Europarecht

Zu den Voraussetzungen für das Inverkehrbringen eines Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke

Aktenzeichen  M 18 K 17.4337

Datum:
6.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 41058
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VO (EG) Nr. 882/2004 Art. 54
VO (EG) 609/2013 Art. 9
VO(EU) 2016/128 Art. 2
DiätV § 14b

 

Leitsatz

1. § 14b DiätV dürfte mit der Aufhebung der Richtlinie 1999/21/EG zum 22. Februar 2019 seine Wirkung verloren haben. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Nachweispflicht für die Wirksamkeit von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke liegt beim Hersteller bzw. Inverkehrbringer. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für den Wirksamkeitsnachweis genügt grundsätzlich eine nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellte, in der Fachliteratur veröffentlichte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie grundsätzlich ausreichend (Anschluss an BGH BeckRS 2008, 23346). (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für den Wirksamkeitsnachweis ist die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Studie, mit der der Nachweis der Wirksamkeit begründet wird, in der Fachliteratur eine zwingende Voraussetzung (Anschluss an BGH BeckRS 2013, 7178 u.a.). (Rn. 38 – 42) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 7. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage war daher abzuweisen.
Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung ist Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 165/1 – VO (EG) Nr. 882/2004). Demnach trifft die zuständige Behörde im Fall eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Zu den Maßnahmen gehört nach Art. 54 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 882/2004 auch die Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens und der Ein- oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren. Gemäß Art. 2 Satz 2 Ziffer 10 VO (EG) Nr. 882/2004 meint der Begriff „Verstoß“ die Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz.
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Anfechtungsklage ist im vorliegenden Fall der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Bei der angegriffenen Untersagungsverfügung handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, so dass auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist, wenn das materielle Recht – wie hier – nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (BVerwG, U.v. 19.9.2013 – 3 C 15/12, juris Rn. 9; VG München, U.v. 17.10.2018 – M 18 K 15.4632 – juris Rn. 22; VG Berlin, U.v. 14.3.2018 – 14 K 328.16 – juris Rn. 24).
Die Klägerin verstößt durch das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Produkts gegen Art. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 609/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 (ABl. L 181/35 – VO (EG) Nr. 609/2013) i.V.m. der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 der Kommission vom 25. September 2015 (ABl. L 25/30 – VO (EU) 2016/128).
Soweit der Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid auch einen Verstoß gegen § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV beanstandet hat, ist dies im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht mehr relevant. Denn § 14b DiätV – der der nationale Umsetzung der Richtlinie 1999/21/EG der Kommission vom 25. März 1999 dient – dürfte mit der Aufhebung der Richtlinie 1999/21/EG gemäß Art. 20 Abs. 4 VO 609/2013 mit Inkrafttreten der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 insoweit zum 22. Februar 2019 (Art. 11 VO (EU) 2016/128) seine Wirkung verloren haben (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, DiätV, Werkstand Juli 2019, § 14b Rn. 3, vor § 1 Rn. 10 ff.). Irrelevant ist folglich auch, ob ein Verstoß gegen § 14b DiätV für Maßnahmen nach Art. 54 VO 609/2013 herangezogen werden kann oder insoweit ausschließlich auf § 39 LFGB abzustellen ist (vgl. hierzu VG Berlin, U.v. 14.3.2018 – 14 K 328.16 – juris Rn. 22).
Bei dem streitgegenständlichen Produkt der Klägerin handelt es sich – zwischen den Parteien auch unstreitig – um ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Buchst. g VO (EG) Nr. 609/2013, so dass die Verordnung (EG) Nr. 609/2013 (zum maßgeblichen Zeitpunkt) i.V.m. der Delegierten Verordnung (EU) 2016/28 Anwendung findet.
Gemäß Art. 9 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 VO (EG) Nr. 609/2013 dürfen u.a. Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nur in Verkehr gebracht werden, wenn die Zusammensetzung so beschaffen ist, dass sie gemäß allgemein anerkannten wissenschaftlichen Daten den Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen und für diese Personen geeignet sind.
Entsprechend dem Erwägungsgrund 5 und Art. 2 Abs. 2 VO (EU) 2016/128 muss die Formulierung von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke auf vernünftigen medizinischen und diätetischen Grundsätzen beruhen. Sie müssen sich gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungsanforderungen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen, was durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist.
Bereits aus dieser Formulierung ergibt sich eindeutig, dass die Nachweispflicht (und damit auch die Beweislast) hinsichtlich der Wirksamkeit von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke – entgegen der Ansicht der Klägerin – beim Hersteller bzw. Inverkehrbringer und damit bei der Klägerin liegt, was auch der ständigen Rechtsprechung entspricht (vgl. OLG Brandenburg, U.v. 26.3.2019 – 6 U 43/16 – juris Rn. 32 unter Verweis auf BGH „Priorin“ U.v. 2.10.2008 – 1 ZR 51/06; BGH „ARTROSTAR“, U.v. 15.3.2012 – I ZR 44/11 – juris Rn. 25). Der Verweis der Klägerin insoweit auf die Beweislastverteilung im Arzneimittelrecht geht fehl. Nach den allgemeinen Beweisregeln hat derjenige, der sich auf eine bestimmte Wirkung eines Produkts beruft, diese zu beweisen. Während dies im Rahmen von Auseinandersetzungen bezüglich der Einstufung von Produkten als Arzneimittel damit in der Regel der Behörde obliegt (vgl. VG München, U.v. 17.10.2018 – M 18 K 15.4632 – juris Rn. 38 f.), beruft sich vorliegend die Klägerin darauf, dass ihr Produkt ein diätetisches Lebensmittel darstellt und wirbt damit, so dass sie hierfür auch beweispflichtig ist.
Die Klägerin konnte – auch bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung – den Nachweis, dass das streitgegenständliche Produkt wirksam in dem Sinne ist, dass es den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen entspricht, für die es bestimmt ist, durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten nicht erbringen.
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für diesen Wirksamkeitsnachweis eine nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellte, in der Fachliteratur veröffentlichte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie grundsätzlich ausreichend. Hinsichtlich der Wirksamkeit ist der Nachweis nicht an ins Einzelne gehende Vorgaben, insbesondere hinsichtlich der Wirksamkeit der einzelnen Inhaltsstoffe der bilanzierten Diät, zu knüpfen, sondern die Feststellung einer nutzbringenden Wirkung der bilanzierten Diät als solche ausreichend (grundlegend: BGH „Priorin“, U.v. 2.10.2008 – 1 ZR 51/06 – juris).
Unabhängig von der Frage, ob die von der Klägerin erstellte Studie den Anforderungen an eine wissenschaftliche Studie entspricht und nachvollziehbar zu dem Ergebnis kommt, dass das streitgegenständliche Produkt in diesem Sinne wirksam ist, fehlt es – insoweit unstreitig – zumindest an der Veröffentlichung der Studie der Klägerin in der Fachliteratur.
Für den Wirksamkeitsnachweis ist die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Studie, mit der der Nachweis der Wirksamkeit begründet wird, in der Fachliteratur jedoch eine zwingende Voraussetzung.
Wissenschaftliche Daten können nur dann als allgemein anerkannt gelten, wenn sie veröffentlicht wurden und damit Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen sein konnten. Einzelne, womöglich nicht veröffentlichte Forschungsergebnisse können nicht allgemein, also durch alle einschlägigen Fachleute anerkannt sein. Allerdings ist es nicht notwendig, dass sich alle einschlägigen Fachleute mit solchen Forschungsergebnissen befasst haben. Ist ein einzelnes Forschungsergebnis über einen längeren Zeitraum nicht infrage gestellt worden, so ist es auch allgemein anerkannt (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, VO (EU) 609/2013, EL Juli 2019, Art. 9 Rn. 7).
Der Bundesgerichtshof hat in seiner hierzu grundlegenden Entscheidung vom 2. Oktober 2008 (Priorin – juris Rn. 24 ff.) die Veröffentlichung als Tatbestandsmerkmal vorausgesetzt, wenn er auch in dieser Entscheidung keine weitergehenden Ausführungen hierzu machte, da im dort zugrunde liegenden Verfahren eine veröffentlichte Studie vorlag. Hingegen führt der Bundesgerichtshof im Urteil vom 6. Februar 2013 (I ZR 62/11 „Basisinsulin mit Gewichtsvorteil“ – juris LS 2 und Rn. 19 ff.), welches sich die Ausführungen im Priorin-Urteil zu eigen macht und auf diesen aufbaut, explizit aus, dass Studienergebnisse grundsätzlich nur dann den Anforderungen an einen hinreichenden wissenschaftlichen Beleg entsprechen, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Dafür ist im Regelfall erforderlich, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch die Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist. Soweit erkennbar hat diese Entscheidung auch durchgängig Anschluss in der Rechtsprechung gefunden (vgl. z.B. zuletzt OLG Brandenburg, U.v. 26.3.2019 – 6 U 43/16; OLG Celle, U.v. 31.7.2018 – 13 U 26/18; OLG Frankfurt a.M., U.v. 12.4.2018 – 6 U 186/17- jeweils juris).
Zwar ist dem Klägerbevollmächtigten Recht zu geben, dass in der (früheren) Entscheidung des BGH vom 21. Januar 2010 (I ZR 23/07 – Vorbeugen mit Coffein! – juris Rn. 18) ausgeführt wird, dass eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 LFGB nicht voraussetze, dass die dem beworbenen Mittel beigelegte Wirkung Gegenstand einer allgemeinen wissenschaftlichen Diskussion geworden sei, sondern sich vielmehr die hinreichende wissenschaftliche Absicherung schon aus einer einzelnen Arbeit ergeben könne, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruhe. Dementsprechend wurde im dort zugrunde liegenden Fall eine nicht veröffentlichte Studie (vgl. Rn. 3, 16) als ausreichend für eine werbende Wirkungsaussage erachtet. Diese Entscheidung ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Voraussetzung für eine zulässige Werbung nach § 27 LFGB ist nämlich (unter anderem) nur, dass eine Wirkung wissenschaftlich hinreichend gesichert ist, während die im vorliegenden Fall einschlägigen gesetzlichen Regelungen (Art. 9 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 VO (EG) Nr. 609/2013, Erwägungsgrund 5 und Art. 2 Abs. 2 VO (EU) 2016/128) allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten verlangen. Eine allgemeine Anerkennung können jedoch nur die wissenschaftlichen Daten erlangen, für die durch eine Veröffentlichung in der Fachwelt zumindest die Möglichkeit des wissenschaftlichen Austausches und Diskurses eröffnet wird (vgl. auch VG Berlin, U.v. 14.3.2018 – 14 K 328/16 – juris Rn. 56). Im Übrigen erscheinen die höheren Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis der wissenschaftlichen Daten auch gerechtfertigt, da es sich vorliegend um die Wirksamkeit von bilanzierten Diäten und damit um gesundheitsbezogene Wirkungsbehauptungen und nicht nur um reine Werbeaussagen (wie im Verfahren BGH – Vorbeugen mit Coffein!) handelt.
Auch soweit sich die Klageseite auf geringere Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis von klinischen Studien entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claim-Verordnung, ABl. L 404/9) beruft, kann dies – unabhängig davon, ob diese auf bilanzierte Diäten überhaupt Anwendung findet (vgl. hierzu ablehnend: OVG Lüneburg, B.v. 10.9.2014 – 13 LA 55/14 – juris Rn. 14, aber OLG Hamburg, U.v. 17.1.2019 – 3 U 105/16 – juris Rn. 60) zumindest nicht dazu führen, dass die gesetzlichen Anforderungen durch die im Übrigen auch jüngeren und spezialgesetzlichen Regelungen in den Verordnungen (EG) 609/2013 und (EU) 2016/128 relativiert und eingeschränkt werden. Vielmehr betrifft die Health-Claim-Verordnung Regelungen bezüglich der Werbeaussagen, nicht jedoch bezüglich des Wirksamkeitsnachweises als solchen.
Auch eine andere, veröffentlichte Studie zu dem konkret streitgegenständlichen Produkt liegt nicht vor. Lediglich allgemeine Studien zur Wirksamkeit von Zimtprodukten, insbesondere auch noch mit anderen Dosierungsangaben, wie die von der Klägerin zuletzt vorgelegten Studien, können einen solchen Wirksamkeitsnachweis für das streitgegenständliche Produkt nicht führen. Wie die Klägerin selbst ausführt, sind wissenschaftliche Ergebnisse von verschiedenen Zimt-Präparaten nicht übertragbar (Klagebegründung vom 31. Januar 2018, S. 19).
Das streitgegenständliche Produkt empfiehlt auf seiner auf der Verpackung abgedruckten Verzehrsempfehlung eine Einnahme einer Kapsel pro Tag, was entsprechend der Zusammensetzungsangaben auf der Verpackung einer täglichen Dosis von 350 mg Zimtextrakt entspricht. Die in Bezug genommenen Studien, die eine positive Wirkung der täglichen Zufuhr von Zimt auf den Blutzuckerstoffwechsel von Typ-II-Diabetiker bestätigen, legen allerdings hinsichtlich der Mengenangaben von Zimtextrakt eine tägliche Dosis von 1000 mg bis zu 3000 mg zugrunde (vgl: Zare et. al., die auf S. 3 der Anlage K5 von einer täglichen Einnahme von zwei Kapseln à 500 mg Zimtextrakt ausgehen; Mirfeizi et al., die auf S. 648 der Anlage … ihrer im „Journal of Diabetes“ veröffentlichten Studie von einer täglichen Einnahme von zwei Kapseln à 500 mg Zimtextrakt ausgehen; Tangvarasittichai et al., die in ihrer im „International Journal of Toxicological and Pharmacological Research“ veröffentlichten Studie auf Seite 3 (ebenfalls unter Anklage … vorgelegt) von einer täglichen Einnahme von drei Kapseln à 500 mg Zimtextrakt ausgehen; Sengsuk et al., die in ihrer im „Diabetol Int.“ veröffentlichten Studie auf Seite 125 (ebenfalls unter Anklage … vorgelegt) von einer täglichen Einnahme von drei Kapseln à 500 mg Zimtextrakt ausgehen; vgl. Jain et. al, die in ihrer im „Lipids in Health and Disease“ veröffentlichten Studie auf Seite 3 (ebenfalls unter Anklage … vorgelegt) von einer täglichen Einnahme von zwei Kapseln à 500 mg Zimtextrakt drei Mal täglich ausgehen). Dementsprechend kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass eine tägliche Einnahme einer Kapsel des streitgegenständlichen Produktes, was einer mindestens um 650 mg reduzierten täglichen Zimtextraktzufuhr im Vergleich zu den in den anderen Studien zugrunde gelegten Mengenangaben entspricht, zu denselben medizinisch nachweisbaren positiven Effekten auf Typ-II-Diabetiker führt. Weitere in der Fachliteratur veröffentlichte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien, die dieselbe tägliche Dosis an Zimtextrakt zugrunde legen wie das streitgegenständliche Produkt, liegen dem Gericht nicht vor.
Die Klägerin konnte damit den Wirksamkeitsnachweis für das streitgegenständliche Produkt nicht erbringen, so dass das Inverkehrbringen gegen Art. 4 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 VO (EG) Nr. 609/2013 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 VO (EU) 2016/128 verstößt. Hierbei handelt es sich um Bestimmungen des Lebensmittelrechtes.
Der Beklagte hat damit die Untersagung des Inverkehrbringens des Produkts rechtmäßig auf Art. 54 Abs. 1 und 2b VO (EG) Nr. 882/2004 gestützt. Die Maßnahme erscheint auch ermessensgerecht. Der Beklagte ist insoweit sachgerecht von einer Ermessensreduzierung auf null ausgegangen. Eine mildere Maßnahme, um eine Abhilfe des Verstoßes zu gewährleisten, ist nicht ersichtlich. Ohne das Vorliegen des Wirksamkeitsnachweises für das streitgegenständliche Produkt durch eine in der Fachliteratur veröffentlichte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie ist das Inverkehrbringen des Produkts unzulässig.
Auch hinsichtlich der weiteren Anordnungen im streitgegenständlichen Bescheid vom 7. August 2017 bestehen keine rechtlichen Bedenken und wurden auch keine Einwände geltend gemacht.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.


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