Handels- und Gesellschaftsrecht

Kein Schadensersatz- und Aufwendungsersatzanspruch eines Werkunternehmers gegen gerichtlich beauftragten Sachverständigen

Aktenzeichen  11 O 590/16

Datum:
15.2.2017
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 145, § 228 S. 2, § 276, § 278, § 631 Abs. 1, § 662, § 670, § 677, § 679 S. 2, § 680, § 683 S. 1, § 686, § 812 Abs. 1 S. 1, § 823 Abs. 1, § 831, § 839 Abs. 1, § 904 S. 2
GG GG Art. 34

 

Leitsatz

1 Die Veranlassung eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen gegenüber einem Werkunternehmer, unmittelbar nach einem anlässlich einer Bauteilöffnung entstandenen Wasserschadens mit Trocknungsmaßnahmen zu beginnen, kann nicht als Angebot des Sachverständigen zum Abschluss eines Werkvertrages gegenüber dem Werkunternehmer verstanden werden. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Beseitigung eines anlässlich einer Bauteilöffnung durch einen gerichtlich beauftragten Sachverständigen entstandenen Wasserschadens begründet für den die Reparaturmaßnahmen durchführenden Werkunternehmer keine Ansprüche gegen den Sachverständigen aus einer berechtigten Geschäftführung ohne Auftrag oder einer Notgeschäftsführung. (Rn. 32 – 45) (redaktioneller Leitsatz)
3 Deliktische Ansprüche einer Anstellungskörperschaft (hier: Freistaat Bayern) gegen einen Amtsträger (hier: in Bayern gerichtlich bestellter Sachverständiger) scheiden bei einer befreienden Haftungsübernahme durch die Anstellungskörperschaft aus (vgl. BGH BeckRS 2014, 07063); ein Regressanspruch der Anstellungskörperschaft gegen den Amtsträger kann nach den Grundsätzen der Konfusion ausgeschlossen sein (vgl. BGH BeckRS 2016, 09243). (Rn. 36 – 37) (redaktioneller Leitsatz)
4 Eine im gerichtlichen Auftrag erfolgte Bauteilöffnung ist keine rechtswidrige Eigentumsverletzung. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 19.840,58 € festgesetzt.

Gründe

A. Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Das Landgericht München II ist nach §§ 12, 13 ZPO, 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG örtlich und sachlich zuständig.
2. Zulässigkeitshindernisse sind nicht ersichtlich.
II. Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung eines Betrages in Höhe von € 19.840,58 nebst Zinsen sowie auf Erstattung der vorgerichtlichen Mahnkosten zu, insbesondere nicht aus dem geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 683, 677, 670 BGB.
1. Vertragliche Ansprüche der Klägerin auf Bezahlung der Rechnungen der Klägerin und der Rechnungen der Subunternehmer der Klägerin sind gegenüber dem Beklagten nicht gegeben, insbesondere nicht aus § 631 Abs. 1 HS. 2 BGB.
Ein Werkvertrag oder ein sonstiges Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten liegt schon nicht vor. Hierzu ist weder etwas durch die Klagepartei vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Insbesondere ergibt sich aus der klägerischen Behauptung, dass im Nachgang zu dem zweiten Wasserschaden durch die Klägerin auf Veranlassung des Beklagten die streitgegenständlichen Reparaturmaßnahmen durchgeführt worden seien, kein Abschluss eines Vertrags zwischen den Parteien. Auch die Klägerin sieht insofern nur eine Geschäftsführung ohne Auftrag, die notwendigerweise das Fehlen einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien voraussetzt.
a) Die behauptete Veranlassung der Klägerin durch den Beklagten, im unmittelbaren Nachgang zu dem zweiten Wasserschaden sofort mit Trocknungsmaßnahmen zu beginnen, kann insbesondere nicht als Angebot des Beklagten zum Abschluss eines Werkvertrages unter Begründung von Werklohnansprüchen der Klägerin gegen den Beklagten nach §§ 145, 631 BGB verstanden werden, weil ein solcher Rechtsbindungswille des Beklagten vor dem Hintergrund seiner gerichtsgutachterlichen Tätigkeit im Auftrag des Landgerichts München I auch vor dem Hintergrund der Schadensentstehung an der im Eigentum des Freistaates Bayern stehenden Realschule nicht angenommen werden kann, weil ein Reparaturauftrag insofern kaum von dem Beklagten als Dritten erteilt werden würde.
b) Darüber hinaus ist vor dem Hintergrund, dass die Klägerin selbst vorträgt, dass der Hausmeister der betroffenen Realschule zunächst angesichts der Beschädigung des Wasserrohres das Wasser abgedreht hat (Bl. 64 d. A.), und dass der zuständige Hausmeister der Realschule nach dem weiteren Vortrag der Klägerin auch hinsichtlich der Ortstermine für die Sachverständigenbegutachung alles organisiert und veranlasst habe (Bl. 50 d. A.), auch die klägerische Behauptung, die klägerischen Maßnahmen seien auf Verlangen und Veranlassung des Beklagten durchgeführt worden (Bl. 64 d. A.), eher weniger nachvollziehbar.
c) Vielmehr ergibt sich aus dem eigenen Vortrag der Klägerin, dass der Hausmeister der Realschule als Vertreter des Freistaates Bayern die Durchführung der klägerischen Reparaturmaßnahmen beauftragte, auch wenn dieselben durch den Beklagten „verursacht“ worden sein mögen. Dabei hat die Klägerin nicht nur die Rolle der Eigentümerin der Schule trotz gerichtlicher Hinweise im gesamten Verfahren verschleiert und heruntergespielt, indem sie nicht einmal angegeben hat, wer überhaupt die Eigentümerin der Schule sei, sondern die Klägerin hat auch noch höchst widersprüchlich insofern vorgetragen, als sie zwar einerseits eine Anwesenheit des Hausmeisters der Realschule bei dem Ortstermin vom 04.09.2012 „mit Nichtwissen“ bestritten hat (Bl. 41 d. A.), andererseits aber vorgetragen hat, derselbe Hausmeister habe am 04.09.2012 das Wasser abgedreht (Bl. 64 d. A.).
d) Das Gericht kann daher den klägerischen Tatsachenvortrag im Gesamtzusammenhang des Streitfalles nur so verstehen, dass die Klägerin von der Eigentümerin der Schule für ihre Reparaturmaßnahmen im Rahmen des zwischen der Klägerin und dem durch den auch nach klägerischem Vortrag alles organisierenden und veranlassenden Hausmeister der Realschule vertretenen Freistaat Bayern bestehenden Werkvertragsverhältnisses bislang nicht bezahlt worden ist, und zwar aus Gründen, die sich aus der unbestritten gebliebenen Argumentation des Beklagten hinsichtlich der durch die Klägerin nach §§ 278, 276 BGB bzw. nach § 831 BGB zu verantwortenden regelwidrigen Verlegung von Estrich durch die Fa. E. H. GmbH als Subunternehmerin der Klägerin trotz an derselben Stelle verlegter Wasserrohre andeuten, so dass die Klägerin mithilfe des – wie noch darzustellen ist – in rechtlicher Sicht verqueren Streitfalles nunmehr noch versucht, wenigstens von dem Beklagten etwas zu erlangen:
2. Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB bestehen in dem Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten nicht.
a) Die Klägerin bzw. deren Subunternehmer hat im Zusammenhang mit der Sanierung der Realschule nach dem zweiten Wasserschaden vom 04.09.2012 schon nicht mit dem gemäß § 677 BGB erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt, weil nicht einmal ein sog. auch fremdes Geschäft durchgeführt werden sollte.
(1) Denn wie sich auch in verschleierter Form aus dem klägerischen Vortrag ergibt, wurde die Klägerin durch den Hausmeister der Realschule I. mit der Durchführung der Maßnahmen zur Wasserschadensbehebung beauftragt, so dass es sich bei der Erfüllung des zwischen der Klägerin und dem Freistaat Bayern abgeschlossenen Werkvertrages um die Erbringung eines eigenen Geschäftes der Klägerin handelte, indem die Klägerin zur Herstellung des versprochenen Werkes nach § 631 Abs. 1 HS. 1 BGB verpflichtet war.
(2) Dabei lag die Durchführung dieser Reparaturmaßnahmen darüber hinaus nicht auch im objektiven Interesse des Beklagten als gerichtlichem Sachverständigen, so dass ein Fremdgeschäftsführungswille nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. auch fremden Geschäftes vermutet werden kann (vgl. BGH NJW 2009, 2590 Tz. 18; Pal.-Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 677 Rn. 6 m. w. N.). Denn für den Beklagten bedeutete die Erbringung der Sanierungsarbeiten durch die Klägerin objektiv keine Befreiung von gegenüber der Realschule I. bestehenden Verbindlichkeiten, was grundsätzlich für die Annahme eines objektiv fremden Geschäfts ausreichen kann (vgl. BGH NJW 2014, 1095 Tz. 20; BGH ZIP 2003, 1399, 1400; Pal.-Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 677 Rn. 4 m. w. N.).
(a) Ein Anspruch der geschädigten Schuleigentümerin gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB wegen fahrlässiger Eigentumsverletzung wäre indessen schon aus dem Grunde nicht gegeben, dass wegen der Amtsträgereigenschaft des Beklagten als gerichtlichem Sachverständigen eine befreiende Haftungsübernahme durch den Freistaat Bayern selbst als Anstellungskörperschaft gem. Art. 34 S. 1 GG i. V. m. § 839 BGB eintreten würde und daher eine persönliche Haftung des Amtsträgers gegenüber dem Geschädigten ausscheiden würde (vgl. BGH, Urteil vom 6.3.2014 – Az.: III ZR 320/12 = NJW 2014, 1665, 1667 Tz. 29; OLG Koblenz, Beschluss vom 06.06.2005 – 5 U 687/05 = BeckRS 2006, 00527).
(b) Auch eine Befreiung des Beklagten von einem etwaigen Regressanspruch der nach Art. 34 S. 1 GG i. V. m. § 839 Abs. 1 BGB anstelle des Beklagten gegenüber dem Geschädigten haftenden Anstellungskörperschaft gem. Art. 34 S. 2 GG kommt nicht in Betracht. Denn hier wirkt sich der Clou des Streitfalles aus, dass wegen der Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung hinsichtlich des Amtshaftungsanspruches aus Art. 34 S. 1 GG, § 839 Abs. 1 BGB in der Person des Freistaates Bayern nach den Grundsätzen der Konfusion (vgl. BGH NJW-RR 2016, 784; Pal.-Grüneberg, BGB, Überbl. v. § 362 Rn. 4 m. w. N.) für einen solchen Regressanpruch aus Art. 34 S. 2 GG kein Anknüpfungspunkt mehr bestehen kann.
(3) Soweit demgegenüber tatsächlich ein Wille der Klägerin bestanden haben sollte, die durch die durchgeführten Sanierungsarbeiten gegebenen Geschäfte tatsächlich für den Beklagten und nicht für die Klägerin durchgeführt zu haben, so wird nach § 686 BGB wegen eines Irrtums über die Person des Geschäftsherrn der wirkliche Geschäftsherr aus der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Der wirkliche Geschäftsherr ist aber nach alledem nicht der Beklagte, sondern der Freistaat Bayern als Eigentümer der Realschule I., so dass der Beklagte für solche Aufwendungsersatzansprüche der Klägerin nicht passivlegitimiert wäre.
b) Darüber hinaus darf durch die Anwendung der Grundsätze über die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag nicht die im Rahmen des Werkvertragsverhältnisses zwischen der Eigentümerin der Realschule I. als Bestellerin der Sanierungsarbeiten und der Klagepartei als Werkunternehmerin gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung bzw. das hierfür vorgesehen Mängelbeseitigungsrecht nicht unterlaufen werden (vgl. Pal.-Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 677 Rn. 7; BGH MDR 2012, 1149). Daher muss in dem Verhältnis zwischen dem Freistaat Bayern und der Klägerin auf Werklohn geklagt werden, und in diesem Vertragsverhältnis muss dann auch geklärt werden, inwiefern die Klägerin wegen der Verlegung von Estrich an der Stelle eines Heizungsrohres überhaupt zurecht Werklohn geltend macht.
c) Schließlich ist für einen Aufwendungsersatzanspruch wegen berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB auch noch im Hinblick auf die Rechtsfolgenseite zu beachten, dass es hier nicht um einen Schadensersatzanspruch der Klägerin, sondern nur um einen Wertersatzanspruch handelt (vgl. Pal.-Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 670 Rn. 1, 4 m. w. N.), und dass hiernach wegen der Unentgeltlichkeit des Auftrages gem. § 662 BGB der Ersatz der eigenen Arbeitszeit- und Arbeitsleistung selbst dann nicht in Betracht kommt, wenn die zur Ausführung entwickelte Tätigkeit des Geschäftsführers zu dem Beruf oder dem Gewerbe des Geschäftsführers gehört (vgl. Pal.-Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 670 Rn. 3 m. w. N.), so dass es im Streitfall auch nicht mehr darauf ankommt, inwiefern die Klägerin hier vor dem Hintergrund der Argumentation des Beklagten den Ersatz von Sowiesokosten begehrt, die ebenfalls nicht nach § 670 BGB erstattet werden könnten.
d) Auf die durch die Klägerin in widersprüchlicher Weise vorgetragenen Behauptungen zu einer etwaigen grobfahrlässigen oder nur einfach fahrlässigen Verhaltensweise des Beklagten bei der Durchführung der Bauteilöffnung am 04.09.2012 kommt es für die Frage eines Aufwendungsersatzanspruches nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt nicht an, weil ein etwaiges Verschulden des Geschäftsherrn gerade keine Anspruchsvoraussetzung für einen Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB ist.
e) In gleicher Weise ist auch vor dem Hintergrund der klägerischen Argumentation hinsichtlich einer Notgeschäftsführung durch die Klägerin kein Anspruch gegen den Beklagten aus §§ 683, 677, 670 BGB gegeben.
Die klägerischerseits thematisierte grobe Fahrlässigkeit spielt im Rahmen des § 680 BGB unter umgekehrten Vorzeichen nur insofern eine Rolle, wonach der Geschäftsführer, also die Klägerin, nur grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz bei einer Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr zu vertreten hätte, wenn dabei dem Geschäftsherrn, d. h. im Sinne der klägerischen Argumentation dem Beklagten, ein Schaden entstanden wäre.
Auch kann die durch die Klägerin geltendgemachte Notsituation bei der Übernahme der Geschäftsführung zwar nach § 679 S. 2 BGB für eine Unbeachtlichkeit eines entgegenstehenden Willens des Geschäftsherrn im Rahmen einer dann gleichwohl berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 683 S. 1 BGB sprechen, weil die Verhinderung weiterer Schadenseintritte infolge des aus dem angeschnittenen Rohr ausgetretenen Wassers durch schnelle Trocknungsmaßnahmen der Klägerin auch im öffentlichen Interesse, nämlich dem Interesse der öffentlichen Hand bzw. des bayerischen Fiskus, gelegen hat, jedoch spielt dies für das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten keine Rolle, weil der Beklagte nicht der objektive Geschäftsherr ist und es daher nicht auf dessen etwa entgegenstehenden Willen ankäme.
Dass der durch die Klägerin angeblich als Geschäftsherr angesehene Beklagte nach dem klägerischen Vortrag indessen ob der klägerischen Eilmaßnahmen vom 04.09.2012 sogar „heilfroh“ gewesen sei,
3. Auch deliktische Ansprüche der Klägerin kommen gegen den Beklagten nicht in Betracht.
Die Klägerin hat nichts dazu vorgetragen – und es ist auch nicht im entferntesten ersichtlich-, dass der Beklagte die Klägerin an einem absoluten Rechtsgut i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB rechtswidrig und schuldhaft verletzt hätte.
Verletzt ist insofern durch die Bauteilöffnung vom 04.09.2012 nur der Eigentümer der Realschule I. an seinen Eigentumsrechten, soweit über die ohnehin im gerichtlichen Auftrag und damit nicht rechtswidrig erfolgende Bauteilöffnung hinausgehende Schäden an dem Eigentum des Freistaates Bayern eingetreten sind.
Ein reiner Vermögensschutz ist im Deliktsrecht grundsätzlich nicht vorgesehen.
Auf die durch die Klägerin in widersprüchlicher Weise vorgetragenen Behauptungen zu einer etwaigen grobfahrlässigen oder nur einfach fahrlässigen Verhaltensweise des Beklagten bei der Durchführung der Bauteilöffnung am 04.09.2012, insbesondere auf den umfänglichen Streit über das Erfordernis des Einsatzes einer Wärmebildkamera im Vorfeld der Bauteilöffnung, kommt es daher auch hier nicht wesentlich an.
4. Auch sind vor dem Hintergrund der durch die Klägerin angesprochenen Notsituation bei der Wasserrohrbeschädigung vom 04.09.2012 Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 904 S. 2 BGB oder aus § 228 S. 2 BGB nicht gegeben.
Denn weder handelt es sich um einen Fall des § 904 S. 2 BGB, wofür vorauszusetzen wäre, dass der Eigentümer einer Sache, mittels welcher ein Dritter eine gegenwärtige Gefahr abgewendet haben müsste, einen Schaden erlitten hätte, noch um einen Fall des § 228 S. 2 BGB, weil zwar von dem Wasserrohr eine Gefahr ausgegangen ist, aber der Beklagte schon nicht zur Gefahrenabwehr dieses Wasserrohr beschädigen oder zerstören musste.
5. Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ebenfalls nicht gegeben.
Ungeachtet der Tatsache, dass sich die Klägerin zur Begründung ihrer geltendgemachten Forderungen ohnehin nur auf die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag beruft und daher zu den Voraussetzungen eines Kondiktionsanspruches gegen den Beklagten nichts vorgetragen hat, liegen die Voraussetzungen einer Leistungs- und auch einer Eingriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 bzw. Alt. 2 BGB nicht vor.
a) Zwar wäre in Ermangelung des Bestehens einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten auch kein Rechtsgrund i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 bzw. Alt. 2 BGB gegeben.
b) Eine Leistungskondiktion liegt aber schon aus dem Grunde nicht vor, dass die Klägerin durch ihre Reparaturmaßnahmen und diejenigen ihrer diversen Subunternehmer im Nachgang zu dem zweiten Wasserschaden vom 04.09.2012 im Verhältnis zu dem Beklagten keine Leistung i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB erbracht hat. Denn Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens (vgl. Pal.-Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 812 Rn. 14). Insofern ist kein Anhaltspunkt dafür gegeben, dass die Klägerin gerade das Vermögen des Beklagten durch ihre Reparaturmaßnahmen an der staatlichen Realschule in I. hätte mehren wollen.
c) Darüber hinaus hätte der Beklagte durch die klägerische Wasserschadensbehebung im Nachgang zu dem Ereignis vom 04.09.2012 auch durch eine solche Leistung nicht i. S. d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB etwas erlangt, denn hierunter fällt zwar jede Verbesserung der Vermögenslage des Beklagten (vgl. Pal.-Sprau, BGB, 76. Aufl. 2017, § 812 Rn. 15) als potentiellen Leistungsempfängers, jedoch gehört die Realschule in I. schon nicht dem Beklagten, sondern dem Freistaat Bayern, und der Beklagte hätte – ungeachtet des mangelnden klägerischen Vortrages hierzu – auch durch eine solche Leistung keine Befreiung von einer Verbindlichkeit (vgl. BGH NJW 1962, 1051) erlangt. Insofern ist auf die zur Frage des auch fremden Geschäfts erfolgenden Darlegungen zurückzugreifen.
(1) Insofern wären nämlich nur deliktische Ansprüche des Freistaates Bayern als Eigentümer der Realschule in I. gegen den Beklagten als gerichtlichen Sachverständigen denkbar. Aber ein Anspruch des Geschädigten gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB wegen fahrlässiger Eigentumsverletzung wäre schon aus dem Grunde nicht gegeben, dass wegen der Amtsträgereigenschaft des Beklagten als gerichtlichem Sachverständigen eine befreiende Haftungsübernahme durch den Freistaat Bayern selbst als Anstellungskörperschaft gem. Art. 34 S. 1 GG i. V. m. § 839 BGB eintreten würde und daher eine persönliche Haftung des Amtsträgers gegenüber dem Geschädigten ausscheiden würde (vgl. BGH, Urteil vom 6.3.2014 – Az.: III ZR 320/12 = NJW 2014, 1665, 1667 Tz. 29; OLG Koblenz, Beschluss vom 06.06.2005 – 5 U 687/05 = BeckRS 2006, 00527).
(2) Auch eine Befreiung des Beklagten von einem etwaigen Regressanspruch der nach Art. 34 S. 1 GG i. V. m. § 839 Abs. 1 BGB anstelle des Beklagten gegenüber dem Geschädigten haftenden Anstellungskörperschaft gem. Art. 34 S. 2 GG kommt nicht in Betracht. Denn hier wirkt sich der Clou des Streitfalles aus, dass wegen der Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung hinsichtlich des Amtshaftungsanspruches aus Art. 34 S. 1 GG, § 839 Abs. 1 BGB in der Person des Freistaates Bayern nach den Grundsätzen der Konfusion (vgl. BGH NJW-RR 2016, 784; Pal.-Grüneberg, BGB, Überbl. v. § 362 Rn. 4 m. w. N.) für einen solchen Regressanpruch aus Art. 34 S. 2 GG kein Anknüpfungspunkt mehr bestehen kann.
d) Aus demselben Grund kann auch kein Anspruch aus Eingriffskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB gegen den Beklagten bestehen, weil der Beklagte auch nicht in sonstiger Weise etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hätte, wenn er nicht einmal von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Geschädigten befreit worden sein kann.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
C. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.
D. Der Streitwertbeschluss beruht auf §§ 3, 4 Abs. 1 HS. 2 ZPO.


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