Handels- und Gesellschaftsrecht

Anspruch auf Bezahlung von Warenlieferungen

Aktenzeichen  20 U 2017/16

Datum:
21.12.2016
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
BGB BGB § 433 Abs. 2, § 437 Abs. 3, § 637 Abs. 3

 

Leitsatz

Ist ursprünglich vereinbart, dass die Lieferung bestimmter Baumaterialien durch die eine und deren Einbau durch die andere Vertragspartei erfolgen soll, so ist erstere an den Kosten des bestellten Fremdmaterials nicht zu beteiligen, wenn nicht nachgewiesen ist, dass eine entsprechende Vereinbarung über die Verwendung von Fremdmaterial nebst Kostenübernahme getroffen wurde. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

26 O 7245/15 2016-05-02 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 2. Mai 2016, Az. 26 O 7245/15, wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 2. Mai 2016, Az. 26 O 7245/15, im Kostenausspruch aufgehoben und in Ziffer 1 abgeändert und – teilweise zur Klarstellung – in Ziffer 1 wie folgt neu gefasst:
Der Vollstreckungsbescheid vom 13. April 2015 wird insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte zur Zahlung von € 45.455,25 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus € 6.647,20 seit dem 25. Februar 2015, aus € 30.918,35 seit dem 17. März 2015 und aus € 7.889,70 seit dem 27. Februar 2015 sowie zur Zahlung von Mahnkosten in Höhe von € 10,00 verurteilt worden ist. Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid vom 13. April 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
3. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 2. Mai 2016, Az. 26 O 7245/15, zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin 7%, die Beklagte 93%. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 8%, die Beklagte 92%.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist im Umfang der Aufrechterhaltung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 309.920,89 € festgesetzt. Davon entfallen auf die Berufung der Klägerin € 16.150,00, auf die Berufung der Beklagten € 293.770,86.

Gründe

I.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin einen Anspruch auf Bezahlung von Warenlieferungen geltend, die Beklagte im Wege zweier Widerklagen behauptete Ansprüche aus Gutschriften und Gewährleistung.
Die Klägerin hat auf Bestellung der Beklagten die in den Rechnungen Anlagen K 2 bis K 42 vom 31. Juli 2014 bis 16. Dezember 2014 aufgeführten Bau- und Bautenschutzprodukte vereinbarungsgemäß ausgeliefert. Die Rechnungsbeträge summieren sich auf € 86.012,59. Unter dem 13. März 2015 (K 43) hat die Klägerin der Beklagten eine Gutschrift über € 17.202,52 erteilt, die sie mit den Forderungen aus den Rechnungen K 2 und K 4 über insgesamt € 15.631,01 sowie mit einem Betrag in Höhe von € 1.571,51 aus der Rechnung K 6 über € 8.763,04 verrechnet hat, so dass aus der Rechnung K 6 noch € 7.191,53 geltend gemacht werden. Nach diesen Verrechnungen stehen aus vorgenannten Rechnungen noch € 68.810,07 offen. Die Klägerin hat die Bezahlung dieses Betrages vorprozessual mehrmals angemahnt.
Die Beklagte hat im Bauvorhaben Parkhaus H.straße in A. bei der Klägerin gekaufte Materialien verbaut. Wegen Reklamationen des Bauherrn mussten die neubeschichteten Flächen überarbeitet werden. Da die Klägerin solche Arbeiten nicht durchführt, sollte die Beklagte die Arbeiten vornehmen und hat der Klägerin am 30. Dezember 2013 das Angebot „Überarbeitung der PH OS-8 Beschichtung wg. Materialfehler“ über € 85.246,04 (B 4) gemacht sowie am 3. März 2014 (B 4) ein Pauschalangebot über die Arbeiten in Höhe von € 64.500,00. Zur Abgeltung des Tätigwerdens der Beklagten bei der Mängelbeseitigung hat die Klägerin der Beklagten unter dem 26. März 2014 (K 52) einen 20%-igen Sonderrabatt auf Warenbezüge in den Jahren 2014 und 2015 angeboten, jedoch „maximal € 64.500,00 netto“. Unter dem 28. Mai 2014 (Anlage zu K 43) hat sie sich unter Bezugnahme auf das frühere Angebot und „die anschließend insoweit geführten Gespräche“ bereit erklärt, sich an den Mängelbeseitigungskosten mit einem Betrag von „maximal € 64.5400,00 netto“ zu beteiligen, wobei sie ausgeführt hat, dass die Kostenbeteiligung in Form einer Warengutschrift in Höhe von € 37.919,95 (Ziffer 1 der Vereinbarung) und eines Sonderrabatts von 20% auf die Warenbezüge des Jahres 2014 (Ziffer 2 der Vereinbarung) erfolgen sollte. Weiter hat die Klägerin um Rücksendung einer unterzeichneten Kopie des Schreibens vom 28. Mai 2014 bis 18. Juni 2014 gebeten.
Der Geschäftsführer der Beklagten hat das Angebot nicht innerhalb der gesetzten Frist zurückgesandt. Unter dem 1. Juli 2014 (K 49) hat die Klägerin um Äußerung zu ihrem Angebot vom 28. Mai 2014 spätestens bis 4. Juli 2014 gebeten, später sei sie nicht mehr an das Angebot gebunden. Die Beklagte hat unter dem 8. Juli 2014 um Aufschub bis 11. Juli 2014 ersucht und die von ihr auf den 18. Juni 2014 datierte unterzeichnete Vereinbarung nach dem 8. Juli 2014 an die Klägerin versandt. Der Geschäftsführer der Beklagten hat die Vereinbarung mit dem handschriftlichen Zusatz versehen: „Diese Vereinbarung gilt für unsere Angebote vom 13.12.2013 und die Pauschalierung vom 3.3.14. Die Beschichtungsprodukte werden zusätzlich berechnet.“
Mit Schreiben vom 28. Juli 2014 (K 51) hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie die „unter Anmerkungen gegengezeichnete Kopie“ des Schreibens erhalten habe und dass die weitere Abwicklung der Sache bezüglich der Regelung über einen Sonderrabatt usw. über ihre Fachplanung gesteuert werde. Sie hat ausgeführt, dass sie erfahren habe, dass die Überarbeitung der Parkgarage bereits mit Material eines Wettbewerbers durchgeführt worden sei, weshalb sie eine Gewährleistung für das Material ausschließe.
Unter dem 29. Juli 2014 (K 44) hat die Klägerin der Beklagten eine Gutschrift über € 37.919,95 brutto erteilt sowie nachfolgend jeweils unter Hinweis auf eine 20%-ige Kürzung bestimmer, näher angegebener Rechnungen, Gutschriften über insgesamt € 25.659,69 erstellt (K 45 vom 25. September 2014 über € 5.167,61 brutto, K 46 vom 17. Oktober 2014 über € 3.197,70 brutto, K 47 vom 20. November 2014 über € 91,86 brutto und K 43 vom 13. Mai 2015 über € 17.202,52 brutto).
Von 9. August 2011 bis 14. November 2011 hat die Klägerin an die Beklagte von dieser gekauftes Beschichtungsmaterial für das Bauvorhaben Parkhaus B.straße 1, L., zum Gesamtpreis von € 76.175,30 geliefert, das von der Beklagten eingebaut wurde.
Die Klägerin hat den Erlass eines Mahnbescheids über die Klagesumme beantragt. Wegen verspäteten Widerspruchs hat das Mahngericht antragsgemäß am 13. April 2015 einen Vollstreckungsbescheid erlassen, in dem die Verpflichtung der Beklagten ausgesprochen wurde, an die Klägerin € 68.810,97 nebst Zinsen, € 10,00 Mahnkosten und € 30,00 Auskunftskosten zu bezahlen.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, sie habe einen Anspruch gegen die Beklagte aus Kaufvertrag auf Bezahlung der unstreitig bestellten und gelieferten Waren. Gegenansprüche seien nicht ersichtlich, insbesondere habe die Klägerin ihre Verpflichtungen aus der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 durch die Gewährung der Gutschriften K 44, K 45, K 46 und K 47 erfüllt. Weitere Warenbezüge der Beklagten als die von der Klägerin berücksichtigten habe es im Jahr 2014 nicht gegeben. Die Kosten der Materiallieferung durch eine Drittfirma bei der gemeinsamen Mängelbeseitigung habe sie – da nicht vereinbart – nicht zu tragen. Im Übrigen wären ihr bei Lieferung eigener Produkte lediglich Kosten von € 16.150,00 entstanden. Die Klägerin hat die Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheids mit Ausnahme der Auskunftskosten begehrt.
Die Beklagte hat die Aufhebung des Vollstreckungsbescheids und die Abweisung der Klage beantragt und gemeint, der aus den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen noch offene Betrag sei niedriger als von der Klägerin behauptet, weil die Klägerin mehr Rabatt hätte gewähren müssen. Zum einen sei der Warenbezug im Jahr 2014 höher gewesen als von der Klägerin eingeräumt. Zum anderen seien die Werte aus der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 tatsächlich Nettobeträge, die Klägerin habe jedoch nur Bruttogutschriften in dieser Höhe erteilt, weshalb die Umsatzsteuer noch zugunsten der Beklagten anzusetzen sei. Hinzu komme, dass sich in den von der Klagepartei vorgelegten Rechnungen auch Rechnungen über Materiallieferungen für das Bauvorhaben Parkhaus H.straße A. im Umfang von € 24.027,70 befänden. Da dieses Material jedoch mangelhaft gewesen sei, sei eine Bezahlung nicht geschuldet, der Betrag vom offenen Saldo in Abzug zu bringen.
Weiter hat die Beklagte vor dem Landgericht geltend gemacht, dass selbst bei Wahrunterstellung der klägerischen Berechnung der noch offenen Schuld aus Warenlieferungen die Kosten der Schadensbehebung hinsichtlich des Parkhauses H.straße in A. damit zu verrechnen seien. Diese beliefen sich auf € 107.970,89, nämlich die eigenen Arbeitskosten in Höhe von € 64.500,00 und die Kosten für Fremdmaterial von € 30.620,89 (B 2) jeweils zzgl. USt. Hiervon sei die Klagesumme von € 68.810,07 in Abzug zu bringen, was einen Gegenanspruch der Beklagten in Höhe von € 39.160,82 ergebe. Diesen Betrag hat die Beklagte mit ihrer ersten Widerklage geltend gemacht.
Die Klägerin hat unter Verweis auf ihr Vorbringen zur Klage die Abweisung der Widerklage beantragt.
Mit dem Vortrag, auch das für die Tiefgarage in L. gelieferte Material sei nicht oberflächenbeständig gewesen, die Stadt L. fordere von der Beklagten Nachbesserung, deren Kosten sich auf € 124.950,00 belaufen würden, auch bestehe die Gefahr, dass die Beklagte während der Mängelbeseitigung auf Erstattung der Mietausfallkosten in Höhe von zwischen € 77.000,00 und € 153.216,00 in Anspruch genommen würde, hat die Beklagte erstinstanzlich eine zweite Widerklage erhoben und beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte € 124.950,00 nebst Zinsen als Mängelbeseitigungsvorschuss zu zahlen, hilfweise ihre Verpflichtung festzustellen, der Beklagten den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Erfüllung der Verpflichtung zur Erneuerung der Bodenbeschichtung des Parkhauses in L. entstehen wird. Weiter hat die Beklagte die Feststellung beantragt, dass die Klägerin verpflichtet sei, der Beklagten den gesamten noch entstehenden Schaden aus der Erneuerung der Bodenbeschichtung in dem Parkhaus zu erstatten, der durch die Geltendmachung der Mietausfallkosten durch die Stadt L. während der Renovierungsarbeiten entstehen wird, hilfweise die Feststellung der Verpflichtung der Klägerin, die Beklagte von solchen Ansprüchen der Stadt Landshut freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt, auch die zweite Widerklage abzuweisen und ausgeführt, dass lediglich optische Verfärbungen und keine Mängel vorlägen. Die Klägerin habe sich am 2. Dezember 2015 mit sämtlichen Beteiligten, insbesondere der Bauherrin, schriftlich über die Vornahme von Überarbeitungsmaßnahmen geeinigt. Gegen die Beklagte würden ausdrücklich keine Ansprüche erhoben. Sie hat insoweit eine Vereinbarungbestätigung vom 2. Dezember 2015 in Kopie und im Original (K 53, K 54) vorgelegt.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 2. Mai 2016 hat das Landgericht nach Vernehmung der Zeugen S. und M.-Z. den Vollstreckungsbescheid insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte zur Zahlung von € 52.660,04 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 13.851,99 seit 25. Februar 2015, aus € 30.918,35 seit dem 17. März 2015 und aus € 7.889,70 seit dem 27. Februar 2015 sowie von Mahnkosten in Höhe von € 10,00 verurteilt worden ist. Die Widerklagen hat das Landgericht abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass von dem unstreitig noch offenen Rechnungsbetrag von € 68.810,07 lediglich die ersparten Materialkosten von nach klägerischen Angaben € 16.150,00 in Abzug zu bringen seien, woraus sich der zugesprochene Klagebetrag von € 52.660,07 errechne. Dass die Klägerin die für den Materialbezug bei einer Drittfirma entstandenen Kosten zu tragen habe, sei nicht vereinbart worden, insbesondere nicht durch den einseitigen Zusatz der Beklagtenpartei auf der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014. Weitere Abzüge müsse sich die Klägerin nicht anrechnen lassen, da sie ihre Verpflichtungen aus Ziffern 1 und 2 der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 erfüllt habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe die Klägerin die Rechnungen, die dem Warenbezug im Jahr 2014 zugrunde lägen, ungekürzt dargestellt. Dass die Beklagte in diesem Zeitraum mehr Waren bezogen habe, als von der Klägerin eingeräumt, habe die Beklagte nicht nachgewiesen. Da zwischen den Parteien keine Vereinbarung dahingehend geschlossen worden sei, dass die Rechnungen betreffend das Bauvorhaben H.straße nicht bezahlt werden müssten, seien sie in die Abrechnung einzubeziehen gewesen. Die erste Widerklage sei schon deshalb abzuweisen, weil nach den zur Klageforderung angestellten Berechnungen kein Anhalt für ein Guthaben der Beklagten bestehe. Die zweite Widerklage scheitere, weil die Beklagte angesichts der von der Klägerin vorgelegten Vereinbarungsbestätigung vom 2. Dezember 2015 (K 54) nicht substantiiert dargetan habe, dass sie zur Nachbesserung aufgefordert worden sei und Kosten in der behaupteten Höhe entstehen würden. Ein Feststellungsinteresse bestehe nicht.
Mit ihren hiergegen gerichteten Berufungen erstreben beide Parteien die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils jeweils im Umfang ihres Unterliegens und eine Entscheidung gemäß ihrem jeweiligen erstinstanzlichen Begehren. Im Umfang ihres Obsiegens verteidigen die Parteien das landgerichtliche Urteil und beantragen die Zurückweisung der Berufung der jeweils anderen Partei.
Die Klägerin macht geltend, dass das Landgericht fehlerhaft von dem der Klägerin zustehenden Zahlungsbetrag Aufwendungen für fiktive eigene Materialkosten in Höhe von € 16.150,00 abgezogen habe. Hierauf habe die Beklagte keinen Anspruch; sie habe die Nichtverwendung klägerischen Materials eigenmächtig veranlasst. Im Übrigen enthalte der vom Landgericht angesetzte Wert auch eine Gewinnmarge der Klägerin, die nicht anspruchsmindernd berücksichtigt werden dürfe. Umsatzsteuer sei aus der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 nicht geschuldet. Der in der Vereinbarung genannte Betrag von € 37.919,95 sei als absoluter Betrag gemeint, der überschießende Betrag über den 20%-igen Rabatt gemäß Ziffer 2 der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 auszugleichen gewesen.
Die Beklagte trägt vor, dass das Landgericht fehlerhaft € 17.702,52 auf den Betrag von € 37.919,95 aufgeschlagen habe, dass die Klagepartei selbst den Umsatz für das Jahr 2014 mit € 132.563,08 berechnet und die Beklagte die Bestellmenge im Schriftsatz vom 8. Oktober 2015 berechnet habe, weshalb das Landgericht den Klagebetrag um einen von der Klägerin geschuldeten höheren Rabatt hätte kürzen müssen. Das Landgericht habe übersehen, dass aufgrund des handschriftlichen Zusatzes in der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 die Erstattung der Kosten des Fremdmaterials von der Klägerin geschuldet und sie mit der Verwendung von Fremdmaterial einverstanden gewesen sei. Das Landgericht habe fehlerhaft rechtliches Gehör zu den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 22. April 2016 vorgelegten Rechnungen versagt und trotz Bestreitens der Beklagten den Vortrag der Klägerin zum ersparten Eigenanteil für das Material ungeprüft mit € 16.150,00 übernommen. Hinsichtlich der zweiten Widerklage habe das Landgericht verkannt, dass die angebliche Vereinbarung mit der Stadt L. unwirksam sei; die Stadt habe zuletzt am 13. Mai 2013 Mängel gerügt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2016 (Bl. 183 ff.) Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Berufung der Klagepartei hat in der Sache keinen Erfolg. Entgegen ihrer Ansicht hat das Landgericht ohne Rechtsfehler aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme den Wert der vereinbarten Lieferung eigenen Materials von der klägerischen Forderung in Abzug gebracht.
Näheres zu der Lieferung von Material ist nicht schriftlich zwischen den Parteien vereinbart worden. Dass sich das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung davon gebildet hat, dass sich die Klägerin verpflichtet hat, das für die Überarbeitung der Parkgarage H.straße, Augsburg, notwendige Material zu liefern, ist nicht zu beanstanden und wird auch von der Berufung nicht angegriffen. Die Auslegung dieser Vereinbarung dahingehend, dass hieraus grundsätzlich die Verpflichtung der Klägerin resultiert, sich neben der Gewährung von Gutschriften gemäß der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 auch in Höhe der eigenen Kosten für die Herstellung des Materials an der Mängelbeseitigung zu beteiligen, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Dass die Beklagte sich eigenmächtig entschieden hat, Fremdmaterial zu verwenden, berührt die von den Parteien vereinbarte Lastenverteilung bei der Überarbeitung der Flächen in dem Parkhaus nicht.
Soweit die Klägerin nunmehr vorträgt, dass ihre Aufwendungen bei Lieferung eigenen Materials tatsächlich niedriger gewesen wären als erstinstanzlich vorgetragen, ist dieses von der Beklagten bestrittene Vorbringen jedenfalls verspätet, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Hinderungsgründe für einen rechtzeitigen Vortrag in erster Instanz hat die Klägerin schon nicht vorgetragen.
2. Die zulässige Berufung der Beklagtenpartei hat nur in geringem Umfang, hinsichtlich einer Reduzierung der klägerischen Forderung um € 7.204,70 und – entsprechend – hinsichtlich der zugesprochenen Zinsen, Erfolg. Im Übrigen war die Berufung ebenfalls zurückzuweisen.
a) Zutreffend weist die Berufung der Beklagtenpartei darauf hin, dass die Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 (Anlage zu K 43) die Verpflichtung der Klägerin statuiert, sich „an den gesamten Kosten mit einem Betrag in Höhe von max. 64.500,00 € netto zu beteiligen.“ Die nachfolgende Aufteilung dieses Betrages in eine Warengutschrift von € 37.919,95 in Ziffer 1 und einen Sonderrabatt von höchstens € 26.580,05 in Ziffer 2 der Vereinbarung erhellt, dass diese beiden Beträge, die in der Addition den Maximalbetrag von € 64.500,00 ergeben, ebenfalls Nettobeträge sind. Soweit die Klägerin meint, dieser Schluss treffe nicht zu, vielmehr sei die Gutschrift von € 37.919,95 ein Bruttobetrag, die Umsatzsteuer auf den Gesamtbetrag hätte bei dem 20%-igen Rabatt verrechnet werden sollen, so kann dies schon deshalb nicht zutreffen, weil bei dieser Sichtweise wegen der Deckelung auch des Sonderrabatts aus Ziffer 2 der Vereinbarung auf maximal € 26.580,05 netto ein Betrag von € 64.500,00 netto niemals erreicht werden kann.
Da die Klägerin bisher unstreitig lediglich einen Betrag von € 37.919,95 brutto als Gutschrift von den offenen Rechnungsbeträgen in Abzug gebracht hat, ist der insoweit offene Umsatzsteueranteil aus € 37.919,95 netto noch zu berücksichtigen, mithin € 7.204,79.
Eine darüberhinausgehende Berücksichtigung von Umsatzsteuer ist jedoch nicht veranlasst. Die gemäß Ziffer 2 der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 geschuldeten Gutschriften in Höhe von 20% der Warenbezüge aus dem Jahr 2014 wurden zutreffend gewährt. Da jedoch der Maximalbetrag von € 26.580,05 brutto nicht erreicht werden konnte, weil die Warenbezüge aus diesem Zeitraum dahinter zurückgeblieben sind, ist dieser Betrag nicht zu korrigieren. Insbesondere ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte keinen substantiierten Vortrag dazu gehalten hat, dass sie in diesem Zeitraum mehr Waren als von der Klägerin zugestanden bezogen hätte oder dass die Rechnungsbeträge von der Klägerin unzutreffend angegeben worden seien. Auch verkennt die Beklagte, dass die Klägerin keineswegs für das Jahr 2014 Warenbezüge von € 132.563,08 eingeräumt hat. Vielmehr hat die Klägerin in dem von der Beklagten in Bezug genommenen Schriftsatz vom 4. August 2015 (Bl. 42 ff.) lediglich Umsätze in dieser Höhe eingeräumt. Die Beklagte übersieht, dass die auf Seite 4 des genannten Schriftsatzes unter Ziffer 1 aufgeführten Rechnungen Nr. 114613, 114614 und 114615 zwar auf den 30. Januar 2014 datiert sind, allerdings Warenbezüge aus dem Jahr 2013 betreffen (vgl. K 55). Dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 8. Oktober 2015 (Bl. 53 ff.) substantiierte Berechnungen zur Bestellmenge angestellt hätte, trifft entgegen ihrer Behauptung nicht zu.
b) Im Übrigen war die Berufung der Beklagten hinsichtlich der Klage und der ersten Widerklage zurückzuweisen.
aa) Zur Begründung wird zunächst auf die oben unter Ziffer 2. a) gemachten Ausführungen verwiesen.
bb) Soweit die Berufung darüber hinaus meint, das Landgericht habe fehlerhaft € 17.702,52 auf den Gutschriftsbetrag von € 37.919,52 aufgeschlagen, trifft dies nicht zu. Die Beklagte verkennt, dass der Betrag von € € 37.919,95 unter dem 29. Juli 2014 gutgeschrieben wurde (K 44). € 17.702,52 wurden ausweislich Anlage K 43 unabhängig von der erstgenannten Gutschrift erst am 13. März 2015 gutgeschrieben und ausweislich der Klageschrift bei Berechnung der Klageforderung berücksichtigt.
Dass das Landgericht die Klägerin für nicht verpflichtet gehalten hat, die Kosten des von der Beklagten bestellten Fremdmaterials zu bezahlen, ist nicht zu beanstanden. Ausweislich der durchgeführten Beweisaufnahme konnte die Beklagte ihren Vortrag, die Kostenübernahme sei vereinbart worden, die Klägerin mit der Verwendung von Fremdmaterial einverstanden gewesen, nicht beweisen. Die von der Berufung hierfür erneut benannten Zeugen haben ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2016 (Bl. 89 ff.) vor dem Landgericht bereits das Gegenteil bekundet. Ausführungen dazu, weshalb eine zweite Vernehmung veranlasst wäre, macht die Beklagte nicht.
Auch durch die einseitige handschriftliche Anmerkung auf der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 wurde eine derartige Pflicht der Klägerin nicht begründet. Ihr Schweigen auf die der Vereinbarung hinzugefügte Bemerkung stellt keine Annahme eines entsprechenden Vertragsangebots der Beklagten dar, zumal der Kauf von Fremdmaterial der ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien, „Material stellt R.“, die auch von der Beklagten bei Gegenzeichnung der Vereinbarung durch Verweis auf ihre Angebote in Bezug genommen wurde, widersprach.
Soweit die Beklagte sich dagegen wendet, dass das Landgericht den Eigenanteil der Klägerin nach deren Angaben mit € 16.500,00 bewertet hat, hat sie diesen Wert erstinstanzlich entgegen ihres Berufungsvortrags schon nicht bestritten und ist mit diesem Vorbringen deshalb gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
Die Gewährung einer Schriftsatzfrist auf die mit Schriftsatz der Klägerin vom 22. April 2016 vorgelegten Rechnungen war schon deshalb entbehrlich, weil diese bereits Gegenstand der mit Schriftsatz vom 4. August 2015 vorgelegten Gutschrift (Anlage K 44) waren und der Beklagten als Rechnungsempfängerin bekannt.
cc) Soweit die Beklagte ihre erste Widerklage mit der Differenz ihrer Kosten für die Überarbeitung der Tiefgarage in Augsburg und dem klägerischen Anspruch berechnet, berücksichtigt sie nicht, dass die Überarbeitungskosten von der Klägerin bereits mit vollständiger Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus der Vereinbarung vom 28. Mai/18. Juni 2014 erfüllt wurden. Die Gutschrift über € 37.919,95 (K 44) ist – mit Ausnahme des noch geschuldeten Umsatzsteuerbetrages, s.o. – erbracht ebenso wie Rabatte in Höhe von 20% aus € 127.908,39 für die nachgewiesenen Warenbezüge im Jahr 2014. Die Kosten für Fremdmaterial stehen der Beklagten wie oben ausgeführt nicht zu, die ersparten Kosten für Eigenmaterial hat das Landgericht bereits berücksichtigt.
c) Auch hinsichtlich der Abweisung der zweiten Widerklage in Ziffer I und Ziffer III des Antrags aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 8. Oktober 2015 (Bl. 53 ff.) als derzeit unbegründet und in Ziffer II und Ziffer IV dieses Antrags als unzulässig hält das Urteil des Landgerichts den Berufungsangriffen stand.
Die Voraussetzungen für einen Mängelbeseitigungskostenvorschuss gemäß § 637 Abs. 3 BGB liegen zwischen den hiesigen Parteien, die durch einen Kaufvertrag verbunden sind, schon nicht vor. Die Beklagte hat nicht nachweisen können, von der Stadt L. derzeit als Werkunternehmerin in Anspruch genommen zu werden. Dass der Beklagten ein Schaden entstanden ist, den sie gemäß § 437 Abs. 3 BGB von der Klägerin ersetzt verlangen könnte, ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere steht dem die von der Klägerin vorgelegte Vereinbarung vom 2. Dezember 2015 (K 53, K 54) entgegen, der entnommen werden kann, dass möglicherweise keine Schadensersatzansprüche mehr im Raume stehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Der Streitwert entspricht dem Wert der gestellten Anträge.


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