Familienrecht

Gegenstandswert einer Untätigkeitsklage im Asylverfahren

Aktenzeichen  M 22 M 18.34506

Datum:
15.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 15751
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 80, § 83b
RVG § 30 Abs. 1, Abs. 2
VwGO § 75 S. 2, § 151, § 165

 

Leitsatz

Bei einem Klageantrag auf Fortsetzung des Asylverfahrens ist der Gegenstandswert gem. § 30 Abs. 2 RVG auf 2.500,- EUR festzusetzen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. November 2018 im Verfahren M 22 K 18.32031 wird geändert.
Die Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nach Maßgabe dieses Beschlusses wird dem Urkundsbeamten/der Urkundsbeamtin des Gerichts übertragen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Am 17. Mai 2018 erhob der Antragsgegner (vormals: Kläger) im Hauptantrag eine auf Fortführung des Asylverfahrens und Verbescheidung des Asylantrags gerichtete Klage. Nachdem die Antragstellerin (vormals: Beklagte) die Anträge verbeschieden hatte, wurde das Verfahren nach beidseitigen Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 25. Juli 2018 eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 27. August 2018 beantragte der Bevollmächtigte des Antragsgegners, die entstandenen notwendigen Aufwendungen auf insgesamt 492,54 Euro festzusetzen (ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 5.000 Euro). Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. November 2018 setzte die Kostenbeamtin des Gerichts die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners antragsgemäß fest.
Am 3. Dezember 2018 beantragte die Antragstellerin hiergegen die Entscheidung des Gerichts. Zur Begründung wird ausgeführt, Streitgegenstand sei vorliegend eine reine Untätigkeitsklage, die sich auf die Verpflichtung der Beklagten auf bloße Verbescheidung beschränke. Ein auf reine Durchführung des Asylverfahrens durch das Bundesamt beschränktes Begehren erfordere keine für asylrechtliche Streitigkeiten kennzeichnende Bearbeitung; hinreichend sei die Darlegung des Zeitpunktes der Asylantragstellung, das Abwarten der Mindestfrist des § 75 Satz 2 VwGO und das Vorbringen, das Bundesamt habe über den Asylantrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden. Dementsprechend sei eine Halbierung des Gegenstandswertes nach § 30 Abs. 2 RVG gerechtfertigt.
Die Urkundsbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 11. Dezember 2018 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 22 K 18.32031 verwiesen.
II.
Die gemäß § 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO zulässige Kostenerinnerung ist begründet.
Der für die Kostenfestsetzung zugrunde zu legende Gegenstandswert wird abweichend vom Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3. Januar 2018 auf 2.500 Euro festgesetzt.
In gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz erfolgt die Bestimmung der anwaltlichen Gebühren im Kostenerstattungsverfahren auf der Grundlage des Gegenstandswerts (§ 30 Abs. 1 RVG, § 2 i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG § 13 RVG i.V.m. Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG). Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG beträgt der Gegenstandswert in gerichtlichen (Klage-)Verfahren nach dem Asylgesetz 5.000 Euro.
Das Gericht kann allerdings nach § 30 Abs. 2 RVG einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Im vorliegenden Fall sieht das Gericht den Gegenstandswert des § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 5.000 Euro für unbillig an, weil beantragtes Ziel des Klageverfahrens im zu entscheidenden Hauptantrag (Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO) nur die Fortsetzung des Asylverfahrens war. Ein derartiges Klagebegehren ist weder von der Bedeutung für den Kläger noch vom Aufwand für den Klägerbevollmächtigten vergleichbar mit einer beantragten (Sach-) Entscheidung durch das Gericht. Während eine Klage auf Sachentscheidung grundsätzlich noch weiteren Sachvortrag ermöglicht und gegebenenfalls auch erfordert, fällt der Aufwand für den Klägerbevollmächtigten im vorliegenden Fall deutlich geringer aus. Dass eine derartige Fallkonstellation von der grundsätzlichen Gleichbehandlung hinsichtlich der Streitwertfestsetzung der verschiedenen möglichen Verfahren nach dem AsylG von der Neufassung des § 30 Abs. 1 RVG erfasst sein sollte, ergibt sich auch nicht aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG), BT-Drucksache 17/11471, S. 269). Diese zielte auf eine einheitliche Behandlung der verschiedenen Verfahren, die verschiedene Ansprüche zum Gegenstand hatten, wie Klagen auf Asylanerkennung, gegen Abschiebungsandrohungen und Abschiebungsanordnungen oder auch gegen die Durchsetzung einer Ausreisepflicht. All diesen Verfahren ist gemeinsam, dass sie – anders als vorliegend – eine materielle Anspruchsprüfung zum Gegenstand haben. Für eine Untätigkeitsklage, die auf eine reine Verbescheidung gerichtet ist, erachtet das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe von 2.500 Euro für angemessen (vgl. hierzu insbesondere BVerwG, B.v. 11.7.2018 – 1 C 18.17 – juris Rn. 5 und 6; VG München, B.v. 24.1.2018 – M 15 M 18.30204 – juris Rn. 11).
Das Gericht überträgt die infolge dieser Entscheidung erforderliche Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses dem Urkundsbeamten/der Urkundsbeamtin gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 573 Abs. 1 Satz 3 und § 572 Abs. 3 ZPO (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – juris Rn. 20; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 165 Rn. 9).
Der Antragsgegner hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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