Europarecht

Untersagung des Bereitstellens von Einzelraumheizgeräten auf dem Markt – Ökodesign-Anforderungen an die elektronische Raumtemperaturkontrolle

Aktenzeichen  B 10 S 20.820

Datum:
29.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 33035
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EVPG § 7 Abs. 3 S. 1
EVPG § 7 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
EVPG § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
VO 2015/1188/EU Art. 3
VO 2015/1188/EU Anhang III
VO 2015/1188/EU Anhang I Nr. 20

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 125.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bescheid der Regierung von … – Gewerbeaufsichtsamt – mit dem ihr das Bereitstellen von zwei ihrer Wärmespeicherbaureihen auf dem Markt untersagt wird, solange sie nicht jeweils einen Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad von 38,5% erreichen.
Am 25.6.2019 beschwerte sich beim Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von … ein Konkurrent der Antragstellerin darüber, dass mehrere ihrer Einzelraumheizgeräte die Ökodesignanforderungen nicht einhalten würden. Am 11.9.2020 erörterte das Gewerbeaufsichtsamt die Mängel der stichpunktartig überprüften Produkte mündlich mit der Antragstellerin und mahnte eine unverzügliche Abstellung an. In den folgenden Monaten korrespondierten die Parteien umfangreich zu den komplexen technischen und rechtlichen Fragestellungen mit dem Ergebnis, dass nur noch bezüglich der beiden streitgegenständlichen Baureihen Streitpunkte verblieben. Konkret blieb streitig, ob es sich um nachgeschaltete Heizgeräte handele und wie die Wärmeaufnahmesowie die Wärmeabgabesteuerung ausgestaltet sein müsse, um den Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad erhöhende Korrekturfaktoren in Anspruch nehmen zu können. Im März 2020 verständigten sich die Parteien darauf, vom V. in …, das eine für das einschlägige Sachgebiet „A45 – Energieeffizienz“ akkreditierte Prüfstelle ist, eine Stellungnahme dazu einzuholen, ob die Geräte nachgeschaltete Heizgeräte sind. Sodann übersandte die Antragstellerin dem Gewerbeaufsichtsamt ein „Protokoll/Gesprächsnotiz“ der V. (im Folgenden: V.) vom 4.5.2020, wonach es sich bei den fraglichen Wärmespeichern nicht um nachgeschaltete Heizgeräte handele und die Speicherheizgeräte technisch so umzurüsten seien, dass eine Aufladung nur erfolgen könne, wenn sie bei der Installation an ein witterungsgeführtes Zentralsteuergerät angeschlossen würden. Maßnahmen auf Seiten der Wärmeabgabesteuerung, namentlich ein generelles Mitliefern eines elektronischen Raumtemperaturreglers seien nach Einschätzung des V. hingegen nicht zwingend erforderlich. Vielmehr genüge ein diesbezüglicher Hinweis in der Montage- und Gebrauchsanweisung.
Mit Schreiben vom 13.5.2020 legte der Antragsgegner seine Auffassung, wonach die Geräte die Ökodesignanforderungen einhalten müssten, dies aber nicht täten, dar. Zugleich kündigte er den Erlass eines diesbezüglichen Untersagungsbescheids an, sofern keine freiwilligen Abhilfemaßnahmen ergriffen würden, und gab der Antragstellerin Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Nachfragen der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zu den Details dessen, was der Antragsgegner als notwendige Abhilfemaßnahmen ansehe, beantwortete dieser mit E-Mail vom 26.5.2020. Mit Schreiben vom 12.6.2020 nahm die Antragstellerin Stellung.
Mit Bescheid vom 11.8.2020, der der Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde am 17.8.2020 zuging, untersagte die Regierung von … – Gewerbeaufsichtsamt – der Antragstellerin in Deutschland die Bereitstellung der Wärmespeicher „…“ (Ziffer 1) und „…“ (Ziffer 2) ab 1.10.2020 auf dem Markt, solange sie nicht jeweils einen Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad von 38,5% nach Anhang II Nr. 1 Buchst. a) vi) der Verordnung (EU) 2015/1188 der Kommission vom 28.4.2015 (im Folgenden: VO (EU) 2015/1188) erreichen. Zudem behielt sich der Antragsgegner den Widerruf der Untersagungsanordnungen vor (Ziffer 3) und erklärte die Untersagungsanordnungen für sofort vollziehbar (Ziffer 4). Ferner drohte der Antragsgegner ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bei Verstoß gegen die Untersagungsanordnung in Ziffer 1 und in Höhe von 40.000 Euro bei Verstoß gegen die Untersagungsanordnung in Ziffer 2 an (Ziffer 5 bzw. 6). Die Verfahrenskosten wurden der Antragstellerin auferlegt; als Gebühren wurden 5.000 Euro und als Auslagen 2,15 Euro festgesetzt (Ziffer 7).
Zur Begründung trug der Antragsgegner im Wesentlichen vor, dass die Produkte keine nachgeschalteten Heizgeräte seien und daher in den Anwendungsbereich der VO (EU) 2015/1188 fallen würden. Es sei festgestellt worden, dass die Produkte zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht die Anforderungen dieser Verordnung einhalten würden. Es dürften nach § 4 Abs. 1 und 10 EGVP jedoch nur Produkte bereitgestellt werden, welche den zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens geltenden Vorschriften entsprechen würden. Beide Produkte würden in ihrer jeweiligen Bedienungsanleitung darstellen, dass der Betreiber des Geräts zusätzliche Komponenten für eine Wärmeabgabesteuerung benötige, um die Anforderungen an den Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad zu erreichen. Ohne diese Steuerung würden die Vorgaben nicht eingehalten. Die Steuerung liege den Produkten nicht bei, müsse vielmehr separat gekauft werden. In den Antworten der Kommission zu den FAQ 30 und FAQ 31 der „Guidelines accompanying Regulations (EU) 2015/1185, 1186 & 1188 with regard to energy labelling and ecodesign requirements for local space heater“ (im Folgenden: Guidelines) werde festgeschrieben, dass nur im Gerät fest verbaute Komponenten oder dem Gerät beigelegte Komponenten – in der Verpackung oder als separates Paket – ausreichend seien. Der Zweck sei, dass mit einem einzigen Kaufvorgang ein Gerät an den Endkunden abgegeben werden solle, welches den Anforderungen der Verordnung genüge. Ein Hinweis in der Bedienungs- oder Montageanleitung bzw. ein bloßes Anbieten eines entsprechenden Produkts sei daher nicht ausreichend. Die Antragstellerin habe in ihr Rückäußerung vom 12.6.2020 dargelegt, freiwillige Maßnahmen zu ergreifen. Auf Seiten der Wärmeaufnahmesteuerung würden technische Maßnahmen ergriffen werden, die ein witterungsgeführtes Zentralsteuergerät gemäß den Anforderungen der VO (EU) 2015/1188 notwendig machen würden. Auf Seiten der Wärmeabgabesteuerung würden hingegen keine technischen Maßnahmen ergriffen; die Antragstellerin wolle nur den Hinweis in der Montageanleitung verdeutlichen. Dies würde bedeuten, dass die Geräte weiterhin nicht in ausreichender Weise die Wärmeabgabesteuerung gemäß den FAQ 30 und FAQ 31 zur Verfügung stellen würden. Die Untersagungsverfügungen seien ein erforderliches, geeignetes und angemessenes Mittel, um den deutschen Markt vor nicht konformen Produkten zu schützen und das mit den Produkten einhergehende wahrscheinliche Risiko für die Umwelt zu beseitigen. Die Untersagungsanordnungen würden nach pflichtgemäßem Ermessen im öffentlichen Interesse für sofort vollziehbar erklärt. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids hätte zur Folge, dass die Wärmespeicherheizungen bis zu diesem Zeitpunkt weiter in Verkehr gebracht werden könnten und damit negative Umweltauswirkungen eintreten würden sowie Verbraucher und Industriebetriebe in die Irre geführt würden. Diese Folgen könnten nicht mehr rückgängig gemacht werden, wenn der angefochtene Bescheid nicht im vollen Umfang Bestand hätte. Das öffentliche Interesse am Schutz der Umwelt überwiege daher das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung einer Klage.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 7.9.2020, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, hat die Antragstellerin Klage erheben lassen, mit der sie die Aufhebung des Bescheids begehrt (Az. B 10 K 20.821).
Zugleich hat sie um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und diesbezüglich – nachträglich ergänzt um den zweiten Hilfsantrag
beantragt die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Regierung von … vom 11.8.2020 wiederherzustellen,
hilfsweise die sofortige Vollziehung aufzuheben,
hilfsweise eine Übergangsfrist zur Umsetzung der Anordnung von wenigstens sechs Wochen zu gewähren.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass nicht nur der Bescheid vom 11.8.2020 rechtswidrig sei, sondern auch die Sofortvollzugsanordnung, die mit dem vorliegenden Antrag angegriffen werde. Die Ziffern 1 und 2 des Bescheids seien nicht ausreichend bestimmt. Dies werde insbesondere dadurch evident, dass es unterschiedliche Auffassungen darüber gebe, wie die VO (EU) 2015/1188 auszulegen sei. Es hätte daher unmittelbar in der Anordnung klar und unmissverständlich geregelt werden müssen, welches Verständnis der Norm der Antragsgegner zu Grunde lege und welche Maßnahmen er von der Antragstellerin konkret verlange. Auch eine eindeutige Auslegung der Entscheidungssätze im Lichte der Gründe des Bescheids sei nicht möglich, da letztere schwammig und nebulös blieben. Insbesondere sei nicht eindeutig, ob sowohl die von der Antragstellerin vorgeschlagenen Maßnahmen der Wärmeaufnahmesteuerung als auch Maßnahmen zur Wärmeabgabesteuerung gefordert werden, oder aber nur letztere Maßnahmen, also das Beilegen jeweils eines Reglers. Vor Erlass des Bescheids habe der Antragsgegner in der monatelangen Korrespondenz in erster Linie Maßnahmen zur Wärmeaufnahmesteuerung gefordert, nicht zur Wärmeabgabesteuerung. Es sei deshalb nicht klar, ob der Antragsgegner nun beides fordere und, falls ja, weshalb beide Maßnahmen kumulativ erforderlich sein sollten.
Ferner entsprächen die Anordnungen nicht der fachlichen Stellungnahme des V.. Die vom V. vorgeschlagenen Maßnahmen seien ausreichend. Der V. sei von beiden Beteiligten als fachlich kompetent erachtet worden. Gleichwohl folge der Antragsgegner dessen Einschätzung nicht, ohne dass er dies schlüssig begründe. Dass ein Raumtemperaturregler nicht zwingend beigelegt werden müsse, werde auch daraus ersichtlich, dass die VO (EU) 2015/1188 darauf abstelle, dass die streitigen Werte im Betriebszustand erreicht werden müssten – egal auf welchem Wege. Im Anhang III unter Nr. 2 der VO (EU) 2015/1188 sei geregelt, dass der Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad im Betriebszustand maßgeblich sei. Es komme demnach nicht auf den Verpackungszustand, wie der Antragsgegner meine, sondern auf den Betriebszustand an. Außerdem seien die maßgeblichen Regelungen in der VO (EU) 2015/1188 auslegungsbedürftig, da dort nicht geregelt sei, dass zusätzliche Regler beigefügt werden müssten. Auch ergebe sich dies nicht aus den FAQ 30 und 31 der Guidelines, die zudem ausweislich ihrer Präambel nur die Meinung der europäischen Kommission wiedergeben und keine verbindliche Auslegung der VO (EU) 2015/1188 darstellen würden. Die Antwort auf die FAQ 30 besage nur, dass ein passender Regler lediglich zusammen mit dem Heizgerät „in Verkehr gebracht“ werden müsse. Das Inverkehrbringen sei als „Bereitstellung“ legal definiert, weshalb das Beilegen eines separaten Reglers zu jedem verkauften Wärmespeicher nicht gemeint sein könne. Unstreitig biete die Antragstellerin separate Regler für die Wärmespeicher auf dem Markt an, erfülle damit diese Voraussetzung. Die Fragestellung der FAQ 31, auf die sich der Antragsgegner stütze, sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, da die Frage von einem bereits mit einem Regler für die Raumtemperatur ausgestatteten Gerät ausgehe, dass durch eine Schnittstelle extern gesteuert werden solle. Die Bewertung des Antragsgegners beruhe letztlich auf einer rechtlich nicht zulässigen Kombination der Antworten auf die FAQ 30 und 31. Überdies würden die Anordnungen des Bescheids den Zielen der Ökodesignvorgaben widersprechen. Raumtemperaturregler stets zusätzlich bei jedem Wärmespeicher mitzuliefern, wäre umweltpolitischer Irrsinn. Meistens (geschätzt 80-90%) handele es sich bei den Wärmespeichern um einen Austausch alt gegen neu in bestehenden Anlagen, sodass meist ein intakter Raumtemperaturregler bereits vor Ort vorhanden sei. Der Betrieb der Wärmespeicher ohne einen solchen Regler wäre zudem widersinnig, da die Wärmespeicher ohne Regler gar nicht in der Lage wären, gespeicherte Wärme gezielt in den zu heizenden Raum abzugeben.
Selbst wenn nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts ungewiss wäre, ob die Untersagungsanordnungen rechtswidrig seien, wäre die Sofortvollzugsanordnung aufzuheben bzw. die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, da die Voraussetzungen für den Sofortvollzug nicht vorlägen. Eine Anhörung zum Sofortvollzug sei trotz Erforderlichkeit nicht erfolgt. § 7 Abs. 9 EVPG regele ausdrücklich eine Anhörungspflicht vor Erlass von Maßnahmen. Auch aus Art. 28 BayVwVfG ergebe sich eine solche. Die Begründung der Sofortvollzugsanordnung sei zudem unzureichend. Es seien lediglich formel- und floskelhafte Ausführungen erfolgt, obwohl auf die Umstände des konkreten Einzelfalls einzugehen sei. Es sei auch nicht ersichtlich, woher die Eilbedürftigkeit für den Sofortvollzug komme; in der gesamten, seit einem Jahr geführten regelmäßigen Korrespondenz der Beteiligten fänden sich keinerlei Andeutungen. Sofern die Behörde den Sofortvollzug nicht oder fehlerhaft begründe, sei er rechtswidrig.
Art. 20 der VO (EU) 765/2008 zeige, dass insbesondere Einzelmaßnahmen, die in den freien Warenverkehr eingreifen würden, einer besonderen Rechtfertigung bedürften. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass die Entfernung eines Produkts aus dem Markt mit einem nicht näher begründeten, „wahrscheinlichen Risiko für die Umwelt“ oder ähnlichen Floskeln nicht gerechtfertigt werden könne. Der Antragsgegner habe nicht ansatzweise dargetan, welche negativen Auswirkungen für die Umwelt eintreten würden bzw. könnten. Die Wärmespeicher könnten und würden nicht ohne Regler betrieben. Die Behauptung, die Umwelt würde Nachteile erleiden, sei nicht nur unsubstantiiert geblieben, sondern auch schlichtweg unzutreffend. Weshalb Industriebetriebe und Verbraucher getäuscht würden, behalte der Antragsgegner vollständig für sich. Der Verbraucher sei froh, dass er Wärmespeicher und Regler separat erwerben könne, da er häufig keinen neuen Temperaturregler benötige. Eine Belastung für die Umwelt stelle es dar, dass der Antragsgegner verlange, dass unnötige Temperaturregler produziert werden sollten, die dann weggeworfen würden. Das sei gerade nicht im Sinne der Ökodesignrichtlinie.
Das gegen einen Sofortvollzug sprechende Interesse der Antragstellerin habe der Antragsgegner nicht annähernd ausreichend abgewogen. Die Auswirkungen des Sofortvollzugs für die Antragstellerin seien immens hoch. Gerechnet auf die anstehende Heizperiode 2020/21 sei mit einem Umsatzausfall in Höhe von 6 bis 7 Mio. Euro zu rechnen. Es könnten vertragliche Lieferverpflichtungen nicht eingehalten werden. Zudem sei mit einem behördlichen Verbot auch immer ein erheblicher Imageschaden verbunden, zumal die Anordnung im Falle des Sofortvollzugs sofort zu veröffentlichen sei. Zudem erleide die Antragstellerin durch die Anordnung in einem rechtlich umstrittenen Kontext einen Wettbewerbsnachteil, solange der Konkurrenz nicht Gleiches abverlangt werde. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsgegner nicht die Stellungnahme der EU-Kommission gemäß Ziffer 3 des Bescheids abwarte. Es liege kein besonderes öffentliches Interesse vor, das den Sofortvollzug ausnahmsweise rechtfertigen würde. Darüber hinaus handle es sich um einen übereilten, massiven Eingriff in die europäische Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit. Weder die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung noch die EU-Kommission hätten bisher festgestellt, dass die Antragstellerin mit dem bemängelten Verfahren gegen die VO (EU) 2015/1188 verstoße. Die Bewertung der zuständigen Gremien der europäischen Kommission abzuwarten, sei ein milderes Mittel, das ein europaweit einheitliches Vorgehen gewährleiste und eine einseitige Benachteiligung der Antragstellerin im europäischen Wettbewerb verhindere, zumal andere Hersteller in Preis und Leistung vergleichbare Wärmespeicher anbieten würden, die dieselben technische Konfiguration wie die Geräte der Antragstellerin aufwiesen.
Sollte das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage nicht wiederherstellen, müsse der Antragstellerin zumindest eine Umsetzungsfrist von wenigstens sechs Wochen gewährt werden, da sie sonst nicht mehr genügend zeitlichen Vorlauf für eine Umrüstung der Geräte und deren Auslieferungszustand habe, um signifikante Umsatzverluste zu verhindern.
Mit Schriftsatz vom 17.9.2020 hat der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Die Begründung des Sofortvollzugs und der darin enthaltene Hinweis auf schädliche Umwelteinwirkungen sei ausreichend. Die Ökodesignrichtlinie 2009/125/EG sei zum Schutz der Umwelt, der Gesundheit, des Binnenmarktes und der Verbraucherbelange erlassen worden. Ökodesign bedeute umweltgerechte Gestaltung von Produkten, die den Energieverbrauch in irgendeiner Weise beeinflussten. Die Richtlinie sei Rechtsgrundlage für den Erlass sogenannter Durchführungsmaßnahmen, unter anderem der VO (EU) 2015/1188. Es liege eine Eilbedürftigkeit vor. Das Interesse der Antragstellerin bestehe vor allem darin, bis zur Entscheidung in der Hauptsache pro verkauftem Gerät im Wert von ca. 800 Euro und einem Gewinn von ca. 100 Euro sich die Kosten für einen Regler im Wert von ca. 30 Euro zu sparen und den Gewinn damit zu maximieren. Dieses Interesse sei mit einem mindestens 30 Jahre langem erhöhten Energieverbrauch der Geräte wegen unzureichender Regelung der Wärmeabgabe abzuwägen, der das Klima schädige, zu dauerhaften Umweltschäden sowie vermutlich auch zu Gesundheitsschäden führe. Die Kostenersparnis würde es der Antragstellerin ermöglichen, die vorschriftenkonform in Verkehr gebrachten Geräte der Konkurrenten zu unterbieten und so einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Aufgrund der bei den Produkten der Antragstellerin fehlenden Steuerungen seien diese ca. 50 bis 100 Euro günstiger als Produkte namhafter Konkurrenzunternehmen. Ein weiteres Verzögern durch die Antragstellerin könne aufgrund der vor der Tür stehenden Heizsaison nicht hingenommen werden. Die Antragstellerin habe nicht erkannt, dass sie die Geräte durch einfache Anpassungsmaßnahmen verordnungskonform machen könne. So müsste sie lediglich ein Steuerungsgerät im Wert von ca. 30 Euro dem Wärmespeicher beilegen, was bei geschätzten 8.000 von ihr verkauften Geräten pro Jahr einem wirtschaftlichen Interesse von ca. 250.000 Euro entspräche. Die Untersagungsanordnungen seien auch hinreichend bestimmt. Die Antragstellerin irre in der Annahme, dass die Behörde eine klare und unmissverständliche technische Lösung vorschreiben müsse. Dies gelte insbesondere, wenn es zur Erreichung eines Ziels mehrere auf dem Markt konkurrierende Lösungen gebe und diese Vielfalt ihren Niederschlag in der Verordnung gefunden habe (Baukastenprinzip). Die behauptete Verwirrung bezüglich Wärmeaufnahmesteuerung und Wärmeabgabesteuerung könne technisch nicht nachvollzogen werden, da die Verordnung für beide Bereiche je nach Ausstattung des Geräts Prozentpunkte vergebe und erst eine Aufsummierung der erreichten Prozentpunkte aus beiden Bereichen eine Beurteilung ermögliche, ob die Geräte den Anforderungen der Verordnung entsprächen. Hinsichtlich des Schutzklauselverfahrens sei bisher keine Weiterleitung der getroffenen Maßnahmen erfolgt, da sie derzeit noch nicht rechtskräftig seien. Das V.-Gesprächsprotokoll entspreche nicht den Anforderungen an eine Stellungnahme einer akkreditierten Prüfstelle und es sei auch nur die Frage, ob es sich um ein nachgeschaltetes Heizgerät handle, vorgegeben gewesen. Es sei davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der bei den Kunden vorhandenen Steuerungen nicht die Anforderungen an das Ökodesign einhalten würden, da es sich um alte, vor Inkrafttreten der Ökodesignvorschriften erworbene Regler handele. Somit seien bei Verkauf von Austausch- und Ersatzgeräten häufig Steuerungen mit ineffizienter Technik in den Zimmern und Wohnungen vorhanden. Der Antragstellerin sei ferner darin zu widersprechen, dass die Geräte ohne eine Steuerung überhaupt nicht in der Lage seien, Wärme abzugeben. Laut der Bedienungsanleitung könnten sie sich auf über 80 °C erhitzen und so wie langwellige Infrarotheizungen Wärme an den umliegenden Raum abgeben. Zudem werde nicht angenommen, dass die Produkte ohne Steuerung, aber dass sie mit einer veralteten, nicht effizienten Technik betrieben würden.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
II.
Der einstweilige Rechtsschutzantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerin gem. § 88 VwGO analog auszulegen und dabei im Ergebnis so zu verstehen, dass sie sich ausschließlich gegen die Sofortvollzugsanordnung in Ziffer 4 des Bescheids vom 11.8.2020 wendet, mit der die Untersagungsverfügungen in Ziffern 1 und 2 des Bescheids für sofort vollziehbar erklärt werden. Demnach nicht vom einstweiligen Rechtsschutzantrag erfasst sind die übrigen Ziffern des Bescheids, insbesondere die Zwangsmittelandrohungen in den Ziffern 5 und 6. Dies stellt die Antragstellerin letztlich selbst klar, indem sie ausführt, dass die Sofortvollzugsanordnung „mit dem vorliegenden Antrag angegriffen“ wird (Schriftsatz vom 7.9.2020, S. 5). Zudem argumentiert sie in der Antragsbegründung und dem weiteren Schriftsatz vom 23.9.2020 allein mit der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügungen und der Sofortvollzugsanordnung; insbesondere die Zwangsmittelandrohungen erwähnt sie nicht. Auch dem Antrag selbst lässt sich kein anderes Verständnis entnehmen. Zwar wird die „Wiederherstellung“ der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem (ganzen) Bescheid beantragt, da die Zwangsmittelandrohungen aber gem. Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind, hätte diesbezüglich die „Anordnung“ der aufschiebenden Wirkung beantragt werden müssen.
Der so verstandene einstweilige Rechtsschutzantrag ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. In einem derartigen Verfahren prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene, originäre Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der zugrundeliegende Bescheid bei dieser Prüfung hingegen als rechtswidrig und das Hauptsacheverfahren damit voraussichtlich als erfolgreich, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung regelmäßig zu verneinen. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hingegen offen, kommt es zu einer allgemeinen Abwägung der widerstreitenden Interessen.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Sofortvollzugsanordnung formell rechtmäßig ist (Nr. 1), die erhobene Klage der Antragstellerin nach summarischer Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg hat (Nr. 2) und auch im Übrigen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids deutlich schwerer wiegt als das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (Nr. 3).
1. Der Sofortvollzug in Ziffer 4 des Bescheids vom 11.8.2020 ist formell rechtmäßig.
a) Das Gewerbeaufsichtsamt ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über gewerberechtliche Zuständigkeiten i.V.m. Nr. 39.2 deren Anlage für den Erlass der Untersagungsverfügungen zuständig und daher gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch für den Erlass der diesbezüglichen Sofortvollzugsanordnung.
b) Ein Anhörungsmangel liegt nicht vor. Einer Anhörung hinsichtlich des Sofortvollzugs bedurfte es nicht. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Sofortvollzugsanordnung kein Verwaltungsakt ist, weshalb Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG auch keine (unmittelbare) Anwendung findet. Zumindest im hier vorliegenden Fall, in dem die Sofortvollzugsanordnung zusammen mit dem Grundverwaltungsakt ergangen ist und diesbezüglich eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt ist, besteht auch weder eine Notwendigkeit für eine analoge Anwendung des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG noch dafür, ein Anhörungserfordernis aus dem Rechtsstaatsgebot herzuleiten.
Im Übrigen wäre ein Anhörungsmangel mittlerweile in entsprechender Anwendung des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt (vgl. VGH BW, B.v. 10.12.2001 – 5 S 2274/01 – NVwZ-RR 2002, 818). Die Antragstellerin hat in der Antragsbegründung vom 7.9.2020 nämlich umfangreich zum Sofortvollzug Stellung genommen und der Antragsgegner hat sich damit eingehend in der Antragserwiderung auseinandergesetzt.
c) Die Sofortvollzugsanordnung ist auch ausreichend begründet, § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Die Sofortvollzugsanordnung muss mit einer auf den konkreten Fall abstellenden und nicht lediglich formelhaften schriftlichen Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts versehen werden (vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 25. Aufl. 2019, § 80 Rn. 84). Aus der besonderen Begründung für den Sofortvollzug muss hinreichend deutlich hervorgehen, dass und warum die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2010 – 6 CS 10.2697 – juris Rn. 13). Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. In diesem Sinn ist eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht ausreichend. Allerdings dürfen nicht allzu hohe Anforderungen an die Begründung gestellt werden (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Die Begründung kann durchaus knappgehalten sein, sofern hervorgeht, dass und warum die Verwaltung in concreto dem sofortigen Vollziehbarkeitsinteresse Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt (vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2020, § 80 Rn. 247). Die Begründungspflicht soll u.a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.1999 – 10 CS 99.27 – BayVBl. 1999, S. 465).
Die Ausführungen unter Nr. II. 4) der Gründe des Bescheids vom 11.8.2020 werden diesen Vorgaben gerecht, wenngleich eine ausführlichere Begründung wünschenswert gewesen wäre. Die Sofortvollzugsanordnung enthält eine gesonderte, wenn auch knappe, jedoch zutreffende und nicht bloß leerformelhafte Begründung, aus der die Dringlichkeit der Untersagungen im konkreten Fall hinreichend hervorgeht und die vom Antragsgegner getroffene Interessenabwägung erkennbar wird. Die wesentlichen Aspekte, die den Antragsgegner zur Anordnung des Sofortvollzugs bewogen haben, sind im Bescheid genannt, namentlich die negativen Umweltauswirkungen, die Irreführung der Verbraucher und Industriebetriebe sowie die fehlende Möglichkeit der Rückgängigmachung. Dass diese besonderen, im Einzelfall bestehenden Vollzugsinteressen im Bescheid weitgehend nur stichwortartig aufgeführt sind und erst in der Antragserwiderung vom 17.9.2020 ausführlich dargelegt wurden, ist unschädlich. Die Forderung umfangreicher, detaillierter Ausführungen würde der (technischen) Komplexität des Falls und dem Umstand, dass den Beteiligten die Hintergründe und die Vorgeschichte aufgrund ihrer umfangreichen Korrespondenz bekannt war (vgl. dazu OVG Lüneburg, B.v. 18.10.2004 – 1 ME 205/04 – juris Rn. 25), nicht gerecht. Zudem handelt es sich auch nicht um einen alltäglichen Fall, der in besonderem Maße die Gefahr bieten würde, dass sich die Behörde unter Verwendung standardisierter, formelhafter Erwägungen nicht die Einzelfallaspekte und den Ausnahmecharakter vor Augen führt. Vielmehr lassen die Ausführungen im Bescheid erkennen, dass sich der Antragsgegner auch des Ausnahmecharakters des Sofortvollzugs bewusst war.
Im Übrigen sind hier die Gründe für das Bedürfnis des sofortigen Vollzugs mit denen für den Erlass des Verwaltungsakts weitgehend identisch (vgl unten Nr. 2. c) und 3.), weshalb auch deshalb keine hohen Anforderungen an die Begründung des Sofortvollzugs zu stellen sind (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2010 – 6 CS 10.2697 – juris Rn. 13; OVG Hamburg, B.v. 10.3.2014 – 4 Bs 435/15 – BeckRS 2014, 120679, Rn. 12 m.w.N.).
Soweit die Antragstellerin die inhaltliche Richtigkeit der Begründung des Sofortvollzugs anzweifelt, ist dies hier unbeachtlich. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO betrifft nur die formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung, weshalb es auf die inhaltliche Richtigkeit oder Tragfähigkeit der Begründung insoweit nicht ankommen kann (vgl. Hoppe in Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO, § 80 Rn. 55 m.w.N.).
2. Die im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ergibt, dass die Anfechtungsklage hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 11.8.2020 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die Untersagungsanordnungen sind allem Anschein nach rechtmäßig und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
a) Die Untersagungsanordnungen sind höchstwahrscheinlich hinreichend bestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.
aa) Die Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 11.8.2020 verbieten das Bereitstellen auf dem deutschen Markt, solange der jeweilige Wärmespeicher zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht einen Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad von 38,5% erreicht. Damit fordern sie letztlich das, was bereits Anhang II Nr. 1 Buchst. a) vi) der VO (EU) 2015/1188 bestimmt.
Gesetzeswiderholende Verwaltungsakte, die ein unmittelbar geltendes Verbot für den Einzelfall konkretisieren und es mit Zwangsmitteln vollziehbar machen, wie es vorliegend gegeben ist, werden allgemein für zulässig angesehen (vgl. BayVGH, B.v. 18.12.1998 – 7 ZS 98.1660 – juris Rn. 46 m.w.N.). Hinzu kommt vorliegend die Besonderheit, dass die Antragstellerin den hier relevanten Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad von 38,5% durch ganz unterschiedliche Gestaltungen, insbesondere die Kombination verschiedener Korrekturfaktoroptionen (vgl. Anhang III VO (EU) 2015/1188), erreichen kann. Da es damit nicht nur eine oder einzelne Möglichkeiten gibt, wie die Produkte die Ökodesignvorgaben einhalten können, ist es für den Antragsgegner vornehmlich unter den Gesichtspunkten der Rechtsklarheit und Verhältnismäßigkeit sowie der unternehmerischen Freiheit, zweckmäßig, im Bescheid keine konkrete Maßnahme bzw. Umgestaltung der Produkte zu fordern. Vielmehr kann es – wie geschehen – in einem solchen Fall sinnvoll sein, im Bescheid den gesetzlich vorgegebenen Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad zu wiederholen und u.a. dadurch die gesetzlichen Vorgaben zu konkretisieren, dass die Behörde zum Ausdruck bringt, ob die zwischen den Beteiligten in Streit stehenden, konkreten Maßnahmen bzw. Gestaltungen ausreichen, um den Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad zu erreichen.
Ihre Rechtsgrundlage finden derartige gesetzeskonkretisierende Verwaltungsakte, sofern nicht spezielle Regelungen bestehen, in Generalermächtigungen der jeweiligen Gesetze (ebd.). Als derartige Generalermächtigung ist vorliegend § 7 Abs. 3 Satz 1, 2 EVPG anzusehen, der behördliche Maßnahmen erlaubt, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Ökodesignanforderungen nicht eingehalten werden.
bb) Voraussetzung einer solchen gesetzeskonkretisierenden Regelung ist jedoch, dass ihr Adressat allein aufgrund der abstrakten Regelung des Gesetzes, die in der Verfügung wiederholt wird, erkennen kann, welches Verhalten das Gesetz bzw. die Behörde im Vollzug des Gesetzes von ihm verlangt bzw. nicht ausreichen lässt (vgl. VGH BW, B.v. 5.10.1999 – 10 S 1059/99 – juris Rn. 4). Der Gesetzgeber bedient sich bei der Ausgestaltung von Rechtsnormen und dabei auch von Verbotsnormen vielfach unbestimmter Rechtsbegriffe. Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Ausfüllung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe ist Aufgabe der Rechtsanwendung. Hingegen stellt der Verwaltungsakt als Einzelanordnung die Konkretisierung der sich aus dem Gesetz ergebenden Verpflichtung für den Einzelfall dar. Er muss als Konkretisierung von Rechten, Pflichten und Rechtsfragen im Einzelfall bündig Aufschluss darüber geben, was Rechtens sein soll. Der (gesetzeskonkretisierende) Verwaltungsakt muss einer unterschiedlichen subjektiven Beurteilung durch den Adressaten entzogen sein und darf keinen Raum für die Ausfüllung von Lücken lassen. Eine befehlende Anordnung muss auch in einer Weise vollstreckbar sein, dass über das dem Pflichtigen auferlegte Verhalten keine Zweifel bestehen können (zum Ganzen BayVGH, B.v. 18.12.1998 – 7 ZS 98.1660 – juris Rn. 49).
Die Erkennbarkeit des Inhalts der Anordnung muss sich nicht notwendig aus dem isolierten Wortlaut der Entscheidungssätze ergeben, was in manchen Fällen kaum realisierbar wäre; es muss jedoch möglich sein, den Inhalt hinreichend sicher durch eine Auslegung der Entscheidungssätze im Lichte der Gründe des Verwaltungsakts zu ermitteln (Tiedemann in BeckOK, VwVfG, Stand: 1.7.2020, § 37 Rn. 5 m.w.N.). Die Auslegung eines Verwaltungsakts richtet sich dabei entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln nicht nach den subjektiven Vorstellungen der erlassenden Behörde oder des Adressaten, sondern nach dem erklärten Willen, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (BVerwG, Urt.v. 27. 6. 2007 – 6 C 9/06 – NVwZ 2007, 1324). Demgemäß können neben den Gründen auch solche Umstände zur Auslegung der Regelung des Verwaltungsakts herangezogen werden, die aus seinem gesamten Text zwar nicht hervorgehen, aber den Beteiligten bekannt oder ohne weiteres erkennbar sind. Welche Umstände insoweit in Betracht kommen, kann nur im jeweiligen Einzelfall geklärt werden (Tiedemann in BeckOK, VwVfG, Stand: 1.7.2020, § 37 Rn. 6 m.w.N).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids nach summarischer Prüfung hinreichend bestimmt. Unter Einbeziehung der Gründe des Bescheids und der vorherigen Korrespondenz zwischen den Beteiligten ist zweifelsfrei, dass der Antragsgegner die Heizgeräte nicht nur als unter die VO (EU) 2015/1188 fallend ansieht, sondern auch, welche zwischen den Beteiligten streitige technische Ausstattung er nicht genügen lässt, um 38,5% Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad zu erreichen. Bereits aus den Gründen des Bescheids wird hinreichend klar, dass die Möglichkeit des bloß separaten Erwerbs einer elektronischen Raumtemperaturkontrolle (Wärmeabgabesteuerung) nicht genügt, um einen Korrekturfaktor F(2) nach Anhang III Tabelle 7 der VO (EU) 2015/1188 von 1,5, 2,5 bzw. 3,5% zu erhalten, und so in der Summe die geforderten 38,5% zu erreichen. Dazu heißt es u.a. im Bescheid: „Ohne diese Steuerung werden die Vorgaben nicht eingehalten. Die Steuerung liegt den Produkten nicht bei. Sie muss separat gekauft werden.“ Zudem wird in den Gründen auf die Antworten zu den FAQ 30, 31 der Guidelines Bezug genommen und geschlussfolgert, dass der Korrekturfaktor nur bei „durch im Gerät festverbaute Komponenten oder dem Gerät beigelegte Komponenten“ in Anspruch genommen werden kann. Dieses Auslegungsergebnis wird darüber hinaus durch die vorgerichtliche Korrespondenz untermauert (u.a. BA Seite 443 und Seite 675 zu Frage 2).
Unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Korrespondenz ist auch klar, dass für die Inanspruchnahme eines Korrekturfaktors F(1) nach Anhang III Tabelle 5 VO (EU) 2015/1188 in Höhe von 3,5 bzw. 5,00% die Vorschläge des V. für eine Wärmeaufnahmesteuerung umgesetzt werden müssen. In den Gründen des Bescheids heißt es dazu zwar nur: „Auf Seiten der Wärmeaufnahmesteuerung sollen technische Maßnahmen ergriffen werden, welche ein witterungsgeführtes Zentralsteuerungsgerät gemäß den Anforderungen der VO (EU) 2015/1188 notwendig machen soll.“ Der vorgerichtlichen Korrespondenz ist aber nicht nur zu entnehmen, dass die Antragstellerin die vom V. empfohlenen Maßnahmen bezüglich der Wärmeaufnahmesteuerung selbst nicht anzweifelt (vgl. BA Seite 645 und Seite 663 Frage 1), sondern auch, dass darin auf eine entsprechende Nachfrage am 26.5.2020 (Seite 675) die eindeutige Aussage des Antragsgegners erfolgte: „Zusätzlich zu der unter Punkt 2.1 des Gesprächsprotokolls mit dem V. vom 26.4.2020 beschriebenen technischen Umrüstung wäre den Einzelraumheizgeräten […] der elektronische Raumtemperaturregler […] beizufügen.“ (Unterstreichung durch das Gericht).
b) Die materiellen Voraussetzungen für die Untersagungsanordnungen liegen vor.
Die Anordnungen, das Bereitstellen der Wärmespeicher auf dem Markt zu untersagen, solange sie nicht einen Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad von 38,5% erreichen, beruht auf § 7 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 EVPG. Danach trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie den begründeten Verdacht hat, dass die Anforderungen nach § 4 EVPG nicht erfüllt werden oder sind. Sie ist insbesondere befugt, Maßnahmen anzuordnen, die gewährleisten, dass ein Produkt erst in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen wird, wenn die Anforderungen nach § 4 Abs. 1 EVPG erfüllt sind. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 EVPG darf ein energieverbrauchsrelevantes Produkt nur in den Verkehr gebracht werden, wenn es den in der Durchführungsvorschrift festgelegten Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung (= Ökodesign) und den sonstigen Voraussetzungen für sein Inverkehrbringen und seine Inbetriebnahme entspricht. Durchführungsvorschrift in diesem Sinne für Einzelraumheizgeräte, wie sie hier vorliegen, ist die VO (EU) Nr. 2015/1188, die in Art. 3 in Verbindung mit Anhang II Mindestanforderungen an den Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad von Einzelraumheizgeräten festlegt. Der hier in Rede stehende Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad von 38,5% ergibt sich aus Anhang II Nr. 1 Buchst. a) vi) der VO (EU) 2015/1188, da es sich bei den Baureihen „…“ und „…“ unstrittig um elektrische Speicher-Einzelraumheizgeräte handelt. Sie dürfen daher gemäß Art. 3 Abs. 2 VO (EU) 2015/1188 seit 1.1.2018 nicht mehr in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht werden, wenn sie diesen Nutzungsgrad nicht erreichen. Unter einem Inverkehrbringen ist nach § 2 Abs. 4 EVPG die erstmalige entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung eines energieverbrauchsrelevanten Produkts im Europäischen Wirtschaftsraum zur Verteilung oder zur Verwendung im Europäischen Wirtschaftsraum zu verstehen, wobei die Vertriebsmethode ohne Belang ist. Bereitstellung auf dem Markt ist dabei jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung im Europäischen Wirtschaftsraum im Rahmen einer Geschäftstätigkeit, vgl. § 2 Abs. 17 EVPG.
aa) Die streitgegenständlichen Produkte sind höchstwahrscheinlich keine nachgeschalteten Heizgeräte („Slave-Heater“), dürften daher dem Anwendungsbereich der VO (EU) 2015/1188 unterfallen.
Die VO (EU) 2015/1188 gilt gemäß dessen Art. 1 Buchst. g) nicht für nachgeschaltete Heizgeräte. Ein solches ist nach Art. 2 Nr. 16 VO (EU) 2015/1188 definiert als, ein elektrisches Einzelraumheizgerät, das nicht autonom betrieben werden kann, sondern auf Signale einer externen Master-Steuerung angewiesen ist, die nicht Teil des Produkts ist, sondern mit ihm über eine Steuerleitung, drahtlos, per Powerline Communication oder mittels einer gleichwertigen Technik verbunden ist, um die Wärmeabgabe in den Aufstellungsraum des Produkts zu regulieren. Dass die streitgegenständlichen Produkte nachgeschaltete Heizgeräte sind, war vorgerichtlich stark umstritten, wurde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von der Antragstellerin aber selbst nicht dezidiert behauptet bzw. begründet. Für das Gericht ist auch nichts Stichhaltiges ersichtlich, das für nachgeschaltete Heizgeräte sprechen könnte. Vielmehr erscheint – auch im Lichte von FAQ 15 f. der Guidelines – die diesbezügliche Stellungnahme des V. vom 4.5.2020 eindeutig, wonach es sich nicht um nachgeschaltete Heizgeräte handelt und dem V. auch keine solchen, auf dem deutschen Markt erhältlichen Geräte bekannt seien (BA Seite 641).
bb) Die streitgegenständlichen Geräte erreichen derzeit vermutlich nicht den erforderlichen Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad von 38,5%, halten demnach allem Anschein nach die Anforderungen der VO (EU) 2015/1188 nicht ein.
Die Messung bzw. Berechnung des Raumheizungs-Jahresnutzungsgrads erfolgt nach Anhang III der VO (EU) 2015/1188; die entsprechende Formel findet sich in der dortigen Nr. 5 Buchst. a). Sie setzt sich aus dem „Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad im Betriebszustand“ abzüglich 10% etwaiger Korrekturfaktoren F(4), F(5) und zuzüglich etwaiger Korrekturfaktoren F(1) bis F(3) zusammen. Unstreitig liegt hier der Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad vor Berücksichtigung der Korrekturfaktoren F(1) bis F(3) bei 30%. Umstritten ist nur, inwieweit diese Korrekturfaktoren – insbesondere F(2) – in Anspruch genommen werden können. Selbst wenn die Antragstellerin den Korrekturfaktor F(1) mit 5% (Tab. 5 VO (EU) 2015/1188) und den Korrekturfaktor F(3) mit 1,5% (Tab. 8 VO (EU) 2015/1188) ausschöpfen würde, müsste sie beim Korrekturfaktor F(2) mindestens 2,0% erreichen. Dies ist nur möglich, wenn die Geräte mit einer elektronischen Raumtemperaturkontrolle zumindest mit Tageszeitregulierung ausgestattet würden (vgl. Tab. 7 VO (EU) 2015/1188), welches derzeit nicht der Fall ist.
Die Antragstellerin geht nach Ansicht des Gerichts fehl darin, dass es für die Inanspruchnahme des Korrekturfaktors F(2) insoweit genügt, dass sich ein entsprechendes elektronisches Raumtemperatursteuerungsgerät auf dem Markt befindet und separat erworben werden kann. Vielmehr notwendig ist, dass eine solche Wärmeabgabesteuerung mit dem jeweiligen Wärmespeicher entweder festverbaut ist oder mit ihm zusammen so in den Verkehr gebracht wird, dass es zwingend zusammen erworben werden muss. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Anhang I Nrn. 18 bis 20 der VO (EU) 2015/1188 bestimmen, dass der Begriff „mit elektronischer Raumtemperaturkontrolle“, wie er in Anhang III Tabelle 7 der Verordnung für den Korrekturfaktor F(2) verwendet wird, bedeutet, „dass das Produkt mit einem integrierten oder externen elektronischen Gerät ausgestattet ist, das es dem Produkt ermöglicht, seine Wärmeleistung während eines bestimmten Zeitraums in Abhängigkeit von einer bestimmten erforderlichen Innentemperatur automatisch anzupassen“. Die Worte „ausgestattet ist“ sind dabei im o.g. Sinn zu verstehen, wonach ein separater, optionaler Erwerb der Raumtemperatursteuerung nicht genügt. Dies legt bereits der Wortlaut nahe (englischsprachige Version: „equipped with an electronic device, either integrated or external,“; französischsprachige Version: „est équipé d’un dispositif“), obwohl er nicht völlig eindeutig ist. Demgemäß wurde diese Frage auch in den Guidelines als FAQ 30 aufgegriffen und dort so beantwortet, dass die Steuerung nicht optional sein dürfe; sie müsse mit dem örtlichen Raumheizgerät in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden. In diesem Kontext können die Worte „in Betrieb genommen“ nicht so verstanden werden, dass letztlich doch ein optionaler Bezug eines Steuergerätes genügt, wie die Antragstellerin meint. Dies wird auch an der Antwort auf FAQ 31 der Guidelines deutlich, die zwar nicht dieselbe Frage betrifft, aber insoweit verallgemeinerungsfähig ausführt, dass zur Inanspruchnahme der Korrekturfaktoren F(2) und F(3) das Produkt mit allen Komponenten ausgestattet sein müsse, es demnach nicht ausreiche, die Komponenten nur als separat zu erwerbende und vom Kunden zu installierende Optionen anzubieten. Die Guidelines sind zwar mangels Rechtsnormqualität nicht bindend, aber eine wichtige Auslegungshilfe, welche die Sicht der Kommission wiedergibt, also der Institution, die die VO (EU) 2015/1188 erlassen hat.
Auch § 4 Abs. 1 Nr. 1 EVPG bestätigt das gefundene Auslegungsergebnis. Die Norm bestimmt, dass Produkte nur dann in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie die Ökodesignanforderungen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens erfüllen. Das Herstellen der Konformität eines Produkts zu einem Zeitpunkt nach dem Inverkehrbringen, namentlich erst im Betriebszustand beim Endkunden, wie die Antragstellerin meint, reicht daher nicht aus. Auch aus Anhang III Nr. 5 Buchst. 1) Tir. 1 der VO (EU) 2015/1188, wonach der Raumheizungs-Jahresnutzungsgrad „im Betriebszustand“ maßgeblich ist, kann nichts anderes gefolgert werden. Bereits aus Anhang III Nr. 3 Buchst. a) der VO (EU) 2015/1188 ergibt sich, dass sich der Betriebszustand nicht auf die Korrekturfaktoren bezieht. Zudem kann nach dem Telos nicht der individuelle Betriebszustand bei jedem einzelnen Kunden gemeint sein, sondern nur der eines Mustergerätes. Dieses darf sich eben nicht in einem Wartungsmodus o.ä., sondern muss sich im Betriebszustand befinden.
Das hiesige Auslegungsergebnis ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der VO (EU) 2015/1188 und deren Anhang III. Zwar dürfte es sich, wie die Antragstellerin unbestritten vorträgt, bei 80 bis 90% der Anschaffungen um Ersatz- und Austauschheizgeräte handeln, sodass bei etlichen Haushalten bereits eine Wärmeabgabesteuerung vorhanden ist, welche noch funktionsfähig ist und weitergenutzt werden könnte. Aber aufgrund des langen Lebenszyklus der Heizgeräte, der nach unbestrittener Ansicht des Antragsgegners durchschnittlich 30 Jahre beträgt, ist davon auszugehen, dass es sich beim Gros der vorhandenen Steuerungen um Technik handelt, die nicht den Ökodesignanforderungen entspricht, weil sie deutlich vor deren Inkrafttreten in Verkehr gebracht worden ist, mithin nicht die Erreichung eines entsprechenden Nutzungsgrads gewährleisten kann. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb derartige alte Steuerungen einen Korrekturfaktor von + 1,5 bis 3,5% wert sein sollten. Zudem wäre bei den Haushalten, die keine bzw. eine veraltete Wärmeabgabesteuerung besitzen, durchaus zweifelhaft, ob sie freiwillig eine neue Steuerung erwerben würden, selbst wenn sich diese aufgrund von Energieeinsparungen rentieren würde. Verbraucher wählen nämlich nicht immer freiwillig energiesparende Lösungen, weshalb es u.a. erst der gesetzlichen Marktregulierung durch die Ökodesignanforderungen bedurfte. Dass in (Einzel-)Fällen, in denen eine den Ökodesignanforderungen genügende Wärmeabgabesteuerung bereits vorhanden ist, die mitverkaufte Steuerung unnütz ist, muss angesichts dessen zur Erreichung des Ziels der Ökodesignvorgaben sowie im Hinblick auf den langen Lebenszyklus der Produkte hingenommen werden.
Soweit die Antragstellerin auf die gegenteilige Einschätzung des V. im Protokoll vom 4.5.2020 verweist, ändert das nichts am o.g. Auslegungsergebnis. Bei der Einschätzung des V. handelt es sich nämlich nicht um eine Sach-, sondern eine Rechtsfrage, die vom Gericht abschließend zu beurteilen ist. Im Übrigen enthält das Protokoll diesbezüglich auch keine fachlich fundierten Aussagen, wie es für eine fachtechnische Stellungnahme üblich wäre und auf die im Rahmen der rechtlichen Auslegung aufgebaut werden könnte, sondern nur eine substanzlose Meinungsäußerung.
Auch die „Review study on Local Space Heaters – Final report“ der EU-Kommission vom Mai 2019 (Contract No ENER/C3/SER/FV2017-513/02/FWC 2015-619 LOT2/06/SI2.762890) spricht nicht gegen o.g. Auslegung. Diese in Art. 7 VO (EU) 2015/1188 vorgesehene Evaluation ist kein verbindlicher Rechtstext und zeigt auch nur Optionen für zukünftige Änderungen auf, die bisher nicht umgesetzt worden sind.
cc) Die Untersagungsverfügungen sind höchstwahrscheinlich verhältnismäßig.
Sie bezwecken, das Bereitstellen von nicht ökodesignkonformen Wärmespeichern zu unterbinden. Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sicherzustellen, ist ein legitimer Zweck, der hier konkret der Beseitigung von Handelshemmnissen und dem Umweltschutz dient (vgl. Erwägungsgründe Nr. 13 f. der VO (EU) 2015/1188). Die Anordnungen sind dazu geeignet und erforderlich. Eine andere, ebenso effektive, aber mildere Maßnahme ist nicht ersichtlich. Angesichts der sich über ein Jahr erstreckenden umfangreichen Korrespondenz der Beteiligten und der nahenden Heizperiode waren rechtzeitige und ausreichende einvernehmliche Abhilfemaßnahmen nicht zu erwarten. Die in Streit stehenden Fragen der EU-Kommission vorzulegen und deren Antwort abzuwarten, wäre zwar milder, aber bereits mit Blick auf die Beantwortungsdauer und die nun beginnende Heizperiode nicht ebenso effektiv. Zudem ist der Inhalt der Antwort mit Blick auf die FAQ (s.o.) voraussehbar und ein Vorlageverfahren vor dem Ergreifen von Untersagungsmaßnahmen nicht vorgesehen (vgl. § 8 f. EVPG; Art. 7 RL 2009/125 EG).
Die Untersagungsverfügungen sind allem Anschein nach auch angemessen. Sie stellen einen gerechtfertigten Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 GG bzw. der unternehmerischen Freiheit des Art. 16 der Europäischen Grundrechtecharte (GrCh) dar. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner kein absolutes Verbot des Inverkehrbringens verfügt hat, wie es § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 EVPG vorsieht, sondern nur untersagt hat, die Produkte in einer den Ökodesignanforderungen nicht entsprechenden Ausführung bereitzustellen. Damit kann die Antragstellerin die Produkte weiterhin in Verkehr bringen, muss dafür nur (geringfügige) Modifizierungen vornehmen. Der Eingriff ist daher mit Blick auf die vom Antragsgegner geschätzten und von der Antragstellerin nicht bestrittenen Kosten der Abhilfemaßnahme i.H.v. 30 Euro pro Gerät, der den durch den Verkauf der beiden Wärmespeicher erzielenden Gewinn der Antragstellerin vermutlich nur etwas reduzieren dürfte, gering. Demgegenüber stehen die Beeinträchtigung der mit den Ökodesignanforderungen verfolgten hohen Ziele, insbesondere Umweltschutz und funktionierender Binnenmarkt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Umweltschutz sowohl auf Unionsebene (vgl. Art. 191 Abs. 2 AEUV) wie auch auf Bundesebene (vgl. Art. 20a GG) ein besonderes Gewicht besitzt. Dieser Aspekt wiegt umso schwerer, als die Wärmespeicher einen langen Lebenszyklus haben und so die Umwelt auf Jahrzehnte beeinträchtigen können. Dass die negativen Umweltauswirkungen der Wärmespeicher nicht genau quantifiziert werden können, ändert daran nicht, sondern liegt in der VO (EU) 2015/1188 begründet, die feste Nutzungsgradsteigerungen durch bestimmte Steuerungselemente annimmt, die durch Korrekturfaktoren mit festen Prozentwerten in die Berechnung einfließen. Nachvollziehbar ist, dass der Nutzungsgrad ohne entsprechende (moderne) Steuerungselemente geringer ist und damit Energie verschwendet wird. Vor dem Hintergrund der Europarechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (Art. 23 GG) tritt hinzu, dass hier die staatliche Verpflichtung, für die möglichst effektive Durchsetzung des Unionsrechts (Art. 4 Abs. 3 EUV: „effet utile“) zu sorgen, die Untersagungsanordnungen letztlich erzwingt (vgl. OVG NRW, B.v. 24.2.2012 – 4 B 978/11 – juris Rn. 43). Daran ändert auch Art. 20 der Verordnung (EG) 765/2008 nichts, der die Mitgliedsstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass mit einer ernsten Gefahr verbundene Produkte zurückgerufen, vom Markt genommen bzw. ihre Bereitstellung auf den Markt untersagt wird. Denn aus der Norm kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass in anderen Fällen diese Eingriffsbefugnisse nicht bestünden bzw. davon regelmäßig nicht Gebrauch gemacht werden dürfte.
Die Untersagungsverfügungen stellen auch weder einen übereilten Eingriff in die Warenverkehrs- noch in die Dienstleistungsfreiheit dar, wie die Antragstellerin meint. Die Verfahrensvorschriften sehen kein zeitgleiches Agieren der europäischen Marktüberwachungsbehörden vor. Ein solches wäre auch praktisch kaum umsetzbar. Vielmehr muss gewöhnlich eine Marktüberwachungsbehörde den Anfang machen. Durch die dadurch ausgelösten Melde- und Informationspflichten (hier § 9 Abs. 3 EVPG) wird dann allerdings ein zeitnahes Einschreiten der übrigen Marktüberwachungsbehörden bzw. der EU-Kommission ermöglicht, um etwaige Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen.
c) Die Untersagungsanordnungen sind höchstwahrscheinlich auch ermessensfehlerfrei.
Ob die Behörde eine Maßnahme nach § 7 Abs. 3 EVPG ergreift, steht nicht in ihrem Ermessen. Es handelt sich insoweit um eine gebundene Entscheidung („trifft die erforderlichen Maßnahmen“; vgl. Fischerauer in Theobald/Kühling, Energierecht, Stand: Februar 2020, § 7 EVPG Rn. 11). Nur hinsichtlich des „Wie“ der Maßnahme, nämlich der Frage, was im Einzelfall die erforderliche Maßnahme ist, hat die Behörde Ermessen (ebd.). Dieses Auswahlermessen hat das Gewerbeaufsichtsamt erkannt, wie die Begründung des Verwaltungsakts nahelegt („nach pflichtgemäßen Ermessen“), und in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insbesondere ist keine andere Maßnahme ersichtlich, die milder und ebenso erfolgversprechend ist (s.o.).
3. Die eigene, originäre Abwägungsentscheidung des Gerichts zwischen den Supensivinteressen der Antragstellerin und den Vollzugsinteressen des Antragsgegners geht hier klar zugunsten des Letzteren aus. Da die Untersagungsverfügungen wahrscheinlich rechtmäßig sind (s.o. Nr. 2), überwiegt regelmäßig das Vollzugsinteresse (vgl. OVG NRW, B.v. 13.9.1996 – 11 B 1083/96 – NWVBl 1997, 106). Im vorliegenden Fall bestehen auch keine so gewichtigen Suspensivinteressen der Antragstellerin, die das durch die höchstwahrscheinliche Erfolglosigkeit der Anfechtungsklage in der Hauptsache begründete Vollzugsinteresse übersteigen würden. Vielmehr bestehen erhebliche Vollzugsinteressen, die einen Sofortvollzug vorliegend selbst dann rechtfertigen würden, wenn die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage offen wären.
Es sind keine mit dem Sofortvollzug verbundenen unwiderbringlichen Nachteile für die Antragstellerin ersichtlich. Die Antragstellerin muss den Vertrieb der Wärmespeicher nicht einstellen, sondern es genügt eine Modifizierung der Produkte im Wesentlichen dergestalt, dass ihnen eine firmeneigene Wärmeabgabesteuerung beigelegt wird, die jeweils ca. 30 Euro kostet. Bei einem geschätzten, unwidersprochen gebliebenen Jahresumsatz von ca. 8.000 Geräten, würden sich die Kosten der Maßnahme auf jährlich ca. 250.000 Euro summieren, und den von ihr aus dem Verkauf der Produkte erzielten Gewinn voraussichtlich nur minimieren. Diese vermutlich bloße Gewinnminimierung hat geringes Gewicht, zumal sie durch spätere Schadenersatzleistungen hinreichend kompensiert werden könnte. Ein ideeller Schaden, respektive eine Rufschädigung, im Fall des zu erwartenden fortgesetzten Verkaufs der Wärmespeicher unter Beigabe einer Wärmeabgabesteuerung ist nicht ersichtlich. Auch hat der Sofortvollzug weder eine öffentliche Bekanntmachung der Maßnahme nach § 9 Abs. 1 EVPG noch eine unverzügliche Meldung nach § 8 Abs. 1 EVPG zur Folge, da beides nur für Maßnahmen nach § 7 Abs. 3 Nr. 6, 7 EVPG, nicht jedoch für Maßnahmen nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 EVPG, wie sie vorliegend gegeben sind, vorgesehen ist.
Demgegenüber bestehen gewichtige Interessen des Antragsgegners am Sofortvollzug. Namentlich dienst der Sofortvollzug dazu, den Umweltschutz und einen funktionierenden Binnenmarkt schnellstmöglich zu gewährleisten (s.o.), zumal die Umweltbeeinträchtigungen in Form geringerer Energieeffizienz der zwischenzeitlich in den Verkehr gebrachten Produkte auf Jahrzehnte bestehen würden. Es bestünde insoweit auch die Gefahr, dass Verbraucher und andere Wirtschaftsakteure durch die den Produkten beigefügte, unzutreffende Konformitätserklärung getäuscht würden. Diese Rechtsgutbeeinträchtigungen könnten nach einer rechtskräftigen Abweisung der Anfechtungsklage auch nicht mehr vollständig beseitigt werden. Ein Rückruf der Wärmespeicher bzw. eine Nachsendung der Wärmeabgabesteuerung ist wenig erfolgversprechend, da die Endverbraucher nicht bekannt sind und diese bei funktionstüchtigen, eingebauten Geräten wenig Antrieb haben werden, selbst aktiv zu werden. Zudem können etliche Jahre vergehen, bis die Klage in der Hauptsache rechtskräftig (in letzter Instanz) entschieden ist – dies umso mehr als die Ökodesignanforderungen technisch hochkomplex sind (vgl. BT-Drs. 16/6651, S. 16) und im Hauptsacheverfahren ein Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV an den EuGH nicht auszuschließen ist. Darüber hinaus hat nach dem Grundsatz der Europafreundlichkeit (Art. 23 GG) und der Loyalitätspflicht des Art. 4 Abs. 3 EUV Deutschland die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts im Vollzug sicherzustellen. Dies wird für Ökodesignanforderungen betreffende Verfahren durch die Erwägungsgründe 23, 40 der RL 2009/125 EG unterstrichen, wonach eine „strenge Durchsetzung der Durchführungsmaßnahmen“ erforderlich ist und die Mitgliedsstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Maßnahmen treffen sollen. Ein Vertrieb von jährlich ca. 8.000 Wärmespeichern über mehrere Jahre, die nicht den Ökodesignanforderungen genügen, würde dem nicht gerecht und Wettbewerber dazu animieren, entsprechende Produkte auf den Markt zu bringen bzw. zu halten.
4. Die beiden Hilfsanträge sind unter einer innerprozessualen Bedingung gestellt worden, die jeweils eingetreten ist. Sie haben aber in der Sache keinen Erfolg.
Der auf die Aufhebung der Ziffer 4. des Bescheids vom 11.8.2020 gerichtete Hilfsantrag ist zulässig, jedoch unbegründet, weil die dortige Sofortvollzugsanordnung formell rechtmäßig ist (s.o. Nr. 2). Eine Aufhebung der Sofortvollzugsanordnung kommt nur bei einem behebbaren formellen Mangel in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.1985 – 12 CS 84 A.2718 – NVwZ 1985, 663).
Auch der auf die Gewährung einer Übergangsfrist von wenigstens sechs Wochen zur Umsetzung der Anordnung gerichtete Hilfsantrag hat keinen Erfolg. § 80 Abs. 5 Satz 5 VwGO sieht zwar vor, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung befristet werden kann. Die Norm betrifft aber ersichtlich nur Fälle, in denen einem einstweiligen Rechtsschutzantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zumindest temporär stattzugeben ist (dazu ausführlich mit Nachweisen Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2020, § 80 Rn. 430 ff.). Vorliegend sind die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung jedoch zu keinem Zeitpunkt gegeben (s.o. Nrn. 2, 3). Zudem liefe die Gewährung einer Übergangsfrist faktisch darauf hinaus, die behördliche gesetzte Erfüllungsfrist i.S.d. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG kraft gerichtlicher Anordnung zu unterlaufen, obwohl diese keine Relevanz für den Sofortvollzug, sondern nur für die Zwangsmittelandrohung hat, die nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Rechtsschutzantrags ist (s.o.). Letztlich hat es der Antragsgegner im Rahmen seines – gerichtlich auf Ermessensfehler überprüfbaren – verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Ausübungsermessens in der Hand, ob und ggf. wann er nachgelagerte Vollstreckungsmaßnahmen, wie die Beitreibung des Zwangsgeldes, vornimmt.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Maßgeblich für die Streitwertbestimmung ist nicht der Jahresverlust von geschätzt 1 Mio. Euro, der der Antragstellerin entstehen würde, wenn sie die Wärmespeicher nicht mehr vertreiben könnte. Vielmehr entscheidend sind die ihr entstehenden (deutlich geringeren) Zusatzkosten durch die Beigabe einer Wärmeabgabesteuerung zu jedem Wärmespeicher, die vom Antragsgegner unbestritten mit aufgerundet ca. 250.000 Euro beziffert werden. Weder vorgetragen noch ersichtlich ist, weshalb ein wirtschaftlich denkendes Unternehmen nicht diese ihren Gewinn lediglich reduzierenden Zusatzkosten auf sich nehmen würde, statt den Vertrieb einzustellen und damit auf den gesamten Gewinn zu verzichten, zumal ein etwaiger Imageschaden dabei noch nicht einmal berücksichtigt wäre.


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