Europarecht

Widerruf Beauftragung, Corona-Teststelle, Hygienemängel, Mangelhafte Testung

Aktenzeichen  W 8 S 22.200

Datum:
28.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4112
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 49
TestV § 6 Abs. 2
TestVO § 1 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Aufhebung ihrer Beauftragung als Corona-Teststelle gem. § 6 Abs. 2 TestV.
Der Antragstellerin wurde am … Dezember 2021 die Beauftragung zum Betrieb der Corona-Teststelle durch das Landratsamt W. (Gesundheitsamt) erteilt. Am 26. Januar 2022 kontrollierte das Gesundheitsamt W. das Testzentrum der Antragstellerin unangemeldet und schloss es aufgrund festgestellter Mängel vorübergehend. Mit E-Mail vom gleichen Tag teilte es der Antragstellerin die Mängel mit. So habe die einzig anwesende Mitarbeiterin D. S. zwischen den einzelnen Arbeitsschritten der Testung lediglich vor der Abstrichentnahme eine Händedesinfektion durchgeführt und hierbei nicht die Einwirkzeit des Desinfektionsmittels beachtet. Durch eine unzureichende Händedesinfektion könne eine Kontamination der Proben oder der Probanden nicht ausgeschlossen werden. Weiterhin sei die Abstrichentnahme durch den SAFECARE One Step Rapid Test per Rachen- bzw. vorderen Nasenabstrich erfolgt, obwohl dieser Test nicht für einen Rachenabstrich zugelassen sei. Weiterhin sei ein Kind bei einer Testung per Lolli-Test angewiesen worden den Abstrichtupfer nur 20 Sekunden zu lutschen, obwohl der Hersteller eine „Lutschzeit“ von 40 Sekunden angebe. Dies stelle einen medizinproduktrechtlichen Verstoß dar und könne zu einem falschen Testergebnis führen. Die verwendeten Desinfektionstücher zur Flächendesinfektion seien nicht mindestens „begrenzt viruzid“ gewesen und seien daher nicht für den Einsatz in der Teststelle geeignet gewesen. Weiterhin sei von einer Seite kein vollständiger Sichtschutz auf die Abstrichentnahme gewährleistet gewesen, im Testraum seien Stoffvorhänge und stoffbezogene Sitzkissen vorhanden gewesen, im Umkleideraum seien angebrochene Getränkeflaschen gestanden, welche in einer separaten, verschließbaren Aufbewahrungsmöglichkeit gelagert werden sollten. Damit der Testbetrieb fortgeführt werden könne, müsse der Einsatz mindestens begrenzt viruzider Flächendesinfektionswischtücher veranlasst werden. Die Mitarbeiterin D. S. dürfe erst wieder eingesetzt werden, wenn sie an der erforderlichen Nachschulung teilgenommen habe und das Beherrschen der vermittelten Kenntnisse nachgewiesen habe. Darüber hinaus forderte das Gesundheitsamt die Antragstellerin auf, die weiteren Mängel bis spätestens 28. Januar 2022 12:00 Uhr zu beheben. Für den Fall, dass dies bis dahin nicht geschehen sei, behalte es sich den Widerruf der Beauftragung vor.
Mit E-Mail vom 27. Januar 2022 teilte die Antragstellerin mit, die Mängel seien behoben worden, die Mitarbeiterin sei durch den Vertreter der Antragstellerin ausführlich geschult worden und in Zukunft würden nur noch VAH gelistete Desinfektionstücher verwendet werden. Der Betrieb sei nach Behebung der Mängel wiederaufgenommen worden.
Bei einer unangemeldeten Nachkontrolle am 3. Februar 2022 stellte das Gesundheitsamt abermals mehrere Mängel fest. So habe die Mitarbeiterin N. S. der Antragstellerin bei der Testung zwischen den einzelnen Arbeitsschritten lediglich vor der Abstrichentnahme eine Händedesinfektion durchgeführt und hierbei die Einwirkzeit des Desinfektionsmittels nicht beachtet. Dieser Mangel sei bereits bei der Erstkontrolle festgestellt worden. Bei der Identitätskontrolle sei zwar ein Ausweis verlangt worden, die Personaldaten jedoch nicht mit den im System hinterlegten Daten abgeglichen worden. Weiterhin sei vor der oralen Abstrichnahme nicht erfragt worden, ob in der vorausgegangenen halben Stunde gegessen oder getrunken worden sei. Nachdem die Testperson aus eigener Veranlassung angegeben habe, einen Kaugummi im Mund zu haben und diesen entsorgen zu wollen, habe die Mitarbeiterin ihr den geöffneten Mülleimer, der für die Entsorgung kontaminierten Mülls vorgesehen war, an das Fenster der Teststelle gereicht und die Testperson aufgefordert diesen in ihn zu werfen. Anschließend sei ohne ausreichende Handdesinfektion der Abstrich vorbereitet worden. Auf Nachfrage gab die Mitarbeiterin an, nicht zu wissen, dass durch das Kauen von Kaugummi vor der oralen Abstrichentnahme das Testergebnis verfälscht werden könne, obwohl dies in den in der Teststelle aufgehängten Betriebsanweisungen ausdrücklich erwähnt sei. Weiterhin sei die oropharyngeale Abstrichentnahme nicht fachgerecht durchgeführt worden. Die Testperson sei aufgefordert worden, während der Testentnahme zu schlucken. Dies habe dazu geführt, dass das Teststäbchen Zunge und Mundwand berührt habe, was zu einem falschen Testergebnis führen könne. Die Mitarbeiterin habe weiterhin zwischen Abstrichentnahme und Auswertung des Tests mit ihrer Hand die Containertür geöffnet, um mit einer (männlichen) Person zu sprechen, und habe weder vor noch nach Öffnen der Tür eine Händedesinfektion durchgeführt. Der Testperson sei neben einem nasalen und oralen Abstrich auch ein sogenannter Spucktest angeboten worden, in den die Mitarbeiterin N.S. nach eigenen Angaben nicht eingewiesen gewesen sei. Darüber hinaus habe die Mitarbeiterin der Antragstellerin keine korrekte Auskunft darüber erteilen können, welche Vorgaben gälten, wenn ein Proband ein positives Schnelltestergebnis erhalten würde. Der Proband solle auf eine Nachricht des Gesundheitsamtes warten, da sie das weitere Vorgehen nicht kenne. Ferner habe Frau N. S. während des Gesprächs mit den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes ihre private Jacke über ihrer persönlichen Schutzausrüstung (PSA) getragen, die zuvor bei den Testungen verwendet worden sei. Nach Ende der Kontrolle habe Frau N. S. die PSA ausgezogen, ohne dabei Handschuhe zu tragen. Auch sei weiterhin, trotz Aufforderung der Behebung unter Fristsetzung bis zum 28. Januar 2022, kein vollständiger Sichtschutz auf die Abstrichentnahme gewährt gewesen. Weiter seien die verwendeten Desinfektionsmittel nicht vorschriftsmäßig mit Anbruchs- oder Verfallsdatum gekennzeichnet gewesen und es seien nicht als viruzid begrenzende zugelassene Desinfektionstücher verwendet worden.
Aufgrund dieser Feststellungen teilte das Landratsamt W. der Antragstellerin am 3. Februar 2022 mündlich mit, dass es die Beauftragung mit sofortiger Wirkung aufhebe und das Testzentrum sofort geschlossen werden müsse. Dies bestätigte es der Antragstellerin unter Aufführung der festgestellten Mängel mit E-Mail vom 4. Februar 2022 und stützte die Aufhebung der Beauftragung auf § 6 Abs. 2 TestV. Bei den festgestellten Mängeln handle es sich um erhebliche Mängel, bei denen grundlegende infektionsschutzrechtliche und arbeitsschutzrechtliche Anforderungen nicht eingehalten worden seien. Auch sei die Antragstellerin den am 26. Januar 2022 geforderten Nachbesserungen nicht umfänglich nachgekommen. Da eine ordnungsgemäße Erbringung der Leistung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 TestV nicht gewährleistet könne, seien die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TestV nachträglich entfallen.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2022, der Antragstellerin zugestellt am 15. Februar 2022, hat das Landratsamt W. die Beauftragung für die AntigenTeststelle in der …, … als weiterer Leistungsstellenbetreiber nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV vom 8. Dezember 2021 mit sofortiger Wirkung widerrufen (1.) und die sofortige Vollziehung des Bescheids gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet (2.). Zur Begründung wird im Wesentlichen der Inhalt der E-Mails vom 26. Januar 2022 und 4. Februar 2022 wiederholt und weitergehend ausgeführt, Rechtsgrundlage des Widerrufs der Beauftragung sei § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV i.V.m. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2, 3 BayVwVfG. Ein Widerruf sei vorliegend sowohl nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV durch Rechtsvorschrift als auch in der Beauftragung selbst unter Ziffer 3 vorbehalten. Weiterhin seien die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 nachträglich entfallen, da sowohl infektionsschutzrechtliche als auch arbeitsschutzrechtliche Anforderungen nicht eingehalten worden seien und die Antragstellerin den geforderten Nachbesserungen nicht vollumfänglich nachgekommen sei. Ferner sei es durch die festgestellten Mängel bei der Testdurchführung möglich, dass Personen mit einem vermeintlich negativen Testergebnis tatsächlich covid-positiv und damit ansteckend seien. Hiervon gingen erhebliche Gefahren für die Allgemeinheit aus. Durch die Nichteinhaltung arbeitsschutzrechtlicher Anforderungen seien auch die eigenen MitarbeiterInnen gefährdet worden. Durch die Nichtbeachtung grundlegender Hygienestandards könne es zum einen zur Kontamination der eigenen Person als auch von Proben anderer Probanden kommen, was wiederum zu falschen Testergebnissen führen könnte. Aufgrund der Schwere der Verstöße könne nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Antragstellerin in Zukunft ein ordnungsgemäßer Testbetrieb hergestellt werden würde. Schon allein die Mängel in der Anwendung der Tests seien ausreichend für den Widerruf der Beauftragung. Ein milderes Mittel als der Widerruf der Beauftragung sei nicht ersichtlich, da es sich vorliegend um schwere Mängel handle, die den elementaren Betrieb der Teststelle betreffen würden. Insbesondere käme keine weitere Fristsetzung zur Behebung der Mängel in Betracht, da selbst die nachträgliche Behebung der Mängel nichts an der festgestellten fehlenden Tauglichkeit einer Teststelle ändern könne. Von einer vorherigen Stellungnahme sei aufgrund von Gefahr in Verzug abgesehen worden.
Weiterhin sei die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO geboten, da das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse der Antragstellerin übersteige. Vorliegend würden im Falle einer aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen den Widerruf bedeutende Rechtsgüter gefährdet. Der Kampf gegen die Pandemie und insbesondere die Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems könne nur durch eine mangelfreie Umsetzung einer Test-Strategie erfolgreich sein. Denn eine mangelhafte Durchführung von Tests würde dazu führen, dass Personen mit einem Erregernachweis des SARS-CoV-2-Virus und damit potentiell Infektiöse, nicht herausgefiltert werden würden. Dies stelle eine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Allgemeinheit dar. Es sei ihr bewusst, dass die Intensität des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung an Gewicht zulege, allerdings gebiete der Übertragungsweg in Form von Infektionsketten mit exponentieller Entwicklung der Fallzahlen ein sofortiges Handeln.
2. Am 10. Februar 2022 ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 22.199 Klage gegen die Aufhebung ihrer Beauftragung erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 TestV seien nicht nachträglich entfallen. Sie lägen vielmehr weiterhin vor. Die Vorwürfe des Landratsamtes seien unrichtig. So betrage die Einwirkzeit des genutzten Desinfektionsmittels lediglich 30 und nicht wie von der Beklagten behauptet 40 Sekunden. Die Einwirkzeit habe die Mitarbeiterin eingehalten. Da die Antragstellerin mit Tablets arbeite, genüge ein kurzer Blick auf die hinterlegten Daten, um diese mit denen des vorgelegten Ausweises abzugleichen. Weiter wisse die Mitarbeiterin der Antragstellerin um das Erfordernis des Nahrungs- und Flüssigkeitsverzichts von mindestens 30 Minuten vor der Testdurchführung. Sie habe das Kauen eines Kaugummis lediglich nicht hierunter eingeordnet. Die Mitarbeiterin habe die Testperson während der Testung zum Schlucken aufgefordert, da sich deren Zunge vor dem Rachen befunden habe und daher ein Rachenabstrich nicht habe durchgeführt werden können. Durch den Schluckreiz sei der Rachen freigelegt worden und der Test habe durchgeführt werden können. Die Mitarbeiterin habe die Containertür geöffnet, als das Gesundheitsamt hinzugetreten sei. Es sei ihr daher nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, sich vorschriftsgemäß zu verhalten. Ferner sei im Anschluss niemand mehr getestet worden. Weiterhin habe die Mitarbeiterin keine Durchführung eines Spucktests angeboten. Diese seien an diesem Tag erstmals geliefert worden. Die Mitarbeiterin habe lediglich die Anweisung gehabt, den Test zu bewerben. Weiterhin habe die Mitarbeiterin in Bezug auf das weitere Vorgehen bei einem positiven Testergebnis keine unrichtige Auskunft erteilt. Es sei zutreffend, dass das Gesundheitsamt in diesem Fall Kontakt mit dem Getesteten aufnehme. Der darüber hinausgehende Anspruch auf einen PCR-Test sei dann der Befundmitteilung zu entnehmen. Ihre Jacke habe die Mitarbeiterin angezogen, um kurz vor den Container zu treten. Zu diesem Zeitpunkt habe sich keine andere Person auf dem Testgelände befunden. Das Gesundheitsamt habe dann das Testzentrum betreten. Aufgrund der unmittelbar beginnenden Befragung habe die Mitarbeiterin keine Möglichkeit gehabt die Kleidung zu wechseln. Die Antragstellerin sei der Aufforderung, einen Sichtschutz zu errichten, nachgekommen. Es sei ihr aufgegeben gewesen, einen solchen zur Straße hin zu errichten. Die Desinfektionsmittel seien ungeöffnet gewesen und entsprechend nicht mit Anbruchsdatum zu versehen gewesen. Die Voraussetzungen für die Rücknahme lägen daher nicht vor. Selbst wenn sie jedoch vorlägen, entspräche der streitgegenständliche Eingriff in Art. 12 GG nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit seien nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohles dienten und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar träfen, also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten. Dies sei vorliegend nicht gegeben. Zwar stelle die Gewährleistung ordnungsgemäßer Testverfahren zur Identifikation von SARS-CoV-2-Erkrankter einen legitimen Zweck dar, und auch die Aufhebung der Berechtigung nicht ordnungsgemäße Leistung erbringender Teststellen sei ein legitimes Mittel, allerdings sei die Aufhebung der Beauftragung zur Erreichung des Zweckes nicht erforderlich, da mildere Mittel in Betracht kämen. Denkbar sei beispielsweise die Erteilung von Auflagen wie der Nachweis einer Nachschulung der Mitarbeiterin oder der Einsatz anderer Mitarbeiter, insbesondere da die Mehrzahl der bestrittenen Verstöße auf die Person der Mitarbeiterin zurückzuführen seien. Die Aufhebung sei darüber hinaus auch ermessensfehlerhaft. Die Behörde habe verkannt, dass es sich bei der maßgeblichen Vorschrift um eine Ermessensvorschrift handle. Es sei nicht zu erkennen, dass ein Abwägungsprozess und mithin eine Ermessensausübung stattgefunden habe. Die Behörde habe ausschließlich die für eine Aufhebung sprechenden Gesichtspunkte aufgelistet ohne zu erkennen, dass auch erhebliche Gesichtspunkte zu Gunsten der Antragstellerin bestünden. Ferner verkenne die Behörde, dass es sich bei den behaupteten Verstößen nicht pauschal um erheblich Mängel handle, sondern, hätten sie vorgelegen, differenziert hätte werden müssen. Die aufschiebende Wirkung der Klage sei anzuordnen, da die Klage der Antragstellerin erfolgreich sein werde, da sich die getroffene Regelung nach summarischer Prüfung als rechtswidrig darstellen werde.
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2022 ließ die Antragstellerin weiter ausführen, das Landratsamt W. habe den Bescheid vom 10. Februar 2022 nach Erhebung der Klage erlassen. Sie ließ daher im Klageverfahren W 8 K 22.199 beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2022 aufzuheben und vorliegend, dahingehend die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
Hinsichtlich der nun weitergehend aufgeführten Mängel, welche bei der Kontrolle am 26. Januar 2022 festgestellt worden seien, sei anzumerken, dass in den Großteil der Testzenten meist nur ein Mitarbeiter arbeite. Dass die Mitarbeiterin das Desinfektionsmittel nur 25 statt 30 Sekunden habe einwirken lassen, ein massiver oder gravierender Mangel sei, der den Widerruf einer Beauftragung nach sich ziehen könne, sei zweifelhaft. Die verwendeten Schnelltests seien auch für den Rachenbereich zugelassen. Die vorgebrachten Zeitangaben in Bezug auf die Testung mit Lolli-Tests seien in Anbetracht der Situation zweifelhaft. Weiterhin sei der Blickschutz wie vom Landratsamt gewünscht erweitert worden. Würde der Ausgang noch weiter verkleinert, könnten Rollstuhlfahrer den Testbereich nicht mehr verlassen. Die beanstandeten Vorhänge seien nach der Beanstandung bei der Erstkontrolle entfernt worden. Die Trinkflaschen seien mit einem Verschluss gesichert gewesen. Nach der Beanstandung bei der Erstkontrolle sei ein Behälter gekauft worden, in dem nun die Lebensmittel der Mitarbeiter gelagert würden. Weiterhin seien die vorhandenen Desinfektionstücher viruzid begrenzt wirksam gewesen.
Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2022 beantragte der Antragsgegner,
der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen der Inhalt des Bescheids vom 10. Februar wiederholt und weitergehend ausgeführt, dass keine milderen Mittel wie die Nachschulung der Mitarbeiter oder Einsatz anderer Mitarbeiter zur Erreichung des Zwecks, die Gewährleistung ordnungsgemäßer Testverfahren zur Identifikation von an Sars-CoV-2 symptomhaft oder symptomfrei Erkrankter zur effektiven Bekämpfung der Pandemie ersichtlich seien. Der Antragstellerin sei am 26. Januar 2022 bereits die Auflage der Nachschulung ihrer Mitarbeiterinnen erteilt worden, deren Erledigung sie am 27. Januar 2022 angezeigt habe. Bei der Kontrolle am 3. Februar 2022 sei darüber hinaus deutlich geworden, dass es sich nicht nur um einen Schulungsmangel handle, sondern ein Organisationsverschulden der Antragstellerin vorliege. Die von der Antragstellerin vorgebrachte Schulung bringe den MitarbeiterInnen die Grundlagen bei, die für die Testdurchführung erforderlich seien. Die Antragstellerin sei hingegen dafür verantwortlich, dass ihre MitarbeiterInnen in die von ihr zur Verfügung gestellten Tests ordnungsgemäß eingeführt wurden. Es obliege nicht den MitarbeiterInnen sich den Umgang mit den vorliegenden Tests selbst beizubringen. Eine erneute Auflage der Schulung der MitarbeiterInnen stelle daher kein milderes Mittel dar, da es das Organisationsverschulden nicht beseitige. Auch eine Auflage, andere MitarbeiterInnen einzusetzen, stelle kein milderes Mittel dar. Dies sei nicht gleich geeignet, da es der organisatorischen Verantwortungslosigkeit Vorschub leisten würde. Es obliege der Verantwortlichkeit der Antragstellerin den Teststellenbetrieb mit geeignetem Personal zu betreiben. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, nicht geeignetes Personal herauszufiltern, und würde auch die Befugnisse der Behörde übersteigen. Sie kontrolliere, inwieweit der ordnungsgemäße Betrieb sichergestellt sei. Es liege auch kein Ermessensnichtgebrauch vor. Den E-Mails vom 26. Januar 2022 und 3. Februar 2022 als auch dem Bescheid vom 10. Februar 2022 und der Klageerwiderung könnten entnommen werden, dass die Behörde Ermessenserwägungen angestellt habe und daher ihr Ermessen ausgeübt habe.
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2022 brachte die Antragsgegnerin weiter vor, dass laut technischem Datenblatt des verwendeten Händedesinfektionsmittels dieses, nachdem 3 ml in den Händen verrieben wurden, mindestens 30 Sekunden einwirken müsse. Der am 26. Januar 2022 eingesetzte Antigen-Schnelltest sei laut Herstellerangaben für den nasopharyngeal oder vorderen Nasenabstrich vorgesehen. Nasopharyngeal bedeute Nasen-Rachen-Raum und daher nicht Rachenraum. Bei der Nachkontrolle sei der verwendete Test zwar auch für eine Testung durch Rachenabstrich zugelassen gewesen, der Abstrich sei jedoch fehlerhaft durchgeführt worden. Der Sichtschutz sei bei der Zweitkontrolle nicht gewährleistet gewesen. Der auf den vorgelegten Lichtbildern erkennbare bläuliche Sichtschutz sei zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden gewesen. Grundlage für die Auswahl geeigneter Desinfektionsmittel für die routinemäßige und phrophylaktische Desinfektion zur Verhütung von Infektionen in Bereichen, in denen Infektionen verhindert werden sollen, sei die VAHListe. „…“ sei ein normales Mittel für Zuhause, das nach Herstellerangaben für die Anwendung „im Haushalt“ und „für Flächen mit Lebensmittelkontakt“ zugelassen sei. Es sei nicht für die Desinfektion im Teststellenbetrieb geeignet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Das Rechtsschutzbegehren der anwaltlich vertretenen Antragstellerin ist gem. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Widerruf der Beauftragung der Antragstellerin als Corona-Teststelle in Gestalt des Bescheids vom 10. Februar 2022 auszulegen, da lediglich ein einmaliger Widerruf der Beauftragung vorliegt, der seine endgültige Form in dem schriftlichen Bescheid vom 10. Februar 2022 gefunden hat.
Statthaft ist ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Alt. 2 VwGO. Die von der Antragstellerin am 10. Februar 2022 im Verfahren W 8 K 22.199 erhobene Klage hat aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Beauftragung als Corona-Teststelle durch den Bescheid vom 10. Februar 2022 wegen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung.
Der Antrag ist unbegründet, da der Widerruf bei der im vorliegenden Verfahren allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Das Gericht verweist insoweit zunächst auf die bei überschlägiger Prüfung zutreffende Begründung des Bescheids vom 10. Februar 2022 (§ 117 Abs. 5 VwGO analog) und sieht von einer nochmaligen Darstellung ab. Darüber hinaus fällt auch eine reine Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus, da das öffentliche Interesse am Vollzug des Bescheides ihr privates Interesse an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt.
Ergänzend ist im Einzelnen auszuführen:
Nach § 80 Abs. 5 Alt. 2 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist gleichwohl eine auf den konkreten Einzelfall abstellende, nicht lediglich formelhafte Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 80 Rn. 85 m.w.N.).
Gemessen hieran hat der Antrag keinen Erfolg.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist im vorliegenden Fall im ausreichenden Maße schriftlich begründet worden. Maßgebend ist, dass der Antragsgegner mit seiner Begründung in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Anordnung des Sofortvollzugs wegen der besonderen Situation im Einzelfall für unverzichtbar hält. Ausreichend ist jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalles eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Je nach Fallgestaltung können die Gründe für die sofortige Vollziehung auch ganz oder teilweise mit den Gründen für den Erlass des Verwaltungsaktes identisch sein. Der Antragsgegner hat im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, dass es im besonderen öffentlichen Interesse liege, dass der Kampf gegen die Pandemie und insbesondere die Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems effektiv erfolge und dies nur durch eine mangelfreie Umsetzung einer Test-Strategie gewährleistet werden könne. Denn eine mangelhafte Durchführung von Tests würde dazu führen, dass Personen mit einem Erregernachweis des SARS-CoV-2-Virus, und damit potentiell Infektiöse, nicht herausgefiltert werden würden. Dies stelle eine Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Allgemeinheit dar. Angesichts des Übertragungsweges in Form von Infektionsketten mit exponentieller Entwicklung der Fallzahlen sei ein sofortiges Handeln geboten. Dem hat der Antragsgegner die Interessen der Antragstellerin angesichts des Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, einschließlich dessen Intensivierung durch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, gegenübergestellt und sie nicht als gleichwertig oder gar überwiegend bewertet, so dass sie im Falle einer mit aufschiebender Wirkung versehene Anfechtungsklage ein Zuwarten bis zum zeitlich noch nicht absehbaren Eintritt der Unanfechtbarkeit rechtfertigen könnten. Daraus wird deutlich, dass sich der Antragsgegner die besondere Rechtfertigungsbedürftigkeit des Sofortvollzugs bewusstgemacht hat. Damit ist die Forderung, die besonderen auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben Rechnung getragen. Die weitere Frage, ob die vom Antragsgegner angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (BayVGH, Be.v. 25.9.2020 – 23 CS 20.1928, 23 CS 20.1931, 23 CS 20.1935 – jeweils juris; OVG SH, B.v. 5.6.2019 – 4 MB 42/19 – juris; NdsOVG, B.v. 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – RdL 2018, 80; OVG LSA, B.v. 27.10.2017 – 3 M 240/17 – LKV 2018, 80).
Eine summarische Prüfung, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, aber auch ausreichend ist, ergibt, dass der Rechtsbehelf der Antragstellerin in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die getroffenen Regelungen sind rechtmäßig und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Unabhängig davon ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen.
Der Widerruf der mit Bescheid vom 8. Dezember 2021 erfolgten Beauftragung der Antragstellerin durch den Antragsgegner zur Durchführung von Bürgertestungen nach § 4a Coronavirus-Testverordnung (TestV) in Fassung des Bescheids vom 10. Februar 2022 ist bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Widerruf ist Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TestV. Danach kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist. Die Beauftragung durch den Bescheid vom 8. Dezember 2021 stellt einen Verwaltungsakt dar. Weiter ist der Widerruf der Beauftragung ist in § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV zugelassen, wenn die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bei der Beauftragung nicht vorgelegen haben oder nachträglich entfallen. Darüber hinaus hat sich der Antragsgegner den Widerruf auch im Bescheid über die Beauftragung vom 8. Dezember 2021 vorbehalten.
Im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV sind nachträglich, also nach der Beauftragung zur Betreibung der streitgegenständlichen Corona-Teststelle am 8. Dezember 2021, die Voraussetzungen zur Beauftragung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TestVO entfallen, weil die ordnungsgemäße Durchführung der beauftragten Tätigkeit durch die Antragstellerin nicht hinreichend gewährleistet ist.
Die Antragstellerin ist beauftragte Dritte im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV.
Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 TestV können Dritte als weitere Leistungserbringer im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TestV beauftragt werden, wenn sie unter Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen eine ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV gewährleisten.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 TestV haben Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung und anderer Personen nach Maßgabe der §§ 2 – 5 und im Rahmen der Verfügbarkeit von Testkapazitäten Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2. Der Anspruch umfasst nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV das Gespräch mit der zu testenden Person im Zusammenhang mit der Testung, die Entnahme von Körpermaterial, die Diagnostik, die Ergebnismitteilung und die Ausstellung eines Zeugnisses über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2. Nach § 4a der Verordnung haben asymptomatische Personen Anspruch auf eine Testung mittels PoC-Antigen-Test (Bürgertestung). Der in Absatz 2 Satz 2 normierte Grundsatz, dass die Beauftragung bei (nachträglichem) Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen aufgehoben werden kann, verdeutlicht, dass während der gesamten Leistungserbringung die maßgeblichen Vorschriften einzuhalten sind.
Aufgrund der während des Testbetriebs am 26. Januar 2022 und 3. Februar 2022 festgestellten Mängel ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin keine ordnungsgemäße Leistungserbringung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV unter Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen gewährleistet.
Die festgestellten Desinfektionsmängel stellen sowohl Verstöße gegen infektionsschutzrechtliche als auch arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen dar, weshalb die Antragstellerin keine ordnungsgemäße Leistungserbringung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV gewährleistet.
Die bei den Kontrollen am 26. Januar 2022 und 3. Februar 2022 festgestellte Verwendung von nicht begrenzt viruzid wirkender Desinfektionsmittel stellt einen Verstoß gegen die beim Betrieb von Teststellen notwendigen Hygienemaßnahmen dar. Denn nur durch die Verwendung von mindestens begrenzt viruzid wirkendem Desinfektionsmittel kann die Desinfektion in Bezug auf Corona-Viren gewährleistet werden. Insoweit schreiben sowohl der Bayerischer Musterhygieneplan für den Betrieb von Teststellen zur Anwendung von SARS-CoV-2-PoC-Antigen-Schnelltests durch die nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TestV beauftragten weiteren Leistungserbringer für Bürgertestungen nach § 4a TestV auf Seite 8 als auch der Hygieneplan der Antragstellerin selbst vom 5. Dezember 2021 auf Seite 10 – welcher die Grundlage für die Beauftragung vom 8. Dezember 2021 bildete – die Verwendung von Desinfektionsmitteln mit nachgewiesener Wirksamkeit, mit dem Wirkungsbereich mindestens „begrenzt viruzid“ vor. Die Ausführungen der Antragstellerin, sie verwende entgegen der Feststellungen des Landratsamtes begrenzt viruzid wirkende Feuchttücher, was sie durch Vorlage eines Lichtbildes eines Belegs über den Kauf von 5 x „…“ datiert vom 4. Januar 2022 sowie eines Bildes der Verpackung dieser Tücher, auf welcher deren begrenzt viruzide Wirkung angegeben ist, vorträgt, vermögen die Mangelhaftigkeit nicht zu entkräften. Selbst wenn man unterstellt, dass Feuchttücher die laut Herstellerangabe für die Desinfektion im Haushalt bestimmt sind, auch zur professionellen Desinfektion, wie sie in Corona-Teststellen notwendig ist, geeignet sind, hat die Antragstellerin durch Vorlage der Lichtbilder nicht glaubhaft machen können, dass sie ausschließlich solche Desinfektionstücher verwendet. Denn sowohl bei der Kontrolle am 26. Januar 2022 als auch bei der Kontrolle am 3. Februar 2022 waren diese Desinfektionstücher nicht vorhanden und lediglich Hygiene Reinigungstücher von … (26. Januar 2022) und Desinfektionstücher „…“ der Firma … aufgefunden worden (Lichtbilder Behördenakte AS 141 f.), welche jeweils keine nachgewiesene begrenzt viruzide Wirkung haben. Selbst wenn die Antragstellerin die von ihr vorgebrachten Desinfektionstücher verwendet haben mag, so steht aufgrund der Lichtbilddokumentation in der Behördenakte fest, dass sie jedenfalls im Zeitraum um die beiden Kontrollen nicht viruzid begrenzende Desinfektionstücher verwendet hat. Darüber hinaus ist auch in Bezug auf die weiter aufgefundenen (Hand) Desinfektionsmittel keine mindestens begrenzt viruzide Wirksamkeit nachgewiesen.
Auch die festgestellte mangelhafte Händehygiene stellt einen solchen Verstoß dar. Im Rahmen des Testbetriebes ist sowohl zum Schutz der Probanden und Mitarbeiter als auch der zu testenden Proben vor Kontamination eine mangelfreie Handdesinfektion unerlässlich. Abgesehen davon, dass eine mangelfreie Handhygiene im Rahmen des Betriebs einer Corona-Teststelle schon nur durch die Verwendung nicht begrenzt viruzid wirksamer Desinfektionsmittel gewährleistet werden kann, führt auch die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Einwirkezeiten der jeweiligen Desinfektionsmittel zu einem Mangel in der Handhygiene. Insoweit schreiben sowohl der Bayerische Musterhygieneplan für den Betrieb von Teststellen zur Anwendung von SARS-CoV-2-PoC-Antigen-Schnelltests durch die nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TestV beauftragten weiteren Leistungserbringer für Bürgertestungen nach § 4a TestV auf Seite 8 und der Hygieneplan der Antragstellerin vom 5. Dezember 2021 auf Seite 10 vor, dass zur Händedesinfektion unter anderem die Dauer der vom Hersteller deklarierten Einwirkzeit einzuhalten ist. Nach glaubhaftem Vortrag des Antragsgegners, welcher der Dokumentation der beiden Kontrollen in der Behördenakte entspricht, haben die bei den Kontrollen anwesenden Mitarbeiter die Einwirkzeit des jeweiligen Handdesinfektionsmittels bei der Handdesinfektion nicht eingehalten. Den Feststellungen des Antragsgegners zur unzureichenden Händedesinfektion ist die Antragstellerin nicht substantiiert entgegengetreten. Der von der Antragstellerin zur Entkräftung des Vorwurfs, der Nichteinhaltung der Einwirkzeiten, vorgebrachte Vortrag, die Einwirkzeit des Desinfektionsmittels betrage nicht, wie das Landratsamt annehme 40 Sekunden, sondern nur 30 Sekunden und diese seien durch die Mitarbeiterin eingehalten worden, vermag die Feststellung des Antragsgegners nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen. Zunächst findet sich kein Hinweis darauf, dass das Landratsamt davon ausgegangen ist, dass das Desinfektionsmittel 40 Sekunden habe einwirken müssen. Der Zeitrahmen von 40 Sekunden findet sich ausschließlich im Vorbringen in Bezug auf die „Lutschzeit“ bei der Lollitestung. Darüber hinaus ließ die Antragstellerin im Schriftsatz vom 17. Februar 2022 selbst vortragen, dass die Mitarbeiterin das Desinfektionsmittel nur 25 statt 30 Sekunden habe einwirken lassen. Sie räumt daher die Unterschreitung der Einwirkzeit selbst ein. Auch, dass die Mitarbeiterin bei der Kontrolle am 3. Februar es unterließ, ihre Hände sowohl vor der Abstrichentnahme, nachdem sie der Testperson den Mülleimer, der zur Entsorgung kontaminierten Mülls vorgesehen war, zur Entsorgung ihres Kaugummis gereicht hatte, als auch, nachdem sie zwischen Abstrichentnahme und Bearbeitung der Probe einer dritten Person die Tür geöffnet hatte (Behördenakte AS 165), ausreichend zu desinfizieren, stellt einen Mangel in der Händehygiene dar, welcher Infektions- und Kontaminationsrisiken mit sich bringt.
Auch das Anziehen der privaten Jacke über der persönlicheren Schutzausrüstung (PSA) sowie das spätere Ausziehen der PSA ohne Handschuhe stellt einen infektionsschutz- und arbeitsschutzrechtlichen Verstoß dar. Die Nutzung von PSA dient unter anderem dem Schutz der jeweiligen Mitarbeiter vor Infektion (vgl. Empfehlung des ABAS zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei Probanden und Diagnostik von SARS-CoV-2, Beschluss 6/2020 des ABAS, aktualisiert am 8.2.2021, auf welche sich die Antragstellerin auf S. 4 ihres Hygienekonzepts bezieht). Dieser Schutz kann jedoch nur gewährleitet werden, wenn nicht aufgrund fehlerhafter Handhabung der PSA die Gefahr der Kontamination der Mitarbeiter direkt bzw. der persönlichen Kleidung der jeweiligen Mitarbeiter entsteht.
Die Antragstellerin gewährleistet die ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen auch nicht unter medizinproduktrechtlichen Anforderungen.
Gem. § 4 Abs. 1 Var. 1 MPBetreibV dürfen Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend angewendet werden. Gem. § 3 Abs. 1 MPBetreibV hat der Betreiber die ihm nach dieser Verordnung obliegenden Pflichten wahrzunehmen, um ein sicheres und ordnungsgemäßes Anwenden der in seiner Gesundheitseinrichtung am Patienten eingesetzten Medizinprodukte zu gewährleisten. Während des Testbetriebs am 26. Januar 2022 wurde mit dem Test „SAFECARE One Step Rapid Test COVID-19 Antigen-Schnelltestkit (Abstrich)“ ein Rachenabstrich durchgeführt. Dieser Test ist jedoch laut Herstellerangaben in der Packungsbeilage (Behördenakte AS. 131-134) hierzu nicht bestimmt. Nach eigener Internet-Recherche des Gerichts ist diese Packungsbeilage weiterhin aktuell. Der Vortrag der Antragstellerin unter Vorlage eines Lichtbilds vermag dies nicht in Zweifel zu ziehen. Aufgrund von Verpixelung ist lediglich schwer erkennbar, was auf dem vorgelegten Lichtbild abgebildet ist. Es handelt sich jedoch erkennbar um einen Screenshot der Packungsbeilage des „SAFECARE One Step Rapid Test COVID-19 Antigen-Schnelltestkit (Abstrich)“ in englischer Sprache. Da diese dem Gericht in den Behördenakten ebenfalls vorliegt, und in dieser keine Verwendung des Tests per Rachenabstrich vorgesehen ist, ist nicht erkennbar, inwiefern der Vortrag die behördliche Feststellung, der Test sei nicht zum Rachenabstrich bestimmt, erschüttern sollte. Die Durchführung eines Rachenabstrichs mit dem vorgenannten Test stellt daher eine zweckwidrige und nicht ordnungsgemäße Anwendung des Tests und mithin einen Verstoß gegen §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 Var. 1 MPBetreibV dar. Aus diesen Gründen unterfällt die Testung mittels dem „SAFECARE One Step Rapid Test COVID-19 Antigen-Schnelltestkit (Abstrich)“ ebenfalls nicht der ordnungsgemäßen Leistungserbringung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TestV, da sich nach § 1 Abs. 1 Satz 4 und 5 TestV der Anspruch auf Testung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 (und 3) TestV auf Antigen-Tests beschränkt, die die, durch das Paul-Ehrlich-Institut in Abstimmung mit dem Robert Koch-Institut festgelegten, Mindestkriterien für Antigen-Tests erfüllen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlicht auf seiner Internetseite unter www.bfarm.de/antigentests eine Marktübersicht dieser Tests und schreibt sie fort. Der „SAFECARE One Step Rapid Test COVID-19 Antigen-Schnelltestkit (Abstrich) wird zwar auf der Marktübersicht geführt, allerdings nur unter Maßgabe seiner Gebrauchsanweisung. Wie dargelegt ist dieser Schnelltest nach seiner Packungsbeilage nicht für Rachenabstriche bestimmt. Ein Rachenabstrich mittels „SAFECARE One Step Rapid Test COVID-19 Antigen-Schnelltestkit (Abstrich)“ unterfällt daher nach § 1 Abs. 1 Satz 4 und 5 TestV nicht dem Anspruch auf Testung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 (und 3) TestV und ist daher schon von vorneherein nicht zur ordnungsgemäßen Leistungserbringung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV geeignet.
Auch, dass die Mitarbeiterin der Antragstellerin bei der Kontrolle am 3. Februar 2022 nicht erfragte, ob zuvor nichts gegessen oder getrunken wurde, und insbesondere, dass sie einen Rachenabstrich durchführte, obwohl sie wusste, dass die Testperson unmittelbar vor der Testung ein Kaugummi gekaut hatte, stellt eine nicht ordnungsgemäße Leistungserbringung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV dar. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TestV umfasst die Leistungserbringung eine ordnungsgemäße Testung. Da sowohl Trinken und Essen vor der Testung per Rachenabstrich zu einem verfälschten Testergebnis führen können (Bundesministerium für Gesundheit, https://www.zusammengegencorona.de/testen/selbsttest/, zuletzt aufgerufen am 25.2.2022, 11:40 Uhr; In Bezug auf Softdrinks: L Oni, DB Hawcutt, IE Buchan, MG Semple: „Soft drinks can be misused to give false “false positive” SARS-CoV-2 lateral flow device results“ in: medRxiv 2021.07.05.21260003; doi: https://doi.org/10.1101/2021.07.05.21260003, zuletzt aufgerufen am 25.2.2022, 11:30 Uhr) stellt die dennoch durchgeführte Testung keine ordnungsgemäße Testung dar. Das Gleiche gilt denklogisch auch für das Kauen eines Kaugummis. Dies war der Antragstellerin auch bewusst, sie hatte in der Teststelle einen Zettel mit Arbeitsanweisungen für ihre Mitarbeiter aufgehängt, auf dem diese aufgefordert werden, den Probanden zu fragen, ob er in den vorangegangenen 30 Minuten etwas gegessen oder getrunken (Kaugummi) habe (Behördenakte AS. 127).
Darüber hinaus hatte die Mitarbeiterin der Antragstellerin bei Durchführung des Rachenabstrichs die Testperson während der Testung zum Schlucken aufgefordert, wodurch der Tupfer Zunge und Mundwand der Testperson berührte. Auch wenn eine Aufforderung zum Schlucken beim Rachenabstrich dazu geeignet sein mag, den Rachen, der zuvor von der Zunge verdeckt war, freizulegen, so führt dies entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zu einer fehlerfreien Testung. Laut Beipackzettel des am 3. Februar 2022 verwendeten Clugene COVID-19 Antigen Rapid Tests ist bei einem Rachenabstrich das Berühren von Zunge, Zähnen und Zahnfleisch zu vermeiden. In der Folge eines solchen Kontaktes ist es möglich, ein verfälschtes Ergebnis zu erhalten. Die Testung wurde daher nicht ordnungsgemäß durchgeführt.
Bereits diese Verstöße tragen die Feststellung, dass die Antragstellerin eine ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen nach § 1 Absatz 1 Satz 2 unter Einhaltung der infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen nicht gewährleistet. Hinsichtlich der weiter festgestellten Verstöße wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen.
Insbesondere die korrekte Durchführung des Abstrichs ist ausschlaggebend, um richtige Testergebnisse zu erhalten (vgl. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus/nationale-teststrategie/faq-covid-19-tests.html, zuletzt aufgerufen am 25.2.2022, 11:45 Uhr), was Hauptzweck einer Teststelle ist. Vorliegend wurden sowohl bei der Erst- als auch bei der Zweitkontrolle grobe Mängel bei der Abstrichentnahme festgestellt. Dass die Mängel bei der Abstrichentnahme durch die Mitarbeiterinnen der Antragstellerin und nicht durch die von ihr als für die Teststelle verantwortliche Personen benannte Personen herbeigeführt wurden, ist unerheblich, da die Antragstellerin bzw. die von ihr für die Teststelle als Verantwortliche benannten Personen die ordnungsgemäße Leistungserbringung gewährleisten müssen und mithin auch den Einsatz von geschultem Personal, welches die Testungen ordnungsgemäß durchführt, zu verantworten haben. Zudem hat die Antragstellerin im Verfahren aufgezeigt, dass ihr nicht bewusst ist, dass es sich bei den Vorgängen um mangelhafte Abstrichentnahmen handelt. So geht sie weiterhin davon aus, dass der am 26. Januar 2022 verwendete Schnelltest „SAFECARE One Step Rapid Test COVID-19 Antigen-Schnelltestkit (Abstrich)“ auch zur Probeentnahme per Rachenabstrich bestimmt ist, obwohl der Gebrauchsanweisung eindeutig entnommen werden kann, dass der Test auf eine Probeentnahme nur per Nasopharyngealabstrich oder per Nasentupfer bestimmt ist. Auch, dass bei einem Rachenabstrich Zähne und Zunge nicht mit dem Tupfer berührt werden dürfen, scheint für sie ohne Belang. Hinzu kommen die zahlreichen Desinfektionsmängel, die auch, nachdem sie bei der Kontrolle vom 26. Januar 2022 beanstandet worden waren, bei der Kontrolle am 3. Februar 2022 weiterhin bestanden.
Es kann daher dahinstehen, ob die Antragstellerin bzw. die beiden, für die Teststelle verantwortlichen Personen zuverlässig im Sinne des Gewerberechts sind und der Widerruf auch auf Grundlage von Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 TestV i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TestV hätte erfolgen können.
Der Beklagte hat des Weiteren auch ermessensfehlerfrei von seiner Rücknahmemöglichkeit Gebrauch gemacht. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin liegt insbesondere kein Ermessensnichtgebrauch vor. Dass dem Landratsamt W. bewusst war, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelte und es dieses Ermessen ausgeübt hat, ergibt sich schon aus dem Bescheid vom 10. Februar 2022. In diesem führte es unter anderem aus, dass Auflagen statt dem Widerruf nicht in Betracht kämen, da diese kein milderes Mittel darstellen würden, da die Behebung der festgestellten Mängel nach Einräumung einer weiteren Frist zu keiner anderen Wertung bzgl. der fehlenden Tauglichkeit zum Betrieb einer Teststelle führen würde. Auch führt es auf, dass der Widerruf einen intensiven Eingriff in das Recht der Antragstellerin an ihrem eigenrichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstelle, weshalb davon auszugehen ist, dass es sich einem Widerruf möglicherweise entgegenstehenden Positionen der Antragstellerin bewusst war, die Notwendigkeit des Widerrufs jedoch als höher bewertet hat.
Auch nach Ansicht des Gerichts ist der Widerruf der Beauftragung im konkreten Fall geeignet, erforderlich und angemessen. Die Beauftragung für Teststellen erfolgt zur Umsetzung der nationalen Teststrategie zur effektiven Eindämmung der Corona-Pandemie. Über die ausgestellten Bescheinigungen mit einem negativen Testergebnis soll im Rahmen der stufenweise durchgeführten Lockerungen eine Vielzahl von Kontakten ermöglicht werden, bei denen durch die (negative) Testung das Risiko einer Übertragung mit dem Virus verringert werden soll (vgl. VG Schleswig, B.v. 16.6.2021 – 1 B 85/21 – BeckRS 2021, 14827). Dieses Ziel kann nicht erreicht werden, wenn Bescheinigungen ausgestellt werden, denen nicht ein Testergebnis aufgrund eines ordnungsgemäß durchgeführten Testes zugrunde liegt. Denn dann besteht die Gefahr, dass infizierte Personen die durch die Bescheinigung eröffneten Kontaktmöglichkeiten nutzen und so zur Weiterverbreitung des Virus beitragen. Durch den Widerruf kann verhindert werden, dass die Antragstellerin solche Bescheinigungen ausstellt. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Insbesondere stellen Auflagen wie Nachschulungen der MitarbeiterInnen oder, dass gewisse MitarbeiterInnen nicht mehr eingesetzte werden dürfen, kein solches, milderes Mittel dar. Die Pflicht zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Erbringung der Leistung trifft den Teststellen-Betreiber und mithin die Antragstellerin. Sie hat zu gewährleisten, dass die von ihr eingesetzten MitarbeiterInnen die Testungen ordnungsgemäß durchführen. Darüber hinaus hatte das Landratsamt bereits aufgrund der Kontrolle vom 26. Januar 2022 Nachschulungen angeordnet, bei der Kontrolle am 3. Februar 2022 bestanden jedoch weiterhin Mängel. Der Widerruf der Beauftragung ist angesichts der Bedeutung ordnungsgemäß betriebener Teststellen für den effektiven Infektionsschutz im Hinblick auf den Eingriff in die Rechte der Antragstellerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach Art. 14 GG sowie ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 GG gerechtfertigt. So stellen unverfälschte Testergebnisse im Rahmen der nationalen Teststrategie einen essentiellen Part in der Bewältigung der Corona-Pandemie dar. Auch die Reduktion von Infektionsrisiken durch Hygienemaßnahmen ist notwendig zur Bewältigung der Pandemie. Da anzunehmen ist, dass insbesondere bei Teststellen ein gewisser Anteil der Testpersonen infektiös ist – diese sollen ja gerade aufgefunden werden – ist dort im Hinblick auf den Infektionsschutz besonders auf Desinfektion zu achten. Der Widerruf ist daher angesichts der Schutzgüter – Leib und Leben der Bevölkerung -, welche durch die Maßnahmen zur Bewältigung der CoronaPandemie geschützt werden und hochrangige Rechtsgüter der Allgemeinheit darstellen, verhältnismäßig. Hierbei ist insbesondere anzumerken, dass es sich bei dem Betrieb einer Corona-Teststelle nicht lediglich um ein anzeigepflichtiges Gewerbe handelt, sondern im Ergebnis um ein genehmigungspflichtiges. Der Widerruf der Beauftragung kann daher bereits unterhalb der Schwelle einer gewerberechtlichen Untersagung verhältnismäßig sein.
Nach summarischer Prüfung ist der Widerruf der Beauftragung daher rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
Schließlich spricht auch eine Interessenabwägung für die Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs. Denn die sofortige Vollziehung des Widerrufs der Beauftragung ist im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten. Im Rahmen der zu treffenden Güterabwägung ist der nicht zu verkennende Nachteil, den die getroffenen Anordnung der Antragstellerin auferlegt, nicht schwerer zu gewichten als das entgegenstehende öffentliche Interesse. Der ordnungsgemäße Betrieb von Corona-Teststationen dient einem effektiven Infektionsschutz. Die Beeinträchtigung des Rechts der Antragstellerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach Art. 14 GG sowie ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 GG ist deshalb gerechtfertigt. Es ist nicht hinnehmbar, dass durch eine CoronaTeststelle bis zu einer möglichen Entscheidung in der Hauptsache Bescheinigungen über negative Testergebnisse ausgestellt werden, denen nicht ein Testergebnis aufgrund eines ordnungsgemäß durchgeführten Testes zugrunde liegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nur derjenige den Schutz der Art. 12 und 14 GG für sich in Anspruch nehmen kann, der seinen Beruf bzw. sein Gewerbe im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften ausüben will und diesen Vorschriften genügt (vgl. OVG Hamburg, B.v. 24.9.2014 – 3 Bs 175/14 – juris Rn. 19 mit Verweis auf BVerfGE 61, 291, Rn. 55). Im Übrigen bleibt es der Antragstellerin in der Zukunft unbenommen, einen Antrag auf erneute Beauftragung als Corona-Teststelle zu stellen, wenn sie nachgewiesen hat, die beanstandeten Mängel künftig zu vermeiden.
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 und Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs. Nach Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs richtet sich der Streitwert nach dem Auffangwert, wenn sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der streitgegenständlichen Anordnung wie hier nicht im Einzelnen beziffern lassen. Zum einen hat sich die Antragstellerin selbst nicht zu den möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen geäußert. Zum anderen fehlen weitergehende Informationen darüber, in welcher Größenordnung der mögliche Gewinn zu beziffern wäre, auf den abzustellen ist. Mangels anderweitiger greifbarer Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts bleibt es damit beim Auffangwert. Der Auffangwert von 5.000,00 EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.


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