Familienrecht

Beendigung eines Sachverständigenauftrages durch ein schriftliches Gutachten

Aktenzeichen  5 T 7252/20

Datum:
21.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 52893
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
JVEG § 2, § 8a
BGB § 1626 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

101 F 2332/16 2020-10-02 Bes AGNUERNBERG AG Nürnberg

Tenor

Die Beschwerde des Antragsstellers vom 25.10.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 02.10.20 (Az. 101 F 2332/16) wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

Der antragstellende Sachverständige begehrt mit seiner Beschwerde die Wiedereinsetzung in die Frist zur Geltendmachung von Vergütungsansprüchen nach dem JVEG.
1. Das Amtsgericht beauftragte mit Beschluss vom 18.10.2016 den Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zu der Frage, ob und inwieweit Umgang des Vaters mit den damals 8 und 10 Jahre alten Kindern entgegen der gesetzlichen Vorgabe in § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB dem Kindeswohl widerspricht (Blatt 35 der Akte).
Am 12.07.2017 teilte der Sachverständige mit, dass er das Gutachten in der Folgewoche einreichen würde.
Das Amtsgericht forderte ihn am 04.08.2017 auf, sich zum Sachstand zu erklären. Eine Antwort erfolgte nicht.
Am 22 9. 2017 setzte das Amtsgericht dem Sachverständigen eine Frist von 2 Wochen für die Erstattung des Gutachtens und drohte ihm die Verhängung eines Ordnungsgeldes an (Bl. 70 der Akten).
Mit Verfügung vom 24. Oktober 2017 bestimmte das Amtsgericht Termin unter Ladung des Sachverständigen zum Beweisthema eines dem Kindeswohl entsprechenden Umgang des Antragstellers mit den beiden betroffenen Kindern. Am Termin am 04.12.2017 nahm der Sachverständige teil und erstattete ein mündliches Gutachten. Der Sachverständige erklärte im Termin, dass er einen Umgangstermin „pro bono“ begleiten könne. Die Beteiligten erklärten sich hiermit einverstanden. Am Ende des Termins wurde zwischen den Beteiligten eine Umgangsvereinbarung geschlossen, in welcher u.a. vereinbart wurde die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben. Eine beglaubigte Abschrift davon erhielt der Sachverständige nach dem Termin.
Mit Schreiben vom 08.01.2018 informierte das Gericht die Verfahrensbeteiligten darüber, dass sich die Kindesmutter laut Mitteilung des Jugendamtes weigere, den vereinbarten Umgang zuzulassen. Eine Abschrift dieses Schreibens sowie ein Bericht des Jugendamts vom 02.01.2018 sendete das Amtsgericht am 10.01.2018 an den Sachverständigen.
Der Sachverständige fragte am 25.03.2020 telefonisch nach, ob er noch ein schriftliches Gutachten gewünscht sei. Das Amtsgericht informierte den Sachverständigen mit Schreiben vom 31.03.2020 darüber, dass die Vorlage eines schriftlichen Gutachtens nicht mehr erforderlich sei.
Am 30.06.2020 übersandte der Sachverständige per Telefax eine Kostennote vom 20.06.2020 (N 03_20) über 4.967,30 €.
Am 21.7.20 beantragte der Sachverständige Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Auf Hinweis des Amtsgerichts vom 23 7. 2020, dass die Hinderungsgründe binnen 2 Wochen nach Wegfall glaubhaft zu machen seien, begründete der Sachverständige seinen Antrag mit Schreiben vom 18.08.2020 weiter.
Das Amtsgericht wies den Antrag auf Wiedereinsetzungsbeschluss vom 02.10.2020 zurück.
2. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 25.10.2020, die er mit nachgelassenen Fristen am 31.01.21 und weiter am 14.05.21 begründete. Er habe in der Verhandlung darauf hingewiesen, dass noch umfangreiche Daten bei ihm vorlägen und ihm erklärt worden sei, diese könnten noch nachgereicht werden. Ein Fristlauf im Sinne des JVEG könne deswegen nicht beginnen. Zudem hätte das Gericht ihn darauf hinweisen müssen, dass seine Beauftragung mit dem Termin beendet war. Dies sei weder aus dem Protokoll erkennbar noch ihm schriftlich mitgeteilt worden. Zudem habe das Gericht den Parteien nahegelegt, sein Angebot einer Umgangsbegleitung „pro bono“ anzunehmen. Deswegen könne nicht davon ausgegangen werden, dass seine Tätigkeit als Sachverständiger beendet sei. Er hätte über die Umgangsbegleitung, wenn sie stattgefunden hätte, dem Gericht Bericht erstatten müssen. Schließlich habe das Gericht die Parteien auch weiter angeschrieben, die vereinbarten Kontakte weiter durchzuführen. Er habe deswegen davon ausgehen dürfen, dass er weiter als Sachverständiger beteiligt und herangezogen sei.
Der Antragsteller macht weiter geltend, dass er in der Geschäftsstelle 101 F fernmündlich nachgefragt habe, wie weiter mit der Sache zu verfahren sei und auch nachgefragt habe, ob die Sache erledigt sei. Eine Antwort sei bis 2020 nicht erfolgt.
Zudem wäre das Gericht auch verpflichtet gewesen, ihm die Erledigung seines Gutachtensauftrags schriftlich mitzuteilen. Die nachweisliche, umfangreiche und engagierte Arbeit des Sachverständigen nicht zu vergüten, widerspräche auch dem Gedanken von § 8a JVEG. Im Übrigen wird auf die Beschwerdebegründungen ergänzend Bezug genommen.
3. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Bezirksrevisor beim Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Verfügung vom 15.03.2021 Stellung genommen. Er ist der Auffassung, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei.
4. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags in die Frist für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen nach § 2 Abs. 1 S. 1 JVEG durch das Amtsgericht ist nicht zu beanstanden.
Wiedereinsetzung ist nach § 2 Abs. 2 JVEG zu gewähren, wenn der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann sie nicht mehr beantragt werden (§ 2 Abs. 2 S. 3 JVEG). Dies ist Fall:
a) Der Fristbeginn für die Geltendmachung des Vergütungsanspruches richtet sich nach § 2 Abs. 1 S. 2 JVEG, der im Fall er schriftlichen Begutachtung grundsätzlich auf den Eingang des Gutachtens abstellt (Nr. 1). Zwar wurde vorliegend am 18.10.2016 ein solches in Auftrag gegeben, jedoch bis zur Beendigung des Verfahrens am 04.12.2018 nicht abgegeben. Nach dieser Vorschrift ist daher keine Frist in Gang gesetzt worden.
b) Der Fristbeginn kann jedoch weiter durch die Beendigung des Auftrags ausgelöst werden, wenn er an den Berichtigten bekannt gegeben wird. Angesichts der weitreichenden Rechtsfolge eines vollständigen Anspruchsverlustes innerhalb einer Frist von drei Monaten muss, soweit – wie vorliegend – der Abschluss des Auftrages nicht im Wege der Vorlage eines schriftlichen Gutachtens erfolgt, festgestellt werden können, dass dem Sachverständigen zweifelsfrei deutlich gemacht worden ist, dass sein Auftrag beendet ist.
Dies ist vorliegend der Fall, da der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung anwesend war, mithin von der das Verfahren abschließenden Umgangsvereinbarung Kenntnis hatte, und er auch im Anschluss eine Abschrift davon erhielt. Nachdem der Sachverständige sowohl bei Beauftragung des schriftlichen (am 18.10.16) als auch des mündlichen Gutachtens (am 14.10.18 mit der Ladungsverfügung) dem Gericht seine Expertise zur Regelung des Umgangs zur Verfügung stellen sollte, war ihm auch klar, dass das Verfahren mit Erreichen der Umgangsvereinbarung -die zudem auch eine Regelung über die Verfahrenskosten enthälterledigt war. In dieser Verfahrenslage ist es allen Verfahrensbeteiligten offensichtlich, dass das Umfangsverfahren sein Ende gefunden hat. Einer gesonderten Mitteilung darüber, dass damit auch sein schriftlicher Gutachtensauftrag beendet war, bedurfte es daher nicht.
Es bestehen auch keine besonderen Anhaltspunkte, die geeignet wären, den Antragsteller am Abschluss des Verfahrens Zweifeln zu lassen. Soweit die Beschwerde darauf abhebt, dass ihm das Gericht noch nach dem Verfahrensende weitere Unterlagen zusandte (Schreiben des Jugendamtes, Anschreiben an die Prozessvertreter der Kindsmutter), stand dies mit der vom Sachverständigen im Termin angebotenen Umgangsbegleitung „pro-bono“ im Zusammenhang. Wie der Antragssteller zu der Auffassung kommt, dass er deswegen weiter in dem Verfahren beauftragt sei und über die „pro bono“ angebotene Umgangsbegleitung berichten müsse, ist nicht nachvollziehbar. „Pro bono“ geleistete Tätigkeiten sind solche zum Wohle der Öffentlichkeit, mit der normalerweise freiwillig geleistete, professionelle Arbeit bezeichnet wird, die gerade nicht in Rechnung gestellt wird und über die auch nicht zu berichten wäre. Die Verwendung dieser Bezeichnung im Terminsprotokoll und auch im Beschwerdevortrag des Antragsstellers zeigt vielmehr, dass den Beteiligten gerade klar war, dass die angebotene Tätigkeit eben nicht von einem gerichtlichen Auftrag umfasst war.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Beschwerdevortrag, dass ihm im Termin vom Gericht auf seinen Hinweis zu vorliegenden Testergebnissen und weiteren Daten erklärt worden sei, dass er sie nachreichen könne. Die Nachreichung von Unterlagen steht der Beendigung des Auftrags nicht entgegen, da es sich bei diesen Unterlagen um solche handelt, die bereits vor Verfahrensbeendigung erhoben wurden. Ebenso wenig steht dem Beginn der Ausschlussfrist die Wertung des § 8a JVEG entgegen, der den Wegfall des Vergütungsanspruches regelt, wenn keine ordnungsgemäße Leistung erbracht wird.
Beim Antragssteller handelt es sich auch nicht um einen Berufsanfänger, sondern um einen Sachverständigen, der ausweislich seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft für wissenschaftliche Gerichts- und Rechtspsychologie, regelmäßig vor Gericht auftritt.
Schließlich kann die Beschwerde auch nicht verfangen, soweit der Antragssteller geltend macht, dass bis 2020 keine Rückantwort auf fernmündliche Anfragen in der Geschäftsstelle 101 F erfolgten. Dies ist schon deswegen nicht erheblich, da die Beendigung des Umgangsverfahrens durch die Vereinbarung offensichtlich war. Unabhängig davon ergeben sich aus der Verfahrensakte derartige Nachfragen bis auf einen Anruf am 25.03.2020 nicht.
Die Ausschlussfrist des § 2 Abs. 1 S.1 JVEG begann damit am 05.12.18 zu laufen und endete am 04.03.2019. Mithin war eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand mit Ablauf des 04.03.2020 nicht mehr statthaft (§ 2 Abs. 2 S. 3 JVEG). Ob der Antragsteller über die Ausschlussfrist belehrt wurde – was im Übrigen bei den verwendeten Formulartexten regelmäßig der Fall ist – ist daher nicht entscheidungserheblich.


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