Familienrecht

Obdachlosenunterbringung, vorübergehende Abwesenheit vom bisherigen Wohnort, Möglichkeit der Selbsthilfe, Bereitstellung eines Wohnwagens als Unterkunft

Aktenzeichen  4 CE 21.3094

Datum:
11.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 10648
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LStVG Art. 6

 

Leitsatz

Verfahrensgang

B 1 E 21.1167 2021-11-29 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
IV. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H., F., bewilligt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die vorübergehende Einweisung in eine Unterkunft, die den Mindestanforderungen an eine Unterbringung von Obdachlosen genügt. Er nutzt bisher zusammen mit seiner Lebensgefährtin einen vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Wohnwagen, der auf dem Gelände eines stillgelegten Freibads neben einem Toilettenhaus aufgestellt ist.
Nachdem ein entsprechender Prozesskostenhilfeantrag Erfolg gehabt hatte, ließ der Antragsteller Klage erheben und zugleich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes beantragen, ihn in eine ausreichend ausgestattete Unterkunft einzuweisen.
Mit Beschluss vom 29. November 2021 verpflichtete das Verwaltungsgericht Bayreuth den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung, den Antragsteller vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, die den Maßstäben der Unterbringung von Obdachlosen nach Maßgabe der Entscheidungsgründe genüge. Der Antragsteller sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl noch als obdachlos anzusehen, da die Erfolgsaussichten der Anmietung einer Ersatzwohnung durch ihn völlig offen seien. Der erste Bürgermeister des Antragsgegners habe mit E-Mail vom 29. Oktober 2021 geschrieben, dass der Bezug einer Wohnung in W. oder E. unter Umständen möglich wäre; Voraussetzung wäre die Direktbegleichung der Mietkosten durch das Jobcenter. Ob eine solche Kostenübernahme erfolgen werde, könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgesehen werden. Auch lägen aktuell keine Angaben zum Zustand der Wohnung vor sowie dazu, wann diese zur Verfügung gestellt werden könne. Erst wenn von einer tatsächlich bestehenden Option der Unterbringung bzw. der Beschaffung einer Unterkunft ohne sachlich nachvollziehbaren Grund kein Gebrauch gemacht worden sei, könne die dadurch eingetretene oder fortdauernde Obdachlosigkeit als „freiwillig“ angesehen werden. Solange nicht feststehe, dass sich dem Antragsteller auf dem örtlichen Wohnungsmarkt tatsächlich die Möglichkeit zum Abschluss eines Mietvertrags biete, bleibe der Antragsgegner zum vorläufigen Einschreiten verpflichtet. Zudem sei offen, ob dem Antragsteller angesichts der Differenzen, die es in der Vergangenheit mit dem möglichen Vermieter Herrn G. gegeben habe, der Abschluss eines Mietvertrags mit diesem zumutbar sei. Das Gericht halte es aber für möglich, dass der Antragsgegner selbst mit Herrn G. einen Mietvertrag schließe und den Antragsteller sodann in die Wohnung einweise, wenn diese die Mindestanforderungen erfülle. Es bestünden zwar keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Unterbringung in einem Wohnwagen; der konkrete Wohnwagen entspreche aber in der kalten Jahreszeit nicht den Mindestanforderungen an die Ausstattung einer derartigen Unterkunft. Es stehe nicht fest, dass die sanitären Anlagen in der kalten Jahreszeit benutzt werden könnten und dass der Wasseranschluss funktionsfähig sei, insbesondere Zugang zu Trinkwasser bestehe. Zwar solle ein Frostwächter installiert worden sein. Das Toilettenhaus verfüge aber über keine Heizung, so dass fraglich erscheine, ob der Wasseranschluss tatsächlich funktionsfähig gewährleistet werden könne. Zudem sei dem Antragsteller die Nutzung der Waschgelegenheit unzumutbar, da in der kalten Jahreszeit nur kaltes Wasser zur Verfügung stehe und der Raum nicht beheizbar sei. Wenn ein Kaltwasseranschluss als ausreichend angesehen werde, müsse zumindest eine funktionsfähige Heizung zur Verfügung stehen. Bei den nunmehr zur Verfügung gestellten „Elektroheizungen“ handle es sich nach den Lichtbildern um Heizlüfter. Diese seien nicht für den dauernden Gebrauch geeignet und könnten die Toilettenanlage aufgrund von deren Größe wahrscheinlich nicht ausreichend heizen. Zudem sei ein Spritzschutz nicht vorhanden; ein Gerät sei genau hinter der Eingangstür, ein weiteres unterhalb des Waschbeckens angebracht. Die vorgelegten Lichtbilder zeigten zudem, dass die Sicherheitsanforderungen durch den Anschluss über Verlängerungskabel und Kabeltrommel nicht eingehalten seien. Ein Heizlüfter sei sogar neben dem Wasserhahn an das Verlängerungskabel angeschlossen. Da das Gelände der Öffentlichkeit zur Verfügung stehe, könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Türen des Toilettenhauses offenblieben, was ebenfalls gegen eine dauernde Temperatursicherung spreche. Die Turnhalle mit der Duschmöglichkeit sei nicht immer zugänglich, so dass zumindest eine andere zumutbare Waschgelegenheit gegeben sein müsse. Zudem bestünden Bedenken, ob hygienische Verhältnisse bei der Entnahme von Trinkwasser durch Wasserflaschen im Bereich des öffentlich zugänglichen Toilettenhauses gewährleistet seien. Auch eine ausreichende Heizungsmöglichkeit des Wohnwagens (Heizlüfter, Gasflasche) sei zumindest für einen Dauergebrauch im Winter nicht gegeben. Gegen den ununterbrochenen Einsatz von Heizlüftern sprächen Sicherheitserwägungen (Brandgefahr). Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller laut einem ärztlichen Attest vom 9. Juni 2021 an Mukoviszidose leide. Auch ein Dauergebrauch der Gasheizung im Wohnwagen (falls diese funktioniere) sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gesichert, da der Antragsgegner nicht vorgetragen habe, wie diese auf Dauer sichergestellt werden solle (Auswechseln der Gasflasche, Kostentragung). Der Antragsgegner habe dafür zu sorgen, dass die zur Verfügung gestellte Unterkunft eine beheizte Waschgelegenheit in der kalten Jahreszeit biete; zudem müsse die Unterkunft selbst beheizbar sein, wobei eine Heizung durch Heizlüfter nicht als ausreichend erachtet werde.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit der vorliegenden Beschwerde. Er beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 29. November 2021 den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner zu Recht im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, den Antragsteller vorläufig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, die den Maßstäben der Unterbringung von Obdachlosen nach Maßgabe der Entscheidungsgründe genügt. Die gegen diese Entscheidung vorgebrachten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
a) Der Antragsgegner trägt zur Begründung seiner Beschwerde vor, der Antragsteller habe zusammen mit seiner Lebensgefährtin aufgrund einer Zwangsräumung am 28. Juni 2021 die bisherige Wohnung im Gemeindegebiet des Antragsgegners verlassen, sei aber zunächst anderweitig untergekommen und habe den zugewiesenen Wohnwagen erst am 4. Oktober 2021 bezogen. Voraussetzung für einen Anspruch auf Unterbringung sei eine konkrete Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen; das bloße Fehlen von Wohnmöglichkeiten führe noch nicht zu einer Pflicht der Sicherheitsbehörden zum Tätigwerden. Da insoweit der Subsidiaritätsgrundsatz gelte, sei ein Einschreiten nur erforderlich, wenn der Obdachlose nicht in der Lage sei, die Obdachlosigkeit aus eigener Kraft zu beseitigen. Ein diesbezügliches Vorbringen sei nicht plausibel, wenn durch eine mehrwöchige Abwesenheit von einer zugewiesenen Unterkunft auf das Bestehen einer anderen Unterbringungsmöglichkeit geschlossen werden könne. Der Antragsteller und seine Lebensgefährtin seien nach Informationen des Antragsgegners zunächst in einer Unterkunft bei Verwandten in Nürnberg untergekommen und erst Anfang Oktober wieder beim Antragsgegner vorstellig geworden. Durch die mehrwöchige Abwesenheit sei plausibel anzunehmen, dass sie gar nicht wohnungslos seien und keine konkrete Gefahr für Leib und Leben bestehe. Es sei dem Antragsteller auch rechtlich und tatsächlich möglich gewesen, die Wohnungslosigkeit aus eigener Kraft zu beseitigen. Der Antragsgegner habe ihm und seiner Lebensgefährtin mehrere Wohnungsmöglichkeiten dargestellt. Insbesondere sei durch Herrn G. eine Wohnung zur Verfügung gestellt worden, die aufgrund der Leistungen durch das Jobcenter auch in finanziell zumutbarer Weise hätte bezogen werden können; der Bevollmächtigte des Antragstellers habe dieses Angebot aber abgelehnt. Selbst wenn man eine bestehende Obdachlosigkeit annehme, werde die Unterbringung in dem Wohnwagen jedenfalls den Mindestanforderungen gerecht. Die Unterkunft müsse lediglich einen Strom- und Wasseranschluss bzw. eine Waschgelegenheit, eine Heizung sowie die Möglichkeit einer Mitbenutzung von sanitären Einrichtungen (Toilette, Dusche/Bad) aufweisen. Dies sei bei dem Wohnwagen gegeben. Es bestehe sogar eine Kochmöglichkeit. Der Wassertank werde durch den gemeindlichen Bauhof gefüllt. Darüber hinaus könne jederzeit Frischwasser aus dem Sanitärbereich des Freibads in die Wassertanks abgefüllt werden. Die Toilettenanlagen seien mit einer Heizung ausgestattet worden. Der Wohnwagen sei ebenfalls beheizbar durch die funktionsfähige Gasheizung und durch Elektroheizgeräte. Die Möglichkeit des Duschens sei im Schulgebäude ca. 200 m entfernt gewährleistet. Der Wohnwagen habe nach Einschalten der funktionsfähigen Heizung auch einen Warmwasseranschluss; dort bestehe auch die Möglichkeit der Benutzung einer Toilette sowie eine Duschmöglichkeit.
b) Diese Ausführungen reichen nicht aus, um die angegriffene Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen.
aa) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners besteht ein Anspruch des (unfreiwillig) Obdachlosen auf Unterbringung gegenüber der örtlichen Sicherheitsbehörde nicht erst dann, wenn durch den Verlust der bisherigen Wohnunterkunft eine konkrete Gefahr für Leib und Leben eingetreten ist, also im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zumindest ein erheblicher gesundheitlicher Schaden zu erwarten ist. Die gegen den Willen des Betroffenen bestehende Obdachlosigkeit stellt schon für sich genommen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Art. 6 LStVG) dar, die ein behördliches Einschreiten zur Sicherstellung einer unabhängig von den Witterungsverhältnissen ganztägig nutzbaren menschenwürdigen Unterkunft verlangt (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2017 – 4 CE 17.615 – NVwZ-RR 2017, 575 Rn. 8; Ehmann, Obdachlosigkeit in Kommunen, 4. Aufl. 2020, S. 34 f. m.w.N.).
Die Annahme, dass der nach dem Auszug aus der früheren Wohnung entstandene Zustand der Obdachlosigkeit unfreiwillig (fort-)besteht, kann auch nicht bereits deswegen als unplausibel bzw. als widerlegt angesehen werden, weil sich der Betroffene wie hier zunächst als wohnungslos gemeldet, dann aber eine ihm zugewiesene Notunterkunft zunächst nicht in Anspruch genommen und sich für einen gewissen Zeitraum außerhalb der bisherigen Wohnortgemeinde aufgehalten hat. Es entspricht vielmehr allgemeiner Lebenserfahrung, dass wohnungslos gewordene Personen nicht selten für eine begrenzte Übergangszeit von nahen Angehörigen aufgenommen werden, um ihnen die Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft bis zum Finden einer neuen Wohnung zu ersparen. Dass der Antragsteller und seine Lebensgefährtin sich zwischen Ende Juni und Anfang Oktober vorübergehend bei Verwandten in Nürnberg aufgehalten haben, deutet daher entgegen dem Vortrag des Antragsgegners nicht auf das Fehlen einer gegenwärtigen Obdachlosigkeit hin. Auch dem hierzu angeführten unveröffentlichten Prozesskostenhilfebeschluss des Senats aus dem Jahr 2008 (B.v. 10.3.2008 – 4 CS 08.370) lässt sich eine solche Vermutungsregel nicht entnehmen. Die Beschwerde der damaligen Antragstellerin hatte nur deswegen keinen Erfolg, weil sie der Annahme des Verwaltungsgerichts, ihre wiederholten mehrwöchigen Abwesenheiten und ihr Einkommen sprächen für das Innehaben einer anderweitigen Unterkunft, nichts Durchgreifendes entgegengehalten hatte (a.a.O., Rn. 2). Im vorliegenden Fall spricht hingegen nichts dafür, dass der Antragsteller und seine Lebensgefährtin aus freien Stücken auf eine ihnen andernorts zur Verfügung stehende Unterbringung verzichtet und den vom Antragsgegner bereitgestellten Wohnwagen bezogen haben.
bb) Der Anspruch auf Obdachlosenunterbringung scheitert nach derzeitigem Stand auch nicht daran, dass es dem Antragsteller rechtlich und tatsächlich möglich wäre, die Wohnungslosigkeit aus eigener Kraft zu beseitigen. Soweit ihm vom Antragsgegner eine anzumietende Wohnung im Nachbarort W. genannt worden ist, bestand für den Antragsteller schon wegen des von Art. 11 GG geschützten Rechts auf freie Wahl des Wohnsitzes (BVerfG, U.v. 17.12.2013 BVerfGE 134, 242 Rn. 253 m.w.N) keine Verpflichtung, sich auf den damit verbundenen Wohnortwechsel einzulassen, um der Obdachlosigkeit abzuhelfen (vgl. allgemein BayVGH, B.v. 14.8.2019 – 4 CE 19.1546 – BayVBl 2020, 197 Rn. 13; Ehmann, a.a.O., S. 50 f. m.w.N.). Bei der weiter vorgeschlagenen 80 m²-Wohnung im Ortsgebiet des Antragsgegners erscheint es auch nach dessen eigener Einschätzung als fraglich, ob das zuständige Jobcenter eine so große Wohnung für die zweiköpfige Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers und seiner Lebensgefährtin anerkennen würde. Dass diese Unsicherheit mittlerweile beseitigt wäre und die Wohnung daher zum sofortigen Bezug bereitstünde, wird in der Beschwerdebegründung nicht nachvollziehbar dargelegt. Diese geht auch nicht auf die vom Verwaltungsgericht erwähnte Möglichkeit ein, dass der Antragsgegner selbst die Wohnung zur Obdachlosenunterbringung anmietet und damit die Vermieterrolle anstelle des Eigentümers übernimmt, nachdem dieser vom Antragsteller und seiner Lebensgefährtin wegen der in einem früheren Mietverhältnis entstandenen Streitigkeiten als Vertragspartner abgelehnt wird. Ob diese persönlichen Differenzen objektiv so gravierend sind, dass sie eine direkte Vertragsbeziehung mit dem genannten Wohnungseigentümer als unzumutbar erscheinen lassen, bedarf hier keiner näheren Prüfung, solange weder die Mietkostenübernahme durch das Jobcenter noch die Verfügbarkeit der genannten Wohnung geklärt ist.
cc) Die Beschwerdebegründung vermag auch nicht die aufgrund einer Gesamtbetrachtung gewonnene Annahme des Verwaltungsgerichts zu widerlegen, dass der dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin zur Verfügung gestellte Wohnwagen die an eine Obdachlosenunterbringung in der kalten Jahreszeit geltenden Mindestanforderungen nicht vollständig erfüllt.
Wie in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeführt wird, bestehen zwar keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, einen Wohnwagen als Unterkunft für Obdachlose zu nutzen (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.1994 – 4 CS 94.3112 – BayVBl 1995, 86; B.v. 3.8.2012 – 4 CE 12.1509 – juris Rn. 6; Hüttner, Die Unterbringung von Obdachlosen durch Polizei- und Ordnungsbehörden, 2014, S. 68 m.w.N.). Dies setzt allerdings voraus, dass das Fahrzeug über eine dauerhaft gesicherte Wasser-, Strom- und Wärmeversorgung verfügt und dass in zumutbarer Entfernung geeignete Sanitäranlagen vorhanden sind, wobei sich im Einzelfall aus einer besonderen persönlichen Bedarfslage auch erhöhte Anforderungen an die Ausstattung ergeben können. Ob der vom Antragsgegner bereitgestellte Wohnwagen, in dem sich auf beengtem Raum dauerhaft zwei Personen aufhalten sollen, diesen Mindestvorgaben genügt, erscheint auch nach den Ausführungen im Beschwerdeverfahren weiterhin zweifelhaft.
Die in den Wohnwagen eingebaute Toilette, die nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen sein dürfte, stellt wohl auch nach Meinung des Antragsgegners noch keine für ein dauerhaftes Wohnen ausreichende Sanitäreinrichtung dar, so dass dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin zusätzlich das nebenan gelegene frühere Toilettenhaus des Schwimmbads zur Verfügung gestellt worden ist. Dieses verfügt aber, wie im angegriffenen Beschluss näher ausgeführt wird, über keine eigene Heizung, die in der kalten Jahreszeit fortlaufend gefahrlos betrieben werden könnte, sondern nur über einige provisorisch angeschlossene Heizlüfter, die dem aktuellen Sicherheitsstandard kaum entsprechen dürften. Auch die Wärmeversorgung innerhalb des Wohnwagens erscheint nicht gesichert. Zwar verweist der Antragsgegner in seiner Beschwerdebegründung auf das Vorhandensein einer „funktionsfähigen“ Gasheizung. An der dauernden Verfügbarkeit dieser Heizmöglichkeit bestehen aber offenbar selbst aus seiner Sicht erhebliche Zweifel, da der Wohnwagen zusätzlich mit Elektroheizgeräten ausgestattet wurde, die indes aus Brandschutzgründen nur kurzzeitig eingesetzt werden können. Die vom Verwaltungsgericht geäußerten Zweifel an der Benutzbarkeit der Unterkunft in der kalten Jahreszeit sind somit auch durch das Beschwerdevorbringen nicht vollständig ausgeräumt. Diesen Zweifeln kommt hier ein erhöhtes Gewicht zu, weil in Anbetracht der durch ein Attest nachgewiesenen schwerwiegenden Dauererkrankung des Antragstellers (Mukoviszidose) die Gefahr einer auch nur zeitweiligen Unterkühlung möglichst sicher ausgeschlossen werden muss. Insgesamt bestehen demnach bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung weiterhin erhebliche Bedenken gegen die Nutzung des Wohnwagens als Obdachlosenunterkunft zur Winterzeit, so dass die Beschwerde des Antragsgegners gegen den erstinstanzlichen Beschluss keinen Erfolg haben kann.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 47 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG und Nr. 1.5, 35.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
3. Dem Antragsteller war für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren (§ 166 VwGO i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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