Familienrecht

Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  L 11 AS 839/18 B PKH

Datum:
12.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23043
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 64, § 67, § 87, § 67 Abs. 1, § 73a Abs. 1 S. 1, § 177
ZPO § 114

 

Leitsatz

Zur Einhaltung der Frist zur Klageerhebung ist bei Aufgabe der Klageschrift zur Post auf die Leerungszeiten bzw. Versandschlusszeiten zu achten.

Verfahrensgang

S 10 AS 86/18 2018-08-01 Urt SGWUERZBURG SG Würzburg

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 01.08.2018 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Streitig ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Bescheiden vom 26.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2018 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II, ohne die Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen. Der Widerspruchsbescheid ist dem Kläger am 18.01.2018 laut Postzustellungsurkunde zugestellt worden.
Am 20.02.2018 (Dienstag) hat der Kläger Klage dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt.
Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von PKH mit Beschluss vom 01.08.2018 abgelehnt. Eine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe mangels rechtzeitiger Klageerhebung nicht. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, denn der Kläger habe laut des von ihm vorgelegten Einlieferungsbeleges hinsichtlich seiner Klageschrift diese erst am Samstag, dem 17.02.2018, um 18.48 Uhr nach Ablauf der Versandschlusszeit – so der Aufdruck auf dem Einlieferungsbeleg – bei der Post eingeliefert, so dass er wusste, dass der Versand erst am Montag, dem 19.02.2018, beginnen werde und damit die Klageschrift erst am Dienstag, dem 20.02.2018, also nach Ablauf der Klagefrist am 19.02.2018, das Sozialgericht erreiche.
Dagegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben und auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akten des Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 – B 13 RJ 83/97 R – SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKHBeantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 73a Rn.7ff.).
Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKHVerfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 – 1 BvR 1523/92 – NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als „schwierig“ erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 (Rn. 29) – BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen der fehlenden Erfolgsaussichten ihres Begehrens PKH vorzuenthalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 – 1 BvR 1807/07 – NJW 2008, 1060ff).
Vorliegend besteht keine solche hinreichende Erfolgsaussicht, denn die Klage ist nicht rechtzeitig vom Kläger erhoben worden und damit unzulässig. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG kommt nicht in Betracht; der Kläger war nicht ohne eigenes Verschulden verhindert, die Klagefrist einzuhalten. Zur Begründung wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG unter zusätzlichem Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 20.05.2009 (IV ZB 2/08 – veröffentlicht in Juris) Bezug genommen. Der vorgelegte Einlieferungsbeleg enthält zudem den ausdrücklichen Hinweis, dass der Transport erst am nächsten Werktag (Montag) beginne.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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