Handels- und Gesellschaftsrecht

Leistungen, Wortmarke, Software, Rechtsanwaltskosten, Gesellschaft, Frist, Schadensersatzanspruch, Auskunft, Anspruch, Kostenentscheidung, Betriebskostenabrechnung, Gesellschafter, Zustimmung, Auskunftsanspruch, Frist zur Stellungnahme, Sinn und Zweck, Vorlage von Belegen

Aktenzeichen  21 O 6612/19

Datum:
20.11.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 54648
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die von ihr in die Kooperation gemäß dem Kooperationsvertrag mit der Angebotsnummer 12345 im Zeitraum vom 06.06.2018 bis 01.02.2019 eingebrachten Leistungen und zwar durch die Vorlage einer Dokumentation der von der Beklagten durchgeführten Entwicklungsleistungen, auch im Hinblick auf die von ihr entwickelte künstliche Intelligenz, einschließlich genutzter Drittlizenzen und detaillierter Übersicht über die von ihr investierten zeitlichen Aufwände, auch wieder bezogen auf die jeweiligen Entwicklungsleistungen und die Vorlage von Belegen für Drittleistungen;
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, soweit sie aus der Weigerung der Beklagten folgen, der Klägerin den Source Code der unter dem Kooperationsvertrag vom 06.06.2018 mit der Angebotsnummer 12345 erstellten Software unter Bereitstellung eines digitalen Zugangs offenzulegen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.752,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 05.07.2019 zu zahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.
5. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
6. Das Urteil ist hinsichtlich Ziff. 1 gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich Ziff. 3 ist das Urteil gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist im Umfang der auf der vorliegenden Stufe gestellten Anträge zulässig und im Wesentlichen begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzansprüche im Wesentlichen zu (Ziff. I bis Ziff. III). Ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung besteht derzeit indes nicht (Ziff. IV).
I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte gemäß §§ 705, 721 Abs. 1, 713 Abs. 1, 666 BGB ein Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung über die von der Beklagten in die im Zeitraum vom 06.06.2018 bis zur einvernehmlichen Vertragsauflösung am 01.02.2019 bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingebrachten Leistungen einschließlich der von der Beklagten entwickelten künstliche Intelligenz und einschließlich genutzter Drittleistungen zu.
1. Zwischen den Parteien ist auf der Grundlage des Angebotes der Beklagten mit der Nr. 12345 vom 06.06.2018 und dessen nachfolgend gemeinsam erfolgter Umsetzung ein Gesellschaftsvertrag gemäß §§ 705 ff. BGB in Gestalt eines Softwareprojektvertrages zustande gekommen. Insbesondere liegt hier kein als Werk- oder Dienstleistungsvertrag zu behandelnder Softwareentwicklungsvertrag vor.
a. Entscheidend für die vertragstypologisch zutreffende Einordnung ist der Wille der Vertragsparteien (BGH, NJW 2002, 3323, 3324). Ein Gesellschaftsvertrag gemäß § 705 BGB liegt dementsprechend vor, wenn der Wille der Vertragsparteien dahin geht, sich gegenseitig zu verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in einer durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. Dazu ist eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles unter umfassender Berücksichtigung des Vertragszwecks und der wirtschaftlichen Ziele der Vertragsparteien vorzunehmen (BGH, NJW 1990, 573, 574). Ein Werkvertrag ist dagegen anzunehmen, wenn eine auf Grundlage der gesamten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Würdigung des Parteiwillens ergibt, dass eine Partei im Auftrag der anderen Partei ein Arbeitsergebnis als Erfolg der von ihr zu erbringenden Dienstleistung schuldet. Ein Dienstleistungsvertrag ist anzunehmen, wenn dem Parteiwillen zufolge eine Partei die Leistung als solche, mithin das Mühen um einen bestimmten Erfolg, im Interesse der anderen Partei schulden soll (BGH, NJW 2002, 3323, 3324, vgl. auch BGH, NJW 2010, 1449, 1451). Die vertragliche Beschreibung eines Entwicklungsziels allein ist dabei für sich genommen kein hinreichendes Indiz für die Annahme eines Werkvertrags (BGH, NJW 2002, 3323, 3325).
b. Im vorliegenden Fall ging es dem von den Parteien übereinstimmend der streit gegenständlichen Kooperation zu Grunde gelegten Angebot vom 06.06.2018 (Anlage K4) darum, das geplante Softwareentwicklungskonzept in kooperativer Weise durchzuführen. Dabei sollten die Chancen und Risiken des Projekts paritätisch zwischen den Parteien verteilt werden. Ausdrücklich hieß es dementsprechend in Ziff. 2 des Angebots, dass Kosten, Erlöse, Rechte, Erträge und Investitionen zu gleichen Teilen zwischen den Parteien aufgeteilt werden sollen. Jede Partei verpflichtete sich überdies, das Projektziel in Gestalt der Entwicklung und Vermarktung der App durch eigene Beiträge im gemeinsamen Interesse zu fördern. Im Rahmen einer arbeitsteiligen Umsetzung sollte die App zur Durchführung eines Virtual-Reality-Präsentationstrainings gemeinsam entwickelt und vermarktet werden. Dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin zufolge sollte die Beklagte im Rahmen der vereinbarten Arbeitsteilung die Basis-Anwendung der App programmieren während die Klägerin gemeinsam mit der Beklagten für die Auswertung der Programmier-Leistungen wie das Testen und anschließende Optimieren der Beta-Version verantwortlich sein und nach Fertigstellung der App die entsprechende Vermarktung übernehmen sollte.
Dass die App-Entwicklung von den Parteien als gemeinsames Ziel verfolgt und nicht lediglich einseitig von der Klägerin der Beklagten in Auftrag gegeben wurde, wird auch daraus ersichtlich, dass die Geschäftsführer der Parteien bereits in der Phase der Projektanbahnung im Mai 2018 überlegten, die Kooperation nach erfolgreichem Start in der Rechtsform einer gegebenenfalls noch zu gründenden GmbH fortzuführen (Anlagen B1 und B2). So erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten Dr. K. am 23.05.2018 auf die Frage des Geschäftsführers der Klägerin G., ob zunächst über einen Projekt-Beteiligungsvertrag kooperiert werden solle, ausdrücklich, damit einverstanden zu sein und sie das Projekt „wenn das Thema steil geht, dann (…) immer noch in eine eigene GmbH packen“ können.
Diesem kooperativen Ansatz entsprechend gehen die Parteien auch in ihren jeweiligen rechtlichen Ausführungen im Rahmen des hiesigen Rechtsstreits übereinstimmend davon aus, dass gesellschaftsvertragsrechtliche Bestimmungen als Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Kooperation zur Anwendung kommen.
c. Die Anwendung gesellschaftsvertragsrechtlicher Bestimmungen erscheint schließlich auch vor dem Hintergrund der Eigenart der zu entwickelnden Software angemessen und interessensgerecht, als so die mit der Entwicklung verbundenen Risiken auf beide Parteien verteilt werden. Die vorliegend zu entwickelnde Software musste individuell entwickelt werden und sollte insbesondere mit Blick auf die in die App einzubindende künstliche Intelligenz ein neuartiges, komplexes Anwendungsfeld unter Nutzung virtueller Realität kreieren. In der Literatur wird für vergleichbare Fallkonstellationen zu Recht darauf hingewiesen, dass die dem Werk- und Dienstvertragsrecht anhaftende, einseitige Risikoverteilung in Fällen entsprechend komplexer Softwareprojekte, bei denen es um die Entwicklung von Software geht, die in dieser Art und Weise und bei dieser Komplexität noch nicht entwickelt worden ist, dem tatsächlich bestehenden Entwicklungsrisiko nicht gerecht werden kann (vgl. Redeker, IT-Recht, 7. Auflage 2020, Rn. 500, 502).
2. In Folge der Beendigung des Gesellschaftsvertrages durch einvernehmliche Auflösung (lit. a.) ist zu Gunsten der Klägerin ein Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung gemäß §§ 721 Abs. 1, 713, 666 BGB über die seitens der Beklagten getätigten Investitionen in Form der von ihr getätigten Entwicklungsleistungen einschließlich der von ihr entwickelten künstlichen Intelligenz entstanden (lit. b.).
a. Die zwischen den Parteien in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehende Projektgesellschaft wurde am 01.02.2019 einvernehmlich aufgelöst (aa.) und mangels vorhandenen Gesellschaftsvermögens unmittelbar beendet (bb.). Ist wie bei einer wie hier vorliegenden Innengesellschaft ein Gesellschaftsvermögen nicht vorhanden, führt die Auflösung des Gesellschaftsvertrages zur unmittelbaren Beendigung der Gesellschaft (vgl. BGH, NJW 1990, 573, 574; Palandt/Sprau, 79. Auflage 2020, Vorb v §§ 723 – 735 BGB, Rn. 2).
aa. Die Auflösung des Gesellschaftsvertrages und, damit einhergehend, die unmittelbare Beendigung der Gesellschaft ergibt sich aus der Abgabe auf die Beendigung der einem gemeinsam verfolgten Ziel dienenden Zusammenarbeit gerichteter, übereinstimmender Willenserklärungen der vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Streitparteien. Mit E-Mail vom 01.02.2019, 20:27 Uhr, teilte der Geschäftsführer der Beklagten Dr. K. mit, dass für ihn „eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr vorstellbar“ ist (Anlage B13). Um 21:10 Uhr desselben Tages erwiderte der Geschäftsführer der Klägerin G., dass er dies „auch so“ sieht und schlug zugleich vor, das Projekt konstruktiv aufzuteilen. Die seitens der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 15.03.2019 erfolgte Kündigung (Anlage K15) hatte vor diesem Hintergrund rein deklaratorischen Charakter.
bb. Bei der zwischen den Parteien geschlossenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelte es sich um eine reine Innengesellschaft ohne dieser zugeordnetes Gesellschaftsvermögen. Dass ein Gesellschaftsvermögen nicht gebildet wurde, folgt aus dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin gemäß Bl. 11 d. Akte. Gegen eine Zuordnung bestimmter Vermögensgegenstände zu einem gesamthänderisch gebundenen Vermögen der Projektgesellschaft spricht in der Sache zudem, dass die von den Parteien gegründete Gesellschaft nicht durch Geschäfts- und Vertragsabschlüsse, etwa bei der Beauftragung von Drittdienstleistern, nach außen in Erscheinung getreten ist und es sich mithin um eine reine Innengesellschaft handelte (vgl. BGH, a.a.O.; BGH, NJW 2019, 161, Rn. 11; Palandt/Sprau, 79. Auflage 2020, § 705 BGB, Rn. 33).
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Klägerin in ihren rechtlichen Ausführungen wiederholt von einer Auseinandersetzung der Gesellschaft gemäß §§ 730 ff. BGB spricht. Dies mag zwar zunächst als widersprüchlich erscheinen, da eine entsprechend förmliche Auseinandersetzung dem Grunde nach nur notwendig ist, um ein gesamthänderisch gebundenes (Gesellschafts-)Vermögen zu lösen und die Verteilung an die Gesellschafter zu regeln. Anerkannt ist aber, dass die Rechtsgedanken der §§ 730 ff. BGB im Einzelfall auch für die Innengesellschaft Anwendung finden können (Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 730 BGB, Rn. 12). Aus der von der Klägerin verwendeten Terminologie kann daher nicht zwingend ein Widerspruch dahingehend abgeleitet werden, dass gegebenenfalls doch ein auseinanderzusetzendes Gesellschaftsvermögen der streitgegenständlichen Projektgesellschaft gegeben ist. Entscheidend ist auch insoweit letztlich der Inhalt der von den Parteien getroffenen Vereinbarung. Diese ging aber – dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin sowie dem fehlenden Außenauftritt der Gesellschaft zu Folge – dahin, eine reine Innengesellschaft zu gründen, der gerade keine Vermögensgegenstände gesamthänderisch zugeordnet sind. Nicht zuletzt wird diese Sichtweise auch durch den Wortlaut von Ziff. 2 des der Zusammenarbeit zu Grunde gelegten Kooperationsvertragsangebots vom 06.06.2018 bestätigt. Demzufolge ist eine hälftige Zuteilung der Erlöse, Rechte und Erträge des Projekts zu Gunsten der insoweit jeweils explizit genannten beiden Gesellschafter und gerade nicht zu Gunsten der Gesellschaft an sich beabsichtigt.
b. Mit der Auflösung der Gesellschaft ist zu Gunsten der Klägerin ein Anspruch auf Rechenschaftslegung gemäß § 721 Abs. 1 BGB entstanden, der inhaltlich dem Anspruch aus §§ 713, 666 BGB entspricht (Palandt/Sprau, 79. Auflage 2020, § 713 BGB, Rn. 7 sowie § 721 BGB, Rn. 3; vgl. auch OLG Frankfurt, BeckRS 1998, 05143, Rn. 33). Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, dass es sich bei dem Auskunftsanspruch gemäß §§ 713, 666 BGB um einen gegen die Gesellschaft gerichteten Sozialanspruch handelt. Vorliegend geht es nicht um die Auskunft zu laufenden Tätigkeiten einer Gesellschaft, sondern um den im Falle der Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstehenden Anspruch auf Rechenschaftslegung. In diesem Fall ist in der Rechtsprechung ebenso wie in der Literatur anerkannt, dass ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen Anspruch gegen seine Mit-Gesellschafter auf Rechenschaftslegung hat (Palandt/Sprau, a.a.O., sowie OLG Frankfurt, a.a.O.). Dies bedeutet aber letztlich, dass die Beklagte als Mit-Gesellschafterin der Klägerin gegenüber verpflichtet ist, dieser Auskunft über die Einzelheiten der von ihr geleisteten Beiträge zu erteilen und hierüber Rechenschaft abzulegen, da nur so eine Schlussabrechnung erfolgen kann (vgl. Palandt/Sprau, 79. Auflage 2020, § 666 BGB, Rn. 4, sowie § 721 BGB, Rn. 3, wo ausdrücklich auf die inhaltliche Übereinstimmung mit dem Anspruch gem. §§ 713, 666 BGB, hingewiesen wird).
Die Beiträge der Beklagten bestanden insbesondere in den von ihr erbrachten Entwicklungsleistungen betreffend die Virtual-Reality-PräsentationstrainingsApplikation. Dazu zählt auch die von der Beklagten zu diesem Zweck entwickelte künstliche Intelligenz. Entsprechende Informationen sind erforderlich, um eine Schlussabrechnung zu erstellen, die als Schlusspunkt der Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaftern auch im Falle der Auflösung einer – wie hier von den Parteien begründeten – Innengesellschaft erforderlich ist (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 422, 423). Denn nur auf Basis der von der Klägerin verlangten Informationen kann festgestellt werden, ob und ggf. in welchem Umfang zu Gunsten der Klägerin ein Abfindungsguthaben und damit ein Anspruch auf Erstattung ihrerseits erfolgter Leistungen (vgl. Palandt/Sprau, 79. Auflage 2020, § 705 BGB, Rn. 35; Dauner-Lieb/Langen, BGB – Schuldrecht, 3. Auflage 2016, § 705 BGB, Rn. 222).
c. Der Anspruch der Klägerin auf Auskunft- und Rechenschaftslegung ist nicht durch Erfüllung gemäß § 362 Abs. Abs. 1 BGB erloschen.
aa. Erfüllung des Anspruchs auf Rechnungslegung tritt insbesondere bereits dann nicht ein, solange den Formalanforderungen nicht genügt ist (so ausdrücklich: Lorenz in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 56. Edition, Stand: 01.11.2020, § 259 BGB, Rn. 10 m. w. N.). Dem Rechtsgedanken des § 259 Abs. 1 BGB entsprechend ist die Beklagte verpflichtet, eine übersichtliche und in sich verständliche Zusammenstellung der für die Schlussabrechnung relevanten Umstände zu erstellen (Lorenz in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 56. Edition, Stand: 01.11.2020, § 259 BGB, Rn. 10; Palandt/Grüneberg, 79. Auflage 2020, § 259 BGB, Rn. 8; vgl. auch am Beispiel einer Betriebskostenabrechnung BGH, NJW-RR 2014, 76, 77). Dazu zählen im vorliegenden Fall in einer geordneten Aufstellung zusammengefasste Auskünfte betreffend sämtliche einzelnen Entwicklungsleistungen (Eigen- und Fremdleistungen) unter Angabe der jeweiligen Personen, des jeweiligen zeitlichen Aufwands und der damit jeweils verbundenen Kosten ersichtlich sind. Soweit Drittleistungen eingekauft wurden, hätte die Beklagte zudem entsprechende Belege beifügen müssen (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a.O.).
bb. Diese Voraussetzungen hat die Beklagte nicht erfüllt:
(1) Mit E-Mail vom 15.02.2019 hat die Beklagte lediglich einzelne Informationen mitgeteilt, ohne in Form einer geordneten Aufstellung der von ihr selbst erbrachten und von Dritten zugekauften Entwicklungsleistungen ordnungsgemäß Rechenschaft zu legen.
(2) Eine ordnungsgemäße Rechenschaftslegung ist auch nicht auf Seiten 7 bis 9 der Klageerwiderung vom 14.08.2019 erfolgt (Bl. 27/29 d. Akte). Die Ausführungen sind in sich widersprüchlich und unklar und genügen damit bereits aus formellen Gründen nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechenschaftslegung. Einerseits wird darauf hingewiesen, dass der Mitarbeiter … für Artwork und Videos zuständig gewesen sei, der Mitarbeiter … für die Benutzerschnittstelle und Videos. Daran schließt sich eine Aufstellung der von den Mitarbeitern … geleisteten Arbeitsstunden an, ohne dass die insoweit jeweils erledigten Aufgaben aufgelistet und spezifiziert sind. Im Rahmen einer Liste an erledigten Aufgaben werden sodann nur die Mitarbeiter … genannt, ohne dass dabei eine konkrete Zuordnung der geleisteten Arbeiten erfolgt. Hinsichtlich einzelner Mitarbeiter ist nicht einmal der Arbeitsbereich, in den diese eingebunden waren, ersichtlich. Betreffend Herrn S. wird dementsprechend nicht dargelegt, welche Arbeiten er erledigt hat. Teilweise scheinen die Mitarbeiter zudem namentlich widersprüchlich bezeichnet zu sein, da etwa einmal ein …, dann aber ein … aufgeführt wird. Vor diesem Hintergrund bleibt aus Sicht der Kammer derzeit im Unklaren, welcher Mitarbeiter zu welchem Zeitpunkt in welchem Umfang welche Arbeiten geleistet hat. Drittleistungen sind überdies bislang ebenfalls nicht geordnet aufgelistet. Entsprechende Belege hat die Beklagte zudem nicht vorgelegt.
3. Dem seitens der Kammer der Klägerin zugesprochenen Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung steht nicht entgegen, dass die Klägerin den von ihr geltend gemachten Anspruch ausschließlich als Auskunftsanspruch bezeichnet hat. Entscheidend ist, was in der Sache beantragt ist. Indem die Klägerin gemäß Ziff. 1.a. ihres Klageantrages vom 16.05.2019 ausdrücklich die Darlegung der zu beauskunftenden Informationen in Form einer detaillierten Übersicht einschließlich Vorlage von Belegen für Drittleistungen verlangt, macht die Klägerin mit dem Auskunftsanspruch in der Sache zugleich einen Anspruch auf Rechenschaftslegung geltend. Die Kammer entspricht mit der Entscheidung über einen Anspruch auf Rechenschaftslegung daher dem Gebot der Bindung an die Parteianträge gemäß § 308 Abs. 1 ZPO.
II. Soweit die Klägerin die Feststellung einer Pflicht zum Ersatz der Schäden beantragt, die ihr infolge des nicht gewährten digitalen Zugriffs auf die von der Beklagten im Rahmen der gemeinsamen Kooperation entwickelte App entstanden sind, liegt das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Feststellungsinteresse vor (1.). Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht der Klägerin auch in der Sache dem Grunde nach zu (2.)
1. Der auf die Feststellung einer Schadensersatzpflicht gerichtete Antrag der Klägerin ist zulässig. Das insoweit erforderliche Feststellungsinteresse ist zu bejahen, weil mit der hierzu notwendigen Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Klägerin infolge des ihr nicht gewährten digitalen Zugriffs auf den von der Beklagten entwickelten Source Code ein Schaden entstanden ist (vgl. BGH, NJW-RR 2018, 1301, 1303 m. w. N.). Dass der Klägerin ein Schaden entstanden ist, ist nach der Überzeugung der Kammer schon allein deswegen wahrscheinlich, weil sich infolge des nicht gewährten digitalen Zugriffs die Nutzung und Weiterentwicklung der App durch die Klägerin und damit ein Markteintritt verzögert hat.
2. Der Klägerin steht der gegen die Beklagte geltend gemachte Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB zu. Denn entgegen der zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Pflicht gemäß Ziff. 2 des Kooperationsvertragsangebotes vom 06.06.2018 hat die Beklagte der Klägerin auch nach Fristsetzung digitalen Zugriff auf den Source Code der im Rahmen des gemeinsamen Projekts entwickelten Software ohne sachlich gerechtfertigten Grund nicht gewährt.
a. Entgegen der Klägerin folgt eine Pflichtverletzung indes nicht bereits daraus, dass die Beklagte ihr als Miturheberin die Nutzung des Source Codes zu der von ihr im Rahmen der gemeinsam gegründeten Projektgesellschaft vorenthalten hat. Wie die Kammer bereits in ihrem Hinweisbeschluss vom 24.06.2020 klargestellt hat, kommt eine Urhebereigenschaft weder seitens der Klägerin noch seitens der Beklagten in Betracht, da es sich jeweils um juristische Personen handelt. Urheber können nur natürliche Personen sein.
Eine dingliche Mitberechtigung an dem streitgegenständlichen Source Code kommt überdies auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass der Geschäftsführer der Klägerin nach deren Vortrag eigene schöpferische Beiträge zur Entwicklung der App beigetragen habe. Insoweit ist der Vortrag der Klägerin nicht hinreichend substantiiert. Soweit der Geschäftsführer der Klägerin die eigentliche Projektidee hatte und somit das Projekt als solches initiiert hat, genügt dies nicht für die Annahme eines schöpferischen Beitrages im urheberrechtlichen Sinne. Gemäß § 69a Abs. 2 Satz 2 UrhG sind Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, nicht geschützt.
Nichts anderes folgt daraus, dass der Geschäftsführer der Klägerin auch in die Auswertung der Programmierleistung durch Testen und Optimieren der BetaVersion der App eingebunden sein sollte (Bl. 73 d. Akte). Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, welche konkreten schöpferischen Beiträge ihr Geschäftsführer insoweit geleistet hat. Vielmehr erschöpft sich der Vortrag in einem pauschal gehaltenen Hinweis auf eine beabsichtigte, allgemeine Mitwirkung beim Testen und Optimieren der App.
b. Die Beklagte war aber spätestens mit der einvernehmlichen Auflösung des Gesellschaftsvertrages am 01.02.2019 dazu verpflichtet, der Klägerin die Rechte zur selbständigen Nutzung der bis dato entwickelten App an die Klägerin zu einzuräumen (aa.) und ihr dazu digitalen Zugriff auf den entsprechenden Source Code zu gewähren (bb.).
aa. Die Pflicht zur Einräumung der entsprechenden Nutzungsrechte ergibt sich aus Ziff. 2 des Kooperationsvertragsangebotes vom 06.06.2018. Demzufolge werden auch Erlöse, Rechte und Erträge zu gleichen Teilen zwischen der Klägerin und der Beklagten geteilt. Angesichts der von den Parteien ausdrücklich beabsichtigten kooperativen Initiierung ist diese Klausel dahingehend zu verstehen, dass die Beklagte im Falle der Auflösung des Kooperationsvertrages verpflichtet ist, die Rechte an der von ihr entwickelten App der Klägerin zur gleichberechtigten Nutzung zur Verfügung zu stellen.
Dem steht nicht entgegen, dass eine Teilung im wörtlichen Sinne angesichts der immateriellen Natur der an dem von der Beklagten entwickelten Software ausgeschlossen ist. Insbesondere ist die Klägerin entgegen der Beklagten nicht auf eine Auseinandersetzung gemäß §§ 730, 731 Satz 2, 753 BGB im Wege einer Veräußerung des Source Codes beschränkt. Ungeachtet dessen, dass die §§ 730 ff. BGB angesichts der Eigenart der von den Parteien als Innengesellschaft gegründeten Projektgesellschaft ohne ihr zugewiesenes Gesellschaftsvermögen zumindest keine unmittelbare Anwendung finden, verweist § 731 Satz 2 BGB nur für den Fall auf die subsidiär anwendbaren Vorschriften über die Gemeinschaft im Sinne von § 741 BGB, dass zwischen den Parteien keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen sind. Die Argumentation der Beklagten greift insoweit zu kurz, als die Parteien auf Basis der Ziff. 2 des Kooperationsvertragsangebotes vom 06.06.2018 eine ausdrückliche Parteiabrede über die Aufteilung der im Rahmen des streitgegenständlichen Projekts entwickelten Ergebnisse getroffen haben.
Die gemäß der vorbezeichneten vertraglichen Regelung vorgesehene Teilung von Erlösen, Rechten und Erträgen der Zusammenarbeit soll dem Sinn und Zweck der Zusammenarbeit nach beiden Parteien ermöglichen, im Falle der Beendigung der Kooperation die bis dahin erfolgten Entwicklungen selbständig nutzen und weiter verwenden zu können. Dies folgt bereits aus der Historie der Zusammenarbeit der Parteien. Der Klägerin ging es mangels eigener Programmierkenntnisse von Anfang an darum, ihre Idee einer Virtual-Reality-Präsentationstrainingssoftware arbeitsteilig zu verwirklichen, indem die Beklagte ihre Programmierkenntnisse und -fertigkeiten in die Zusammenarbeit einbringt. Dies war auch der Beklagten von Anfang an bewusst. Mit Teilung ist mit Blick auf den dahingehenden Parteiwillen daher gemeint, dass beide Parteien gleichermaßen berechtigt sein sollen, die zu entwickelnde Software vollumfänglich zu nutzen. Dies kann im Falle der wie hier erfolgten Auflösung der Gesellschaft nur dadurch erreicht werden, dass beiden Parteien das Entwicklungsergebnis vollständig und in einer zur weiteren, selbständigen Nutzung geeigneten Form unter Einschluss aller Rechte zur Verfügung gestellt wird, die notwendig sind, die Software zu prüfen, zu nutzen und fortzuentwickeln.
bb. Die Einräumung entsprechender Nutzungsrechte setzt dabei zwingend die Gewährung digitalen Zugriffs auf den Source Code der von der Beklagten entwickelten App voraus. Wie die Klägerin unwidersprochen vorträgt, ist ihr ohne digitalen Zugriff auf den Source Code weder eine Fehlerbehebung noch eine Weiterbearbeitung möglich.
Bei dem Source Code handelt es sich nach dem – auch insoweit unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin – um den in einer Programmiersprache geschriebenen Text, der von einem Computer in eine Maschinensprache übersetzt werden kann und schlussendlich zur Ausführung einer Software führt. Folglich handelt es sich bei dem Source Code um das eigentliche Entwicklungsergebnis, dessen Nutzung für die Klägerin von grundlegender Bedeutung ist, um die fragliche App nutzen und weiterentwickeln zu können.
Der Einwand der Beklagten, dass eine Pflicht zur Gewährung digitalen Zugriffs auf den Source Code nicht bestehe, weil zum Zwecke der Erfüllung der Kooperation eine Einsichtnahme des Source Codes genüge und ein unmittelbarer Zugriff nur für Programmierleistungen erforderlich sei, verfängt nicht. Die Beklagte verkennt dabei, dass der seitens der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht die laufende Kooperation, sondern die Aufteilung der aus der Kooperation entstandenen, Erlöse, Rechte und Erträge betrifft. Insoweit aber haben die Parteien die Vereinbarung getroffen, dass ihnen Erlöse, Rechte und Erträge des Projekts zu gleichen Teilen zustehen sollen (Ziff. 2 der Anlage K4).
cc. Die Pflicht zur Gewährung digitalen Zugriffs auf den Source Code war auch bereits fällig und durchsetzbar. Fälligkeit trat mit der einvernehmlichen Beendigung der Gesellschaft am 01.02.2019 ein.
Sonstige die Durchsetzbarkeit des Anspruchs hindernde Einwendungen sind nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht vorgetragen. Insbesondere wird seitens der Beklagten nicht beanstandet, dass die Klägerin ihrerseits die vertraglich geschuldeten Beiträge erbracht hat.
Auch eine sogenannte Durchsetzungssperre steht der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs nicht entgegen. Zwar können Ansprüche der Gesellschafter untereinander nach der Auflösung grundsätzlich nicht mehr isoliert geltend gemacht werden, sondern werden unselbständige Rechnungsposten im Rahmen der Abrechnung (Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 730 BGB, Rn. 14). Allerdings sind von der Sperrwirkung ihrem Sinn und Zweck nach, die Gefahr von Hin- und Herzahlungen während eines Auseinandersetzungsverfahrens zu vermeiden, Ansprüche, die nicht auf Zahlung gerichtet sind, nicht erfasst (Kilian in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2019, § 730 BGB, Rn. 14).
c. Gegen die Pflicht zur Gewährung digitalen Zugriffs auf den Source Code der streitgegenständlichen App hat die Beklagte verstoßen indem sie lediglich angeboten hat, in ihrer Firma Einsicht in den Source Code zu nehmen. Ein Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Die Beklagte hat keine Gründe vorgetragen, wonach sie die ihr zur Last liegende Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe. Insofern erübrigt sich auch ein näheres Eingehen darauf, ob die Beklagte gemäß § 708 BGB nur für die in eigenen Angelegenheiten übliche Sorgfalt einzustehen hat.
Auf weitergehende Pflichtverletzungen in Form einer – wie die Klägerin meint – etwaig mangelhaften Leistung der Beklagten oder – wie die Beklagte meint – unzureichenden Mitwirkung seitens der Klägerin kommt es daher bereits aus rechtlichen Gründen nicht an. Insbesondere besteht die Pflicht zur Einräumung der Nutzungsrechte an der entwickelten App unabhängig von Art und Güte der seitens der Beklagten erbrachten Leistung. Entscheidend ist allein, dass die Beklagte der Klägerin die Nutzungsrechte an der App einschließlich dem bis zur Vertragsauflösung entwickelten Source Code einzuräumen hat. Dem entspricht nicht zuletzt auch die Überlegung, dass nach dem in Ziff. 2 des Kooperationsvertragsangebotes vom 06.06.2018 zum Ausdruck kommenden Parteiwillen schlussendlich beide Parteien nach Beendigung der Zusammenarbeit in der Lage sein sollen, das bis dahin entwickelte Ergebnis selbständig zu nutzen und fortzuentwickeln.
Schließlich ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Klägerin in Folge der im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfolgten, kooperativen Zusammenarbeit im Vergleich zu einem rein werkvertraglichen Softwareentwicklungsvertrag derart schlechter gestellt sein sollte, dass sie nach Vertragsbeendigung de facto keine Verfügungsbefugnis über das Ergebnis der entwicklungstechnischen Umsetzung ihrer Projektidee haben sollte. Folge der kooperativ initiierten Zusammenarbeit ist vielmehr lediglich, dass – anders als im Falle einer reinen, werkvertragsrechtlichen Auftragsentwicklung – die Rechte an dem Entwicklungsergebnis nicht exklusiv der Klägerin, sondern lediglich auch der Klägerin (ebenso wie der Beklagten) zustehen sollen.
d. Mit Anwaltsschreiben vom 15.03.2019 hat die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 22.03.2019 ausdrücklich aufgefordert, ihr digitalen Zugriff auf den Source Code zu gewähren und zugleich angekündigt, im Falle einer eventuellen Verweigerung mit Blick auf die für eine erneute Source Code-Entwicklung entstehenden Kosten Schadensersatzansprüche geltend zu machen (Anlage K15). Entgegen dieser Aufforderung hat die Beklagte der Klägerin digitalen Zugriff auf den Source Code binnen der ihr gesetzten Frist nicht gewährt.
e. Dass der Klägerin infolge der Nichtgewährung digitalen Zugriffs auf den Source Code der im Rahmen der gemeinsamen Kooperation entwickelten App mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ein Schaden ist, wurde bereits im Rahmen der Ausführungen zur Zulässigkeit des Feststellungsantrages dargelegt. Die genaue Höhe des Schadens kann derzeit offengelassen werden, da die Klägerin aktuell nur die Feststellung eines dem Grunde nach bestehenden Schadensersatzanspruchs begehrt. Auf das Bestreiten der seitens der Klägerin bislang erfolgten Ausgaben und Investitionen kommt es daher derzeit nicht näher an.
III. Infolge der pflichtwidrigen Verweigerung eines digitalen Zugriffs auf den von der Beklagten entwickelten Source Code steht der Klägerin zudem ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.752,90 € gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB zu. Entsprechende Rechtsverfolgungskosten sind der Klägerin als Verzögerungsschaden dadurch entstanden, dass die Beklagte ihre Pflicht zur Gewährung digitalen Zugriffs auf den Source Code der streitgegenständlichen App trotz Fälligkeit und Mahnung nicht erfüllt hat.
1. Wie bereits dargelegt hat die Beklagte die ihr obliegende und mit Beendigung der Gesellschaft fällige Pflicht, der Klägerin digitalen Zugriff auf den Source Code zu gewähren, schuldhaft verletzt. Eine ausdrückliche Mahnung, den Source Code digital zur Verfügung zu stellen ist mit E-Mail der anwaltlichen Vertreter der Klägerin vom 07.03.2019 erfolgt (Anlage K14). Gleichwohl wurde der Zugriff auf den Source Code bis zuletzt nicht gewährt.
2. Der Höhe nach sind die von der Klägerin beantragten Rechtsanwaltsgebühren nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat den Betrag der Höhe nach überdies nicht bestritten.
IV. Soweit die Klägerin im Rahmen der von ihr erhobenen Stufenklage auf der aktuellen Stufe einen Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geltend macht, war die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen.
Dem Rechtsgedanken des § 259 Abs. 2 BGB zu Folge ist die Richtigkeit einer erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die in der Rechnungslegung enthaltenen Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind. Der insoweit von der Klägerin erfolgte Hinweis auf die Unstimmigkeiten zwischen den mit E-Mail vom 15.02.2019 mitgeteilten Informationen und den im Rahmen der Klageerwiderung ergänzten Angaben führt in rechtlicher Hinsicht dazu, dass der Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung noch nicht erfüllt ist. Der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entsteht indes erst mit tatsächlich erfolgter Rechenschaftslegung. Bevor indes Auskunft ihrem wesentlichen Inhalt nach erteilt ist, kann der Anspruch dagegen noch nicht geltend gemacht werden (vgl. Lorenz in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 56. Edition, Stand: 01.11.2020, § 259 Rn. 27 m. w. N.; Knöfler in Dauner-Lieb/Langen, BGB – Schuldrecht, 3. Auflage 2016, § 259, Rn. 18 m. w. N.). Auf die Frage, ob die bislang erteilten Auskünfte inhaltlich zutreffend oder zweifelhaft sind, kommt es derzeit daher nicht weiter an. Wie dargelegt, hat die Beklagte noch nicht einmal den grundlegenden Formerfordernissen nach ordnungsgemäß Auskunft erteilt und Rechenschaft gelegt.
V. Die Nebenentscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO (betreffend Tenor zu 1.), 709 Satz 2 ZPO (betreffend Tenor zu 3.). Für die Bemessung der Höhe der von der Klägerin hinsichtlich des Auskunftsanspruchs gemäß Ziff. 1 des Urteilstenors zu leistenden Sicherheit schätzt die Kammer im Rahmen der nach §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO gebotenen Ermessensausübung den relevanten, potentiellen Vollstreckungsschaden auf einen Betrag in Höhe von 3.000,00 € als den mit der Auskunftserstattung verbundenem Aufwand ein.
Die Kammer geht dabei von dem gemäß Ziff. 2 des Kooperationsvertragsangebotes vom 06.06.2018 seitens der Beklagten zu Grunde gelegten Tagessatz in Höhe von 1.000,00 € aus. Damit berücksichtigt die Kammer zugleich das berechtigte Interesse der Beklagten, einen möglichen Vollstreckungsschaden umfassend abzusichern, indem der von der Beklagten für Programmierdienste berechnete Tagessatz als Bemessungsgröße herangezogen wird, obwohl es sich bei der Auskunftserteilung um eine rein administrativzusammenfassende Tätigkeit handelt. Hinsichtlich des für die Erstattung der Auskunft relevanten Arbeitsumfangs geht die Kammer davon aus, dass mehr als drei Arbeitstage nicht erforderlich sind.


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