, so scheidet eine sittenwidrige Schädigung ohnehin aus. Irrt sie über diesen Punkt, so hat sie zwar gegen öffentlichrechtliche Vorschriften verstoßen, jedoch bedeutet der Verstoß für sich alleine kein Verhalten, das sittlich verwerflich ist. Fahrlässige Rechtsirrtümer – auch zu eigenen Gunsten – sind im Rechtsverkehr grundsätzlich zu erwarten und nicht per se verwerflich. Es fehlt insofern am Bewusstsein der Rechtswidrigkeit (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 21.10.2019 – 12 U 246/19). Folglich fehlt es an der Voraussetzung einer sittenwidrigen Schädigung.
Zu beachten ist insofern auch, dass hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs unstreitig keine Rückrufaktion des KBA vorliegt. Auch aus diesem Grund scheidet eine Haftung nach § 826 BGB nach Ansicht des Gerichts aus: Wenn das Kraftfahrtbundesamt das Fahrzeug nicht als mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen ansieht, dann ist der dahingehende Vortrag des Klägers ohne Substanz.
2. Des Weiteren hat der Kläger auch den notwendigen Vorsatz der Beklagten nicht bewiesen, obwohl er hierfür grundsätzlich beweisbelastet ist.
Der Vorsatz muss sich auf die Tatsachen beziehen, die den konkreten Tatbestand ausmachen. Bei § 826 BGB ist daher zu fordern, dass der Schädiger Kenntnis von dem Eintritt des Schadens, der Kausalität des eigenen Verhaltens und der die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände hat (vgl. Wagner in: MüKo, BGB, 7. Aufl., 2017, § 826 Rn. 25). Hierbei reicht es aus, dass der Schädiger die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken konnte und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorhergesehen und billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urteil vom 20.11.1990 – VI ZR 6/90). Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt außerdem voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15).
Hier ist zunächst festzuhalten, dass technische Einrichtungen wie das streitgegenständliche Thermofenster willentlich entwickelt und eingesetzt wurden, sie sind nicht Folge eines „Fehlers“ oder zufälliger Natur. Das streitgegenständliche „Thermofenster“ wurde offensichtlich nicht irrtümlich verbaut. Etwas Gegenteiliges wird auch von der Beklagten nicht vorgetragen. Jedoch folgt daraus nicht, dass die Vorstände oder Repräsentanten der Beklagten dann auch Schädigungsvorsatz hatten.
Zwar fällt es der Klägerin naturgemäß schwer, den Vorsatz der notwendigen Repräsentanten bzw. Vorstände der Beklagten zu ermitteln und unter Beweis zu stellen. Dies ist jedoch grundsätzlich der Risikosphäre des Geschädigten zuzurechnen. Die Klagepartei hat zum Vorsatz jedenfalls nicht ausreichend vorgetragen. Dass konkrete Vorstände oder Repräsentanten der Beklagten Schädigungsvorsatz im Sinne des § 826 BGB hatten, hat sie nicht dargelegt.
Die Beklagte ist insofern auch nicht (sekundär) darlegungs- und beweisbelastet. Anders als in anders gelagerten Fällen im Bereich des „Dieselskandals“ steht im vorliegenden Fall noch nicht einmal fest, dass irgendeine Person im Lager der Beklagten Vorsatz hatte. Es liegt gerade kein von vorneherein auf Täuschung ausgelegtes Softwareprogramm vor, von dem sicher gesagt werden kann, dass es unzulässig ist und vorsätzlich zur Täuschung entwickelt wurde. Im Gegenteil kann hier nicht ausgeschlossen werden, dass die Vorstände und Repräsentanten der Beklagten auf die Zulässigkeit gem. Art. 5 Abs. 2 lit. a VO (EG) 715/2007 vertraut haben oder zumindest im Sinne einer bewussten Fahrlässigkeit gehofft haben, es werde sich um eine zulässige Einrichtung handeln. Bei einer Abschalteinrichtung, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand und bei der Gesichtspunkte des Motors bzw. Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, kann daher nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden bzw. Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Denn anders als die „Schummelsoftware“ des Motors EA 189 in den VW-Verfahren unterscheidet das Thermofenster nicht zwischen Prüfstand und realem Betrieb, sondern richtet sich nach der Umgebungstemperatur und ist damit nicht offensichtlich auf eine „Überlistung“ der Prüfungssituation ausgelegt (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 18.09.2019 – 12 U 123/18). Es bleibt daher bei der üblichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.
Die Klagepartei konnte nicht darlegen und unter Beweis stellen, dass konkret ein Vorstand oder Repräsentant der Beklagten zum relevanten Zeitpunkt Schädigungsvorsatz im Sinne des § 826 BGB hatte. Der pauschale Klägervortrag, die nach § 31 BGB Verantwortlichen auf Seiten der Beklagten hätten von den Manipulationen gewusst, ist kein substantiierter Tatsachenvortrag. Die Klagepartei ist daher beweisfällig geblieben.
3. Ein Anspruch aus § 826 BGB scheidet mithin aus.
II. Auch ein Anspruch des Klägers aus § 831 BGB scheidet aus. Auch insofern ist nach dem oben Gesagten nicht von einer widerrrechtlichen Schädigung der Klagepartei auszugehen. Insbesondere ist die Klagepartei auch insofern hinsichtlich des Vorsatzes etwaiger Verrichtungsgehilfen der Beklagten darlegungs- und beweisfällig geblieben.
III. Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB besteht nicht. Auch insofern kann die Klagepartei den Vorsatz der Beklagten nicht darlegen und beweisen (siehe oben). Im Übrigen kann die Klagepartei auch eine Täuschung der Beklagten nicht nachweisen.
IV. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 12, 18 der Richtlinie Nr. 2007/46/EG, §§ 4, 6, 25, 27 EG-FGV sowie Art. 5 VO (EG) 715/2007 scheitert jedenfalls daran, dass die genannten Normen keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (EuGH-Vorlage vom 09.04.2015 – VII ZR 36/15) ist eine Norm als Schutzgesetz anzusehen, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat. Bei Vorschriften, die – wie hier die EG-FGV – Richtlinien umsetzen, kommt es nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung insoweit maßgeblich auf den Inhalt und Zweck der Richtlinie – hier der RL 2007/46/EG – an. Den Erwägungsgründen (2), (4) und (23) zufolge bezweckt die RL 2007/46/EG die Vollendung des Binnenmarkts und dessen ordnungsgemäßes Funktionieren. Darüber hinaus sollen die technischen Anforderungen in Rechtsakten harmonisiert und spezifiziert werden, wobei die Rechtsakte vor allem auf eine hohe Verkehrssicherheit, hohen Gesundheits- und Umweltschutz, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung abzielen. An keiner Stelle lässt sich hingegen ein Hinweis dafür finden, dass der Richtliniengeber darüber hinaus den Schutz des einzelnen Fahrzeugerwerbers bzw. -besitzers gegen Vermögensbeeinträchtigungen im Blick hatte. Auch der nationale Gesetzgeber hat in der Begründung zur EG-FGV (S. 36 der BR-Drucks. 190/09) in Übereinstimmung damit ausführt, dass die Richtlinie dem Abbau von Handelshemmnissen und der Verwirklichung des Binnenmarktes der Gemeinschaft dienen und die EG-FGV darüber hinaus zur Rechtsvereinfachung und zum Bürokratieabbau beitragen soll (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 17.1. 2018 – 3 O 1138/16).
Mangels Schutzgesetzcharakters scheidet eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 12, 18 der Richtlinie Nr. 2007/46/EG, §§ 4, 6, 25, 27 EG-FGV sowie Art. 5 VO (EG) 715/2007 aus.
V. Ein Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG besteht nicht. Gem. § 16 Abs. 1 UWG wird bestraft, wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt. Bei § 16 UWG handelt es sich zwar um ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. Die Tatbestand:svoraussetzungen des § 16 UWG sind allerdings – selbst bei Unterstellung entsprechender werbender Aussagen der Beklagten – nicht erfüllt. Das Gericht schließt sich insofern den zutreffenden Ausführungen des OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 07.11.2019 – 6 U 119/18, an, die auch auf den hiesigen Fall zu übertragen sind:
„Es fehlt im Übrigen jedenfalls im subjektiven Tatbestand an der Absicht, ein besonders günstiges Angebot hervorzurufen. Der Anschein eines Angebots, besonders günstig zu sein, kann in irgendeinem Vorteil liegen, der die geistigen und ideellen Bedürfnisse des Abnehmers zu befriedigen verspricht (Rengier, in: Fezer/Büscher/Obergfell (Fn. 20), § 16 Rn. 96) und damit auch in einer besonderen Umweltfreundlichkeit. Eine unwahre Angabe „Euro 5“ wäre jedoch nicht geeignet, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen. Denn ein Angebot ist nicht bereits dann besonders günstig, wenn die Ware oder Dienstleistung günstiger dargestellt wird, als sie tatsächlich ist. (Kühl, WRP 2019, 573, 581) Der Wortlaut des § 16 Abs. 1 UWG legt gerade nahe, dass das Vorliegen eines besonders günstigen Angebots voraussetzt, dass der Täter irgendeinen Vorzug seines Produkts gegenüber dem Branchenüblichen herausstellt (BGH, 26.10.1977 – 2 StR 432/77, NJW 1978, 173, 173 f.) Andernfalls wäre fraglich, welche eingrenzende Funktion dem Absichtserfordernis in § 16 Abs. 1 UWG überhaupt gegenüber dem Merkmal der Unwahrheit zukommt. Insoweit wäre ein Vergleich mit gleichartigen Produkten anzustellen. Da aber alle anderen Neufahrzeuge auch die Euro 5-Norm einhalten mussten, wäre mit der Angabe „Euro 5“ kein besonderer Vorteil angepriesen wird (LG Darmstadt, 30.05.2018 – 7 O 137/17, juris, Rn. 33; LG Braunschweig, 17.01.2018 – 3 O 1138/16, juris, Rn. 60.).“
Auch im vorliegenden Fall hat die Klagepartei nicht vorgetragen und belegen können, dass die Beklagte irgendeinen Vorzug des streitgegenständlichen Fahrzeugs bzw. Motors gegenüber dem Branchenüblichen herausgestellt hat. Die von der Beklagten benannten Grenzwerte müssen vielmehr alle vergleichbaren Fahrzeuge am Markt einhalten, um die EUTypgenehmigung zu erhalten.
Ebenso wenig besteht ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG a.F.: § 4 Nr. 11 UWG a.F. stellt bereits kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar. Soweit sich die Klagepartei auf einen Verstoß gegen die Vorschriften der Pkw-EnVKW beruft, fehlt hierzu bereits ein Vortrag, welches Verhalten gemeint sein soll.
VI. Mangels Begründetheit des Hauptanspruchs besteht kein Annahmeverzug der Beklagten. Auch die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sind nicht von der Beklagten zu ersetzen. Die Klage ist somit unbegründet und vollumfänglich abzuweisen.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 269 III 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
D.
Der Streitwert war in Höhe des bezifferten Klageantrags Ziffer 1 von 17.280,00 € festzusetzen (§ 48 GKG, § 3 ZPO).


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