Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatz wegen (angeblich) unberechtigter Kündigungen von Darlehens- und Kontoüberziehungsverträgen

Aktenzeichen  17 U 979/18

Datum:
4.9.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 48565
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 280, § 488

 

Leitsatz

Wird nur ein Teil eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt, wird die Verjährung auch nur insoweit gehemmt. Dies gilt auch, wenn für die Beteiligten nicht erkennbar war, dass nur ein Teil eingeklagt wurde. Ein Kläger der – mit Absicht oder unbewusst – nur einen Teilbetrag eingeklagt hat, kann nachträglich Mehrforderungen geltend machen, auch wenn er sie sich nicht vorbehalten hat; er muss es jedoch hinnehmen, dass die Verjährung des nachgeschobenen Anspruchsteils selbstständig beurteilt wird (ebenso BGH BeckRS 2009, 11194). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

28 O 9864/17 2018-02-20 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.02.2018, Aktenzeichen 28 O 9864/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 4.241.232,00 festgesetzt.

Gründe

Die Parteien streiten um der Klägerin (angeblich) entstandene Schäden wegen (angeblich) verzögerter Auszahlung von Darlehensteilbeträgen, (angeblich) unberechtigter Kündigungen von Darlehens- bzw. Kontoüberziehungsverträgen sowie ergriffener Zwangsvollstreckungsmaßnahmen jeweils durch die Beklagte.
Hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf das klageabweisende Endurteil des LG München I vom 20.02.2018 (Bl. 169/185 d. A.), hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und bezüglich der Berufungsanträge auf die Schriftsätze der Klägerin vom 02.07.2018 (Bl. 206 d. A.) und vom 31.08.2018 (Bl. 235/236 d. A.) sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 10.07.2018 (Bl. 223 d. A.) verwiesen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.02.2018, Aktenzeichen 28 O 9864/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 ZPO hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats im Beschluss vom 12.07.2018 (Bl. 224/228 d. A.) Bezug genommen.
Der Schriftsatz der Klägerin vom 31.08.2018 veranlasst folgenden Anmerkungen:
1. Ob die Ablehnung eines Angebotes zur unverzüglichen Ablösung der Geschäftsbeziehung zur Beklagten durch diese eine Pflichtverletzung darstellt, kann dahinstehen. Jedenfalls wäre diese nicht schadensursächlich geworden, da die Klägerin nur hätte ablösen müssen durch Zahlung.
2. Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte hätte erst nach Zahlung der letzten Rechnung durch die Klägerin die Vorlage aller Rechnungen verlangen dürfen, ist so nicht richtig: Die Beklagte war zur jederzeitigen Anforderung entsprechender Rechnungen nach Ziffer 6 Unterpunkt 5 und Ziffer 7.1 des Darlehensvertrages vom 21.04.2011 (Anlage K 7) berechtigt.
3. Der Vortrag der Klägerin zum Zeitpunkt der anderweitigen Beschaffung durch CP-Rail ist weiterhin nicht nur in sich widersprüchlich sondern jetzt in der Berufungsinstanz auch neu (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO): Im Schriftsatz vom 15.01.2018, dort Seiten 5 und 6 (= Bl. 114/115 d. A.) heißt es: „Denn die C. P. R. hatte die Modernisierung der 2. Tranche über ca. 230 Lokomotiven bereits Ende 2013 begonnen…“ Damit wäre die Klägerin mit einer Lieferzusage Anfang bis Mitte 2014 auf jeden Fall zu spät gekommen, weshalb die Kausalität etwaiger Pflichtverletzungen der Beklagten zu Nichtauszahlung bzw. Kündigung/Nichtverlängerung von Krediten bis 2013 nicht ursächlich geworden sein kann. Im Übrigen konnte der Senat den jetzigen Vortrag der Klägerin zur Verschiebung der Lieferzusage in das Jahr 2014 hinein (durch Verschiebung aller weiteren Termine) in der übrigen Akte nicht auffinden, weshalb auch insoweit neuer Sachvortrag in der Berufung vorliegt (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
4. Die Klägerin trägt nicht vor, dass Ursache ihrer hier geltend gemachten Schäden eine Schufa-Mitteilung der Beklagten im Rahmen von deren Zwangsvollstreckung u.a. zu Lasten der Klägerin gewesen sei. Auch hier kann eine Ursächlichkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen für die Schäden der Klägerin nicht gesehen werden.
5. Aus den Anlagen K 16, K 17, K 18, K 20 und K 24 lassen sich keinerlei Aufstellungen zu konkret bei der Klägerin angefallenen Schäden entnehmen, der Einsatz von Finanzmitteln ist keineswegs gleichbedeutend mit Schäden. Damit war auch unter Berücksichtigung der (falschen) Angabe Darlehensvertrag „vom 28.12.13“ der angebliche Schaden der Klägerin sowohl für Gericht als auch für Beklagte völlig unbestimmt, weshalb der Mahnbescheid den Verjährungsfristlauf nicht hemmen konnte.
6. Der Verweis auf den Beschluss des BGH vom 21.10.2014 (XI ZB 12/12, WM 2015, 22, 40, Randziffer 145) ist unbehelflich, da die Klage auf Schadensersatz wegen Prospektfehler als Streitgegenstand den gesamten Prospekt umfasst, was mit dem hier vorliegenden Sachverhalt aber nichts zu tun hat, für den im Hinblick auf die Verjährung bei später erweiterten Klagen (hier: Feststellungsantrag) das Urteil des BGH vom 11.03.2009 (IV ZR 224/07, NJW 2009, 1950, 1951, Randziffer 12) relevant ist.
7. Die Anlagen K 16, K 17, K 20 und K 36, Seite 1 stellen lediglich eine Zusammenstellung von getätigten Zahlungen dar, enthalten aber keine entsprechenden Nachweise, die Anlagen K 24, K 25, K 30, K 32, K 35 und K 36 ab Seite 2 liegen zeitlich nach dem 08.01.2013 und sind für die Kündigung durch die Beklagte nicht (mehr) relevant.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und dieses Beschlusses erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 708 Nr. 10 analog, § 711 ZPO (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13.11.2014, NJW 2015, 77, 78, Randziffer 16).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der § 63 Abs. 2 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; §§ 3, 4 Abs. 1 ZPO bestimmt wie folgt:
Zahlungsantrag Ziffer 2: € 2.155.684,00
Zahlungsantrag Ziffer 3 (jetzt): € 397.509,00
Feststell.-antrag Ziffer 4 (vgl. Anspr.-begr. S. 25; 5 Jahre Marketing; 700 Loks): € 1.687.848,00
Summe: € 4.241.232,00


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