Handels- und Gesellschaftsrecht

Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung

Aktenzeichen  1 AR 62/20

Datum:
25.6.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16406
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Voraussetzung einer Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist, dass der Antragsteller zur Begründung seiner Klageansprüche Tatsachen behauptet, mit denen die Voraussetzungen einer passiven Streitgenossenschaft i. S. v. §§ 59, 60 ZPO schlüssig vorgetragen sind. (Rn. 21)
2. Zur schlüssigen Darstellung einer hinsichtlich des Streitgegenstandes bestehenden Rechtsgemeinschaft aufgrund Gesamtschuldnerschaft reicht es nicht aus, dass der Klageantrag auf die Verurteilung mehrerer Personen „als Gesamtschuldner“ gerichtet ist. (Rn. 22)

Tenor

Der Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Der im Bezirk des Landgerichts Ansbach wohnhafte Antragsteller hat unter dem Datum 6. Dezember 2019 Klage zum Landgericht Ingolstadt erhoben gegen den Antragsgegner, seinen Bruder, und gegen die Antragsgegnerin, eine GmbH, deren Geschäftsführer der Antragsgegner war und nunmehr dessen Ehefrau ist.
Mit seiner Klage möchte der Antragsteller die Feststellung erwirken, dass die Antragsgegner verpflichtet seien, ihm – dem Antragsteller – die gegenüber einem Sparkasseninstitut geschuldeten Darlehensraten zu erstatten; weiter erstrebt er die gesamtschuldnerische Verurteilung der Antragsgegner zur Zahlung von Beträgen in Höhe von 3.397,18 €, 55.050,18 € und 30.000,00 € jeweils zuzüglich Zinsen sowie zur Erstattung der Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung.
Zur Begründung des Feststellungsantrags trägt der Antragsteller vor:
Am 23. Dezember 2013 habe er einen Betrag von 15.500 € auf ein Konto des Antragsgegners „bzw.“ auf ein Geschäftskonto der Antragsgegnerin überwiesen. Weil sich der Antragsgegner „bzw.“ die Antragsgegnerin damals in finanziellen Schwierigkeiten befunden hätten, habe der Antragsteller dem Antragsgegner finanzielle Unterstützung zugesagt und am 18. Dezember 2013 einen Sparkassen-Privatkredit über einen Nennbetrag von 18.000 € aufgenommen. Mit dem Antragsgegner habe er mündlich vereinbart, dass er diesem aus der Darlehenssumme einen Teilbetrag von 15.500 € zur Verfügung stelle und der Antragsgegner „bzw.“ die Antragsgegnerin die Tilgung der Darlehensraten übernehme. Die Differenzierung zwischen dem Antragsgegner als natürlicher Person und der Antragsgegnerin als juristischer Person sei dem Antragsteller nicht bewusst gewesen.
Nachdem der Antragsteller den Sparkassenkredit gemäß Vertrag vom 27. November 2014 auf 26.500 € aufgestockt habe, habe er am selben Tag einen Betrag von 10.000 € auf das Konto der Antragsgegnerin unter Angabe des Betreffs „Darlehen“ überwiesen.
Der Antragsgegner habe die Annuitätsraten von Anfang an direkt an die Sparkasse geleistet, zunächst von dem im Darlehensvertrag des Antragstellers mit der Sparkasse angegebenen Sparkassenkonto und nach dessen Sperrung von einem Volksbankenkonto gemäß einem vom Antragsgegner am 30. Januar 2017 unterzeichneten Nachtrag zum Darlehensvertrag. Gemäß seiner fortbestehenden Absicht, „das Darlehen … zu übernehmen“, habe der Antragsgegner die Raten – von ersten Zahlungsschwierigkeiten im Jahr 2016 abgesehen – bis einschließlich April 2019 ordnungsgemäß bezahlt. Nach Zahlungseinstellung ab dem 1. Mai 2019 sei aus dem Darlehensvertrag noch eine Verbindlichkeit in Höhe von 14.409,78 € offen.
Die Leistungsanträge begründet der Antragsteller wie folgt:
„Der Betrag von 3.397,18 € stelle die Summe der bis einschließlich Dezember 2019 nicht erbrachten Darlehensraten aus dem oben geschilderten Komplex dar.“
Der weiter geforderte Betrag von 55.050,18 € resultiere daraus, dass der Antragsteller sein Guthaben auf dem beim Sparkasseninstitut geführten S-Cash Konto am 26. November 2015 zur Sicherung von Ansprüchen der Sparkasse gegen den Antragsgegner aus einer Konto- und einer Darlehensbeziehung verpfändet habe. Die Sparkasse habe das Cash-Konto am 2. November 2016 zur Tilgung der Geschäftskonten und des Darlehenskontos des Antragsgegners (gemeint: der dort ausgewiesenen Verbindlichkeiten) verwertet. Zwischen den Parteien sei mündlich vereinbart gewesen, dass der Antragsgegner im Falle einer Verwertung dem Antragsteller Erstattung leiste. Die – auf die mündliche Zusage gestützte – Rückzahlungsforderung sei infolge einer am 10. Februar 2019 ausgesprochenen Kündigung des aus Sicht des Antragstellers gewährten Darlehens fällig geworden.
Der außerdem verlangte Betrag von 30.000 € setze sich aus Teilbeträgen von 26.500 € und 3.500 € zusammen. Am 2. Dezember 2016 habe der Antragsteller gemäß einem mündlich mit dem Antragsgegner geschlossenen Darlehensvertrag einen Betrag von 26.500 € mit dem Betreff „Privat Darlehen“ auf das Girokonto des Antragsgegners überwiesen. Einen weiteren Darlehensbetrag von 3.500 € habe der Antragsteller dem Antragsgegner am 4. November 2016 in bar übergeben, wobei ebenfalls vereinbart gewesen sei, dass diese Summe zurückbezahlt werde.
Der Antragsgegner, der im damaligen Zeitraum die Dachgeschosswohnung im Wohnhaus der Mutter im Bezirk des Landgerichts Ansbach bewohnt hat, war bei Klageerhebung im Bezirk des Landgerichts Ingolstadt wohnhaft. Die Antragsgegnerin ist unverändert im Bezirk des Landgerichts Ansbach ansässig.
Die Antragsgegnerin hat die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt.
Darauf hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 20. Februar 2020 beantragt, mit Blick auf die unterschiedlichen allgemeinen Gerichtsstände der Passivseite die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit vorzulegen.
Die Antragsgegner haben zur Hauptsache mangelnde Schlüssigkeit der Klage eingewandt. Der Antragsteller könne sich nicht entscheiden, wer sein Vertragspartner sei. Die Beträge von 15.500 € und 10.000 € seien auf ein Konto der Antragsgegnerin überwiesen worden; sie seien eindeutig geschäftsbedingt und nicht für den Antragsgegner, sondern für die Antragsgegnerin bestimmt gewesen. Ein Darlehensvertrag mit dem Antragsgegner bestehe nicht. Die Verpfändungsvereinbarung habe den Geschäftsbereich einer damals vom Antragsgegner als Einzelunternehmen betriebenen „Firma“ betroffen. Wie die weitere Zahlung von 26.500 € sei dieses Engagement als Investition des Antragstellers in die unternehmerische Betätigung des Antragsgegners betrachtet worden; ein Darlehensvertrag sei nicht geschlossen und ein Rückzahlungsversprechen nicht gegeben worden. Die Barzahlung von weiteren 3.500 € werde insgesamt bestritten. Weshalb die Antragsgegnerin in Anspruch genommen werde, ergebe sich aus der Klage nicht einmal annähernd. Die Klage befasse sich praktisch nur mit dem Beklagten zu 1), dem Antragsgegner. In Bezug auf die Beklagte zu 2), die Antragsgegnerin, sei sie schon deshalb als unschlüssig abzuweisen.
Hierzu hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf seine Darstellung in der Klageschrift geltend gemacht, der Betrag von 15.500 € sei dem Antragsgegner als Darlehenssumme zur Verfügung gestellt worden. Weiter beruft er sich darauf, aufgrund der Einlassung der Gegenseite sei unstreitig, dass es sich bei der weiteren Zahlung von 10.000 € um ein Darlehen „für die Beklagte zu 2)“ gehandelt habe.
Mit Beschluss vom 6. Mai 2020 hat das Landgericht die Sache „auf Antrag des Beklagten“ (gemeint: auf Antrag des Klägers) dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Die Parteien haben Gelegenheit erhalten, sich im Bestimmungsverfahren zu äußern. Sie haben hiervon keinen Gebrach gemacht.
II.
Dem Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung wird nicht stattgegeben.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO für die Entscheidung über den Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung zuständig, weil die Antragsgegner ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13, 17 ZPO) in verschiedenen Oberlandesgerichtsbezirken (München und Nürnberg) haben, so dass das gemeinschaftliche im Rechtszug zunächst höhere Gericht der Bundesgerichtshof ist, und ein bayerisches Gericht zuerst mit der Sache befasst worden ist.
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.
a) Die Bestimmung des zuständigen Gerichts kommt allerdings über den Wortlaut der Vorschrift („… verklagt werden sollen …“) hinaus auch noch in Betracht, wenn gegen alle Beklagten bereits eine Klage erhoben worden ist (BGH, Beschluss vom 27. November 2018, X ARZ 321/18, NJW-RR 2019, 238 Rn. 10 m. w. N.).
b) Die weiteren Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts „für den Rechtsstreit“, also für sämtliche prozessualen Ansprüche (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2018, X ARZ 321/18, NJW-RR 2019, 238 Rn. 21; Toussaint in BeckOK, ZPO, 36. Ed. Stand: 1. März 2020, § 36 Rn. 12), liegen jedoch nicht vor. Denn soweit der Antragsteller mit der Klage Zahlung von 55.050,18 € und 30.000 € fordert, ergibt sich aus dem zur Begründung vorgetragenen Sachverhalt nicht, dass die Antragsgegner – wie von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO verlangt – als Streitgenossen in Anspruch genommen werden. Eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt insoweit nicht in Betracht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 3. Dezember 2019, 1 AR 112/19, juris Rn. 16 f.).
aa) Zwar kommt es im Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung nicht darauf an, ob die mit der Klage in Anspruch genommenen Personen auch tatsächlich passiv legitimiert sind, sei es als Vertragspartner oder aus sonstiger gesetzlich begründeter Sonderbeziehung. Allerdings müssen mit der Tatsachendarstellung die Voraussetzungen einer passiven Streitgenossenschaft i. S. v. §§ 59, 60 ZPO schlüssig vorgetragen sein, auch wenn die Schlüssigkeit der Klage darüber hinaus nicht geprüft wird (vgl. BayObLG, Beschluss vom 1. August 2019, 1 AR 72/19, juris Rn. 16; Beschluss vom 20. Juli 2005, 1Z AR 118/05, NJW-RR 2006, 210 [juris Rn. 12]; OLG Bremen, Beschluss vom 1. November 2011, 3 AR 16/11, MDR 2012, 490 [juris Rn. 3 f.];
Beschluss vom 2. August 2011, 3 AR 6/11, MDR 2011, 1104 [juris Rn. 3 f.]; Schultzky in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 36 Rn. 28; Toussaint in BeckOK, ZPO, § 36 Rn. 13).
bb) Zur schlüssigen Darstellung einer hinsichtlich des Streitgegenstandes bestehenden Rechtsgemeinschaft (§ 59 ZPO; Dressler in BeckOK, ZPO, § 59 Rn. 12; Schultes in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 59 Rn. 8) aufgrund Gesamtschuldnerschaft reicht es nicht aus, dass der Klageantrag auf die Verurteilung mehrerer Personen „als Gesamtschuldner“ gerichtet ist, wie es hier hinsichtlich der Leistungsanträge der Fall ist. Vielmehr müssen die tatsächlichen Voraussetzungen einer Rechtsgemeinschaft, etwa aufgrund Gesamtschuldnerschaft (§ 421 BGB), nachvollziehbar dargelegt werden. Dabei können auch Ansprüche aus verschiedenen Verträgen oder Schuldgründen, sofern sie gleichstufig sind, eine gesamtschuldnerische Haftungsgemeinschaft der Verpflichteten nach § 421 BGB und somit eine Rechtsgemeinschaft i. S. d. § 59 ZPO begründen (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 421 Rn. 10 m. w. N.).
Streitgenossenschaft im Sinne des § 60 ZPO setzt voraus, dass gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Als eine weitgehend auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhende Vorschrift ist § 60 ZPO zwar weit auszulegen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass die den Gegenstand der (beabsichtigten) Klage bildenden Ansprüche in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach – auch ohne Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes – als gleichartig erscheinen lässt (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018, X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 12; Beschluss vom 7. Januar 2014, X ARZ 578/13, NJW-RR 2014, 248 Rn. 9; Beschluss vom 3. Mai 2011, X ARZ 101/11, NJW-RR 2011, 1137 Rn. 18).
cc) Das Tatsachenvorbringen des Antragstellers lässt die Voraussetzungen einer zwischen den Antragsgegnern bestehenden Streitgenossenschaft jedenfalls in Bezug auf die geforderten Zahlungen von 55.050,18 € und 30.000 €, die in objektiver Klagehäufung zum übrigen Klagebegehren verlangt werden, nicht erkennen.
(1) Hinsichtlich des geforderten Betrags von 55.050,18 € nach Verwertung des verpfändeten Kontoguthabens kommen ein vertraglicher Anspruch gegen den Antragsgegner aus der mit ihm – angeblich – getroffenen Vereinbarung über dessen Erstattungspflicht sowie ein Anspruch aus der auf den Antragsteller übergegangenen Forderung der Sparkasse gegen deren ursprünglichen Schuldner gemäß §§ 1225, 1273 Abs. 2 BGB, §§ 1279, 1288 Abs. 2 BGB, §§ 1256, 1273 Abs. 2 BGB oder entsprechend § 1249 Satz 2, § 268 Abs. 3 BGB in Betracht (vgl. J. Schmidt in Erman, BGB 15. Aufl. 2017, § 1225 Rn. 2 und 5; Federlin in Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, Kreditsicherung, Rn. 8.641 mit Fn. 3). Dem Tatsachenvortrag des Antragstellers ist allerdings nichts dafür zu entnehmen, dass sich die auf ihn übergegangenen Forderungen der Sparkasse gegen die Antragsgegnerin richteten. Vielmehr diente die Verpfändung sowohl nach seiner Darstellung als auch nach der zum Beleg als Anlage K 6 vorgelegten Vereinbarung zur Sicherung bankmäßiger Ansprüche der Sparkasse gegen den Antragsgegner. Nichts anderes folgt aus der Behauptung, die Sparkasse habe das verpfändete Guthaben auch zu Gunsten der „Geschäftskonten“ des Antragsgegners verwendet. Die Antragsgegnerin als juristische Person ist mit dem Antragsgegner nicht identisch; Letzterer war auch nach eigener Einlassung – auf die es im Übrigen für die Zulässigkeit der Gerichtsstandsbestimmung nicht ankommt – als Einzelunternehmer unter einer Firma tätig, die dem aktuellen Handelsnamen der Antragsgegnerin ähnelt. Im Sachvortrag des Antragstellers gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die durch Verwertung des verpfändeten Guthabens ausgeglichenen Geschäftskonten der Antragsgegnerin zuzuordnen seien. Erfolgte die Verpfändung aber nicht für Forderungen der Sparkasse aus der Geschäftsbeziehung mit der Antragsgegnerin, so ist für eine Streitgenossenschaft hinsichtlich dieses Streitgegenstands nichts ersichtlich.
(2) Zur Begründung der Forderungen über 26.500 € und 3.500 € beruft sich der Antragsteller auf Darlehens- und Rückzahlungsvereinbarungen mit dem Antragsgegner, die Überweisung auf das Girokonto des Antragsgegners bzw. die Übergabe an diesen in bar und auf die Bezeichnung als Privatdarlehen. Weil das Vorbringen keine tatsächliche Grundlage für einen gegen die Antragsgegnerin gerichteten vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch bietet, fehlt hinsichtlich dieses Streitgegenstands gleichfalls die schlüssige Darlegung einer passiven Streitgenossenschaft.
c) Allenfalls hinsichtlich des weiteren Prozessgegenstands (Feststellung der Freistellungsverpflichtung sowie Leistung eines Betrags von 3.397,18 €) kommt in Betracht, das Tatsachenvorbringen des Antragstellers als schlüssige Darstellung einer passiven Streitgenossenschaft anzusehen. Eine auf diesen Prozessgegenstand beschränkte Gerichtsstandsbestimmung unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags scheidet allerdings ebenfalls aus, denn für eine Klage hätte insoweit ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand zur Verfügung gestanden, § 36 Abs. 1 Nr. 3 letzter Hs. ZPO.
aa) Die zum Feststellungsbegehren vorgebrachten Tatsachenbehauptungen im Zusammenhang mit der Darlehensaufnahme vom 18. Dezember 2013 und der Aufstockung vom 27. November 2014 können die Annahme einer Streitgenossenschaft aufgrund vertraglicher Verpflichtung beider verklagten Personen begründen.
Dass der Antragsgegner bei seiner gegenüber dem Antragsteller mündlich gegebenen Zusage zur Darlehensrückführung ausdrücklich oder nach den konkreten Umständen als Vertreter der Antragsgegnerin aufgetreten sei (§ 164 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB), lässt sich dem im Bestimmungsverfahren maßgeblichen Vorbringen des Antragstellers, dem diese Differenzierung nach eigener Behauptung nicht bewusst geworden war, nicht entnehmen. Auf der Grundlage seiner Darstellung und mit Blick auf die Regelung des § 164 Abs. 2 BGB kommt mithin eine eigene vertragliche Verpflichtung des Antragsgegners gegenüber dem Antragsteller zur Freistellung von der noch offenen Darlehensschuld in Betracht. Die indifferente Behauptung, der Antragsgegner „bzw.“ die Antragsgegnerin habe die Tilgung der Darlehensraten übernommen, ändert daran nichts.
Mit der Behauptung, die Antragsgegnerin sei Empfängerin der Beträge von 15.500 € und (insoweit unstreitig) 10.000 € gewesen, deren Kontoverbindung habe der Antragsteller im Einvernehmen mit dem Antragsgegner in dem zwischen Sparkasse und Antragsteller geschlossenen Darlehensvertrag als Belastungskonto für die Rückzahlungsraten angegeben und habe der Antragsgegner später selbst in einem Nachtrag zum Darlehensvertrag den eingetretenen Änderungen angepasst, von den Konten der Antragsgegnerin seien demgemäß die Zahlungen an die Sparkasse geleistet worden, liegt außerdem Tatsachenvortrag zu einer daneben möglichen und in gleichem Umfang bestehenden Vertragspflicht der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller vor.
Aus denselben Gründen ist auch hinsichtlich des auf Leistung von 3.397,18 € gerichteten Gegenstands der Klage eine passive Streitgenossenschaft noch nachvollziehbar dargelegt.
bb) Für eine Klage zur Durchsetzung der vertraglichen Verpflichtungen beider Streitgenossen hätte beim Landgericht Ansbach der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts gemäß § 29 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 1, § 270 Abs. 4 BGB zur Verfügung gestanden.
Die geschuldete Leistung ist gemäß § 269 Abs. 1 BGB an dem Ort zu erfüllen, an welchem der jeweilige Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz bzw. Sitz hatte, sofern ein Ort für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist. Vorliegend hat der Antragsteller weder vertragliche Vereinbarungen über den Leistungsort noch Umstände vorgetragen, aus denen sich ein vom Wohnort des Antragsgegners oder Sitz der Antragsgegnerin abweichender Leistungsort für die – hier unterstellte – „Tilgungspflicht“ im jeweiligen Vertragsverhältnis ergeben könnte. Solche Umstände sind auch der Natur der Schuldverhältnisse hier nicht zu entnehmen.
Im Zeitpunkt der Begründung der Schuldverhältnisse war der Antragsgegner noch im Bezirk des Landgerichts Ansbach wohnhaft. Der nach materiellem Recht zu bestimmende Leistungsort wird durch den späteren Wegzug in den Bezirk des Landgerichts Ingolstadt nicht berührt (vgl. Krüger in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 269 Rn. 50 f.). Weil im Bezirk des Landgerichts Ansbach auch die Antragsgegnerin ihren Sitz hatte (und hat), war für eine gerichtliche Inanspruchnahme beider Streitgenossen ein gemeinsamer Gerichtsstand eröffnet. Dies gilt gleichermaßen für den Feststellungs- und den Leistungsantrag (vgl. Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 29 Rn. 10 und 12).
Am Gerichtsstand des Erfüllungsorts wäre der behauptete Anspruch unter allen denkbaren Rechtsgründen zu prüfen gewesen.
3. In dieser Situation ist der Bestimmungsantrag insgesamt zurückzuweisen.
Eine Kostenentscheidung kommt nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss v. 12. Juni 2019, 1 AR 12/18, NJW-RR 2019, 957 Rn. 5). Daher bedarf es auch keiner
Geschäftswertfestsetzung.


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