Europarecht

Unzulässige Berufung

Aktenzeichen  L 11 AS 842/16

Datum:
13.4.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 109569
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 63 Abs. 2 S. 1, § 64 Abs. 1, § 66, § 151 Abs. 1, § 158 S. 1, 2
ZPO § 174 Abs. 1, § 418

 

Leitsatz

1 Das Empfangsbekenntnis ist eine öffentliche Urkunde und erbringt den vollen Beweis für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der Angaben ist zwar zulässig, dafür genügt aber allein die Möglichkeit der Unrichtigkeit nicht, sondern es muss die Beweiswirkung vollständig entkräftet, jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung somit ausgeschlossen werden.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 9 AS 900/13 2016-06-01 Urt SGBAYREUTH SG Bayreuth

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 01.06.2016 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg. Sie ist nicht zulässig und daher zu verwerfen. Der Senat konnte durch Beschluss entscheiden, weil die Berufung nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist (§ 158 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das Gericht hat den Kläger auch darauf hingewiesen, dass eine derartige Entscheidung durch Beschluss möglich ist. Einwendungen hiergegen hat er nicht vorgebracht.
Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Das Urteil des SG ist dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers – eine ordnungsgemäße Vollmacht hat vorgelegen – am 13.07.2016 – mit zutreffender Rechtsmittelbelehrung(§ 66 SGG) – mit Empfangsbekenntnis (§ 63 Abs. 2 Satz 1 SGG iVm §§ 174 Abs. 1 Zivilprozessordnung -ZPO-) wirksam zugestellt (§ 135 SGG) worden. Zum Nachweis der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis, das an das Gericht zurückzusenden ist (§ 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Dieses liegt in den Akten des SG vor und trägt das Datum 13.07.2016 sowie die Unterschrift des seinerzeitigen Bevollmächtigten. Danach wurde nicht nur die Sitzungsniederschrift sondern auch das Urteil vom 01.06.2016 zugestellt. Das Empfangsbekenntnis ist eine öffentliche Urkunde iSv § 418 ZPO (vgl auch BayLSG, Beschluss vom 17.02.2017 – L 16 AS 859/16 B ER). Eine solche erbringt den vollen Beweis für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der Angaben ist zwar zulässig, dafür genügt aber allein die Möglichkeit der Unrichtigkeit nicht, sondern es muss die Beweiswirkung des § 174 ZPO vollständig entkräftet, jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung somit ausgeschlossen werden (vgl Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 174 Rn 20 mwN). Demnach kann auch die Versicherung des ehemaligen Bevollmächtigten, das Urteil sei seinerzeit nicht mit übersandt worden, nicht überzeugen. Zum einen ist davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt tatsächlich nur den Empfang von ihm tatsächlich zugegangenen Dokumenten bescheinigt, zum anderen ist es nicht auszuschließen, dass das Urteil erst nach Zugang abhanden gekommen ist. Für die Übersendung auch des Urteils an den Bevollmächtigten spricht zudem der Vermerk des SG über den entsprechenden Versand am 12.07.2016. Der Gegenbeweis, dass das Urteil des SG tatsächlich nicht am 13.07.2016 zugestellt worden sein soll, ist damit zur Überzeugung des Senats nicht erbracht worden.
Damit begann die einmonatige Berufungsfrist am 14.07.2016 (§ 64 Abs. 1 SGG) und lief am Dienstag, dem 16.08.2016 – der 13.08.2016 war ein Samstag, der 14.08.2016 ein Sonntag und der 15.08.2016 ein Feiertag – ab (§ 64 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SGG). Die Berufung ist jedoch erst am 01.12.2016 schriftlich beim LSG eingelegt worden und damit verspätet beim LSG eingegangen.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG kommt nicht in Betracht. Wiedereinsetzungsgründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Nach alledem war die Berufung zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.


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