Familienrecht

Kostenerinnerung – Gegenstandswert einer Untätigkeitsklage im Asylverfahren

Aktenzeichen  M 22 M 17.45482

Datum:
11.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 15746
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 30 Abs. 1, Abs. 2
AsylG § 80, § 83b
VwGO § 75 S. 2, § 151, § 165

 

Leitsatz

1. Für eine Untätigkeitsklage, die auf eine reine Verbescheidung des Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gerichtet ist, ist (nur) ein Gegenstandswert in Höhe von 2.500 Euro festzusetzen. (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. Mai 2017 im Verfahren M 22 K 16.30266 wird geändert.
Die Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nach Maßgabe dieses Beschlusses wird dem Urkundsbeamten/der Urkundsbeamtin des Gerichts übertragen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben

Gründe

I.
Am 12. Februar 2016 erhob der Antragsgegner (vormals: Kläger) eine auf Fortführung des Asylverfahrens und Verbescheidung des Asylantrags gerichtete Klage. Nachdem die Antragstellerin (vormals: Beklagte) die Anträge verbeschieden hatte, wurde das Verfahren nach beidseitigen Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 25. April 2017 eingestellt und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2017 beantragte der Bevollmächtigte zu 2) des Antragsgegners, die entstandenen notwendigen Aufwendungen auf insgesamt 492,54 Euro festzusetzen (ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 5.000 Euro). Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. Mai 2017 setzte die Kostenbeamtin des Gerichts die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners antragsgemäß fest.
Am 7. Juni 2017 beantragte die Antragstellerin hiergegen die Entscheidung des Gerichts. Streitgegenstand der Untätigkeitsklage sei allein die Verpflichtung der Antragstellerin zur Entscheidung über den Asylantrag gewesen. Die Festsetzung des Gegenstandswerts von 5.000 EUR sei daher unbillig. Das Klageziel sei weder von der Bedeutung noch vom Aufwand vergleichbar mit einer Sachentscheidung durch das Gericht.
Die Urkundsbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 7. Juli 2017 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Der Bevollmächtigte zu 1) des Antragsgegners führte mit Schreiben vom 22. Juli 2017 aus, der Kostenfestsetzungsbeschluss sei sachlich richtig, sodass kein Grund für eine Herabsetzung des Gegenstandswerts bestehe. Mit Schreiben vom 4. Februar 2019 beantragte der Bevollmächtigte zu 2) des Antragsgegners, die Erinnerung zurückzuweisen, da kein Anlass bestehe, den Gegenstandswert herabzusetzen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 22 K 16.30266 verwiesen.
II.
Die gemäß § 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO zulässige Kostenerinnerung ist begründet.
Der für die Kostenfestsetzung zugrunde zu legende Gegenstandswert wird abweichend vom Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. Mai 2017 auf 2.500 Euro festgesetzt.
In gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz erfolgt die Bestimmung der anwaltlichen Gebühren im Kostenerstattungsverfahren auf der Grundlage des Gegenstandswerts (§ 30 Abs. 1 RVG, § 2 i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG § 13 RVG i.V.m. Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG). Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG beträgt der Gegenstandswert in gerichtlichen (Klage-)Verfahren nach dem Asylgesetz 5.000 Euro.
Das Gericht kann allerdings nach § 30 Abs. 2 RVG einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Im vorliegenden Fall sieht das Gericht den Gegenstandswert des § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 5.000 Euro für unbillig an, weil beantragtes Ziel des Klageverfahrens im zu entscheidenden Hauptantrag (Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO) nur die Fortsetzung des Asylverfahrens war. Ein derartiges Klagebegehren ist weder von der Bedeutung für den Kläger noch vom Aufwand für den Klägerbevollmächtigten vergleichbar mit einer beantragten (Sach-) Entscheidung durch das Gericht. Während eine Klage auf Sachentscheidung grundsätzlich noch weiteren Sachvortrag ermöglicht und gegebenenfalls auch erfordert, fällt der Aufwand für den Klägerbevollmächtigten im vorliegenden Fall deutlich geringer aus. Denn ein auf reine Durchführung eines Asylverfahrens unter Entscheidung des Asylantrages durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beschränktes Begehren erfordert keine für asylrechtliche Streitigkeiten kennzeichnende Bearbeitung; hinreichend ist die Darlegung des Zeitpunktes der Asylantragstellung, das Abwarten der Mindestfrist des § 75 Satz 2 VwGO und das Vorbringen, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe über den Asylantrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 11.7.2018 – 1 C 18.17 – juris Rn. 5 und 6). Dass eine derartige Fallkonstellation von der grundsätzlichen Gleichbehandlung hinsichtlich der Streitwertfestsetzung der verschiedenen möglichen Verfahren nach dem AsylG von der Neufassung des § 30 Abs. 1 RVG erfasst sein sollte, ergibt sich auch nicht aus der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – 2. KostRMoG), BT-Drucksache 17/11471, S. 269). Diese zielte auf eine einheitliche Behandlung der verschiedenen Verfahren, die verschiedene Ansprüche zum Gegenstand hatten, wie Klagen auf Asylanerkennung, gegen Abschiebungsandrohungen und Abschiebungsanordnungen oder auch gegen die Durchsetzung einer Ausreisepflicht. All diesen Verfahren ist gemeinsam, dass sie – anders als vorliegend – eine materielle Anspruchsprüfung zum Gegenstand haben (vgl. VG München, B.v. 24.1.2018 – M 15 M 18.30204 – juris Rn. 11).
Für eine Untätigkeitsklage, die auf eine reine Verbescheidung gerichtet ist, erachtet das Gericht daher einen Gegenstandswert in Höhe von 2.500 Euro für angemessen.
Das Gericht überträgt die infolge dieser Entscheidung erforderliche Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses dem Urkundsbeamten/der Urkundsbeamtin gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 573 Abs. 1 Satz 3 und § 572 Abs. 3 ZPO (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – juris Rn. 20; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 165 Rn. 9).
Der Antragsgegner hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


Ähnliche Artikel

Die Scheidung einer Ehe

War es bis vor etlichen Jahren noch undenkbar, eine Ehe scheiden zu lassen, so ist eine Scheidung heute gesellschaftlich akzeptiert. Die Zahlen der letzten Jahre zeigen einen deutlichen Trend: Beinahe jede zweite Ehe wird im Laufe der Zeit geschieden. Was es zu beachten gilt, erfahren Sie hier.
Mehr lesen


Nach oben