Familienrecht

Keine Vergütung eines Sachverständigen wegen mangelnder Verwertbarkeit eines Gutachtens

Aktenzeichen  11 W 1380/18

Datum:
3.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 55233
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
JVEG § 4 Abs. 3, § 8a Abs. 2 S. 2
ZPO § 286 Abs. 1 S. 1
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

34 O 22225/13 2018-08-14 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Das Landgericht München I hat mit Beweisbeschluss vom 31.03.2015 die Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Behauptung der Klagepartei angeordnet, dass der objektive Verkehrswert des Gebrauchsvorteils der Beklagten an der Sondernutzungsfläche der Hausnummer auf dem Flurstück im Zeitraum vom 25.09.2007 bis 10.10.2013 (Datum der Klageschrift) 34.848 € betragen habe. Gleichzeitig ist die Sachverständige darauf hingewiesen worden, dass der Verkehrswert in der üblichen oder – in Ermangelung einer solchen – in der angemessenen Vergütung, die bei ordnungsgemäßer Inanspruchnahme des in Rede stehenden Rechtsgut zu entrichten ist, seinen Ausdruck findet (BGH NJW 1996, 3409 [3411]). Maßgeblich sei daher zur Beantwortung der Beweisfrage, was die Beklagte bei vertraglicher Gestaltung zu entrichten gehabt hätte, wobei primär auf eine übliche Vergütung, nachrangig auf eine objektiv angemessene Vergütung abzustellen sein würde. Frau ist zur Sachverständigen bestimmt worden. Das Landgericht hat die Akten mit Anschreiben vom 24.04.2015 an die Sachverständigen versandt und dieser dabei aufgegeben, das Gutachten spätestens bis zum 24.07.2015 zu erstellen. In der Folgezeit ist das Einverständnis der Parteien und des Gerichts mit dem von der Sachverständigen wegen der besonderen Schwierigkeit erbetenen Stundensatz von 130,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer herbeigeführt worden. Im Weiteren kam es fortlaufend zu Fristverlängerungsersuchen der Sachverständigen und auch zur Anforderungen zusätzlicher Kostenvorschüsse bis schließlich das Gutachten der Sachverständigen vom 30.04.2017 am 08.05.2017 beim Landgericht einging. In ihrem Gutachten kam die Sachverständige zu dem Ergebnis, dass sie die Vorteile der Beklagten durch das Belassen der vorhandenen Transportleitung nicht beziffern könne. Daher habe sie nur Ausführungen zur objektiv angemessenen Vergütung machen können, in der die Nachteile für den Belasteten ihren Ausdruck finden. Auf dieser Grundlage habe sie die Wertminderung zum Zeitpunkt der Klageschrift am 10.10.2013 auf rund 71.000 € geschätzt. Zusammen mit der objektiv angemessenen Vergütung für die Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche im Zeitraum 25.09.2007 bis 10.10.2013 von geschätzten rund 12.000 €, ergebe sich eine Summe der angemessenen Vergütungen von rund 83.000 €.
Die Sachverständige rechnete mit Kostenabrechnung vom 02.05.2017 ihre Leistungen mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 7.730,48 €. Der um die Kopierkosten korrigierte Rechnungsbetrag in Höhe von 7.607,61 € wurde in Folgezeit durch die Staatskasse an die Sachverständige angewiesen.
Nach erfolgter Stellungnahme der Parteien zum Gutachten erging mit Verfügung vom 07.07.2017 der Hinweis des Gerichts an die Parteien, dass das Gericht der Ansicht der Beklagtenpartei, das Gutachten habe die aufgeworfene Frage aus dem Beweisbeschluss vom 31.03.2015 bislang nicht beantwortet, folge.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2018 wies das Gericht zunächst darauf hin, dass das vorliegende Gutachten die im Beweisbeschluss gestellte Frage nicht beantworte und für die Entscheidung des Rechtsstreits ein neues Gutachten einzuholen wäre. Anschließend schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich. Die Klagepartei beantragte, die Kosten für das Sachverständigengutachten niederzuschlagen, da das Sachverständigengutachten unbrauchbar sei. Auch die Beklagtenpartei regte mit Schriftsatz vom 12.07.2018 an, hinsichtlich der Vergütung der Sachverständigen § 8a JVEG anzuwenden. Dieser Schriftsatz der Beklagtenpartei wurde der Sachverständigen mit Frist zur Stellungnahme übersandt.
Die Bezirksrevisorin beim Landgericht München I als Vertreterin der Staatskasse nahm mit Schreiben vom 01.08.2018 Stellung und beantragte die Vergütung der Sachverständigen auf null festzusetzen. Ausweislich der Akten sei das Gutachten wegen schwerer inhaltlicher Mängel nicht verwertbar und dem Vergütungsanspruch stehe § 8a Abs. 2 Nr.2 JVEG entgegen.
Mit Beschluss des Landgerichts München I vom 14.08.2018 gemäß § 4 JVEG wurde durch den Einzelrichter die Vergütung der Sachverständigen auf 0 € festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die im Beweisbeschluss enthaltene Fragestellung nicht beantwortet worden sei und deshalb das Gutachten für die Entscheidungsfindung unbrauchbar gewesen wäre. Es stelle einen erheblichen und schuldhaften Pflichtverstoß der Sachverständigen dar, nicht rechtzeitig dem Gericht mitgeteilt zu haben, dass die Fragestellung aus dem Beweisbeschluss von ihr nicht beantwortet werden könne. Einem Vergütungsanspruch der Sachverständigen einschließlich dem Anspruch auf Auslagenersatz stehe deshalb § 8a Abs. 2 Nr.2 JVEG entgegen.
Mit Schreiben vom 04.09.2018 legte die Sachverständige gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Im Schriftsatz der Sachverständigen vom 19.09.2018 wurde die Beschwerde begründet. Darin rügt die Sachverständige zunächst, dass ihr nur das Schreiben der Beklagtenpartei vom 12.07.2018 zur Stellungnahme übersandt worden sei und ihr somit im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht ausreichend rechtliches Gehör und angemessene Beteiligungsmöglichkeiten gewährt worden sei. Zum anderen bestreitet die Sachverständige eine mangelhafte Leistung. Sie habe sich durchaus mit der Fragestellung des Beweisbeschlusses auseinandergesetzt. Selbst wenn jedoch davon auszugehen wäre, dass die Gutachtensleistung mangelhaft wäre, käme ein Wegfall der Vergütung nicht in Betracht, da der kompliziert formulierte und mit dem nicht näher der Beschwerdeführerin, die keine Juristin sei, ausgeführten rechtlichen Hinweis auf eine ältere BGH-Entscheidung gespickte Beweisbeschluss bereits eine unzureichende gerichtliche Anleitung enthalte. Zudem sei der Sachverständigen auch keine Möglichkeit zur Korrektur eingeräumt worden. Es sei auch nicht ersichtlich, inwieweit im Rahmen des abgeschlossenen Vergleichs das Gutachten nicht doch verwertet wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 19.09.2018 Bezug genommen.
Der Beschwerde wurde durch Beschluss des Landgerichts München I vom 27.09.2018 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht München zur Beschwerdeentscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Sachverständigen ist zulässig (§ 4 Abs. 3 JVEG).
Da hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung eines Sachverständigen kein Antragsrecht der Parteien besteht, muss davon ausgegangen werden, dass das Landgericht München I mit seines Beschlusses vom 14.08.2018 von Amts wegen die Vergütung der Sachverständigen auf Null festgesetzt hat. Gegen den Beschluss ist somit die Beschwerde durch die Sachverständige gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig (Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 27. Auflage, § 4 Rn. 14).
Das Rechtsmittel der Sachverständigen hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg. Die angefochtenen Vergütungsfestsetzung auf Null ist aufgrund der Mangelhaftigkeit des erstellten Gutachtens und der nicht unverschuldeten Unverwertbarkeit vorliegend nicht zu beanstanden.
1. Der Auftrag an die Sachverständige wurde im vorliegenden Fall mit der Übersendung der Akten an diese mit Anschreiben vom 24.04.2015 erteilt. Der vom Landgericht ausgesprochene Wegfall der Vergütung kann deshalb nur unter den Voraussetzungen des seit dem 01.08.2013 in Kraft befindlichen § 8 a JVEG in Betracht kommen.
2. Danach entfällt der Vergütungsanspruch des Sachverständigen soweit die Leistung nicht bestimmungsgemäß verwertbar ist und eine mangelhafte Leistung (§ 8a Abs. 2 S.1 Nr.2 JVEG) erbracht wurde.
a) Maßgeblich für die bestimmungsgemäße Verwertbarkeit des Gutachtens ist dabei der konkrete Auftrag des Gerichts an den Sachverständigen, ganz unabhängig davon welche Tätigkeiten oder Beweisfragen der Sachverständige zur Klärung der Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien aus seiner Sicht für sinnvoll erachtet. Danach ist auszugehen von der klar und unmissverständlich formulierten Beweisfrage aus dem Beweisbeschluss vom 31.03.2015, den objektiven Verkehrswert des Gebrauchsvorteils der Beklagten an der streitgegenständlichen Sondernutzungsfläche im Zeitraum vom 25.09.2007 bis 10.10.2013 zu ermitteln. Wie sich aus dem zusammenfassenden Ergebnis des Gutachtens der Sachverständigen vom 30.04.2017, Seite 54, ergibt, hätten die Vorteile der Beklagten durch das Belassen der vorhandenen Transportleitung durch die Sachverständige nicht beziffert werden können. Daher habe die Sachverständige nur Ausführungen zur objektiv angemessenen Vergütung machen können, in der die Nachteile für den Belasteten ihren Ausdruck finden. Auf dieser Grundlage wurde die Wertminderung zum Zeitpunkt der Klageschrift am 10.10.2013 auf rund 71.000 € geschätzt. Zusammen mit der objektiv angemessenen Vergütung für die Inanspruchnahme der Sondernutzungsfläche im Zeitraum 25.09.2007 bis 10.10.2013 von geschätzten rund 12.000 €, ergebe sich eine Summe der angemessenen Vergütungen von rund 83.000 €. Die konkret gestellte Beweisfrage, nach dem Verkehrswert des Gebrauchsvorteils blieb damit – auch nach der zusammenfassenden Darstellung im Gutachten selbst – unbeantwortet. Damit leidet das Gutachten nach objektiven Maßstäben an einem schwerwiegenden inhaltlichen Mangel. Bereits nach alter Rechtslage war anerkannt, dass im Falle einer fehlenden Beantwortung der Beweisfrage, dem Gutachten ersichtlich die prozessuale Verwertbarkeit fehle und damit der Sachverständige seinen Entschädigungsanspruch gegenüber der Staatskasse verliere (vgl. OLG Koblenz, JurBüro 1994, 562).
Soweit die Sachverständige darauf abstellt, dass es ihr insoweit mangels empirischer Daten über übliche Vergütungen in diesem Zusammenhang gar nicht möglich gewesen sei den Wert des Gebrauchsvorteils objektiv zu beziffern, schließt dieser Einwand – als wahr unterstellt – hier weder die Mangelhaftigkeit noch die Unverwertbarkeit aus. Zweifel am Inhalt und Umfang des erteilten Umfangs sind nämlich unverzüglich mit dem Gericht zu klären (Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 27. Auflage, § 8a Rn. 12). Insoweit normiert auch § 407a Abs. 1, Abs. 4 S.1 ZPO entsprechende Pflichten des Sachverständigen.
b) Auch nach der Beurteilung durch das erkennende Streitgericht ist von der vollständigen Unverwertbarkeit des Gutachtens auszugehen.
Es liegt in der Konsequenz des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung nach § 286 Absatz 1 Satz 1 ZPO, welche als zentrales Element immer auf die subjektive Überzeugung gerade des Tatrichters (und nicht irgend einer anderen Person) abstellt, und im Übrigen der bei verschiedenen Richtern in unterschiedlicher Dichte vorhandenen Fachkenntnisse und unterschiedlichen Fähigkeit, sich etwa in technische Sachverhalte hineinzudenken und auch eventuelle Fehler eines Gutachtens zu kompensieren, dass die Verwertbarkeit eines Gutachtens von verschiedenen Richtern unterschiedlich eingeordnet werden kann. Aus dem Umstand, dass das Gutachten immer konkret auf den jeweiligen Tatrichter zielt und die Verwertbarkeit aus dessen Perspektive zu bewerten ist und aus dem damit im Zusammenhang stehenden Ziel, eine Wiederholung eines Streites über die Verwertbarkeit von Gutachten in den Kosteninstanzen zu vermeiden (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 14. November 2012, BT-Drs. 17/11471 S. 260) ergibt sich, dass ein Gutachten immer als brauchbar gilt, wenn es von dem Tatrichter berücksichtigt wurde. Inzwischen ist dies auch ausdrücklich in § 8a Absatz 2 Satz 2 JVEG kodifiziert. Dabei gilt als Berücksichtigung eines Gutachtens nicht erst, wenn auf seiner Grundlage ein die Instanz abschließendes Urteil ergeht. Eine Verwertung ist vielmehr schon, wenn der zuständige Richter im Rahmen der Prüfung der Sach- und Rechtslage nach Erstattung des Gutachtens auf dieses aufbaut (LG Halle, Beschluss vom 04. Mai 2014 – 4 T 26/14).
Soll aber nach dem Willen des Gesetzgebers der Sachentscheidung des Tatrichters für eine Verwertbarkeit des Gutachtens Präjudizwirkung zukommen, so erscheint es nur folgerichtig, dass auch der Einschätzung des Tatrichters über die Unverwertbarkeit des Gutachtens – wie hier bereits im Hinweisbeschluss des Landgerichts München I vom 07.07.2017 erfolgt, zumindest eine maßgebliche Indizwirkung für das Kostenverfahren zukommt.
c) Das Gutachten der Sachverständigen wurde auch tatsächlich nicht durch das Gericht in irgendeiner Form berücksichtigt. Auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2018 ergibt sich nicht, dass die Parteien den Inhalt des Gutachtens ihrem Vergleich zugrunde gelegt hätten. Vielmehr sind nach Aktenlage beide Parteien von der Unverwertbarkeit des Gutachtens ausgegangen und haben sich orientiert an der Klagesumme ungefähr auf einen hälftigen Vergleichsbetrag verständigt.
3. Die Frage, ob überhaupt und wenn ja, welcher Verschuldensmaßstab bei mangelhafter Leistung und Unverwertbarkeit an den Sachverständigen nach neuer Rechtslage anzulegen ist, erscheint strittig (vgl. Hartmann, Kostenrecht, 47. Auflage, zu § 8a JVEG, Rn. 4, der auch für die nicht ausdrücklich normierten Fälle von einem allgemeinen Verschuldenserfordernis im Wege der ergänzenden Gesetzesauslegung ausgeht).
a) Der § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 JVEG stellt nicht darauf ab, dass die mangelhafte Leistung auf einem pflichtwidrigen oder grob fahrlässigen Verhalten des Berechtigten beruht. Ein solches Verhalten muss daher nicht vorliegen, sondern es genügt, dass die Leistung wegen Mangelhaftigkeit durch die heranziehende Stelle unverwertbar ist (Schneider, JVEG, 3. Auflage 2018, § 8a Rn. 10-14). Auch wenn die gesetzliche Neuregelung bei Mangelhaftigkeit der Sachverständigenleistung nach § 8a Abs. 2 S.1 Nr.2 JVEG dem Wortlaut nach auf eine Verschuldensanforderung verzichtet – anders als noch zur alten Rechtslage, wonach für eine Aberkennung des Vergütungsanspruchs auf Grundlage des § 8 JVEG mindestens grobe Fahrlässigkeit bei der Herbeiführung der objektiven Unbrauchbarkeit des Gutachtens erforderlich war (vgl. zur alten Rechtslage beispielhaft: OLG München, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – 11 W 2733/10 – m.w.N.) – wäre der Wegfall der Vergütung zumindest dann unbillig, wenn die Mangelhaftigkeit auf unzulängliche Anleitung des Gerichts (§ 404a ZPO) beruhen würde (Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 27. Auflage, § 8a Rn. 14). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
b) Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei dem Beweisbeschluss des Landgerichts München I vom 31.03.2015 um eine klar und konkret formulierte Beweisfrage. Wenn die Beantwortung dieser Beweisfrage der Sachverständigen tatsächlich – aus welchem Grunde auch immer – nicht möglich gewesen wäre, dann wäre die Sachverständige verpflichtet gewesen diesen Umstand zeitnah und nicht erst mit dem Gutachten selbst dem Gericht mitzuteilen. Angesichts des umfangreichen wegen der Höhe der Kostenvorschüsse und über die Verlängerungen zur Frist über die Gutachtensfertigstellung geführten Schriftverkehr der Sachverständigen mit dem Gericht, wäre eine rechtzeitige Mitteilung der Sachverständigen möglich und zumutbar gewesen. Insofern ist davon auszugehen, dass die Unverwertbarkeit des Gutachtens auch schuldhaft durch die Sachverständige herbeigeführt wurde.
4. Grundsätzlich ist dem Sachverständigen vor Aberkennung seines Anspruchs Gelegenheit zur Nachbesserung, zum Beispiel durch Anberaumung eines Termins zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens, einzuräumen (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014 zu § 8a Rn. 9; so auch OLG Jena 5.6.2012 – 9 W 243/12). Vorliegend scheidet ein Nachbesserungsrecht jedoch aus, da die Sachverständige selbst in ihren Gutachten ausgeführt hat, dass sie sich nicht in der Lage sehe die konkrete Beweisfrage, nach dem objektiven Verkehrswert des Gebrauchsvorteils der Beklagten, zu beantworten. Zudem leidet das Gutachten hierdurch an einem so fundamentalen Mangel, so dass nicht zu erwarten ist, dass allein durch eine mündliche Anhörung zu dem Gutachten oder einer schriftlichen Ergänzung eine Verwertbarkeit des Gutachtens herbeigeführt werden kann.
5. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, dass sie, indem ihr lediglich der Beklagtenschriftsatz vom 12.07.2018, mit der Anregung § 8a JVEG zur Anwendung zu bringen, zur Stellungnahme zugeleitet wurde, nicht ausreichend an dem Vergütungsfestsetzungsverfahren beteiligt worden sei und der Beschluss des Landgerichts München I vom 14.08.2018 deshalb unter Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör zustande gekommen sei, ist dies zutreffend. Dieser Verfahrensmangel wurde aber zwischenzeitlich geheilt. Die maßgeblichen Gründe, die hier zum Wegfall der Vergütung geführt haben sind mit dem Festsetzungsbeschluss mitgeteilt worden. Die Stellungnahme der Vertreterin der Staatskasse ist mittlerweile auch der Beschwerdeführerin zugeleitet worden. Gelegenheit Einwendungen in der Sache gegen die Festsetzung vorzubringen bestand nunmehr im Abhilfe- und Beschwerdeverfahren ausreichend, wovon auch die Beschwerdeführerin Gebrauch gemacht hat. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung seit der Entscheidung des BVerfG vom 25.5.1956 (BVerfGE 5, 22 = NJW 1956, 1026), dass ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geheilt werden kann, wenn das rechtliche Gehör im Rechtsmittelzuge gewährt wird und das Rechtsmittelgericht in der Lage ist, das Vorbringen zu berücksichtigen. Das gilt erst recht, wenn der Gehörsverstoß bereits vom Erstgericht im (Nicht-)Abhilfeverfahren behoben wurde (beispielhaft: OLG Koblenz, Beschluss vom 9.9.2014 – 14 W 522/14 =NJW-RR 2015, 446; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. 4. 2011 – 24 W 29/11=NJOZ 2012, 2017; Zöller/Herget, ZPO, 32. Auflage, zu §§ 103,104 Rn. 21 Stichwort „rechtliches Gehör“).
6. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).


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