Familienrecht

Beschwer des zur Auskunft und Belegvorlage Verpflichteten

Aktenzeichen  26 UF 720/19

Datum:
23.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 39997
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 61 Abs. 1, Abs. 2, § 84, § 117 Abs. 1 S. 4
BGB § 1379
RVG § 18 Nr. 13, § 25 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Maßgeblich für den Wert der Beschwer gegen die Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft ist der voraussichtliche Aufwand an Zeit und Kosten, der dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung entsteht. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Mitteilung wertbildender Faktoren ist die Hinzuziehung fachkundiger Dritter nicht erforderlich. Vielmehr reicht hierzu die Vorlage aussagekräftiger Urkunden wie z.B. Grundbuchauszüge bei Immobilienbesitz, Vorlage eines Kfz-Briefs bei Kraftfahrzeugen, Vorlage von Kaufurkunden, Vorlage von Unterlagen über Konten etc. Darüber hinaus kann auch eine Beschreibung der vorhandenen Vermögensgegenstände in Betracht kommen.  (BGH BeckRS 2015, 18937). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der persönliche Aufwand des Beschwerdeführers an Zeit und Kosten ist nach dem Stundensatz zu bewerten, den der Beschwerdeführer als Zeuge in einem Zivilprozess nach § 20 JVEG erhalten würde (ebenso BGH BeckRS 2019, 8392). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ist die Verpflichtung ganz oder teilweise unbestimmt und damit nicht vollstreckbar, sind die Kosten hinzuzurechnen, die sich daraus ergeben, sich erforderlichenfalls insoweit gegen eine Zwangsvollstreckung aus der Auskunftsverpflichtung zur Wehr setzen zu müssen. In diesem Fall entstehen insgesamt 6/10 einer Anwaltsgebühr (§ 18 Nr. 13 RVG i.V.m. VVRVG 3309, 3310) zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer. Maßgeblich hierfür ist der Wert, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger hat. Weitere Kosten sind nicht zu berücksichtigen, insbesondere nicht die Kosten eventueller Beschwerdeverfahren oder die dem Gegner im Rahmen der Zwangsvollstreckung erwachsenen Kosten (ebenso BGH BeckRS 2019, 14925). (Rn. 15 – 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 F 550/17 2019-05-21 Teilbeschluss AGEGGENFELDEN AG Eggenfelden

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen Ziffer 2. des Teilanerkenntnis- und Teilbeschlusses des Amtsgerichts Eggenfelden vom 21.05.2019 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf bis zu 600,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Hinsichtlich der Sachverhaltsdarstellung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Ziffer I. der Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Ergänzend wird folgendes ausgeführt:
Das Amtsgericht Eggenfelden hat den Antragsgegner mit Teilanerkenntnis- und Teilbeschluss vom 21.05.2019 unter Ziffer 1. zur Erteilung einer Auskunft über sein Endvermögen zum 04.03.2016 mit allen zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Aktivposten und Schuldposten durch Vorlage eines schriftlichen, systematisch gegliederten Bestandsverzeichnisses unter Angabe von Art und Umfang der Einzelposten und darüber hinaus dazu verpflichtet, diese Auskünfte durch geeignete Unterlagen zu belegen.
Unter Ziffer 2. hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über sein Trennungsvermögen zum 23.05.2015 mit allen zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Aktivposten und Schuldposten durch Vorlage eines schriftlichen, systematisch gegliederten Bestandsverzeichnisses unter Angabe von Art und Umfang der Einzelposten verpflichtet und ihm ferner aufgegeben, diese Auskünfte durch geeignete Unterlagen zu belegen.
Gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer 2. des vorgenannten Beschlusses wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde. Er macht geltend, Trennungszeitpunkt sei nicht der 23.05.2015, sondern bereits der 25.12.2014 gewesen.
Der Senat hat den Antragsgegner mit Hinweisbeschluss vom 29.07.2019 darauf hingewiesen, dass seine Beschwerde unzulässig ist, da der Beschwerdewert nicht erreicht wird.
Der Antragsgegner hat an seiner Beschwerde festgehalten.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners war als unzulässig zu verwerfen, da der Beschwerdewert nicht erreicht wird.
Nach § 61 Abs. 1 FamFG ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € übersteigt.
Ansonsten ist die Beschwerde nur dann zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges die Beschwerde zugelassen hat (§ 61 Abs. 2 FamFG), was vorliegend nicht der Fall ist.
Maßgeblich für den Wert der Beschwer gegen die Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft ist der voraussichtliche Aufwand an Zeit und Kosten, der dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung entsteht. Der persönliche Aufwand des Beschwerdeführers an Zeit und Kosten ist nach dem Stundensatz zu bewerten, den der Beschwerdeführer als Zeuge in einem Zivilprozess nach § 20 JVEG erhalten würde (BGH, Beschluss vom 27.03.2019, XII ZB 564/18; BGH NJW-RR 2016, 9; BGH FamRZ 2014, 1100).
Die Entschädigung für die Zeitversäumnis beträgt derzeit 3,50 € je Stunde. Die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten können dabei in der Freizeit erbracht werden (BGH FamRZ 2017, 982).
Soweit der Antragsgegner seinen Aufwand zur Erteilung der Auskunft mit 40 Stunden angibt, ist der Vortrag insoweit bereits nicht ausreichend substantiiert. Letztlich kann dies aber offen bleiben, da sich bei einem Zeitaufwand von 40 Stunden bei einem Stundensatz von 3,50 € lediglich ein Betrag von 140,00 € errechnet.
Soweit der Antragsgegner vorbringt, er habe ein erhebliches Interesse daran, gerade die Auskunft über das Trennungsvermögen zum 23.05.2015 nicht erteilen zu müssen, ist dies unbeachtlich. Der Bundesgerichtshof weist in ständiger Rechtsprechung darauf hin, dass für die Bewertung des Beschwerdegegenstandes nur der unmittelbare Gegenstand für die Entscheidung maßgeblich ist. Das daneben auch bestehende Ziel des zur Auskunft Verpflichteten, den Hauptanspruch zu verhindern, geht über das Ziel des Rechtsmittels hinaus und ist bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen (vgl. z.B. BGH FamRZ 2019, 818). Lediglich wenn in erster Instanz der Trennungszeitpunkt isoliert festgestellt wurde, kann sich etwas anderes ergeben (BGH a.a.O.). Vorliegend ist jedoch eine isolierte Feststellung des Trennungszeitpunktes nicht erfolgt. Vielmehr ging es allein um die Frage der Auskunftserteilung zum Trennungszeitpunkt.
Soweit sich der Antragsgegner darauf stützt, er müsse zur Erfüllung seiner Auskunftsverpflichtung sachkundige Dritte einschalten, da er ansonsten den Wert seines Vermögens nicht ermitteln und mitteilen könne, ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner nicht zur Wertermittlung verpflichtet wurde. Zwar kann ein Ehegatte nach § 1379 Abs. 1 Satz 3 verlangen, dass der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird. Dieser Anspruch ist jedoch nicht bereits im Auskunftsanspruch enthalten, sondern muss selbständig geltend gemacht werden (Palandt/Brudermüller, BGB, 78. Auflage, Rn. 15 zu § 1379 BGB). Vorliegend ist ein Anspruch auf Wertermittlung nicht geltend gemacht und eine Verpflichtung hierzu auch nicht tituliert worden. Für die Mitteilung wertbildender Faktoren ist die Hinzuziehung fachkundiger Dritter nicht erforderlich. Vielmehr reicht hierzu die Vorlage aussagekräftiger Urkunden wie z.B. Grundbuchauszüge bei Immobilienbesitz, Vorlage eines Kfz-Briefs bei Kraftfahrzeugen, Vorlage von Kaufurkunden, Vorlage von Unterlagen über Konten etc. Darüber hinaus kann auch eine Beschreibung der vorhandenen Vermögensgegenstände in Betracht kommen. Eines Hinzuziehens sachkundiger Personen, wie z.B. eines Steuerberaters, Rechtsanwalts oder Sachverständigen, bedarf es hierzu nicht (BGH FamRZ 2016, 116).
Der Antragsgegner kann auch nicht damit durchdringen, die Verpflichtung zur Auskunft enthalte hinsichtlich der vorzulegenden Belege eine zu unbestimmte und damit nicht vollstreckbare Verpflichtung, so dass die Kosten hinzugerechnet werden müssten, die sich daraus ergeben, sich erforderlichenfalls insoweit gegen eine Zwangsvollstreckung aus der Auskunftsverpflichtung zur Wehr setzen zu müssen.
Auch wenn man vorliegend davon ausgeht, dass dies zutrifft, wäre nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich, welche Kosten entstehen, wenn sich der Auskunftsverpflichtete im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen die Auskunftsverpflichtung wendet. In diesem Fall würden insgesamt 6/10 einer Anwaltsgebühr entstehen (§ 18 Nr. 13 RVG i.V.m. VVRVG 3309, 3310) zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer (BGH FamRZ 2019, 1442; BGH, Beschluss vom 27.03.2019, XII ZB 564/18; BGH FamRZ 2016, 1448; BGH FamRZ 2016, 1348; BGH, Beschluss vom 13.07.2017, I ZB 94/16). Weitere Kosten hat der Bundesgerichtshof nicht berücksichtigt, insbesondere auch nicht die Kosten eventueller Beschwerdeverfahren. Die Kosten, die dem Gegner im Rahmen der Zwangsvollstreckung erwachsen, sind bereits deshalb nicht berücksichtigungsfähig, da sie der Gegner selbst zu tragen hat, wenn sich der Auskunftsverpflichtete erfolgreich gegen die Zwangsvollstreckung wehrt.
Für den Gegenstandswert der Zwangsvollstreckung ist der Wert maßgeblich, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Da vorliegend nicht feststellbar ist, welchen Einfluss die Auskunft zum Vermögen des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Trennung auf den geltend gemachten Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin hat, ist allenfalls der Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG in Höhe von 5.000,00 € heranzuziehen. Eine Anwaltsgebühr aus 5.000,00 € beläuft sich auf 303,00 €. 60% hieraus machen einen Betrag von 181,80 € aus. Zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergeben sich demgemäß höchstens berücksichtigungsfähige Anwaltskosten in Höhe von 240,14 €.
Unerheblich ist, dass der Senat im Verfahren 26 WF 522/18 den Beschwerdewert auf 70.000,00 € festgesetzt hat. Im dortigen Verfahren war eine Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit Gegenstand. Die Festsetzung des Verfahrenswertes bei Befangenheitsanträgen richtet sich nach anderen Grundsätzen als die Festsetzung des Beschwerdewertes bei einer Verpflichtung zur Auskunftserteilung.
Selbst wenn man mit dem Antragsgegner von einem Zeitaufwand von 40 Stunden ausgeht, um die Auskunft zum Trennungsvermögen erteilen zu können, und wenn man die Kosten hinzurechnet, die dem Antragsgegner entstehen würden, wenn er sich gegen eine Zwangsvollstreckung aus der Auskunftsverpflichtung wendet, würde der Beschwerdewert nicht erreicht. Die Kosten des Zeitaufwandes des Antragsgegners würden sich auf 140,00 € belaufen, die berücksichtigungsfähigen Kosten in einem Zwangsvollstreckungsverfahren auf 240,14 €. Zusammen ergäbe sich ein Betrag von 380,14 €, der deutlich unter dem Beschwerdewert liegt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
IV.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus den unter II. angestellten Erwägungen.


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