Familienrecht

Unterhaltsleistungen, Leben des Kindes bei einem Elternteil i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG, Lebensmittelpunkt des Kindes bei einem einzigen Elternteil, verneint, Wechselmodell, Kindergeld, temporäre Bedarfsgemeinschaft, Trennungsvereinbarung, Barunterhalt, Erfüllungsübernahme, Wegfall oder Fehlen der Geschäftsgrundlage

Aktenzeichen  W 3 K 21.759

Datum:
17.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 11123
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
UVG § 1 Abs. 1
UVG § 1 Abs. 1 Nr. 2
UVG § 1 Abs. 1 Nr. 3
UVG § 7
EStG § 64 Abs. 2
BGB § 313
BGB § 329
BGB § 1612a

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. 

Gründe

Streitgegenstand der Klage ist das Begehren des Klägers, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28. April 2021 zu verpflichten, dem Kläger vom 1. September 2020 bis 30. April 2021 für das Kind C. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums folgt antragsgemäß aus § 4 UVG. Danach wird die Unterhaltsleistung rückwirkend längstens für den letzten Monat vor dem Monat gezahlt, in dem der Antrag bei der zuständigen Stelle oder einer der bezeichneten Stellen eingegangen ist; dies gilt nicht, soweit es an zumutbaren Bemühungen des Berechtigten gefehlt hat, den bezeichneten Elternteil zu Unterhaltszahlungen zu veranlassen. Der Kläger hat mit Antrag vom 30. August 2020 Unterhaltsleistungen für seinen Sohn ab 1. September 2020 beantragt. Der Klageantrag ist dementsprechend auf die Verpflichtung zur Gewährung von Unterhaltsleistungen ab September 2020 gerichtet.
Streitgegenständlich ist der Zeitraum bis zur letzten Behördenentscheidung, hier der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 28. April 2021, der am 30. April 2021 zugestellt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2017 – 5 C 36/16 – juris; BayVGH, B.v. 16.2.2007 – 12 C 06.3229 – juris Rn. 2; Grube, UVG, 2. Aufl. 2020, Einleitung Rn. 3 ff., 110).
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO).
Der Kläger ist aus § 9 Abs. 1 UVG befugt, einen Anspruch seines Sohnes auf Unterhaltsleistungen nach § 1 Abs. 1 UVG im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2014 – 12 C 13.2488 – juris Rn. 7 ff.; VG Würzburg, U.v. 7.7.2011 – W 3 K 11.170 – juris Rn. 35 ff.; Grube, UVG, 2. Aufl. 2020, § 9 Rn. 2 m.w.N.).
2. Die Klage ist aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Unterhaltsleistungen. Der Bescheid der Beklagten vom 28. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für den begehrten Anspruch ist § 1 Abs. 1 UVG. Nach § 1 Abs. 1 UVG hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss, wer (1.) das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, (2.) im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt, und (3.) nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil mindestens in der bezeichneten Höhe erhält.
a) Das Kind hat das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UVG).
b) Die Eltern des Kindes leben zwar seit dem 1. Februar 2019 dauernd getrennt. Das Kind lebt aber nicht bei einem seiner Elternteile i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG.
Das Kind müsste im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. September 2020 bis 30. April 2021 bei „einem“, d.h. nur bei einem einzigen seiner beiden Elternteile leben, nämlich laut Klagebegründung bei dem Vater.
Ein Kind lebt dann i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei „einem“ einzigen Elternteil, wenn es mit diesem eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft hat, in der es betreut wird, und bei dem betreuenden Elternteil seinen Lebensmittelpunkt hat. Der betreuende Elternteil muss dabei der doppelten Belastung mit Erziehung und Unterhaltsgewährung ausgesetzt sein. So verfolgt der Gesetzgeber mit dem Unterhaltsvorschussgesetz das Ziel, die prekäre Lage eines Alleinerziehenden zu mildern. Alleinerziehend bedeutet nicht, dass der andere Elternteil überhaupt nicht mehr an der Betreuung und Erziehung des Kindes beteiligt sein darf. Eine Beteiligung des anderen Elternteils, die dagegen eine wesentliche Entlastung des Elternteils, das sich als alleinerziehend betrachten möchte, mit sich bringt, führt dagegen zum Fortfall des Anspruchs (BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 5 C 20/11 – NJW 2013, 405 Rn. 20). Maßgeblich ist daher, welche Person die elementaren Lebensbedürfnisse des Kindes sichert und befriedigt, d.h. wer von den beiden Elternteilen im Wesentlichen für die Pflege, die Verköstigung, die Kleidung, für die Ordnung und Gestaltung des Tagesablaufs sorgt und bei welcher Person das Kind im Wesentlichen seine emotionale Zuwendung erhält. Dies ist im Wege einer umfassenden Prüfung der Umstände des Einzelfalles zu bewerten. Eine Alleinerziehung liegt dann vor, wenn die Sorge eines Elternteils nach ihrer Qualität und Quantität eindeutig dominiert (ständige Rechtsprechung des BayVGH, vgl. z.B. U.v. 24.7.2003 – 12 B 99.2155 – juris Rn. 10; B.v. 10.9.1998 – 12 ZB 97.2588 – juris Rn. 3; B.v. 16.2.2007 – 12 C 06.3229 – juris Rn. 2; B.v. 22.4.2016 – 12 C 15.2382 – juris Rn. 6; VG Würzburg, U.v. 28.1.2021 – W 3 K 19.39 – BeckRS 2021, 7777 Rn. 23; U.v. 7.7.2011 – W 3 K 11.170 – juris Rn. 40; Grube, UVG, 2. Auflage 2020, § 1 Rn. 59 f. m.w.N.).
Eine wesentliche Mitbetreuung durch den anderen Elternteil wird in der Rechtsprechung nicht erst bei einer familienrechtlichen Vereinbarung des sogenannten Wechselmodells angenommen, bei der sich beide Elternteile die Betreuung des gemeinsamen Kindes hälftig teilen, sondern bereits dann, wenn der Elternteil, bei dem das Kind sich überwiegend aufhält, zeitlich eine spürbare Entlastung in der Kinderbetreuung erfährt. Dabei wird in der Rechtsprechung üblicherweise ein Umfang von mind. 33% (in Anlehnung an § 5 Abs. 4 Satz 2 WoGG) bis 40% der Betreuungszeit durch den anderen Elternteil gefordert, um eine Alleinerziehung des Kindes durch den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteil ausschließen zu können (Überblick bei VG Freiburg, U.v. 6.4.2020 – 4 K 345/20 – juris Rn. 31 m.w.N.). Diese Rechtsprechung hat sich auch in den Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes (abgedruckt bei Grube, UVG, 2. Auflage 2020, Anhang 1; allgemein zu den Richtlinien ders., a.a.O., Einleitung Rn. 121) und den Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes (VwUVG) niedergeschlagen; danach soll eine Mitbetreuung ab einer Verantwortungsübernahme von mehr als einem Drittel, in Einzelfällen auch oberhalb dieser Grenze anzunehmen sein (vgl. VG Freiburg, U.v. 6.4.2020 – 4 K 345/20 – juris Rn. 33 m.w.N.).
Nach den Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes und den Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes soll sich die Ermittlung des Anteils, zu dem das Kind bei dem anderen Elternteil lebt, in erster Linie danach richten, in welchem Haushalt sich das Kind zu Beginn des Tages aufhält. Die Zahl der Tage wird auf das Jahr hochgerechnet. Die typisierende Ermittlung der Betreuungszeiten geht davon aus, dass die mit der Zahl der Tage, an denen sich das Kind morgens im Haushalt aufhält, verbundene Betreuungsleistung die Versorgung insbesondere am vorherigen Abend und am Morgen sowie die Betreuung im oder die Planung des weiteren Tagesablaufs (z.B. Bringen und Abholen zur/von der Schule etc.) beinhaltet. Hält sich das Kind zu Beginn des Tages außerhalb, das heißt weder im Haushalt des einen noch im Haushalt des anderen Elternteils (z.B. bei Großeltern oder Freunden, in einem Schullandheim o.ä.) auf, erfolgt eine Berücksichtigung bei dem Elternteil, der zu dieser Zeit die Verantwortung trägt, sich um das Kind bzw. etwaige alternative Betreuungsmöglichkeiten kümmert, falls dies erforderlich werden sollte (z.B. Kind wird krank und muss abgeholt werden). Grundsätzlich kann danach davon ausgegangen werden, dass bei einer Mitbetreuung von mehr als einem Drittel der Tage keine Alleinerziehung im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes vorliegt. Der zeitlichen Komponente kommt Indizwirkung zu, ohne dass sich allerdings die Beurteilung allein hierauf beschränkt. Ergeben sich insbesondere nach den Ausführungen des antragstellenden Elternteils dennoch Anhaltspunkte, dass ausnahmsweise Alleinerziehung vorliegen könnte, ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, sofern die Mitbetreuung in zeitlicher Hinsicht nicht bereits annähernd die Hälfte der Zeit umfasst (Ziff. 1.3.1 VwUVG und der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes; kritisch zum Berechnungsmodell der Richtlinien: Grube, UVG, 2. Auflage 2020, § 1 Rn. 60). Die häusliche Gemeinschaft von Elternteil und Kind wird nicht dadurch aufgehoben, dass das Kind für einen Teil des Tages außerhäuslich, etwa im Kindergarten, bei Verwandten oder bei einer Tagesmutter betreut wird oder an Wochentagen ganztägig über Tag und Nacht (etwa bei Verwandten oder einer Tagesmutter) untergebracht ist (Ziff. 1.3.2 VwUVG und der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes).
Im Rahmen der vorzunehmenden Einzelfallprüfung und Beurteilung des Sachverhalts stellt das Gericht zunächst auf die gelebte Umgangsregelung ab.
Nach der Trennungsvereinbarung vom 6. Oktober 2018 hält sich das Kind 3/7 (43% der Zeit) beim Kläger und 4/7 (57%) bei der Mutter auf. Die tatsächlichen Betreuungszeiten weichen aber im streitgegenständlichen Zeitraum September 2020 bis April 2021 unstreitig hiervon ab.
Nach der handschriftlichen, nicht unterschriebenen Umgangsregelung (Bl. B 46 d.A. der Beklagten) und den Betreuungszeiten in der Kindertagesstätte (Bl. B 25 d.A. der Beklagten) wird das Kind in einem 2-Wochen-Zeitraum ca. 47% vom Vater (ca. 159 von 336 Stunden), ca. 34% von der Mutter (ca. 114 von 336 Stunden) und ca. 19% (ca. 63 von 336 Stunden) im Kindergarten betreut. Dies entspricht der auf ein Kalenderjahr bezogenen Berechnung der Beklagten (Bl. B 27 d.A. der Beklagten). Die vorliegende Rechtsprechung bezieht sich allerdings jeweils auf das Verhältnis der Betreuungsanteile der Elternteile, ohne einen Anteil für die außerhäusliche Betreuung anzusetzen. Wenn die Betreuung im Kindergarten nicht in die prozentuale Berechnung der jeweiligen Betreuungsanteile einbezogen wird, wird das Kind nach den angegebenen Zeiten in einem 2-Wochen-Zeitraum ca. 58% vom Vater (ca. 159 von 273 Stunden) und ca. 42% von der Mutter (ca. 114 von 273 Stunden) betreut. Wenn bis zum Abholen aus dem Kindergarten weiterhin derjenige als Betreuungsperson angesehen wird, der das Kind jeweils in den Kindergarten gebracht hat, ergibt sich nach den angegebenen Zeiten ein Betreuungsanteil des Vaters von ca. 62% (ca. 207 von 336 Stunden) und der Mutter von ca. 38% (ca. 129 von 336 Stunden). Dabei wurde hinsichtlich der Betreuungszeiten zu Gunsten des Klägers dessen Vortrag berücksichtigt. Hierbei wurde zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass die Mutter das Kind nach einem Wochenende bei ihr sonntags um 17:00 Uhr zurück zum Kläger bringe. Weiterhin wurde zu Gunsten des Klägers berücksichtigt, dass die Mutter das Kind dienstags um 7:00 Uhr zum Kläger bringe, bevor dieser das Kind selbst zum Kindergarten bringe (Bl. B 26 und B 160 d.A. der Beklagten).
Eine wesentlich andere Gewichtung der Betreuungsanteile folgt auch nicht aus einer Berechnung nach den Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes und den Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes. Bei einer tagesweisen Berechnung wird das Kind in einem 2-Wochen-Zeitraum 4/7 vom Vater (8 von 14 Tagen, d.h. 57%) und 3/7 von der Mutter (6 von 14 Tagen, d.h. 43%) betreut (zu einer tageweisen Berechnung: OVG NW, U.v. 15.12.2015 – 12 A 1053/14 – juris Rn. 36).
Der jeweilige Betreuungsanteil verschiebt sich auch nicht substantiell, wenn die Mutter das Kind gelegentlich verspätet vom Kindergarten abholt. Ob das Verhalten der Mutter insofern zu beanstanden ist, spielt für den Anspruch auf Unterhaltsleistung keine Rolle (vgl. Grube, UVG, 2. Auflage 2020, § 1 Rn. 62 m.w.N.).
Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der Betreuungsanteil durch die Betreuung während der Ferien substantiell verschiebt. Nach § 15 der Trennungsvereinbarung vom 6. Oktober 2018 verpflichtet sich die Ehefrau, das gemeinsame Kind jährlich für einen Zeitraum von maximal fünf zusätzlichen Wochen (unabhängig von der vereinbarten Aufenthaltsbestimmung) alleine zu betreuen (klarstellend nicht bezogen auf weitere finanzielle Leistungen). Die Vertragsteile gehen davon aus, dass sie sich hierbei einvernehmlich jeweils einigen werden. Eine mögliche abweichende Vereinbarung ist insofern bereits in der Trennungsvereinbarung vom 6. Oktober 2018 angelegt. Der Kläger hat im Fragebogen vom 8. Oktober 2020 vorgetragen, Ferienzeiten würden „theoretisch (laut Vereinbarung)“ auch hälftig geteilt. Praktisch werde das Kind auch zu 60 bis 70% beim Kläger sein, aufgrund der zukünftigen Teilzeit und höheren Urlaubsansprüche. Weiteres wurde hierzu für den streitigen Zeitraum nicht vorgetragen. Selbst wenn man in den Ferienzeiten für den streitigen Zeitraum nach seinen eigenen Angaben eine Betreuung zu 60 bis 70% durch den Kläger unterstellt, verschiebt sich der Betreuungsanteil im Vergleich zu den ermittelten Betreuungsanteilen insgesamt nicht substantiell.
Sowohl die stundenweise als auch eine tageweise Berechnung der Betreuungsanteile spricht damit zunächst für eine damit einhergehende erhöhte Belastung des Klägers mit Betreuung und Erziehung des Kindes.
Es ergibt sich nach dem Vortrag beider Elternteile aber auch eine ganz erhebliche Entlastung des Klägers durch die Kindsmutter.
Die Betreuungsleistungen, welche die Kindsmutter erbracht hat, waren so umfangreich, dass sie in dem streitgegenständlichen Zeitraum zu einer wesentlichen Entlastung des Klägers geführt haben, selbst wenn die fürsorgliche und erzieherische Hauptverantwortung bei ihm verblieb. Nach der Umgangsregelung wurde das Kind an zwei Tagen nach dem Besuch der Kindertagesstätte bis zum nächsten Morgen und an jedem zweiten Wochenende durch die Mutter betreut. Der Wechsel war dabei so organisiert, dass die Betreuung nach dem Besuch der Kindertagesstätte begann.
Der Kläger hat vorgetragen, er trage seit der Geburt alle Kosten für das Kind, gewöhnliche wie außergewöhnliche. Das Kind habe in seiner Wohnung seit Geburt sein eigenes Zimmer. In der Wohnung der Mutter habe es kein eigenes Zimmer. Alle finanziellen und organisatorischen Aufgaben lägen beim Kläger. Die Mutter sei verpflichtet, zum Arzt zu gehen, wenn das Kind an einem Montag oder Donnerstag krank sein sollte. Die Mutter kümmere sich in ihren Betreuungszeiten um die Verpflegung des Kindes. Die restliche Verantwortung liege beim Kläger. Dieser trage auch alle Kosten für den Sohn mit Ausnahme der alltäglichen Verpflegungskosten während der Aufenthaltszeiten bei der Kindesmutter.
Die Mutter des Kindes hat auf Anfrage der Beklagten am 13. Oktober 2020 mitgeteilt, Arztbesuche erfolgten durch das Elternteil, bei dem das Kind gerade sei. Die Mutter versuche immer, bei Arztbesuchen dabei zu sein. Bei Untersuchungen seien beide Elternteile dabei. Die Mutter übernehme alle Aufgaben, wenn das Kind bei ihr sei. Das Kind habe bei ihr kein Kinderzimmer, weil sie damals nicht gedacht habe, dass sie getrennt würden.
Es ergibt sich nach dem Vortrag beider Elternteile eine ganz erhebliche Entlastung des Klägers. Das Kind hat im streitgegenständlichen Zeitraum nach dem Vortrag des Klägers und seiner Mutter bei beiden Elternteilen eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft, in der seine elementaren Lebensbedürfnisse einschließlich der emotionalen Zuwendung gesichert werden.
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass das Kind nur im Haushalt des Klägers seit der Geburt ein eigenes Kinderzimmer hat, nicht aber im Haushalt der Mutter. Im Hinblick auf den Umfang und die Dauer der Betreuung kann nicht von einer provisorischen Unterbringung bei seiner Mutter gesprochen werden. Beengte wohnliche Verhältnisse führen nicht dazu, dass die Betreuungsleistung entfällt.
Die Eltern begleiten das Kind nach dem Vortrag beider Elternteile zu Arztbesuchen. Hieran ändert sich auch nichts, wenn die Mutter nach dem Vortrag des Klägers nicht bei allen Arztbesuchen dabei sei. Dass die Betreuung an manchen Tagen weniger intensiv ausfällt, gehört zum Wesen der Kindererziehung (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 13.12.2018 – OVG 6 B 9.17 – juris Rn. 29).
Soweit der Kläger eine ungleiche Aufteilung hinsichtlich der für das Kind anfallenden Kosten vorträgt, ist dies für die Frage nach dem Lebensmittelpunkt des Kindes unbeachtlich. Die Kostenaufteilung betrifft hier das Verhältnis der Elternteile untereinander und kann insofern zu keiner anderen Beurteilung führen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Kläger nach seinem Vortrag der Kinderfreibetrag und das Kindergeld zustünden.
Bei der umfassenden Würdigung des Einzelfalls ist als ein wesentlicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen, welcher Elternteil zum vorrangig Kindergeldberechtigten bestimmt wurde (BVerwG U.v. 11.10.2012 – 5 C 20/11 – NJW 2013, 405 Rn. 21). Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG bzw. § 3 Abs. 2 Satz 1 BKGG wird das Kindergeld bei mehreren Berechtigten demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Hierbei handelt es sich nur um ein (widerlegbares) Indiz. In Ausnahmefällen kann auch eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Haushalten beider Elternteile bestehen, wenn das Kind tatsächlich zeitweise beim Vater und zeitweise bei der Mutter lebt und als in beide Haushalte eingegliedert anzusehen ist. Die Elternteile bestimmen in diesem Fall untereinander den Berechtigten (Avvento in Kirchhof/Seer, EStG, 21. Auflage 2022, § 64 Rn. 3 m.w.N.; vgl. zur Anrechnung des Kindergelds auf den Barbedarf nach § 1612b Abs. 1 BGB: von Pückler in Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 1612b Rn. 8 ff.).
Der Umstand, dass der Kläger vorrangig kindergeldberechtigt sei, schmälert das dargelegte Gewicht der Betreuungs- und Erziehungsleistungen der Kindsmutter, auf die es maßgeblich ankommt, nicht (OVG NW, U.v. 15.12.2015 – 12 A 1053/14 – juris Rn. 54). Hier ist weiterhin zu berücksichtigen, dass in § 13 der Trennungsvereinbarung vom 6. Oktober 2018 (im Innenverhältnis) vereinbart wurde, dass dem Kläger der Kinderfreibetrag und das Kindergeld zustehen. Der Kläger verpflichtet sich hiernach, das Kindergeld auf das Sparbuch des Kindes einzuzahlen. Dass dem Kläger der Kinderfreibetrag zusteht und das Kindergeld an den Kläger überwiesen wird, entspricht insofern der Trennungsvereinbarung vom 6. Oktober 2018.
Hier ist auch zu berücksichtigen, dass die Mutter des Kindes nach dem in den Akten befindlichen Bescheid des Jobcenters der Beklagten vom 5. Oktober 2020 für sich und das mit ihr in (temporärer) Bedarfsgemeinschaft (Bl. C 41 d.A. der Beklagten) lebende Kind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhält (zur temporären Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II: OVG Berlin-Bbg, U.v. 13.12.2018 – OVG 6 B 9.17 – juris Rn. 27; Grube, UVG, 2. Auflage 2020, § 1 Rn. 63 m.w.N.).
Der Tatsache, dass dem Kläger der Kinderfreibetrag und das Kindergeld zustehen, kann daher nicht entnommen werden, dass das Kind bei einem Elternteil i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG lebt.
Nach dem Vortrag der Beteiligten hat das Kind seinen Lebensmittelpunkt bei beiden Elternteilen und nicht nur alleine beim Kindsvater. Der Kindsvater wird durch die Betreuungsleistung der Kindesmutter in einem derartigen Umfang entlastet, dass er nicht einer doppelten Belastung mit Erziehung und der Unterhaltsgewährung ausgesetzt ist, welche die Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz rechtfertigt.
Änderungen der Betreuungszeiten nach dem streitgegenständlichen Zeitraum 1. September 2020 bis 30. April 2021 haben keinen Einfluss auf den Anspruch im streitgegenständlichen Zeitraum. Insofern kommt es auch nicht darauf an, dass die Kindsmutter in dem Gespräch bei der Beklagten vom 28. Oktober 2021 vorgetragen hat, dass sie seit dem 20. September 2021 als Betreuerin arbeite und die Betreuungszeiten sich geändert hätten.
Das Kind lebt daher nicht bei einem seiner Elternteile i.S.d. § 1 Abs. 1 UVG, so dass ein Anspruch auf Unterhaltsleistungen bereits insofern ausscheidet.
c) Die weitere Voraussetzung, dass das Kind nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 a UVG nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil erhält, ist hier, ohne dass es noch darauf ankäme, ebenfalls nicht gegeben.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 a UVG setzt ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder -ausfallleistungen voraus, dass das bei einem seiner Elternteile lebende Kind nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil erhält. Werden Zahlungen erbracht, schließen sie den Anspruch auf Unterhaltsleistungen erst aus, wenn sie in ihrer Höhe den Mindestbetrag nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 UVG erreichen oder überschreiten (Grube, UVG, 2. Auflage 2020, § 1 Rn. 71; Engel-Boland in BeckOK Sozialrecht, 64. Edition Stand: 01.03.2022, UVG, § 1 Rn. 41).
Das Ausbleiben von Unterhaltszahlungen ist der zentrale Anknüpfungspunkt für die Unterhaltsleistung. Damit wird der Nachrang der Unterhaltsleistungen gegenüber der Unterhaltszahlung des anderen Elternteils deutlich (Grube, UVG, 2. Auflage 2020, § 1 Rn. 70).
Ein Ausfall von Unterhaltsleistungen liegt daher nicht vor, wenn die Eltern eine wirksame Freistellungsvereinbarung geschlossen haben und der das Kind betreuende Elternteil den anderen Elternteil von seiner Unterhaltspflicht freigestellt hat (vgl. VG Aachen, U.v. 16.03.2015 – 2 K 263/13 – juris Rn. 45 ff. m.w.N.; Grube, UVG, 2. Auflage 2020, Einl Rn. 24, § 1 Rn. 76; von Koppenfels-Spies in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 7. Aufl. 2021, UVG, §§ 1-12a Rn. 10; Engel-Boland in BeckOK Sozialrecht, 64. Edition Stand: 01.03.2022, UVG, § 1 Rn. 35; ebenso im Ergebnis unter Rückgriff auf die Figur eines planwidrigen Ausfalls von Unterhaltsleistungen: OVG Lüneburg, B.v. 12.2.2007 – 4 LA 94/07 – juris Rn. 5 m.w.N). Die Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes und die Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes greifen diese Rechtsprechung auf.
Nach den Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes und den Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes kann ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nur bestehen, wenn Unterhaltszahlungen „planwidrig“ ausfallen. Danach ist kein Unterhaltsvorschuss zu gewähren, wenn der alleinerziehende Elternteil den anderen Elternteil in einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich von seiner Unterhaltspflicht freigestellt hat. In diesem Fall liegt kein planwidriger Unterhaltsausfall vor, weil davon auszugehen ist, dass der alleinerziehende Elternteil den gesamten Barunterhalt sicherstellt. Eine Freistellungsvereinbarung liegt danach vor, wenn die Eltern eine Vereinbarung treffen, durch die sich der eine Elternteil dem anderen Elternteil gegenüber ausdrücklich verpflichtet, ihn von Unterhaltsansprüchen des Kindes freizuhalten. Sie liegt nur vor, wenn der alleinerziehende Elternteil den Unterhalt in Höhe der Freistellung allein gewährleisten will. Allein die Bezeichnung als „Freistellung“ reicht nicht aus. Die Freistellung wirkt nur im Innenverhältnis zwischen den Eltern, nicht aber gegenüber dem Kind. Keine Freistellungsvereinbarung liegt danach vor, wenn der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, leistungsunfähig ist, was er zu beweisen hat. Keine Freistellungsvereinbarung liegt vor, wenn der alleinerziehende Elternteil nur auf die Vollstreckung verzichtet, weil er weiß, dass die Vollstreckung keinen Erfolg hätte (Ziff. 1.5.2 VwUVG und der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes).
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Merkmal des „planwidrigen“ Ausbleibens der zivilrechtlichen Unterhaltszahlung (im Fall einer anonymen Samenspende) zwar nicht anerkannt (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 5 C 28/12 – juris Rn. 17; Grube, UVG, 2. Auflage 2020, Einl Rn. 23; von Koppenfels-Spies in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 7. Aufl. 2021, UVG, §§ 1-12a Rn. 10).
Eines Rückgriffs auf das Merkmal des „planwidrigen“ Ausbleibens der zivilrechtlichen Unterhaltszahlung bedarf es insofern bei einem Ausfall von Unterhaltsleistungen nicht. Die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz soll nach dem Plan des Gesetzgebers „ausbleibende Zahlungen“ der Unterhaltsverpflichteten aus öffentlichen Mitteln übernehmen, um sie sodann von Amts wegen beim säumigen zahlungsverpflichteten Elternteil wieder einzuziehen. Die Gewährung von Unterhalt als Ausfallleistung für den Fall, dass ein Rückgriff auf den anderen Elternteil nicht möglich oder erfolgreich ist, soll die Ausnahme bleiben. Bereits die amtliche Kurzbezeichnung des Gesetzes („Unterhaltsvorschussgesetz“) selbst und die Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 UVG, wonach es sich bei dem Anspruch auf „Unterhaltsleistung“ nach diesem Gesetz um einen Anspruch „auf Unterhaltsvorschuss oder -ausfallleistung“ handelt, verdeutlichen diese Zielsetzung. Bestätigt wird der Gesetzeszweck durch den in § 7 UVG normierten gesetzlichen Forderungsübergang, der den Nachrang der Unterhaltsleistung dadurch sichern soll, dass Unterhaltsansprüche des berechtigten Kindes „für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird“, auf das Land übergehen. Des Weiteren spricht für den Unterhaltsvorschuss als gesetzgeberisches Leitbild, dass das Unterhaltsvorschussgesetz beide Elternteile in die Pflicht nimmt, um den Rückgriff des Landes zu erleichtern. Die gesetzgeberische Konzeption, die öffentliche Unterhaltsleistung in erster Linie als Vorschuss zu zahlen und von dem säumigen zum Barunterhalt verpflichteten anderen Elternteil zurückzufordern, wird von der Erwartung getragen, dass sich der Elternteil, bei dem das Kind lebt, in der Regel so verhält, dass die Unterhaltsvorschussleistung nicht zur Unterhaltsausfallleistung wird (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 5 C 28/12 – juris Rn. 22 f. m.w.N.).
Kein Ausbleiben des Unterhalts liegt vor, wenn zwei Kinder nach der Trennung unter den Elternteilen „aufgeteilt“ und je vollständig versorgt werden und die Eltern vereinbart haben, dass seitens des nicht betreuenden Elternteils kein Unterhalt gezahlt wird (BayVGH, B.v. 11.8.2020 – 12 ZB 18.1572 – juris Rn. 10). Das gilt auch, wenn ein Elternteil in einer Freistellungsvereinbarung keinen Unterhalt zahlt, weil sich der andere Elternteil verpflichtet, den Nichtzahlenden von Unterhaltsansprüchen des Kindes freizuhalten (VG Aachen, U.v. 16.03.2015 – 2 K 263/13 – juris Rn. 49; von Koppenfels-Spies in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 7. Aufl. 2021, UVG, §§ 1-12a Rn. 10).
Ein Anspruch auf Unterhaltsleistungen scheidet mithin aus, wenn der andere Elternteil durch eine Vereinbarung von der Unterhaltszahlung befreit ist. Eine Vereinbarung hat aber nur Ausschlusswirkung, wenn sie tatsächlich von Unterhaltszahlungen befreien soll und wirksam ist; hierbei sind insbesondere die Vorgaben des § 1614 BGB zu beachten. Deswegen genügt eine Regelung, bei der das Kind auf Unterhaltszahlungen verzichtet, nicht. Vielmehr bedarf es einer Freistellungsvereinbarung in der Form, dass sich der alleinerziehende Elternteil gegenüber dem anderen Elternteil verpflichtet, letzteren von Unterhaltsansprüchen des Kindes freizuhalten. Da bei dieser Konstruktion die Unterhaltsansprüche des Kindes nur gesichert sind, wenn der sich verpflichtende Elternteil auch hinreichend leistungsfähig ist, sind Freistellungsvereinbarungen unwirksam, wenn es diesem Elternteil an der Leistungsfähigkeit fehlt (Engel-Boland in BeckOK Sozialrecht, 64. Edition Stand: 01.03.2022, UVG, § 1 Rn. 35.
Im vorliegenden Fall sieht der Nachtrag zum Ehevertrag, Trennungsvereinbarung vom 6. Oktober 2018 vor, dass die Unterhaltspflicht gegenüber dem gemeinsamen Kind von dem Ehemann, dem Kläger, allein übernommen wird. Der Ehemann verpflichtet sich gegenüber der Ehefrau im Wege der internen Erfüllungsübernahme, diese von jeder Inanspruchnahme freizustellen und den Unterhaltsberechtigten rechtzeitig zu befriedigen. Diese Erfüllungsübernahme gilt grundsätzlich auf die Dauer der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Unterhaltsberechtigten, längstens jedoch bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres. Die „Freistellung durch den Ehemann bzw. Erfüllungsübernahme“ ist auflösend bedingt für den Fall, dass die Ehefrau wieder verheiratet ist bzw. in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebt, oder für den Fall des dauerhaften Wegzuges aus Schweinfurt.
Hierin ist eine Freistellung der Mutter des Kindes von der Pflicht zur Leistung von Barunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB zu sehen (OVG Lüneburg, B.v. 12.2.2007 – 4 LA 94/07 – juris Rn. 6.; vgl. auch Knittel/ Birnstengel, DIJuF-Rechtsgutachten, Themengutachten TG-1123 Rn. 1: Erfüllungsübernahme i.S.d. § 329 BGB). Dass die Mutter zuvor keinen Barunterhalt geleistet hatte, ändert daran nichts. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestimmt sich nicht nach den tatsächlichen Einkünften, sondern nach den zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften (OVG Lüneburg, B.v. 12.2.2007 – 4 LA 94/07 – juris Rn. 6 m.w.N.). Eine fehlende Leistungsfähigkeit lässt sich insofern auch nicht dem in den Akten der Beklagten befindlichen Bescheid des Jobcenters der Beklagten über die Änderung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) vom 5. Oktober 2020 entnehmen. Etwas anderes könnte dagegen gelten, wenn die Mutter erwerbsunfähig oder leistungsunfähig wäre (vgl. VG Augsburg, U.v. 27.3.2012 – Au 3 K 11.1298 – juris Rn. 28 ff.; VG Schleswig, U.v. 27.4.2009 – 15 A 23/09 – juris; Knittel/ Birnstengel, DIJuF-Rechtsgutachten, Themengutachten TG-1123 Rn. 5). Dafür gibt es hier keine Anzeichen, nachdem die Mutter des Kindes zunächst eine Ausbildung aufgenommen hatte und nunmehr als Betreuerin arbeitet.
Es ist auch nicht erkennbar, dass die Freistellungsvereinbarung in § 12 der Trennungsvereinbarung nicht mehr wirksam wäre. Die Freistellungsvereinbarung ist insofern auch im Zusammenhang mit den weiteren Regelungen wie der Vereinbarung des Güterstands der Gütertrennung in § 6 der Trennungsvereinbarung zu sehen. Dass die Trennungsvereinbarung einvernehmlich aufgehoben worden wäre, ist nicht vorgetragen und nicht erkennbar. Ein Wegfall oder ein Fehlen der Geschäftsgrundlage setzt im Übrigen voraus, dass eine Anpassung des Vertrags nach § 313 Abs. 1 BGB verlangt wird oder der Vertrag, wenn eine Anpassung nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist, nach § 313 Abs. 3 BGB aufgelöst wird (Grüneberg in Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 313 Rn. 41 f.; vgl. auch Knittel/ Birnstengel, DIJuF-Rechtsgutachten, Themengutachten TG-1123 Rn. 3 m.w.N.). Dies ist hier nicht vorgetragen und nicht erkennbar. Die Vereinbarung enthält selbst eine auflösende Bedingung, bei deren Eintritt die Wirkung der Erfüllungsübernahme nach § 158 Abs. 2 BGB endigt. Dass die auflösende Bedingung eingetreten wäre, ist nicht vorgetragen und nicht erkennbar.
Unterhaltszahlungen sind daher nicht i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 a UVG ausgefallen.
Der Anspruch auf Unterhaltszahlungen scheidet, ohne dass es noch streitentscheidend hierauf ankäme, auch deshalb aus, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 a UVG fehlen.
3. Die Klage erweist sich nach alledem als unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 1 Abs. 1 UVG. Der angegriffene Bescheid vom 28. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO abzuweisen.

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