Europarecht

Versagungsgegenklage, Anfechtungsklage, Gesundheitsstudio, Fitnessstudio, Ablehnung eines Antrags auf Gewährung der Dezemberhilfe des Bundes, ständige Verwaltungspraxis, maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt, nachträgliches Vorbringen, Rücknahme des Bescheids über Abschlagszahlung fehlerhaft, schutzwürdiges Vertrauen, fehlende Kausalität der unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben

Aktenzeichen  W 8 K 21.861

Datum:
15.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41789
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayHO Art. 53
GO Art. 3
BayVwVfG Art. 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2
BayVwVfG Art. 48 Abs. 2 S. 1
Richtlinie über die Gewährung von außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 – Dezemberhilfe

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Nrn. 2 bis 4 des Bescheides der IHK für München und Oberbayern vom 28. Juni 2021 werden aufgehoben.     
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. 
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch – wie tenoriert – nur teilweise begründet. Im Übrigen ist der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2021 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Klage ist zulässig.
Die Klage ist hinsichtlich der Rücknahme des Bescheids vom 28. Juni 2021 und der Anordnung der Rückerstattung der erfolgten Abschlagszahlung als Anfechtungsklage und bezüglich der begehrten weitergehenden Förderung als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 1 VwGO) statthaft.
Die Klage wurde auch wirksam erhoben.
Zwar hatte zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 28. Juni 2021 durch die Steuerberatungsgesellschaft die Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3a VwGO, wonach u.a. Steuerberater in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme – wie hier – eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt sind, noch keine Gültigkeit. Allerdings wurde die Klage am 1. Juli 2021 innerhalb der Klagefrist nochmals durch die Klägerin selbst, vertreten durch eine Gesellschafterin, erhoben.
Im Übrigen sind nach § 67 Abs. 3 Satz 2 VwGO Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten bis zu seiner Zurückweisung wirksam, so dass die von einem nicht zugelassenen Prozessbevollmächtigten erhobene Klage wirksam erhoben wurde (Schoch/Schneider, VwGO, 41. EL Juli 2021, § 67 Rn. 62).
2. Die Klage ist nur teilweise begründet.
a) Die Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids der Beklagten vom 28. Juni 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO).
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Gewährung der Dezemberhilfe ist nach der geübten Verwaltungspraxis der Beklagten der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde (VG München, U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 u. 26 ff. m.w.N.).
Dass die Voraussetzungen für die Gewährung der Dezemberhilfe an die Klägerin zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht vorliegen, hat die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Dezemberhilfe von insgesamt 8.098,25 EUR. Ein solcher Anspruch auf Bewilligung folgt nicht aus der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten auf der Basis der Richtlinie. Des Weiteren liegt auch kein atypischer Ausnahmefall vor. Genauso wenig ist der Ausschluss der Klägerin von einer Förderung für ihr Gesundheitsstudio nach der Richtlinie und der Förderpraxis der Beklagten als gleichheitswidriger oder gar willkürlicher Verstoß zu werten.
Denn bei Zuwendungen der vorliegenden Art, wie der Dezemberhilfe, handelt es sich – wie sich bereits aus der Vorbemerkung Satz 1 erster Spiegelstrich der Richtlinie ergibt – um eine Billigkeitsleistung nach Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO), die ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt wird. Eine explizite Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der bei der Beklagten beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen im billigen pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. Vorbemerkung Satz 2 der Richtlinie sowie Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinie. Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. allgemein BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 365 – juris Rn. 26; vgl. auch ausführlich VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris und B.v. 18.6.2020 – W 8 E 20.736 – juris sowie zuletzt zu Corona-Hilfen VG München, U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655; U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris sowie VG Würzburg, U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris; U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1303 – juris; U.v. 17.5.2021 – W 8 K 20.1561 – juris und allgemein U.v. 27.9.2021 – W 8 K 21.550, U.v. 21.6.2021 – W 8 K 20.1302 – juris; U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris).
Ein Anspruch auf Förderung besteht danach im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und dem Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis der Beklagten auch positiv verbeschieden werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 346 – juris Rn. 26).
Dabei dürfen Förderrichtlinien nicht – wie Gesetze oder Verordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dienen nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BayVGH, B.v. 18.5.2020 – 6 ZB 20.438 – juris). Da Richtlinien keine Rechtsnormen sind, unterliegen sie grundsätzlich keiner richterlichen Interpretation. Eine Überprüfung hat sich darauf zu beschränken, ob aufgrund der einschlägigen Förderrichtlinien überhaupt eine Verteilung öffentlicher Mittel vorgenommen werden kann (Vorbehalt des Gesetzes) und bejahendenfalls, ob bei Anwendung der Richtlinien in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt worden ist, der Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.1979 – 3 C 111/79 – BVerwGE 58, 45 – juris Rn. 24).
Bei der rechtlichen Beurteilung staatlicher Fördermaßnahmen, die wie hier nicht auf Rechtsnormen, sondern lediglich auf verwaltungsinternen ermessenslenkenden Vergaberichtlinien beruhen, kommt es damit nicht auf eine objektive Auslegung der Richtlinien an, sondern grundsätzlich nur darauf, wie die ministeriellen Vorgaben von der zuständigen Stelle tatsächlich verstanden und praktiziert worden sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.2015 – 4 BV 15.1830 – juris Rn. 42 m.w.N.). Die Beklagte bestimmt im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens darüber, welche Ausgaben sie dem Fördergegenstand zuordnet und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihr allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Insoweit hat sie auch die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19 m.w.N.), so dass es allein darauf ankommt, wie die administrative Binnenvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt wurde (vgl. auch BayVGH, B.v. 22.5.2020 – 6 ZB 20.216 – juris).
Es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen, seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie seine Förderpraxis nach seinen Vorstellungen entsprechend auszurichten (vgl. etwa NdsOVG, U.v. 5.5.2021 – 10 LB 201/20 – NVwZ-RR 2021, 835 – juris Rn. 30; U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 29 ff.; BayVGH, U.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13; B.v. 3.5.2021 – 6 ZB 21.301 – juris Rn. 8; B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 9; jeweils m.w.N.) und auch – sofern nicht willkürlich – zu ändern (OVG NW, U.v. 22.3.2021 – 14 A 1131/18 – DWW 2021, 186 – juris LS 2 u. Rn. 53).
Die Richtlinien setzen Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Hilfen und regeln insoweit die Ermessenshandhabung. Die Ermessensbindung reicht jedoch nur so weit wie die festgestellte tatsächliche ständige Verwaltungspraxis. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt nur im Rahmen des § 114 VwGO. Das Gericht hat nicht die Befugnis zu einer eigenständigen oder gar erweiternden Auslegung der Richtlinien (vgl. NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris; SaarlOVG, B.v. 28.5.2018 – 2 A 480/17 – NVwZ-RR 2019, 219; OVG SH, U.v. 17.5.2018 – 3 LB 5/15 – juris; OVG NW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris; HessVGH, U.v. 28.6.2012 – 10 A 1481/11 – ZNER 2012, 436).
Ausgangspunkt ist die ständige Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen, sofern sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen zu rechtswidrigen Ergebnissen führt. Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle muss bleiben (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 40 Rn. 42 ff.; Schenke/Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO 27. Aufl. 2021, § 114 Rn. 41 ff.).
Nach den dargelegten Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten Dezemberhilfe. Weder die Richtlinie selbst noch ihre Handhabung in ständiger Verwaltungspraxis der Beklagten sind vorliegend zu beanstanden.
Mangels gesetzlicher Anspruchsgrundlage steht der Klägerin nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung zu. Bei der dem Gericht gemäß § 114 VwGO nur beschränkt möglichen Überprüfung der Ermessensentscheidung ist die ablehnende Entscheidung in Nr. 1 des Bescheids vom 28. Juni 2021 nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insbesondere den Rahmen, der durch die haushaltsrechtliche Zweckbestimmung gezogen wurde, eingehalten und sich bei der Beurteilung des Sachverhalts an allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe gehalten und hat zudem das Willkürverbot nicht verletzt.
Das Vorbringen der Klägerin führt zu keiner anderen Beurteilung.
Nach Nr. 2.1 Satz 1 der Richtlinie setzt die Antragsberechtigung von Unternehmen u.a. voraus, dass ihre wirtschaftliche Tätigkeit vom Lockdown betroffen ist, aa) weil sie aufgrund der auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020, vom 25. November und vom 2. Dezember 2020 erlassenen Bestimmungen auf Landesebene, insbesondere der Schließungsverordnungen, den Geschäftsbetrieb einstellen mussten oder es sich bei ihnen um Beherbergungsbetriebe oder Veranstaltungsstätten handelt (direkt Betroffene), bb) weil sie nachweislich und regelmäßig mindestens 80% ihrer Umsätze mit direkt von den oben genannten Maßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen (indirekt Betroffene) oder cc) weil sie regelmäßig mindestens 80% ihrer Umsätze durch Lieferungen und Leistungen im Auftrag direkt von den Maßnahmen betroffener Unternehmen über Dritte (zum Beispiel Veranstaltungsagenturen) erzielen (über Dritte Betroffene) und sie im Dezember 2020 wegen der Schließungsverordnungen auf der Grundlage der Ziffern 5 bis 8 des Beschlusses der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 28. Oktober 2020 einen Umsatzeinbruch von mehr als 80% gegenüber dem Vergleichsumsatz erleiden.
Die Klägerin hat im Onlineantragsformular angegeben, zur Branche „sonstige selbständige Tätigkeiten im Gesundheitswesen“ zu gehören. Im Rahmen der Kommunikation über das Portal konkretisierte die Steuerberaterin der Klägerin am 2. März 2021, es handle sich um gerätegestützte medizinische Prävention gleich einem Fitnessstudio. Nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt habe ein Patient mit Attest trainieren dürfen.
Eine mit diesen Angaben beschriebene Tätigkeit führt nicht zu einer Anspruchsberechtigung der Klägerin auf Bewilligung einer Dezemberhilfe nach der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten aufgrund der Richtlinie. Es ist unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze nicht zu beanstanden und nachvollziehbar, dass die Beklagte bei der Antragsbearbeitung von einer Sportstätte zur medizinischen Behandlung, die ihre Geschäfte im Dezember weiter habe geöffnet lassen dürfen, ausgegangen ist. Denn die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren trotz der Nachfrage des Sachbearbeiters der IHK nicht angegeben, dass bei ihr ähnlich einem Fitnessstudio grundsätzlich Kunden ohne Attest trainieren. Vielmehr sprechen die verwendeten Begriffe „Gesundheitswesen“, „Patient“ und „medizinische Prävention“ dafür, dass die Klägerin (ausschließlich) Training zu medizinischen oder therapeutischen Behandlung anbietet bzw. im maßgeblichen Zeitraum angeboten hat.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der E-Mail der Steuerberaterin vom 30. April 2021, deren Inhalt nach den Angaben der Beklagtenbevollmächtigten in der Klageerwiderung von der Beklagten mitberücksichtigt wurde, auch wenn im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt wird, die Steuerberaterin der Klägerin habe keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Aufhebung erhoben. Denn zwar wird in der E-Mail zunächst dargelegt, dass die Sportstätte aufgrund des § 10 der 8. BayIfSMV ab 17. November 2021 habe schließen müssen. Anschließend wird jedoch ausgeführt, dass seit 23. November 2020 Menschen mit ärztlichen Attest hätten trainieren dürfen. Diesen Angaben ist insbesondere unter Berücksichtigung des übrigen gesundheitsbezogenen Vorbringens der Klägerin jedoch nicht eindeutig und zwingend zu entnehmen, dass es sich beim Betrieb der Klägerin um eine Sportstätte handelt, bei der die Kunden üblicherweise ohne Attest trainieren, und deren Schwerpunkt nicht bei der medizinischen bzw. therapeutischen Behandlung aufgrund medizinischer Indikation liegt. Dies wurde von der Bevollmächtigten der Klägerin vielmehr erst in der mündlichen Verhandlung dargelegt und klargestellt.
Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist, wie oben bereits ausgeführt, jedoch der Zeitpunkt der Behördenentscheidung, so dass neuer Tatsachenvortrag im Klageverfahren irrelevant ist, weil die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund des Vortrags bis zur behördlichen Entscheidung bewertet werden. Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen (VG München, U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 zur „Corona-Soforthilfe“; VG Würzburg, U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21 zur Corona-Überbrückungshilfe; VG Weimar, U.v. 29.1.2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31; U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26 jeweils zu einer Thüringer Corona-Hilfe). Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, konnte und musste auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigt werden, so dass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden können (VG Weimar, U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 25/26 m.w.N.). Dass die Klägerin im Klageverfahren und in der mündlichen Verhandlung nachträglich klarstellte, dass sie keine Sportstätte zur medizinischen und therapeutischen Behandlung betreibt, sondern ein Gesundheitsstudio vergleichbar einem Fitnessstudio, welches die Gäste mit und ohne ärztliche Verordnung nutzen können und im Vergleichszeitraum grundsätzlich ohne ärztliche Verordnung genutzt haben, ist damit für die Beurteilung der Antragsberechtigung der Klägerin unerheblich.
Damit fehlt es vorliegend an der rechtzeitigen Darlegung und Plausibilisierung der Betroffenheit durch die Klägerin, so dass die Ablehnung der Förderung nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden kann.
Die Beklagte hat ihre Verwaltungspraxis dargelegt und unter Einbeziehung der Richtlinie erläutert. So führte die Beklagte aus, dass nach ihrer ständigen Verwaltungspraxis auf der Basis der Richtlinie eine Förderung von Sportstätten zur medizinischen Behandlung nicht erfolgt ist, da sie nicht von einer Schließungsanordnung betroffen gewesen seien.
Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was für eine andere Verwaltungspraxis sprechen würde. Konkrete Förderfälle im Sinne der Klägerseite wurden nicht benannt und sind auch sonst nicht bekannt. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag der Klägerin eine andere Förderpraxis vorlag. Eine gegenläufige Verwaltungspraxis, bezogen auf Sportstätten zur medizinischen oder therapeutischen Behandlung, die als Vergleichsmaßstab für die Klägerin dienen könnten, ist nicht ersichtlich.
Ausgehend hiervon ist unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren eine Anspruchsberechtigung der Klägerin für die Dezemberhilfe nicht gegeben. Sportstätten zur medizinischen oder therapeutischen Behandlung mussten nicht aufgrund der auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020, vom 25. November und vom 2. Dezember erlassenen Bestimmungen auf Landesebene den Geschäftsbetrieb einstellen, so dass eine direkte Betroffenheit im Sinn der Richtlinie unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis der Beklagten nicht gegeben ist. Auch für eine indirekte Betroffenheit bestehen insoweit keine Anhaltspunkte.
In der vorliegenden Konstellation ist weiter kein atypischer Ausnahmefall gegeben, der eine abweichende Entscheidung der Beklagten hätte gebieten müssen (vgl. OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 516/15 – juris), weil der konkrete Sachverhalt – wie er sich bei Bescheidserlass darstellte – keine außergewöhnlichen Umstände aufweist, die von den Richtlinien und der darauf basierenden Förderpraxis nicht erfasst werden und von solchem Gewicht sind, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten. Ausgehend von den Angaben der Klägerin bis zur behördlichen Entscheidung liegt eine Fallgestaltung vor, die häufiger vorkommt und nach der Ausgestaltung der Förderpraxis und des praktizierten Förderverfahrens gerade nicht gefördert werden soll.
Des Weiteren ist der Ausschluss der Klägerin von der Förderung auch sonst nicht willkürlich, weil sachgerechte und vertretbare Gründe von der Beklagten vorgebracht wurden.
Der Allgemeine Gleichheitssatz gebietet nur, ein gleichheitsgerechtes Verteilungsprogramm zu erstellen und in diesem Rahmen einen Anspruch zu gewähren (NdsOVG, U.v. 3.2.2021 – 10 LC 149/20 – AUR 2021, 98 – juris Rn. 21).
Aufgrund des freiwilligen Charakters einer Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien, ist eine entsprechende Nachprüfung der Förderrichtlinien nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Förderungsempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 119 – juris Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203 – juris Rn. 15). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51 – BVerfGE 1, 14, 52 – juris Rn. 147; B.v. 19.10.1982 – 1 BvL 39,80 – BVerfGE 61, 138, 147 – juris Rn. 34) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – BayVBl 2020, 346 – juris Rn. 32). Geboten ist so eine bayernweit gleichmäßige und willkürfreie Mittelverteilung. Nicht erlaubt ist eine uneinheitliche und damit objektiv willkürliche Förderpraxis (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.727 – DVBl 2013, 1402). Dabei steht dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt mithin nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 33 ff.; VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 19.1546 – juris Rn. 48; VG Köln, G.v. 17.8.2015 – 16 K 6804/14 – juris; jeweils m.w.N.).
Der Zuwendungsgeber hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, soweit er bei der Förderung nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten vorgeht. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen der öffentlichen Hand in weitem Umfang zu Gebote (OVG LSA, B.v. 26.4.2021 – 1 L 49/19 – juris Rn. 10; NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – RdL 2021, 251 – juris Rn. 30 ff. u. 38; OVG NRW, U.v. 22.3.2021 – 14 A 1131/18 – DWW 2021, 186 – juris Rn. 44; m.w.N.).
Der Zuwendungs- und Richtliniengeber ist auch bei Corona-Beihilfen nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken. Denn nur der Zuwendungs- und Richtliniengeber bestimmt im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und damit der Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26).
Dem Richtlinien- bzw. Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und zu handhaben (BayVGH, U.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13). Eine Verletzung des Willkürverbots liegt auch bei den Corona-Beihilfen nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar, sondern vielmehr offenkundig sachwidrig wären (VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 28; vgl. ferner VG Gießen, U.v. 3.8.2021 – 4 K 573/21.GI – juris Rn. 28 ff. sowie BayVGH, B.v. 19.5.2021 – 12 ZB 21.430 – juris Rn. 13).
Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinie bestehen keine triftigen Anhaltspunkte. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in anderen vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist es nicht willkürlich, wenn sich die Beklagte aufgrund des Zuwendungsverfahrens als Massenverfahren unter Berücksichtigung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebots (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) bei auftretenden Unklarheiten oder unplausiblen Angaben eines Antrags zur Plausibilisierung auf eine einmalige Nachfrage auf elektronischem Weg beschränkt (vgl. VG München, U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 28 ff.).
Zudem stellen die Erwägungen, die streitgegenständliche Förderung auf solche Unternehmen zu beschränken, die von den Schließungsanordnungen vom 28. Oktober 2020, vom 25. November 2020 und vom 2. Dezember 2020 betroffen waren und ihre Leistungen nicht mehr anbieten durften, einen vertretbaren sachlichen Grund für die Verneinung der Förderberechtigung der Klägerin dar. Zudem wird die Möglichkeit der indirekten Betroffenheit durch den Richtliniengeber und ihm Rahmen der Verwaltungspraxis berücksichtigt.
Die Klägerin war damit hinsichtlich der streitgegenständlichen Dezemberhilfe zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht antragsberechtigt. Die Ablehnung der Gewährung der Dezemberhilfe in Nr. 1 des Bescheids vom 28. Juni 2021 ist damit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klage ist insoweit unbegründet.
b) Hinsichtlich der Rücknahme des Bescheids über eine Abschlagszahlung vom 8. Januar 2021 und der Anordnung der Rückerstattung der erfolgten Abschlagszahlung gegebenenfalls unter Verzinsung des zu erstattenden Betrags in den Nrn. 2 bis 4 des Bescheids vom 28. Juni 2021 ist die Klage begründet.
Rechtsgrundlage für die Nr. 2 des Bescheids vom 28. Juni 2021 ist Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, weil der Bescheid über die Abschlagszahlung vom 8. Januar 2021 – ausgehend vom Zeitpunkt seines Erlasses – rechtswidrig war.
Nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Sofern es sich – wie hier – um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, ist bei der Rücknahme die Vertrauensschutzregelung des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG zu berücksichtigen. Ein Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Das Vertrauen ist dabei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht und eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Auf Vertrauen kann sich der Betroffene nicht berufen, wenn die Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 BayVwVfG vorliegen, insbesondere wenn der begünstigte Verwaltungsakt durch im Wesentlichen unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt wurde (Nr. 2). In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG).
Die Klägerin durfte hier in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des Verwaltungsaktes, der eine einmalige Geldleistung gewährte, vertrauen (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BayVwVfG).
Ein Vertrauensschutz scheitert vorliegend nicht bereits an den Ausschlusstatbeständen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG.
Ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG ist, dass die Angaben, mit Hilfe derer der Begünstigte den Verwaltungsakt erwirkt hat, objektiv in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; ob der Begünstigte dies wusste, ist unerheblich. Ebenso kommt es nicht auf ein Verschulden an (vgl. J. Müller in BeckOK, VwVfG, 51. Edition Stand: 1.4.2021, § 48 Rn. 78 m.w.N.). In Abgrenzung zu Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG ist zudem keine Täuschungsabsicht erforderlich.
Die Klägerin hat den Verwaltungsakt nicht durch in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt, Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG.
Im Onlineantrag erklärte die Klägerin, direkt betroffen zu sein. Ihre Angaben waren im Verwaltungsverfahren insoweit unrichtig bzw. unvollständig, als sie nachvollziehbar bei der Beklagten zu der Annahme führten, dass die Klägerin eine Sportstätte mit medizinischer oder therapeutischer Behandlung betreibt, ohne darzulegen, dass die Kunden das Gesundheitsstudio vor den pandemiebedingten Maßnahmen ohne ärztliches Attest aufsuchten und das Training mit Attest erst ab 23. November 2020 erfolgt sei. Diese Klarstellung erfolgte erst im Klageverfahren bzw. in der mündlichen Verhandlung durch plausiblen und glaubhaften Vortrag, der auch dadurch gestützt wird, dass nach Angaben der Klägerin nur der Milon-Zirkel, nicht aber der sog. Five-Beweglichkeitszirkel eine medizinische Zulassung hat (vgl. E-Mail vom 16.9.2021) und dass erst nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt seit 23. November 2020 Menschen mit Attest trainieren durften. Dass das von der Klägerin angebotene gerätegestützte Training gerade der gesundheitlichen sportlichen Betätigung zum Zweck der medizinischen Prävention dient, führt nicht dazu, dass der Betrieb automatisch dem Bereich der von den pandemiebedingten Schließungen nicht betroffenen Dienstleistungen im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 der 8. BayIfSMV zuzuordnen ist. Entscheidend ist vielmehr, ob das Training im Vergleichszeitraum auf ärztliche Verordnung hin erfolgt ist (vgl. VG Würzburg, B.v. 24.11.2020 – W 8 E 20.1791 – juris Rn. 34). Dies ist hier nicht der Fall. Damit war die Angabe der Klägerin im Onlineantrag, zur Branche der sonstigen selbständigen Tätigkeiten im Gesundheitswesen zu gehören, infolge Unvollständigkeit fehlerhaft.
Vorliegend ist jedoch ein Erwirken des Bescheids über die Abschlagszahlung durch die fehlerhafte Angabe der Klägerin im Sinne des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG zu verneinen. Ein Erwirken setzt die Kausalität der fehlerhaften Angaben für den Erlass des Verwaltungsakts und dessen Rechtswidrigkeit voraus. Ursächlich sind die unvollständigen bzw. unrichtigen Angaben dabei nur, wenn anzunehmen ist, dass die Behörde bei vollständiger bzw. richtiger Angabe den Fehler nicht gemacht und den Verwaltungsakt nicht mit der erlassenen oder nur mit einer ungünstigeren Regelung erlassen hätte (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 48 Rn. 117; Schoch in Schoch/Schneider, VwVfG, Werkstand: Grundwerk Juli 2020, § 48 Rn. 172; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 48 Rn. 154; Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Lfg. 116 1.12.2017, Art. 48 BaVwVfG, Erl. 5.2.3.2.).
Im konkreten Fall ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte nicht auch bei richtiger bzw. vollständiger Angabe den Bescheid über die Abschlagszahlung erlassen hätte. Das Gesundheitsstudio der Klägerin durfte aufgrund der auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober, vom 25. November und vom 2. Dezember 2020 erlassenen Bestimmung des § 10 Abs. 4 der 8. BayIfSMV wie auch ein sonstiges Fitnessstudio nicht betrieben werden, so dass bei rechtzeitigem vollständigen Vorbringen objektiv eine Antragsberechtigung der Klägerin infolge direkter Betroffenheit gegeben gewesen wäre. Im für die Beurteilung nach Nr. 3.3 der Richtlinie maßgeblichen Vergleichszeitraum 2019 hat die Klägerin ihren Umsatz vollständig mit einem einem Fitnessstudio vergleichbaren und von den Schließungsanordnungen betroffenen Gesundheitsstudio erzielt. Selbst bei Annahme eines Mischbetriebs infolge der nachherigen Eröffnung der Möglichkeit des Trainings unter Vorlage eines ärztlichen Attests ab 23. November 2020 wäre die Klägerin bei rechtzeitigem Vorbringen antragsberechtigt gewesen, da sich ihr Umsatz im Jahr 2019 zu mindestens 80% dem nun untersagten Betrieb einer Sportstätte, deren Besuch nicht auf ärztliche Verordnung hin erfolgte, zuordnen ließ. Die fehlerhafte Angabe der Klägerin ist damit nicht kausal für den Erlass des Bescheids über die Abschlagszahlung.
Auch eine Kenntnis der Rechtswidrigkeit bzw. fahrlässige Unkenntnis nach Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG ist hier folglich zu verneinen.
Die Rücknahmeentscheidung ist vorliegend fehlerhaft. Die Klägerin hat als Inhaberin einer einem Fitnessstudio vergleichbaren von den Schließungsanordnungen erfassten Einrichtung in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des zurückgenommenen Verwaltungsakts vertraut, so dass der Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf. Der Prüfungsvorbehalt schließt den Vertrauensschutz nicht aus. Das behördliche Rücknahmeermessen besteht insoweit nicht mehr (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 48 Rn. 95 u. 127a). Unabhängig davon, ob die Klägerin die gewährten Leistungen im Sinne des Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG bereits verbraucht hat, überwiegt hier bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an der Rücknahme, welches insbesondere in dem allgemeinen fiskalischen Interesse an der Vermeidung nicht gerechtfertigter öffentlicher Ausgaben zu sehen ist, mit dem Interesse der Klägerin an der Aufrechterhaltung des Bescheids vom 8. Januar 2021 im konkreten Einzelfall das Interesse der Klägerin. Zu berücksichtigen ist hier, dass objektiv im Zeitpunkt der Behördenentscheidung tatsächlich eine Antragsberechtigung der Klägerin zu bejahen war, weil der Betrieb ihres Studios in der Form wie im Vergleichszeitraum untersagt war. Die Angabe der Klägerin im Onlineantrag, direkt betroffen zu sein, war somit richtig. Diese Angabe war laut der Begründung der Rücknahme des Bescheids über die Abschlagszahlung vom 8. Januar 2021 durch Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids der Grund für den Erlass des Bescheids über die Abschlagszahlung und die Auszahlung. Damit war der Bescheid über die Abschlagszahlung letztlich berechtigt und die Abschlagszahlung ist nicht als ungerechtfertigte öffentliche Ausgabe zu sehen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Klägerin bereits vor der Behördenentscheidung mit E-Mail vom 30. April 2021 darauf hinweisen ließ, dass sie aufgrund des § 10 der 8. BayIfSMV gezwungen gewesen sei, ab 17. November 2021 ihre Sportstätte zu schließen, der Schwerpunkt ihres weiteren Vorbringens jedoch den gesundheitlichen Bereich zur medizinischen bzw. therapeutischen Behandlung betraf. Eine etwaige weitere Aufklärung bzw. Sachverhaltsermittlung ist – in nicht zu beanstandender Weise, wie oben ausgeführt – im Massenverfahren unterblieben. Unter Berücksichtigung der Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls tritt daher das öffentliche Interesse an der Rücknahme des Bescheids über die Abschlagszahlung ausnahmsweise hinter dem Interesse der Klägerin an dessen Aufrechterhaltung zurück, weil der haushaltsrechtliche Aspekt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei objektiv vorliegender Betroffenheit von den Schließungsanordnungen nicht erheblich ins Gewicht fällt.
Die Rücknahme des Bescheids vom 8. Januar 2021 in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids war damit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Entsprechendes gilt für die Anordnung der Erstattung des Betrags von 4.049,13 EUR und der Verzinsung bei Nichteinhaltung der Zahlungsfrist in den Nrn. 3 und 4 des Bescheids vom 28. Juni 2021, da diese eine rechtmäßige Rücknahme voraussetzen.
3. Nach alledem war der Klage teilweise stattzugeben. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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