Handels- und Gesellschaftsrecht

Beweislast für Erfüllung einer Forderung

Aktenzeichen  74 O 3206/17

Datum:
14.6.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 38589
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 362

 

Leitsatz

Der Schuldner trägt die Beweislast dafür, dass die gegen ihn gerichtete Forderung durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen ist. Daran ändert auch die Rechtsprechung zur Tilgungsbestimmung nichts, wenn zwischen den Parteien streitig ist, ob der Schuldner eine Tilgungsbestimmung getroffen hat. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist für den Beklagten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrags.
IV. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 30.677,51 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
I.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Schuldbekenntnis der Notare P.M. und H.S., UR-Nr. – nach § 767 ZPO.
Unstreitig besteht zwischen den Parteien das notarielle Schuldbekenntnis vom 17.03.2000, in dem die Kläger anerkennen, dem Beklagten einen Betrag von 60.000,- DM/30.677,51 € zu schulden. Unstreitig haben sich die Kläger wegen der Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen (vgl. Schuldbekenntnis vom 17.03.2000, Anlage K 1).
Die Kläger konnten nicht zur Überzeugung des Gerichts nach § 362 BGB Erfüllung und damit ein Erlöschen der Forderung der 60.000,- DM einwenden.
Die Kläger als Schuldner tragen für die Erfüllung der Forderung die Beweislast. Daran ändert im streitgegenständlichen Fall auch die von der Klagepartei vorgebrachte Rechtsprechung zur Tilgungsbestimmung nichts. Danach ergibt sich die Tilgungsbestimmung regelmäßig aus dem Leistungszweck. Die Bestimmung kann auch konkludent erfolgen. Es ist vom objektiven Empfängerhorizont aus zu bestimmen, welche Tilgungsbestimmung vorliegt. Dabei reicht es aus, wenn der Gläubiger bei mehreren offenen Forderungen aus den Umständen ersehen kann, welche getilgt werden soll. Hierbei reicht es aus, wenn für den Empfänger ersichtlich ist, dass eine bestimmte Forderung nach dem Willen der Leistenden getilgt werden soll.
Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben, da zwischen den Parteien vollkommen streitig ist, ob die Kläger bei der Kaufpreisverteilung des gemeinsamen Hausverkaufes eine Tilgungsbestimmung getroffen haben.
Es ergibt sich für das Gericht nach der Beweisaufnahme auch nicht, dass für die Beklagten ersichtlich war, dass mit dem Verkauf des Hauses und der Kaufpreisaufteilung die Forderung von 60.000,- DM aus dem Schuldanerkenntnis getilgt werden sollte.
Dies ist gerade der unter den Parteien absolut streitige Punkt.
Somit ändert die Rechtsprechung zur Tilgungsbestimmung nichts daran, dass die Kläger als Schuldner der Forderung die Beweislast für die Erfüllung nach § 362 BGB tragen.
Somit mussten die Kläger zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass die dem Schuldanerkenntnis zugrundeliegende Forderung von 60.000,- DM bereits erloschen ist.
Die Kläger konnten hierbei nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass die Parteien bei der Verteilung des Kaufpreises der gemeinsamen Immobilie vereinbart haben, dass mit der stattgefundenen Verteilung des Kaufpreises die Forderung von 60.000,- DM des Beklagten gegenüber den Klägern erloschen und erfüllt sein soll.
Nach der durchgeführten äußerst umfangreichen Beweisaufnahme steht im Ergebnis nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Parteien bei dem Verkauf des gemeinsamen Hauses vereinbart hätten, dass damit, dass der Beklagte einen Kaufpreisanteil von 126.500,- € erhält, die Schuld von 60.000,- DM abgegolten sein sollte.
Das Gericht ist nach der umfangreichen Beweisaufnahme nicht in der Lage, zu entscheiden, welche Version der Parteien und der Zeugen der Wahrheit entspricht. Es wurden jeweils von den Parteien und von den vielen Zeugen völlig verschiedene Versionen der Geschichte dargestellt.
Es ergibt sich für das Gericht das Bild, dass es sich um eine zerstrittene Familie handelt, wobei die Zeugen der Klägerseite offensichtlich auf deren Seite stehen und die Zeugen der Beklagtenseite offensichtlich auf deren Seite.
Die einzige neutrale Zeugin, die Notarin S., gab an, keine persönliche Erinnerung an den konkreten Notarvertrag zu haben. Aus ihren Unterlagen habe sich jedoch nichts ergeben, wie die Summe von 126.500,- € Kaufpreisanteil für den Beklagten und dessen Ehefrau berechnet wurde. Sie gab an, dass sie sich nicht erinnern könne, dass irgendein Schuldbekenntnis vorgelegt wurde. Sie hätte dies sicher kopiert und sie habe nichts in den Akten.
Die Notarin gab weiter an, dass hinsichtlich der W. ein Ablösebetrag von voraussichtlich 184.400,- € im Notarvertrag benannt wurde, weil die Banken immer erst hinterher genau zum Tag abrechnen. Es sei immer so, dass man die ganz genaue Summe vorher noch nicht angeben könne. Deswegen sei es normal, dass sich die Summen im Nachhinein noch verändern würden. Sie habe damals nicht gewusst, dass die Kläger den Kredit bei der W. übernehmen wollten. Wenn sie davon gewusst hätte, hätte sie den Vertrag anders konstruieren müssen.
Aus den Angaben der einzigen neutralen Zeugin S. ergeben sich somit keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde, dass mit dem Kaufpreisanteil von 126.500,- € die Darlehensverbindlichkeit von 60.000,- DM abgegolten sein sollte.
Dennoch ist dem Gericht bewusst, dass natürlich vor dem Notarvertrag eine derartige Vereinbarung zwischen den Parteien möglich war, auch ohne dass die Notarin davon wusste.
Aus den Angaben der Parteien und der anderen Zeugen ist es dem Gericht nicht möglich, herauszufinden, welche Zeugen die Wahrheit sagen und welche nicht. Die Angaben der Zeugen waren jeweils für sich gesehen widerspruchsfrei und auch nachvollziehbar. Sie widersprechen sich jedoch diametral. Während die Klagepartei vorträgt, dass die 60.000,- DM Darlehen und somit das Schuldbekenntnis daraus resultiere, dass die Beklagten beim Erwerb des gemeinsamen Hauses 60.000,- DM mehr bezahlt hätten, gibt der Beklagte an, dass die 60.000,- DM für diverse Darlehen gewesen seien. Dies wird jeweils von den Zeugen der einen und der anderen Seite so bestätigt.
Auch der weitere neutrale Zeugen G.F., der Erwerber des Mehrfamilienhauses, hat nicht mitbekommen, dass die Parteien irgendwelche Vereinbarungen getroffen hätten, wer wie viel vom Kaufpreis bekommen soll. Er gab an, dass auch vor der Notarin zwischen den Parteien nichts Sonstiges besprochen wurde.
Während die Zeugen der Klägerseite angaben, dass die 60.000,- DM dafür gewesen wären, dass der Beklagte und seine Ehefrau diesen Betrag mehr beim Hauskauf bezahlt hätten, gaben die Zeugen der Beklagtenseite an, dass 15.000,- DM ein Darlehen für einen kranken Bruder gewesen seien und 30.000,- DM ungeahnte Maklerkosten. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Beklagte und seine Frau beim Hauskauf 60.000,- DM mehr investiert haben, scheint es dem Gericht gut möglich, dass das Schuldbekenntnis auch deswegen gewesen sein könnte.
Andererseits spricht gegen diese Variante, dass das Schuldbekenntnis nur für den Beklagten gilt und nicht auch für dessen Ehefrau. Hinsichtlich des Hauses waren beide jedoch Miteigentümer, so dass dies für die Variante der Beklagtenpartei spricht, da die Ehefrau des Beklagten wohl in das Schuldbekenntnis aufgenommen worden wäre, wenn es sich auch um ein Darlehen gehandelt hätte, das auch von ihr gegeben wurde.
Ansonsten tragen die Parteien verschiedene Berechnungen zu der Kaufpreisverteilung vor. Beide erscheinen dem Gericht theoretisch möglich, so dass es für das Gericht auch nach der Beweisaufnahme nicht möglich ist, zu klären, welche Berechnung tatsächlich der Wahrheit entspricht. Es ist sowohl möglich, dass der Kaufpreisanteil, den der Beklagte bekommen sollte, im Nachhinein geändert wurde, weil eine Tilgungsbestimmung hinsichtlich des Darlehens stattfand. Ebenso ist es jedoch möglich, dass die Kaufpreissumme im Nachhinein geändert wurde, weil eine Vorfälligkeitsentschädigung möglicherweise entfiel, weil die Kläger das Darlehen bei der W. übernehmen wollten.
Auch dies konnte durch die Beweisaufnahme nicht geklärt werden. Auch hierzu waren die Angaben der Parteien und der Zeugen völlig widersprüchlich.
Alle Zeugen gaben an, dass sie Familie seien und alles voneinander wissen. Die Angaben waren jedoch immer passend zum Vortrag der Partei, die die Zeugen benannt hat und insgesamt vollkommen widersprüchlich.
Auch die Zeugen der Klagepartei gaben jedoch an, dass sie nicht wussten, ob die Kläger beim Beklagten weitere Schulden hatten außer die Schulden aus dem Hauskauf. Somit sind weitere Schulden ebenfalls möglich. Die Zeugen H.K. und S.D. gaben beide an, dass der Beklagte den Schuldschein auch, nachdem er sein Geld erhalten habe, nicht zurückgegeben habe. Die Zeugin S.K.1), die Tochter des Beklagten, gab jedoch an, dass das Schuldbekenntnis für Schulden gewesen sei, die ihr Vater privat verliehen habe. Dies gab auch die Ehefrau des Beklagten als Zeugin so an. Die Zeugin S.K.1) gab an, dass, entgegen den Angaben des Zeugen H.K., auf der Fahrt zum Notar nicht über das Schuldbekenntnis gesprochen worden sei.
Die Zeuginnen G.Y., S.K. und H.D. gaben an, dass im Vorfeld des Notarvertrages ein Gespräch zur Schlichtung stattgefunden habe, bei dem sie dabei gewesen seien. Der Beklagte habe bei diesem Gespräch gesagt, dass er die 60.000,- DM nehme und raus gehe.
Die Zeuginnen gaben alle an, dass dies eine Vereinbarung gewesen sei, dass die 60.000,- DM Schulden bei dem Hausverkauf verrechnet würden.
Die Angaben der Zeuginnen waren für das Gericht jedoch relativ vage. Alle gaben an, dass der Beklagte wörtlich etwas gesagt habe wie „Ich nehme mein Geld und gehe raus“.
Eine direkte Vereinbarung der Parteien, dass mit dem Hausverkauf die 60.000,- DM aus dem Darlehen, das dem Schuldbekenntnis zugrunde lag, abgegolten seien, ergibt sich für das Gericht hieraus nicht zuverlässig.
Insgesamt verbleiben beim Gericht nach Durchführung der umfangreichen Beweisaufnahme erhebliche Zweifel, welche Version der Geschichte der Parteien der Wahrheit entspricht. Es war für das Gericht nicht möglich, bei den widersprechenden Zeugenangaben herauszufinden, welche der Wahrheit entsprechen. Es gibt Indizien, die, wie bereits dargestellt, für die eine Version bzw. für die andere Version sprechen. Insgesamt verbleiben beim Gericht jedoch nach der durchgeführten Beweisaufnahme erhebliche Zweifel daran, ob es zwischen den Parteien eine Tilgungsbestimmung dahingehend gab, dass mit der Verteilung des Kaufpreises beim Hausverkauf die 60.000,- DM aus dem Darlegen abgegolten sein sollten.
Somit ist nach Beweislast zu entscheiden. Die Beweislast für das Erlöschen der Forderung trägt die Klagepartei.
Die insoweit beweisbelastete Klagepartei konnte nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass zwischen den Parteien eine derartige Vereinbarung getroffen wurde, so dass mit der Verteilung des Kaufpreises die Darlehensforderung erloschen ist.
Somit war aufgrund erheblicher Zweifel des Gerichts die Klage im Ergebnis nach Beweislast zu entscheiden und somit abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


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