Familienrecht

Kindeswohlgefährdung wegen Adipositas und Schulabbruch

Aktenzeichen  26 UF 285/19

Datum:
5.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2019, 1706
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1666, § 1779 Abs. 2
GG Art. 6 Abs. 2
FamFG § 60 S. 3
SGB VIII § 27

 

Leitsatz

Bei der Ausübung des staatlichen Wächteramts in kindschaftsrechtlichen Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung nach §§ 1666, 1666a BGB handelt es sich   nicht um ein dem Minderjährigen zustehendes konkretes subjektives Recht nach bürgerlichem Recht i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG  (Rn. 67) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 F 263/14 2014-06-26 Bes AGWOLFRATSHAUSEN AG Wolfratshausen

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten M. M. wird zurückgewiesen.
2. Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten C. M. wird verworfen.
3. Rechtsanwalt Dr. A. V. wird als Verfahrensbevollmächtigter der Beteiligten C. M. zurückgewiesen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beteiligte C. M. im Beschwerdeverfahren nicht verfahrensfähig ist.
5. Der Antrag der Beteiligten C. M. auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird abgelehnt.
6. Der Antrag von Rechtsanwalt Dr. A. V. auf Bewilligung von Akteneinsicht wird abgelehnt.
7. Der Anregung auf Entlassung des Verfahrensbeistands wird keine Folge gegeben.
8. Der Antrag der Beteiligten M. M. auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
9. Die Beteiligte M. M. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
10. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.
11. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Aus der nichtehelichen Beziehung der Beteiligten M. M.(im folgenden: Kindsmutter) und B. M.(im folgenden: Kindsvater) ist die gemeinsame Tochter C. M., geb. … 2005, hervorgegangen.
Die Kindsmutter hatte zunächst die alleinige elterliche Sorge inne, welche ihr mit Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 26.06.2014 (Az. 3 F 263/14) in der dortigen Ziffer 1. in den Teilbereichen Recht zur Aufenthaltsbestimmung, Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten, Recht zur Gesundheitssorge sowie Recht zur Beantragung staatlicher Hilfen entzogen wurde. Soweit ihr die Rechte entzogen wurden, wurde Ergänzungspflegschaft angeordnet.
Mit Sorgeerklärung vom 14.02.2017 erklärten die Kindseltern beim Landratsamt B. T.-W., dass sie die elterliche Sorge für C. gemeinsam ausüben.
Im Zeitraum Februar 2015 bis einschließlich März 2018 war C. im sozialpädagogischen Jugendhaus in B. T. untergebracht, wo sie regelmäßig die M. Schule besuchte. Am 14.03.2018 wurde C. – im Einverständnis mit dem Ergänzungspfleger und unter Aufrechterhaltung der bestehenden Sorgeentscheidung – in den Haushalt der Mutter zurückgeführt und wieder von ihren Eltern betreut. Die Kindseltern wohnten zu diesem Zeitpunkt im selben Haus in der T. Straße 2 in … D., jedoch in verschiedenen Wohnungen.
Am 02.09.2018 stellte der Ergänzungspfleger beim Amt für Jugend und Familie B.T.-W. einen Antrag auf Hilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz mit dem Ziel einer stationären Fremdunterbringung von C. in der Einrichtung des CJD B., einem Zentrum für medizinischschulische Rehabilitation für chronisch kranke, u.a. an Adipaositas leidende Kinder und Jugendliche im Schulalter mit angegliederten Schulen. Hiergegen wendeten sich die Kindseltern und riefen das Amtsgericht Wolfratshausen an. Mit Beschluss vom 17.10.2018 (Az. 3 F 626/18) wies das Amtsgericht Wolfratshausen den Antrag der Kindseltern auf Rückübertragung des Rechts zur Aufenthaltsbestimmung sowie des Rechts zur Gesundheitssorge für C. auf beide Elternteile gemeinsam zur Verhinderung der Fremdunterbringung C. im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zurück.
Die Unterbringung C. in der Einrichtung des CJD B. wurde sodann seitens des Ergänzungspflegers mit dem Aufnahmetermin 07.11.2018 geplant. Am 02.11.2018 teilte der Ergänzungspfleger den Kindseltern den vorgesehenen Aufnahmetermin mit.
In der Folge tauchten die Kindseltern gemeinsam mit C. unter. Nachdem weder C. noch die Kindseltern für Jugendamt oder Ergänzungspfleger erreichbar waren, wurde C. am 07.11.2018 als vermisst gemeldet. Am 13.11.2018 teilte der Kindsvater gegenüber dem Jugendamt W. mit, dass nur er selbst wieder in den Landkreis zurückgekehrt sei, er jedoch nicht wisse, wo sich C. und die Kindsmutter aktuell aufhielten. Ihm sei aber bekannt, dass sie sich an „einem sicheren Ort“ befänden und es ein paar Leute gebe, die C. und die Mutter unterstützten.
Nach zunächst erfolgloser Fahndung konnte C. schließlich in der Nacht vom 06. auf den 07.01.2019 in C. aufgegriffen werden. Danach wurde sie zunächst in einer Inobhutnahmestelle in L. untergebracht; seit 17.01.2019 befindet C. sich in der Einrichtung des CJD B.
Mit Beschluss vom 08.01.2019 (Az. 3 F 6/19) entzog das Amtsgericht Wolfratshausen auf Anregung des Ergänzungspflegers ohne mündliche Verhandlung im Wege der einstweiligen Anordnung den sorgeberechtigten Eltern vorläufig die elterliche Sorge und ordnete Vormundschaft sowie ein Kontakt- und Näherungsverbot an. Zum Vormund wurde der bisherige Ergänzungspfleger bestimmt. Zudem wurde von Amts wegen das hiesige Hauptsacheverfahren unter dem Az. 3 F 12/19 eingeleitet.
Am 21.01.2019 wurde C. im hiesigen Verfahren durch den Familienrichter des Amtsgerichts Wolfratshausen im Beisein des durch Beschluss vom 09.01.2019 bestellten Verfahrensbeistands in der Einrichtung des CJD B. persönlich angehört.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 25.01.2019, in dem die Kindseltern, der Ergänzungspfleger, der Verfahrensbeistand sowie die Vertreter des Jugendamts angehört worden waren, erließ das Amtsgericht Wolfratshausen am 28.01.2019 folgenden Beschluss:
1. Den sorgeberechtigten Eltern wird das Recht zur Gesundheitssorge, das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung des Umgangs, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten und das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII für das Kind C. M., geb. am … 2005, entzogen.
2. Soweit die Rechte den Eltern entzogen wurden, wird die Ergänzungspflegschaft angeordnet und die entzogenen Rechte übertragen auf Herrn E. S., D.straße 14 a, … K. Der Ergänzungspfleger führt die Pflegschaft berufsmäßig.
3. Der Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 26.06.2014 (Az. 3 F 263/14) wird in Ziffer 1. aufgehoben.
4. Den Eltern wird verboten, sich in einem Umkreis von zehn Kilometern zur Einrichtung des CJD B., R.straße 78, … B./O., aufzuhalten, es sei denn in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit vom Ergänzungspfleger genehmigten Umgangskontakten der Eltern zu dem Kind C. M., geb. am … 2005.
5. …
6. Der Antrag der Eltern auf Rückübertragung der vollen elterlichen Sorge für das Kind C. M., geb. … 2005, auf beide Elternteile gemeinsam wird zurückgewiesen.
7. Der hilfsweise Antrag der Eltern auf sofortige Freilassung C.aus der Einrichtung des CJD B. und deren Rückführung zu den Eltern wird zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindsmutter vom 27.02.2019 unter Beantragung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.
Mit Schriftsatz vom 17.04.2019 zeigte Rechtsanwalt Dr. A. V. die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Beteiligten C. M.an und erklärte die Anschlussbeschwerde mit dem Ziel, den Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 28.01.2019 aufzuheben mit der Folge der Rückübertragung der entzogenen Teile der elterlichen Sorge auf die Kindseltern.
Mit Schriftsatz vom 30.04.2019 beantragte Rechtsanwalt Dr. A. V. Einsicht in die Akte, einschließlich sämtlicher Beiakten, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Beteiligte C. M. sowie die Aufhebung der Verfahrensbeistandsbestellung.
Der Senat erholte im Beschwerdeverfahren u.a. aktuelle Stellungnahmen des Jugendamts, des Ergänzungspflegers sowie des Verfahrensbeistandes.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten M. M. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 28.01.2019 ist zurückzuweisen, da diese zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet ist.
Die durch Beschluss vom 28.01.2019 vorgenommene Ablehnung der Rückübertragung der vollumfänglichen elterlichen Sorge auf die Kindseltern, die Entziehung der elterlichen Sorge in dem weiteren Teilbereich Regelung des Umgangs sowie die Anordnung eines Näherungsverbots sind nicht zu beanstanden. Sämtliche Anordnungen wurden durch das Familiengericht unter zutreffender Tatsachenerfassung und Rechtsanwendung zu Recht auf Grundlage von §§ 1666, 1696 Abs. 2 BGB getroffenen.
a) Nach § 1666 Abs. 1 BGB hat das Familiengericht die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Eine Trennung des Kindes von den Sorgeberechtigten ist gegen ihren Willen nur zulässig, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen (z. B. BVerfG FamRZ 2014, 1266). Eine solche Trennung stellt den stärksten Eingriff in das Elterngrundrecht dar und ist nur unter der Voraussetzung zulässig, dass das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreicht, dass das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre (BVerfG, Beschluss vom 23.04.2018, 1 BvR 383/18). Ein Verschulden der Eltern setzt § 1666 Abs. 1 BGB dabei nicht voraus (OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1903). Eine Gefährdung im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB liegt dann vor, wenn bereits ein Schaden beim Kind eingetreten ist oder eine Gefahr gegenwärtig in einem solchen Ausmaß besteht, dass sich bei ihrer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 23.04.2018, 1 BvR 383/18; BVerfG NJW 2017, 1295; BVerfG FamRZ 2014, 1005; BGH FamRZ 2019, 598). Dem Staat ist es allerdings nicht gestattet, seine eigenen Vorstellungen von einer geeigneten Kindererziehung an die Stelle der Vorstellung der Eltern zu setzen und gegen den Willen der Eltern für eine bestmögliche Förderung der Fähigkeit der Kinder sorgen zu wollen (BVerfG FamRZ 2016, 439; BVerfG FamRZ 2015, 112). Vielmehr ist auch in Kauf zu nehmen, dass Kinder durch Entscheidungen der Eltern Nachteile erleiden (vgl. BVerfG FamRZ 2014, 907). Nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit der Eltern berechtigen den Staat, auf der Grundlage seines ihm nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG zukommenden Wächteramtes die Eltern von der Pflege und Erziehung ihres Kindes auszuschalten oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen. Dies gebietet das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantierte Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder, in das nach Art. 6 Abs. 3 GG allein zu dem Zweck eingegriffen werden kann, das Kind vor nachhaltigen Gefährdungen zu schützen. Solche Eingriffe dürfen nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (BVerfG FamRZ 2016, 439; BGH a.a.O.), insbesondere, wenn sie mit der Trennung des Kindes von den Eltern verbunden sind (§ 1666 a BGB; s. auch z.B. BVerfG, Beschluss vom 23.04.2018, 1 BvR 383/18). Die – auch teilweise – Entziehung der elterlichen Sorge als besonders schwerer Eingriff kann daher nur bei einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes mit einer höheren – einer im Einzelfall durch Abwägung aller Umstände zu bestimmenden – ziemlichen Sicherheit eines Schadenseintritts verhältnismäßig sein (BGH, Beschluss vom 06.02.2019, XII ZB 408/18). Die Anordnung weniger einschneidender Maßnahmen kann dagegen bereits bei geringerer Wahrscheinlichkeit verhältnismäßig sein. Bei einer Trennung des Kindes von den Eltern und einer Fremdunterbringung müssen zudem die negativen Folgen der Trennung durch die hinreichend gewisse Aussicht auf Beseitigung der festgestellten Gefahr aufgewogen werden, so dass sich die Situation des Kindes in der Gesamtbetrachtung verbessert (BVerfG, FamRZ 2018, 1084).
b) Der Senat hat keinen Zweifel, dass bei Rückübertragung der durch Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 26.06.2014 (Az. 3 F 263/14) bzw. vom 28.01.2019 (Az. 3 F 12/19) entzogenen Teilbereiche der elterlichen Sorge auf die Eltern mit der Folge einer Rückkehr von C. in den mütterlichen bzw. väterlichen Haushalt sowohl das körperliche als auch das geistige und seelische Wohl von C. erneut mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachhaltig gefährdet wäre. Eine Rückübertragung der elterlichen Sorge auf die Kindseltern in den entzogenen Teilbereichen der elterlichen Sorge kommt somit nicht in Betracht (§ 1696 Abs. 2 BGB).
Der Senat ist überzeugt, dass sich bei Rückführung von C. in den Haushalt eines Elternteils die sowohl im Jahre 2014 als auch im Jahre 2018 jeweils zur Fremdunterbringung führenden nachhaltigen Gefährdungen von C. in Form einer völlig unzureichenden Gesundheitsfürsorge sowie fehlendem Schulbesuch innerhalb kürzester Zeit wiederholen würden.
aa) Durch Beschluss vom 26.06.2014 wurde der zu diesem Zeitpunkt noch allein sorgeberechtigten Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten, das Recht zur Gesundheitsfürsorge sowie das Recht, staatliche Hilfen für C. zu beantragen, entzogen. Hintergrund war, dass – nachdem C. bereits trotz Anmeldung nie über einen längeren Zeitraum einen Kindergarten besucht hatte – Beschulungsversuche von C. in der M. Schule in D., in der Grundschule in D., in der Flexklasse der Förderschule G., in der Schule für Kranke M. sowie in einer Klasse für Kranke im Kinderzentrum gescheitert waren, so dass das damals neunjährige Kind noch niemals regelmäßig eine Schule besucht hatte. Zudem bestand eine erhebliche Adipositas. In einem erholten Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Psychologin C.H. war eine Kindeswohlgefährdung in emotionaler, sozialer und schulischer Hinsicht festgestellt worden; die bis zum damaligen Zeitpunkt durchgeführten ambulanten Interventionen waren als nicht ausreichend angesehen worden, um die seit Jahren bestehende Gefährdung abzuwenden. Eine stationäre Unterbringung wurde als unausweichlich erachtet, da nach dem Scheitern der angeführten Beschulungsversuche nicht erkennbar war, warum nunmehr ein erneuter gelingen könnte. Das Leben von C. sei gezeichnet durch Abbrüche, insbesondere der Schule und sozialen Kontakten. Es gebe eine fatale Lernkette: wenn Anforderungen auf C. zukämen, bekäme sie Angst und reagiere mit Vermeidung. Dieses Verhalten werde ihr gestattet, woraufhin in der Folge jeweils der Abbruch aus der sie fordernden Situation erfolge.
bb) Während C. infolge des Beschlusses des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 26.06.2014 im Zeitraum Februar 2015 bis einschließlich März 2018 im sozialpädagogischen Jugendhaus in B. T. fremduntergebracht war, besuchte sie dort regelmäßig die M. Schule.
Am 14.03.2018 erfolgte – im Einverständnis mit dem Ergänzungspfleger und unter Aufrechterhaltung der bestehenden Sorgerechtsentscheidung – die Rückführung in den Haushalt der Mutter. Mit dem Jugendamt, den Eltern und C. war dabei vereinbart, dass C. noch am selben Tag eine sechswöchige Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik G. aufnimmt, mit dem Ziel – zur Ermöglichung einer konservativen Behandlung der bestehenden Skolioseerkrankung – eine deutliche Gewichtsreduzierung auf den Bereich zwischen 59 und 64 kg zu erreichen. Bereits zwei Tage nach Aufnahme wurde C. von den Eltern zu Besuchszwecken aus der Klinik abgeholt und dorthin nicht wieder zurückgebracht. Die Eltern führten zur Erklärung auf, dass C. schließlich ja auch zu Hause abnehmen könne. Das Ziel der Rehabilitationsmaßnahme, nämlich eine deutliche Gewichtsreduzierung, wurde in der Folgezeit nicht erreicht. Im September 2018 lag das Gewicht von C. weiterhin bei 70 kg bei einem BMI von 27,69.
Im Zeitraum von Ostern 2018 bis Pfingsten 2018 nahm C. nur sehr eingeschränkt, das heißt an weniger als der Hälfte der Unterrichtszeit, am Schulunterricht teil. Von Pfingsten 2018 bis Ende Juni 2018 besuchte sie noch an zwei Tagen, im Juli 2018 an keinem einzigen Tag die M. Schule in B.T. Auch nachdem auf ausdrücklichen Wunsch C. hin ihr ab dem 25.06.2018 der Besuch der Mittelschule in D. ermöglicht wurde, führte dies nicht zur Wahrnehmung des Schulunterrichts. C. besuchte die Mittelschule in D. an keinem einzigen Tag.
In der Folgezeit wurde den Eltern unter Hinweis auf eine erneut drohende Kindeswohlgefährdung auferlegt, C. einer ambulanten Diagnostik in der Ambulanz des H. Klinikums in W. zu unterziehen und die bereits vereinbarten Untersuchungstermine am 10.08., 16.08., 20.08. und 11.09. wahrzunehmen. Die Kindseltern stellten C. an keinem einzigen der vereinbarten Termine vor. Unter dem Druck der erneuten Fremdunterbringung konnte schließlich am 13.09.2018 und 08.10.2018 die Diagnostik in der H. Klinik W. durchgeführt werden Nachdem – nach Zurückweisung von Anträgen der Kindseltern auf Rückübertragung der elterlichen Sorge in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge im Wege der einstweiligen Anordnung – der Ergänzungspfleger den Kindseltern die erneute stationäre Fremdunterbringung von C. für den 07.11.2018 angekündigt hatte, tauchten diese gemeinsam mit C. bis zu deren polizeilichen Aufgriff am 06./07.01.2019 unter. Eine Beschulung von C. oder ärztliche bzw. therapeutische Behandlungen im Hinblick auf die vorliegende Skoliose Erkrankung fanden – bis auf von der Kindsmutter veranlasste physiotherapeutische Übungen C. nach der Schroth-Therapie – in diesem Zeitraum nicht statt.
cc) Nach Überzeugung des Senats wäre bei einer Rückkehr von C. in den Haushalt eines Elternteils mit höchster Wahrscheinlichkeit eine Wiederholung der Gefährdungsmomente, die bereits im Jahre 2014 sowie Anfang 2019 zur Fremdunterbringung von C. geführt haben, zu erwarten. Anhaltspunkte dafür, dass die Kindseltern bei Rückübertragung ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht dahingehend ausüben würden, dass sie der bestehenden Fremdunterbringung von C. zur Beseitigung einer weiteren Gefährdung von C. Wohl nunmehr zustimmen, sind nicht ersichtlich. Vielmehr bestehen die Kindseltern weiterhin auf die Rückführung von C.
Die Kindseltern sind weiterhin erziehungsungeeignet. Dies ergibt sich bereits offensichtlich aus dem Umstand, dass sie – zur Vermeidung einer Fremdunterbringung von C. – diese in rechtswidriger Weise dem insoweit Sorgeberechtigten, nämlich dem Ergänzungspfleger, im Zeitraum 07.11.2018 bis 06./07.01.2019 entzogen haben, indem sie mit C. bis zu deren polizeilichen Aufgriff in C. untertauchten. Auch wenn die Kindseltern nunmehr erklären lassen, dass es ihnen nicht darum ginge, den Eindruck zu hinterlassen, als wäre Flucht und Untertauchen eine sinnvolle, auf Dauer angelegte Lösung, rechtfertigen sie ihr Handeln doch mit der – aus ihrer Sicht – gegebenen Ausweglosigkeit, in der sich C. im Herbst 2018 befunden haben soll. Bereits hieraus ergibt sich, dass die Eltern nicht in der Lage sind, C. notwendige Grenzen zu setzen, ihr Verantwortung für sich zu übertragen und ihre eigene Gefühlswelt von der von C. zu differenzieren. Das seit Jahren an den Tag gelegte Vermeidungsverhalten von C., nämlich sich unangenehmen Situationen zu stellen, wurde dadurch in kindeswohlwidriger Weise massiv dahingehend bestärkt, dass es ein zu billigendes Mittel ist, sich – aus ihrer Sicht – unangenehmen und fordernden Situationen durch Flucht zu entziehen. Auch die völlige Außerachtlassung der Auswirkungen eines Lebens im Untergrund für eine stabile kindliche Entwicklung, zudem für einen nicht absehbaren Zeitraum bis zum behördlichen Aufgriff, belegt die Unfähigkeit der Eltern, die objektiven Interessen des Kindes zu erkennen und zu verfolgen. Hinzu kommt, dass C. während des Zeitraums ihres Untertauchens weder einer ärztlichen Versorgung bei vorhandener akuter Skolioseerkrankung zugeführt noch ein Schulbesuch ermöglicht wurde.
Die Kindseltern sind auch nach wie vor nicht in der Lage, vorhandene eigene Defizite, insbesondere hinsichtlich des von C. entwickelten und gezeigten Vermeidungsverhaltens, zu erkennen, sondern sehen sich und C. vielmehr als Opfer von Fehlentscheidungen und willkürlicher Maßnahmen, insbesondere des Jugendamts und Ergänzungspflegers.
Bereits im Bericht der H. Klinik, Ambulanz W., vom 07.12.2018 über die ambulante Diagnostik vom 13.09. und 08.10.2018 wurde eine hochgradige Gefährdung der psychosozialen Entwicklung C. festgestellt. Hervorgehoben wurde dabei eine unzureichende Compliance von Seiten C., an ihrer bestehenden Situation etwas zu verändern. Insbesondere sei sie nicht gewillt, Anforderungen und Regeln, die an sie gestellt werden, Folge zu leisten. Die Eltern wiederum schafften es nicht, sich zum Wohle des Mädchens konsequent durchzusetzen. C. Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und sozialer Integration wurden vor dem Hintergrund der erhobenen Befunde seitens der H. Klinik W. als stark gefährdet eingestuft.
Aufgrund des festgestellten Vermeidungsverhaltens sowie der im Jahre 2018, nach Rückkehr aus der Fremdunterbringung in den mütterlichen Haushalt, erneut gezeigten nachhaltigen Schulverweigerung ist mit höchster Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass C. auch bei einer erneuten Rückkehr in den Haushalt eines Elternteils innerhalb kürzester Zeit wieder nachhaltig jeglichen Schulbesuch verweigern wird. Bezeichnend hierfür ist, dass es den Kindseltern nicht einmal gelang, den Besuch der von C. ausdrücklich gewünschten Schule – nämlich der Mittelschule in D. – an einem einzigen Tag durchzusetzen.
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule über die Vermittlung von Wissen hinaus auch die Aufgabe betrifft, den Kindern durch einen gemeinsamen Schulbesuch die Gelegenheit zu geben, in das Gemeinschaftsleben in der Gesellschaft hineinzuwachsen. Insoweit richtet sich der staatliche Erziehungsauftrag nicht nur auf die Vermittlung von Wissen, sondern auch auf die Erziehung zu einer selbstverantwortlichen Person mit sozialer Kompetenz im Umgang auch mit Andersdenkenden und gelebter Toleranz. Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung einer von der Mehrheit abweichenden Überzeugung können effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft und den in ihr vertretenen Auffassungen nicht nur gelegentlich stattfinden, sondern Teil einer mit dem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung sind (vgl. BVerfG FamRZ 2006, 1094 Rz. 16). Für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit ist es erforderlich, dass Kinder und Jugendliche durch einen regelmäßigen Schulbesuch die Möglichkeit erhalten, sich in ein Gemeinschaftsleben außerhalb der Familie zu integrieren, um dort die erforderlichen Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen zu stärken und zu lernen, sich an gesellschaftliche Regeln zu halten. Auch unter Berücksichtigung dieser Umstände beeinträchtigt die – bei Rückkehr in den Haushalt eines Elternteils – mit höchster Wahrscheinlichkeit erneut zu erwartende Schulverweigerung das geistige und seelische Wohl von C. sowie deren berufliche Entwicklungschancen nachhaltig.
Desweiteren ist zu berücksichtigen, dass bei Rückübertragung des entzogenen Teilbereichs Gesundheitsfürsorge auch eine Gefährdung des körperlichen Wohls von C. mit höchster Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. C. leidet an einer Skolioseerkrankung, die sich seit der letzten Vorstellung C. im Oktober 2017 bei Dr. O., S.-Klinikum H., dramatisch verschlechtert hat. Die seitens der Kindsmutter veranlassten bloßen physiotherapeutische Übungen C. nach der Schroth-Therapie zur Verbesserung ihrer Skolioseerkrankung haben sich dabei offensichtlich als nicht ausreichend wirksam erwiesen. Eine operative Behandlung mit Versteifung der Wirbelsäule ist – vorbehaltlich einer weiteren medizinischen Abklärung – mittlerweile zur Vermeidung einer weiteren Verkrümmung der Wirbelsäule voraussichtlich indiziert. C. selbst steht einer Operation mit größter Skepsis gegenüber. Im Hinblick auf das von C. auch in diesem Bereich gezeigte Vermeidungsverhalten, welchem zu begegnen die Kindseltern nicht in der Lage sind, besteht auch auf medizinischem Bereich eine höchste Wahrscheinlichkeit, dass die zu einer sachgerechten Behandlung der Erkrankung erforderlichen Maßnahmen durch die Eltern nicht getroffen werden. Es ist unabdingbar, dass C. bei den weiter erforderlichen Schritten zur Diagnostik und Behandlung ihrer Erkrankung enge und insbesondere konsequente Begleitung erfährt. Dies ist durch die Kindseltern ersichtlich nicht gewährleistet.
dd) Durch die erneute Fremdunterbringung von C. seit 17.01.2019 in der Einrichtung CJD B. hat sich C. Gesamtsituation bereits erheblich verbessert. Die durch die Fremdunterbringung erfolgte Beseitigung der festgestellten Gefahren für das Wohl von C. wiegen die negativen Folgen der Trennung von Kind und Eltern – auch unter Berücksichtigung des Rückkehrwunsches von C. – deutlich auf.
Seit der Aufnahme C. im CJD B. besucht diese regelmäßig die der Einrichtung angegliederte Mittelschule. Sie steht hierzu selbständig auf und ist in der Klasse integriert. Es bestehen keine Anzeichen mehr von sozialer Phobie. Auf ihren Lehrer macht C. den Eindruck eines „normalen“ Schulkindes; sie sei fast übermotiviert in die Schule zu gehen.
Der nunmehr erfolgende kontinuierliche Schulbesuch entspricht den Gegebenheiten während der ersten dreijährigen Fremdunterbringung C. von Februar 2015 bis einschließlich März 2018, die zu einem regelmäßigen Besuch der M. Schule in B. T. führte.
Auch in gesundheitlicher Hinsicht hat sich die Situation von C. seit Aufnahme in der Einrichtung des CJD B. bereits innerhalb kürzester Zeit deutlich verbessert. Bei Aufnahme am 17.01.2019 wog C. bei einer Körpergröße von nur 1,62 m 77 kg. Bereits am 23.03.2019 war eine Gewichtsreduzierung auf 71 kg festzustellen, was im Wesentlichen auf eine Ernährungsumstellung zurückzuführen war. Eine Gewichtsreduzierung ist für C. aufgrund der bestehenden Skolioseerkrankung von besonderer Wichtigkeit. Ferner werden nunmehr auch die Untersuchungstermine zur Planung der weiteren Behandlung der Skolioseerkrankung zuverlässig organisiert und durchgeführt. So fand am 28.03.2019 nach der letzten Vorstellung C. vom Oktober 2017 ein erneuter Untersuchungstermin bei Dr. O., S.-Klinikum H., Kinderorthopädie, statt. Für den 17.07.2019 ist eine Vorstellung bei Dr. K., Klinikum Rechts der Isar in M., geplant.
Durch die Fremdunterbringung von C. besteht auch nicht die Gefahr eines Kontaktabbruchs zwischen Eltern und Kind. Es finden regelmäßige, derzeit begleitete, Telefon- und Besuchskontakte zwischen C.und ihren Eltern statt.
ee) Mildere Mittel als ein Entzug des Sorgerechts mit Fremdunterbringung von C. kommen nicht in Betracht. Es sind keine weiteren Hilfen ersichtlich, die eine Gefährdung des Kindeswohls beseitigen könnten. Nachdem bereits unmittelbar nach Rückkehr von C. in den mütterlichen Haushalt im März 2018 die bereits aus dem Jahre 2014 bekannten Gefährdungssituation wieder eintrat und darüber hinaus aktuell keinerlei Anhaltspunkte für eine grundlegende Verhaltensänderung der Eltern, die zu einer Beseitigung ihrer Erziehungsunfähigkeit führen würde, ersichtlich sind, kann allein eine Fremdunterbringung eine erneute Gefährdung C. beseitigen.
Diese Einschätzung wird sowohl seitens des Jugendamts als auch des Ergänzungspflegers geteilt. Sowohl das Jugendamt als auch der Ergänzungspfleger sprechen sich uneingeschränkt für die Beibehaltung des bestehenden Sorgerechtsentzugs mit dem Erfordernis der Fremdunterbringung aus.
Der bestellte Verfahrenspfleger regt an, C. hinsichtlich der Frage ihrer Einwilligungsfähigkeit in eine mögliche operative Behandlung ihrer Skolioseerkrankung psychologisch zu begutachten, bis dahin jedoch die getroffene Entscheidung des Familiengerichts aufrecht zu erhalten.
Neben dem Aufenthaltsbestimmungsrecht, dem Recht zur Gesundheitsfürsorge und Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten war zudem auch der Entzug der elterlichen Sorge im Teilbereich Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen aufrecht zu erhalten, um die flankierenden Maßnahmen zur Sicherung der Unterbringung sowie begleitender Hilfsmaßnahmen zu gewährleisten.
c) Zu Recht hat das Familiengericht zudem den Kindseltern den über den Beschluss vom 26.06.2014 hinausgehenden Teilbereich Recht zur Regelung des Umgangs entzogen und zudem ein Näherungsverbot in einem Umkreis von zehn Kilometern zur Einrichtung des CJD B. angeordnet.
Auch diese Maßnahmen finden ihre Grundlage in § 1666 BGB. Zum Schutze C. vor einer erneuten eigenmächtigen Entziehung von C. mit Untertauchen ist es unerlässlich, die Umgangskontakte zwischen C. und ihren Eltern nicht den Eltern zu überlassen und auch eine eigenmächtige Annäherung der Eltern im Umkreis von zehn Kilometern zur Einrichtung, also in Gehweite von C., zu unterbinden. Die Eltern haben sich jedenfalls im Zusammenhang mit ihrem zweimonatigen Untertauchen von November 2018 bis Januar 2019 mit einem Unterstützerkreis zusammengetan, der nach Erkenntnissen der Kriminalpolizei sehr konspirativ agiert und als der Reichsbürgerbewegung mutmaßlich nahestehend gesehen wird. Dieser Kreis dokumentiert unter anderem im Internet, wie er Kinder von der „Kindermafia“ (= Jugendamt) befreit und in das europäische Ausland bringt. Sehr detailliert werden dort auch jahrelange Kämpfe gegen die Willkür der Bundesrepublik im Zusammenhang mit Inobhutnahmen beschrieben. Eine durchgreifende Distanzierung von diesem Unterstützerkreis haben die Eltern bislang nicht vollzogen. Darüber hinaus ist die Anordnung eines Näherungsverbots in Gehweite von zehn Kilometern im Umkreis der Einrichtung erforderlich, um C. in diesem Umkreis uneingeschränkte und selbständige Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Denn andernfalls wäre zu erwarten, dass seitens der Einrichtung in Absprache mit dem Ergänzungspfleger der Bewegungsspielraum von C. im Umkreis der Einrichtung, und sei es auch nur in Form von begleiteten Ausgängen, eingeschränkt würde, um auf diese Weise ein unbeaufsichtigtes Zusammentreffen mit den Kindseltern zu verhindern
d) Auch der hilfsweise erhobene Antrag der Kindseltern auf sofortige „Freilassung“ von C. aus der Einrichtung des CJD B. und Rückführung zu den Eltern wurde durch das Familiengericht zutreffend abgelehnt. In Folge des fortbestehenden Sorgeentzugs im Teilbereich Aufenthaltsbestimmungsrecht entscheidet hierüber nicht das Familiengericht, sondern der für diesen Aufgabenbereich bestellte Ergänzungspfleger.
e) Soweit das Familiengericht aus Gründen der Klarstellung in Ziffer 3. den Ausgangsbeschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 26.06.2014 in Ziffer 1. aufhob und in Ziffer 1. des Beschlusses vom 28.01.2019 beiden sorgeberechtigten Eltern die elterliche Sorge in den Teilbereichen Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Regelung des Umgangs, schulische Angelegenheiten und Jugendhilfemaßnahmen entzog, ist dies nicht zu beanstanden. Ausweislich der Entscheidungsgründe erfolgte dies ausschließlich zum Zwecke der Klarstellung, um der – nach teilweisem Entzug der elterlichen Sorge durch Beschluss von 26.06.2014 – abgegebenen Sorgeerklärung, welche ein gemeinsames Sorgerecht der Eltern in den noch verbleibenden Teilbereichen nach sich zog, Rechnung zu tragen. Eine inhaltliche Änderung des Beschlusses des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 26.06.2014 (Az. 3 F 263/14) war damit ersichtlich nicht verbunden.
f) Die familiengerichtlich angeordnete Bestellung von Herrn E. S. als Ergänzungspfleger auch für den durch Beschluss vom 28.01.2019 erstmals entzogenen Teilbereich der elterlichen Sorge Recht zur Regelung des Umgangs ist nicht zu beanstanden. Es ist zweifelsfrei sachgerecht, auch für diesen weiteren Teilbereich der elterlichen Sorge den bereits bislang bestellten Ergänzungspfleger, der sowohl mit den Besonderheiten des Sachverhalts als auch der Beteiligten vertraut ist, beizubehalten. Als Dipl.-Soz.Pädagoge verfügt der Ergänzungspfleger auch über die zur Führung der Ergänzungspflegschaft erforderliche Eignung (§§ 1909, 1915, 1779 Abs. 2 BGB).
Soweit mit der Beschwerde vorgebracht wird, sowohl C. als auch ihre Eltern hätten jegliches Vertrauen in den Ergänzungspfleger verloren, ist dies offensichtlich den von dem Ergänzungspfleger – wie dargestellt im objektiven Interesse des Kindes liegenden – getroffenen Entscheidungen zugunsten einer Fremdunterbringung und Behandlung der Skolioseerkrankung geschuldet. Im Hinblick auf die fehlende Einsicht der Kindseltern in die eigenen Defizite und das tief sitzende Misstrauen gegenüber jeglichem staatlichen Handeln wäre nach Überzeugung des Senats auch bei einem Austausch des Ergänzungspflegers innerhalb kürzester Zeit eine erneute Ablehnung durch die Eltern bzw. C. zu erwarten, sobald aus deren Sicht missliebige Entscheidungen getroffen werden.
Soweit – jedenfalls noch vor dem Familiengericht – seitens der Kindseltern als zur Übernahme bereite Vormündin bzw. Ergänzungspflegerin die Schwester der Kindsmutter, Frau C. W., mitgeteilt wurde, scheidet deren Bestellung aus. Denn ein Verwandter, der gegebenenfalls die Vormundschaft bzw. Ergänzungspflegschaft eines Kindes übernehmen will, ist bei der Auswahl gemäß § 1779 Abs. 2 BGB nicht vorrangig zu berücksichtigen, wenn im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes mit der Auswahl eines anderen Vormunds bzw. Ergänzungspflegers besser gedient wäre (BVerfG, Beschluss vom 24.06.2014, 1 BvR 2926/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2018, 8 UF 187/17). Zu den wesentlichen Aufgaben des Ergänzungspflegers für C. gehört es u.a., die für das Kindeswohl am besten geeignete Unterbringungsmöglichkeit zu wählen. Zu der aktuellen Fremdunterbringung bestehen keine dem Kindeswohl entsprechenden Alternativen. Nach Angaben der Kindsmutter sehe ihre Schwester eine Fremdunterbringung grundsätzlich kritisch. Nachdem die Kindseltern selbst eine Fremdunterbringung C. kategorisch ablehnen, ist aufgrund der eigenen Zweifel von Frau C. W. an der Erforderlichkeit einer Fremdunterbringung in Verbindung mit dem sich ergebenden Loyalitätskonflikt zu ihrer Schwester für den Fall einer gegenteiligen Entscheidung nicht gewährleistet, dass C. objektive Interessen bei Entscheidungen im Rahmen der Ergänzungspflegschaft im Vordergrund stehen.
g) Auch das weitere Vorbringen des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 01.07.2019 führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung dahingehend, dass bei vollständiger oder teilweiser Rückübertragung der elterlichen Sorge auf die Kindseltern eine nachhaltige Gefährdung des körperlichen bzw. des geistigen und seelischen Wohls von C. nicht mehr mit an ziemlicher Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre.
Ein weiteres Zuwarten im Hinblick auf einen im Schriftsatzes vom 01.07.2019 vorbehaltenen, etwaigen ergänzenden Vortrag war in Anbetracht der bereits antragsgemäß verlängerten Stellungnahmefrist nicht veranlasst, zumal insoweit auch kein erneutes Fristverlängerungsgesuch gestellt wurde.
III.
Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten C. M. war als unzulässig zu verwerfen.
Denn die Beteiligte C. M., geb. … 2005, ist nicht beschwerdeberechtigt.
Dies folgt aus dem eindeutigen Wortlaut von § 60 Satz 3 FamFG. Dieser grenzt die Beschwerdebefugnis von Personen, die zwar im Beschwerdeverfahren 14 Jahre alt sind, zum Zeitpunkt der erstinstanziellen Entscheidung jedoch diese Altersgrenze noch nicht erreicht hatten, ab. Ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts dieser Vorschrift muss das Alter, somit das 14. Lebensjahr, bereits bei Erlass der angefochtenen Entscheidung erreicht worden sein. Es genügt nicht, wenn das beteiligte Kind – wie hier – das 14. Lebensjahr zwischen Erlass (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG) des angefochtenen Beschlusses und Beschwerdeeinlegung vollendet (Zöller-Feskorn, ZPO, 31. Auflage § 60 FamFG Rn. 3). Die Beteiligte C. M. war bei Erlass der amtsgerichtlichen Entscheidung am 28.01.2019 noch 13 Jahre alt; ihr 14. Lebensjahr hat sie erst am 16.03.2019 vollendet.
IV.
Rechtsanwalt Dr. A. V. war als Verfahrensbevollmächtigter der Beteiligten C. M. zurückzuweisen. Denn dieser ist mangels wirksamer Vollmachtserteilung durch die Beteiligte C. M. im Verfahren nicht vertretungsbefugt.
Die Vertretungsbefugnis eines Rechtsanwalts in einem familiengerichtlichen Verfahren ist jedenfalls dann von Amts wegen zu prüfen, wenn – wie hier – begründete Zweifel an der Wirksamkeit der Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts gemäß § 11 FamFG bestehen (OLG Schleswig, Beschluss vom 03.08.2011, 3 Wx 80/11).
Ausweislich der vorgelegten Verfahrensvollmacht ist als vertretene Person die Beteiligte C. M. angeführt. Ferner wurde die Verfahrensvollmacht durch die Beteiligte C. M., geboren am 16.03.2005, am 22.04.2019 eigenhändig unterzeichnet. Hinweise, dass die Beauftragung und Bevollmächtigung von Rechtsanwalt Dr. A. V. für die Beteiligte C. M. durch eine andere Person als deren rechtlicher Vertreter vorgenommen wurde, finden sich nicht.
Die wirksame Beauftragung und Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts zur Vertretung eines Beteiligten in einem familiengerichtlichen Verfahren durch den Beteiligten selbst setzt dessen Verfahrensfähigkeit voraus (Keidel-Zimmermann, FamFG, 19 Aufl. 2016, Rdnr. 16 zu § 9, Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, 40 Aufl., Rdnr, 6 zu § 9 FamFG, OLG Koblenz, Beschluss vom 12.12.2018, 13 WF 986/18). Diese ist jedoch bei der zwischenzeitlich 14-jährigen Beteiligten C. M. für hiesiges kindschaftsrechtliche Verfahren gemäß § 1666 BGB nicht gegeben.
Eine Verfahrensfähigkeit der Beteiligten C. M. ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sind verfahrensfähig die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen, soweit sie das 14. Lebensjahr vollendet haben und sie in einem Verfahren, das ihre Person betrifft, ein ihnen nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend machen.
Die Beteiligte C. M. ist zwischenzeitlich 14 Jahre alt; das vorliegende kindschaftsrechtliche Verfahren gemäß § 151 Nr. 1 FamFG betrifft auch ihre Person.
Bei der Ausübung des staatlichen Wächteramts in kindschaftsrechtlichen Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung nach §§ 1666, 1666a BGB handelt es sich jedoch nach ganz überwiegender Ansicht, welcher sich auch der Senat anschließt, nicht um ein dem Minderjährigen zustehendes konkretes subjektives Recht nach bürgerlichem Recht i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG (Köhler, ZKJ, 2018, 50 ff, Keidel-Zimmermann, FamFG, 9. Aufl., Rdnr. 12 zu § 9 FamFG, Beck-OK Veit, BGB, Stand 01.02.2019, Rdnr. 124.1 zu § 1666 BGB, Staudinger-Coester, BGB, Neubearbeitung 2016, Rdnr. 257 zu § 1666 BGB, Münchener Kommentar – Olzen, BGB, 7 Aufl., Rdnr. 212 zu § 1666 BGB, OLG Koblenz, Beschluss vom 12.12.2018, 13 WF 986/18).
Selbst wenn in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung gemäß § 1666 BGB teilweise aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG ein Recht des Kindes gegen seine Eltern auf Pflege und Erziehung abgeleitet wird, folgt dieses Recht jedenfalls unmittelbar aus der Verfassung. Ein nach bürgerlichem Recht durchsetzbarer Anspruch des Kindes korrespondiert damit nicht (BVerfG FamRZ 2008, 845 ff). Es handelt sich somit um keinen nach bürgerlichem Recht durchsetzbaren Anspruch des Minderjährigen. Auch das Recht des Kindes auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung, abgeleitet aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG bzw. das Recht des Kindes auf staatlichen Schutz vor den Eltern im Falle einer Kindeswohlgefährdung (abgeleitet aus Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) stellen keine nach bürgerlichem Recht durchsetzbare Ansprüche des Kindes dar, da es sich dabei um gegen den Staat gerichtete Rechte handelt.
Soweit hingegen das OLG Braunschweig (Beschluss vom 17.05.2016, Az. 1 WF 105/16) sowie Jacoby (in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG-Kommentar, 2. Auflage 2013, Rn. 9 zu § 9 FamFG) pauschal eine Verfahrensfähigkeit des Jugendlichen in Verfahren gemäß § 1666 BGB annehmen, erfolgt dies ohne Angabe einer Begründung.
Soweit seitens des OLG Hamburg (Beschluss vom 02.05.2017, Az. 12 WF 70/17) sowie des OLG Brandenburg (Beschluss vom 31.03.2014, Az. 13 UF 50/14) eine Verfahrensfähigkeit von Jugendlichen im Verfahren gemäß § 1666 BGB bejaht wurde, betreffen diese Entscheidungen die im vorliegenden Fall nicht gegebene Fallkonstellation, wonach sich der Jugendliche gegen die Ablehnung von Schutzmaßnahmen nach § 1666 BGB wendet, also der Jugendliche ein Recht auf staatliche Schutzmaßnahmen geltend macht. Die Entscheidungen enthalten jedoch keine Aussagen betreffend die Verfahrensfähigkeit von Jugendlichen in der hiesigen Konstellation, dass die hier betroffene Jugendliche staatliche Schutzmaßnahmen gemäß § 1666 BGB ablehnt und die Rückübertragung der entzogenen Teilbereiche der elterlichen Sorge auf die Eltern begehrt.
Auch aus den im Schriftsatz von Rechtsanwalt Dr. A. V. vom 25.05.2019 weiter angeführten Entscheidungen lässt sich für vorliegendes Verfahren keine Verfahrensfähigkeit von C. herleiten. Der Beschluss des OLG Stuttgart vom 17.01.2014 (11 WF 271/13) hat die Geltendmachung des Widerspruchsrechts eines Jugendlichen gemäß § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB zum Gegenstand, für welches die Verfahrensfähigkeit gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 BGB allgemein anerkannt ist.
Der Beschluss des OLG Stuttgart vom 19.09.2017 (18 WF 128/17) trifft – soweit ersichtlich – keine Aussage zur Verfahrensfähigkeit i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 BGB.
Im Beschluss des OLG Düsseldorf vom 25.07.2018 (2 UF 18/17) wird lediglich eine eigene Beschwerdebefugnis einer 13jährigen, hierbei jedoch gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, angenommen.
Mit Schriftsatz vom 04.07.2019 hat Rechtsanwalt Dr. V. einen Aufsatz von Burghart, FamRZ 2019, 1029 vorgelegt. In diesem Aufsatz wird mit bedenkenswerter Argumentation vertreten, dass als Anspruch des bürgerlichen Rechts im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG auch das Recht eines Kindes zu verstehen sei, nur von seinen Eltern gepflegt und erzogen zu werden.
Dennoch teilt der Senat die dargestellte ganz überwiegende Auffassung, wonach bei der Ausübung des staatlichen Wächteramts in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung nicht ein dem Jugendlichen zustehendes subjektives Recht nach bürgerlichem Recht im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG betroffen ist. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die Verfahrensfähigkeit eines Kindes in Kindschaftssachen nicht pauschal, sondern nur unter den engen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG eingeführt hat. Eine extensive Auslegung der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zur Verfahrensfähigkeit eines Jugendlichen dahingehend, dass jede staatliche Einwirkung auf die sorgerechtlichen Verhältnisse umfasst ist, würde dem allgemeinen Schutzcharakter eines Kindschaftsverfahrens nicht gerecht. Bei Annahme einer Verfahrensfähigkeit des Jugendlichen im Kindeswohlgefährdungsverfahren erhielte dieser grundsätzlich Abschriften sämtlicher Schriftsätze der Eltern, Stellungnahmen der Fachkräfte sowie Gutachten einschließlich eines Anwesenheitsrechts im Termin. Der dem Kindschaftsverfahrensrecht zugrunde liegende Schutzgedanke würde durch vollständige Involvierung des Kindes in die formelle und materielle Konfliktlage zwischen staatlichem Schutzauftrag und Elternrechten beeinträchtigt.
Die Beteiligte C. M. ist folglich nicht selbst verfahrensfähig.
C. wird vielmehr im vorliegenden Verfahren durch den bestellten Ergänzungspfleger, nicht jedoch durch die Eltern, vertreten.
Grundsätzlich ist die gesetzliche Vertretung eines Minderjährigen Teil der elterlichen Sorge (§ 1629 Abs. 1 S. 1 BGB), wobei jedoch die Vertretungsmacht das Schicksal der elterlichen Sorge teilt. Mit dem gerichtlichen Entzug der elterlichen Sorge gemäß § 1666 BGB entfällt auch die Vertretungsmacht der Eltern. Sind Teilbereiche der elterlichen Sorge entzogen, hat der insoweit bestellte Ergänzungspfleger auch die Vertretungsmacht in diesen Teilbereichen inne. Soweit ein Pfleger bestellt ist, sind die Eltern nicht nur im rechtsgeschäftlichen Verkehr, sondern auch im Prozess von der Vertretung ausgeschlossen (vgl. BeckOK-Veit, BGB, Stand 01.05.2019, Rdnrn. 2, 2.2 und 6 zu § 1626).
Den Eltern ist im vorliegenden Fall die elterliche Sorge in den Teilbereichen Recht zur Gesundheitssorge, Recht zur Aufenthaltsbestimmung, Recht zur Regelung des Umgangs, Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten und Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII entzogen. Insoweit ist die Bestellung eines Pflegers erfolgt. Die Eltern sind somit in diesen Teilbereichen nicht mehr berechtigt, C. in einem gerichtlichen Verfahren zu vertreten. Nachdem Gegenstand des hiesigen Verfahrens gerade die Frage der Aufrechterhaltung des Entzugs der elterlichen Sorge in diesen Teilbereichen, einschließlich der Frage der Rückübertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern ist, besteht mangels Vertretungsmacht der Eltern folglich für dieses Verfahren auch keine Vertretungsbefugnis der Eltern für C.
Da C. somit im vorliegenden Verfahren nicht durch die Eltern vertreten wird, hätte auch eine Mandatierung von Rechtsanwalt Dr. A. V. als Verfahrensbevollmächtigten von C. durch ihre Eltern nicht zu einer wirksamen Vertretung von C. durch Rechtsanwalt Dr. A. V. im hiesigen Verfahren geführt. Eine Mandatierung von Rechtsanwalt Dr. A. V. durch den Ergänzungspfleger ist nicht erfolgt.
Nachdem Rechtsanwalt Dr. A. V. als Verfahrensbevollmächtigter der Beteiligten C. M. zurückzuweisen war, erfolgt an diesen lediglich die Zustellung einer Teilausfertigung dieses Beschlusses betreffend die Tenorziffern Nr. 2 bis 7 einschließlich der zugehörigen Beschlussgründe Ziffer III. bis VIII.
V.
Im Hinblick auf den Antrag von Rechtsanwalt Dr. A. V. im Schriftsatz vom 18.06.2019 wird aus Gründen der Klarstellung festgestellt, dass die Beteiligte C. M. im Beschwerdeverfahren nicht verfahrensfähig i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist.
Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer IV. Bezug genommen.
VI.
Der Antrag der Beteiligten C. M. auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen.
Soweit die Beteiligte C. M. für die Verfolgung ihrer Anschlussbeschwerde Verfahrenskostenhilfe begehrt, war der Antrag bereits mangels Erfolgsaussicht der Anschlussbeschwerde abzulehnen (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO). Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer III. verwiesen.
Soweit die Beteiligte C. M. darüber hinaus auch für ihre bloße Vertretung im Verfahren durch einen Rechtsanwalt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe begehrt, war diese ebenfalls zu versagen. Denn das Recht, einen Rechtsanwalt für die Vertretung eines Beteiligten im Verfahren zu bestellen setzt – wie unter Ziffer IV. dargestellt – Verfahrensfähigkeit i.S.d. § 9 FamFG voraus. Diese ist jedoch bei der Beteiligten C. M. für hiesiges Verfahren nicht gegeben.
Auch aus der – von der Frage der Verfahrensfähigkeit unabhängigen – Beteiligtenstellung der Beteiligten C. M. gemäß §§ 7 und 8 FamFG lässt sich kein Anspruch auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Übernahme etwaiger sie treffender Verfahrenskosten herleiten. Denn gemäß § 81 Abs. 3 FamFG, der auch im Rahmen von § 84 FamFG Anwendung findet (KG FamRZ 2016, 81), können Verfahrenskosten minderjährigen Beteiligten nicht auferlegt werden.
VII.
Der Antrag von Rechtsanwalt Dr. A. V. auf Bewilligung von Akteneinsicht gemäß § 13 Abs. 1 und 2 FamFG war abzulehnen.
Denn dieser ist weder selbst Beteiligter des Verfahrens noch ist er – wie unter Ziffer IV. dargestellt – für die Beteiligte C. M. vertretungsbefugt, so dass ein Akteneinsichtsrecht gemäß § 13 Abs. 1 FamFG ausscheidet. Ein eigenes berechtigtes Interesse des Rechtsanwalts i. S. d. § 13 Abs. 2 FamFG an der Akteneinsicht liegt ersichtlich nicht vor.
Ein Recht auf Einsicht in die Gerichtsakten stünde vielmehr lediglich der Beteiligten C. M.selbst zu (§ 13 Abs. 1 FamFG). Nachdem diese im Verfahren jedoch – wie ausgeführt – nicht verfahrensfähig ist, wäre für die rechtswirksamen Beantragung von Akteneinsicht auch insoweit ihre rechtliche Vertretung erforderlich gewesen.
VIII.
Der Anregung von Rechtsanwalt Dr. A. V., die Bestellung von Dipl.-Soz.Päd. M. zum Verfahrensbeistand aufzuheben sowie von der Bestellung eines anderen Verfahrensbeistands abzusehen, war keine Folge zu geben.
Nachdem Rechtsanwalt Dr. A. V. – wie dargestellt – im Verfahren nicht vertretungsbefugt und damit auch nicht befugt ist, verfahrensbezogene Sachanträge zu stellen, war der im Schriftsatz vom 30.04.2019 erhobene Antrag auf Entlassung des Verfahrensbeistands als eine an den Senat gerichtete Anregung im Wege der Amtsermittlung zu überprüfen.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 09.01.2019 wurde Dipl.-Soz.Päd. M. zum Verfahrensbeistand für die Beteiligte C. M. bestellt (§ 158 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Die Bestellung wirkt auch in der Beschwerdeinstanz fort (§ 158 Abs. 6 FamFG).
Eine Aufhebung der Bestellung kommt nicht in Betracht.
Die Interessen der Beteiligten C. M. werden im Beschwerdeverfahren nicht bereits durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten. Grundsätzlich wäre für den Fall der Vertretung durch einen Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 158 Abs. 5 FamFG die Aufhebung der Verfahrensbeistandsbestellung veranlasst. Wie bereits ausgeführt ist Rechtsanwalt Dr. A. V. im hiesigen Verfahren jedoch nicht vertretungsbefugt.
Darüber hinaus ist die bestehende Beistandschaft auch nicht wegen fehlender Geeignetheit des Verfahrensbeistands zu beenden.
Ein Verfahrensbeistand unterliegt – im Gegensatz zu einem Pfleger – grundsätzlich nicht der Aufsicht des Gerichts, so dass insoweit keine Möglichkeit besteht, auf die Art der Wahrnehmung der Aufgaben des Verfahrensbeistands Einfluss zu nehmen (Keidel-Engelhardt, FamFG, 18. Aufl., Rdn 42 zu § 158). Allerdings hat das Gericht gemäß § 158 Abs. 1 FamFG bei der Bestellung eine unter Berücksichtigung des Einzelfalls geeignete Person auszuwählen, so dass Umstände, die auf eine fehlende Geeignetheit des Verfahrensbeistands hindeuten, zu berücksichtigen sind und ggf. die Beistandschaft zu beenden und ein neuer Verfahrensbeistand zu bestellen ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.08.2013, 5 UF 62/13; OLG Hamburg, Beschluss vom 14.04.2016, 12 UF 140/15).
Allein aus dem Umstand, dass der Verfahrensbeistand – ebenso wie der Ergänzungspfleger – in dem gemeinnützigen Verein CA. e.V. tätig ist, ergibt sich weder ein – wie vorgebracht – Nähe- und Loyalitätsverhältnis zum Ergänzungspfleger noch eine Einschränkung hinsichtlich einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Beteiligten C. M. Ausweislich des Internetauftritts des Vereins unterhält dieser ein Team von insgesamt acht Fachkräften ohne hierarchische Struktur. Der Ergänzungspfleger ist Vorstandsmitglied des Vereins, der Verfahrenspfleger fungiert lediglich als freier Mitarbeiter. Letzterer unterliegt damit keiner Einbindung in die Vereinsstruktur und verfügt als freier Mitarbeiter zudem über weitere Auftraggeber, so dass auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein Abhängigkeitsverhältnis zum Verein oder dessen Vorstandsmitgliedern ausscheidet. Im Übrigen ergeben sich aus den umfangreichen Stellungnahmen des Verfahrenspflegers auch inhaltlich keine Anhaltspunkte für eine undifferenzierte Übernahme der Positionen des Ergänzungspflegers oder eine dem Interesse der Beteiligten C. M. zuwider laufenden Ausübung der Verfahrensbeistandschaft.
IX.
Der Antrag der Beteiligten M. M. auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen.
Denn die Beschwerde der Beteiligten Marieluise Markreiter weist nicht die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erforderliche Erfolgsaussicht auf (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO). Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer II. Bezug genommen.
X.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Eine Kostenbeteiligung der Beteiligten C. M. scheidet gemäß § 81 Abs. 3 FamFG, der auch im Rahmen des § 84 FamFG Anwendung findet (KG FamRZ 2016, 81), aus. 26 UF 285/19 – Seite 20 – Die Festsetzung des Verfahrenswerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 45 Abs. 1 FamGKG.
XII.
Es besteht keine Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG).
Hinsichtlich der Beschwerde der Beteiligten M. M. handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung und ohne Abweichung von gefestigter Rechtsprechung.
Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten C. M. ist bereits im Hinblick auf § 60 FamFG offensichtlich unzulässig, so dass auch im Rechtsbeschwerdeweg eine höchstrichterliche Entscheidung zu ihrer Verfahrensfähigkeit nicht erreicht werden könnte. Der vorliegende Fall eignet sich daher aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht, eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage einer Verfahrensfähigkeit von Jugendlichen ab 14 Jahren im Verfahren nach § 1666 BGB herbeizuführen.


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