Handels- und Gesellschaftsrecht

Unwirksamkeit einer Abtretungsbeschränkung für Entschädigungsansprüche nach der FluggastrechteVO in AGBs

Aktenzeichen  18 C 1869/17

Datum:
9.6.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 152331
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1, § 398
FluggastrechteVO Art. 7 Abs. 1 lit. a

 

Leitsatz

1. Eine Abtretungsbeschränkung bzw. ein Abtretungsverbot schränkt das grundsätzliche Recht nach § 398 BGB ein, eine Forderung frei abzutreten. Hierin liegt eine unzulässige Einschränkung nach Art. 15 der Fluggastrechteverordnung. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung iSd § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Fluggast hat ein Interesse daran, seinen Anspruch an einen Rechtsdienstleister abzutreten, der die Ansprüche des Fluggastes gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend macht, denn es ist gerichtsbekannt, dass die Zahlungsmoral der Fluggesellschaften mangelhaft ist. Das Angebot der Rechtsdienstleister ermöglicht es dem Verbraucher, auf einfache Weise ohne Kostenrisiko seine berechtigten Ansprüche durchzusetzen. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die schützenswerten Interesse der Fluggäste die Interessen der Beklagten überwiegen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Argument, die Abtretungsbeschränkung diene auch dem Fluggast, da er seinen Entschädigungsanspruch ohne Abschläge an Rechtsdienstleister leisten zu müssen, geltend machen könne, stellt kein schützenswertes Interesse der Fluggesellschaft dar. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.10.2017 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von 500,00 € aus abgetretenem Recht gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Fluggastrechteverordnung, § 398 BGB zu.
1. Aktivlegitimation der Klagepartei
Die Fluggäste Silvio H. und Dominik B. haben ihre Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung betreffend den Flug von Nürnberg nach Manchester vom 02.12.2016 unter der Flugnummer FR3505 der Beklagten wirksam an die Klägerin abgetreten, so dass die Klägerin zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt ist.
Die in den AGB der Beklagten unter Ziffer 15.4 vorgenommene Abtretungsbeschränkung hindert die Abtretung nicht. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die AGB der Beklagten, insbesondere die Ziffer 15.4 „Abtretung“ wirksam in den Beförderungsvertrag einbezogen wurden.
Die von der Beklagten in ihren AGB vorgenommene Abtretungsbeschränkung greift vorliegend aus zweierlei Gründen nicht:
a) § 305 c Abs. 2 BGB
Nach § 305 c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Ausgehend hiervon ist nach der kundenfreundlichsten Auslegung von Ziffer 15.4. der AGB der Beklagten davon auszugehen, dass die hier geltend gemachten Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung von der Abtretungsbeschränkung nicht umfasst sind. Im Einzelnen ist hierzu folgendes auszuführen:
Nach dem Wortlaut der AGB der Beklagten soll das Abtretungsverbot nicht bei außervertraglichen Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte gelten.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird, Palandt, BGB, 73. Auflage, § 305 c, Rn. 16. In AGB verwendete Rechtsbegriffe sind jedoch in der Regel entsprechend ihrer juristischen Fachbedeutung zu verstehen. Wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen, ist von der kundenfreundlichsten Auslegung auszugehen, vgl. Palandt, a.a.O., Rn. 18. Der Begriff der außervertraglichen Ansprüche ist insoweit zwar als juristischer Begriff klar. Er findet auch in Gesetzesvorschriften wie z. B. 434 HGB Anwendung. Bei dem Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung handelt es sich um gesetzliche Ansprüche, da die Ansprüche nicht aus dem Beförderungsvertrag folgen, sondern sich aus der Fluggastrechteverordnung ergeben, vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2011, Aktenzeichen X ZR 71/10, Rn. 26. Nach dem Wortlaut der Fluggastrechteverordnung stehen die Ansprüche dem Fluggast zu und nicht demjenigen, der den Beförderungsvertrag abgeschlossen hat. Dass es sich nicht um einen vertraglichen Anspruch, sondern um einen gesetzlichen Anspruch handeln muss, ergibt sich auch daraus, dass sich die dem Fluggast eingeräumten Ansprüche gegen das den Flug ausführende Flugunternehmen richten und nicht gegen das Flugunternehmen, mit dem der Beförderungsvertrag abgeschlossen wurde. Zwar wird der Anspruch nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung in der deutschen Übersetzung nicht als Schadensersatzanspruch, sondern als Ausgleichsleistung bezeichnet. Die Rechtsnatur des Ausgleichsanspruches ist jedoch nicht eindeutig geklärt, vgl. Beck OK, Fluggastrechteverordnung, Art. 7, Rn. 1 f. Ein rechtlich nicht vorgebildeter Durchschnittskunde wird jedenfalls eine Differenzierung zwischen Ausgleichszahlung und Schadensersatzanspruch nicht vornehmen. Vor diesem Hintergrund mag ein Durchschnittskunde davon ausgehen, dass die in den AGB der Beklagten vorgesehene Abtretungsbeschränkung die Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung als außervertragliche Ansprüche nicht erfasst. Die Beklagte mag diese zwar als von der Abtretungsbeschränkung erfasst ansehen, weil die Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung eine bestätigte Buchung des Fluggastes voraussetzen und somit regelmäßig das Bestehen eines Beförderungsvertrages voraussetzen. Eine Klarstellung hierzu trifft die Beklagte in ihrer Regelung nicht.
Im Ergebnis bleibt daher unklar, ob die Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung unter die Abtretungsbeschränkung fallen oder aber es sich hier um außervertragliche Schadensersatzansprüche handelt. Nach § 305 c Abs. 2 BGB geht diese Unklarheit zu Lasten der Beklagten. Nach der kundenfreundlichsten Auslegung ist davon auszugehen, dass das Abtretungsverbot die Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung nicht erfasst.
b) Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB
Das Gericht geht von einer Unwirksamkeit der Abtretungsbeschränkung nach § 307 Abs. 1 BGB aus.
Die Abtretungsbeschränkung in den AGB der Beklagten ist unwirksam, denn sie stellt eine den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechende unangemessene Benachteiligung der Fluggäste dar, § 307 Abs. 1 BGB.
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass nach § 399 Alt. 2 BGB ein rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot grundsätzlich möglich ist. Die formularmäßig vorgenommene Abtretungsbeschränkung ist allerdings an § 307 BGB zu messen. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zwar ein Ausschluss der Abtretung durch allgemeine Geschäftsbedingungen anerkannt worden, insbesondere wenn er die Hauptleistungspflichten des Verwenders betrifft. Indessen ist eine solche Klausel nach der ständigen Rechtsprechung gleichwohl unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders nicht besteht oder die berechtigten Belange des Kunden an der Abtretbarkeit vertraglicher Forderungen das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen, vgl. BGH, Urteil vom 17.04.2012, Aktenzeichen X ZR 76/11, Rn. 9.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB von einer Unwirksamkeit dann auszugehen ist, wenn die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Als gesetzliche Regelung ist Art. 15 der Fluggastrechteverordnung zu beachten. Nach Art. 15 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung dürfen die Verpflichtungen der Luftfahrtunternehmen gegenüber Fluggästen nach der Fluggastrechteverordnung, insbesondere durch abweichende oder restriktive Bestimmungen im Beförderungsvertrag, nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Art. 15 der Fluggastrechteverordnung betrifft seinen Wortlaut nach jede Einschränkung von Ansprüchen, die aus der Fluggastrechteverordnung resultieren. Eine Abtretungsbeschränkung bzw. ein Abtretungsverbot schränkt das grundsätzliche Recht nach § 398 BGB ein, eine Forderung frei abzutreten. Hierin liegt eine unzulässige Einschränkung nach Art. 15 der Fluggastrechteverordnung. Ein unabtretbarer Anspruch bzw. ein in den Möglichkeiten der Abtretung beschränkter Anspruch ist ein Weniger im Vergleich zu einem voll abtretbaren Anspruch. Somit ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB von einer unangemessenen Benachteiligung der Fluggäste auszugehen, weil von dem in Art. 15 der Fluggastrechteverordnung garantierten Verbrauchermindeststandard zu Lasten des Fluggastes abgewichen wird, vgl. Durchlaub/Beckmann, MDR 2017, S. 66.
Überdies gelangt auch eine Abwägung der schützenswerten Interessenspositionen der Beklagten und der Fluggäste zu einer unangemessenen Benachteiligung gegen Treu und Glauben. Vorliegend hat die Beklagte vorgetragen, dass sie aufgrund der Vielzahl der abzuwickelnden Fälle ein offensichtlich berechtigtes Interesse daran habe, die Abtretung auf natürliche Personen, die in der Flugbuchung mit aufgeführt sind, zu beschränken. Hierzu zähle insbesondere das Interesse an einer übersichtlichen Vertragsabwicklung und dem Vorteil mit einem Abtretungsausschluss wechselnde, unbeteiligte Gläubiger zu verhindern. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass insbesondere bei der Einschaltung von Inkassobüros eine zeitaufwendige Recherche zur Zuordnung des Anspruchsschreibens zum jeweiligen Passagier erforderlich sei und eine Prüfung erfolgen müsse, ob die Ansprüche im Wege der Stellvertretung oder im Wege der Abtretung erhoben werden. Weiter sei zu prüfen, ob die Abtretung den Anforderungen des nationalen Rechts entspreche. Für die von den Fluggastportalen oftmals schriftlich und nicht elektronisch geltend gemachten Ansprüche sei ein erheblicher administrativer Aufwand erforderlich. Das Gericht verkennt nicht, dass mit der Bearbeitung der Ausgleichsansprüche der Fluggäste für die Beklagte ein erheblicher Aufwand verbunden ist. Dies resultiert jedoch allein daraus, dass die Beklagte nach der Fluggastrechteverordnung, wenn die Voraussetzungen der Fluggastrechteverordnung erfüllt sind, zu Ausgleichszahlungen verpflichtet ist. Die Zuordnung von Anspruchsschreiben zu einem bestimmten Flug bzw. die Prüfung, ob berechtigt Ausgleichsansprüche geltend gemacht werden, ergibt sich jedoch unabhängig davon, ob der Anspruch aufgrund einer Abtretung oder ohne Abtretung geltend gemacht wird, in jedem Fall. Zudem erscheint dem Gericht der zeitliche Aufwand hierfür im Zeitalter von elektronischen Datenbanken denkbar gering. Einen Unterschied zwischen schriftlich und elektronisch eingereichten Anträgen sieht das Gericht hierbei nicht. Soweit die Beklagte eingewandt hat, prüfen zu müssen, ob eine Stellvertretung oder eine Abtretung vorliegt, so wird sich hieran auch bei einer Abtretungsbeschränkung nicht viel ändern, denn auch dann wird die Beklagte prüfen müssen, ob eine Stellvertretung vorliegt oder aber eine nach ihren AGB unzulässige Abtretung. Zudem ergibt sich durch die Abtretungsbeschränkung weiterer Prüfungsaufwand für die Beklagte, weil zu prüfen ist, ob dennoch eine zulässige Abtretung an Mitreisende vorliegt oder aber zwingende Umstände vorliegen, die in der Person des Fluggastes begründet sind, die eine Abtretung erfordern. Sicherlich führt eine Abtretung dazu, dass die Beklagte einen erhöhten Prüfungsaufwand dahingehend hat, ob die Abtretung wirksam nach den jeweiligen Vorschriften des nationalen Rechtes zustande gekommen ist. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich dies in gleicher Weise für Fälle der Stellvertretung ergibt. Zudem ist die Beklagte eine global agierende Fluggesellschaft, bei der zu erwarten ist, dass diese einmalig zu klärenden Rechtsprobleme bereits geklärt sind und in Datenbanken bzw. Checklisten hinterlegt sind, so dass kein großer Zeitaufwand anfallen dürfte.
Soweit die Beklagte argumentiert, dass die Abtretungsbeschränkung auch dem Fluggast diene, da er seinen Entschädigungsanspruch ohne Abschläge an Rechtsdienstleister wie die Klägerin leisten zu müssen, geltend machen könne, so stellt dies kein schützenswertes Interesse der Beklagten dar.
Das schützenswerte Interesse der Fluggastrechte besteht vielmehr darin, dass die durch die Fluggastrechteverordnung verankerten Verbraucherschutzmaßnahmen nicht durch Formularklauseln ausgehebelt werden, vgl. Durchlaub/Beckmann, a.a.O., S. 67. Der Fluggast hat ein Interesse daran, seinen Anspruch an einen Rechtsdienstleister abzutreten, der die Ansprüche des Fluggastes gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend macht. Gerichtsbekannt ist die Zahlungsmoral der Fluggesellschaften mangelhaft. Dem Gericht sind aus den Akten zahlreiche Fälle bekannt, in denen die Fluggäste die Luftfahrtunternehmen selbst angeschrieben hatten und seitens des Luftfahrtunternehmens keinerlei Reaktion erfolgt ist. Da es sich bei den Ansprüchen aus der Fluggastrechteverordnung eher um solche mit geringem Wert handelt, scheut der Verbraucher den Aufwand und das Kostenrisiko, die mit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderungen verbunden sind. Das Angebot der Klägerin ermöglicht es dem Verbraucher, auf einfache Weise ohne Kostenrisiko seine berechtigten Ansprüche durchzusetzen. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass die schützenswerten Interesse der Fluggäste die Interessen der Beklagten überwiegen, vgl. ebenso Durchlaub/Beckmann, a.a.O., Seite 67.
2. Anspruch aus Art. 7 S. 1 Buchst.a der Fluggastrechteverordnung
Unstrittig wies der streitgegenständliche Flug von Nürnberg nach Manchester am 02.12.2016 eine Ankunftsverspätung von 4 Stunden und 53 Minuten auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist eine Verspätung von 3 Stunden oder mehr einer Flugannullierung nach Art. 5 der Fluggastrechteverordnung gleichzustellen. Damit steht den Fluggästen ein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung zu. Auszugehen war hier von einer Flugstrecke bis zu 1.500 km, so dass sich je Fluggast eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Fluggastrechteverordnung von 250,00 €, mithin hier insgesamt von 500,00 € ergibt.
Das Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen, die eine Ausgleichszahlung entfallen ließen, ist beklagtenseits nicht vorgetragen.
3. kein Leistungsverweigerungsrecht
Soweit die Beklagte eingewandt hat, dass ihr ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 410 Abs. 1 S. 1 BGB zustehe, weil ihr zu keinem Zeitpunkt eine Abtretungsurkunde vorgelegt worden sei, ist festzustellen, dass mit der Klage als Anlage K1 die Abtretungserklärung in Kopie vorgelegt wurde. Die Beklagte hat eine Abschrift erhalten. Den Erfordernissen des § 410 BGB genügt auch eine Fotokopie der Abtretungsurkunde, vgl. MüKo, BGB, 7. A., Rn. 4. Zudem hat die Klägerin die Abtretungserklärung mit Schriftsatz vom 24.04.2017 vorgelegt. Die Urkunde wurde im Termin vom 21.05.2017 in Augenschein genommen.
Die Urkunde erfüllt die Anforderungen des § 410 BGB. Insbesondere ergibt sich aus ihr, wer Alt- und wer Neugläubiger ist, sowie die Forderung, die abgetreten wurde. In der Urkunde sind die Fluggäste Dominik B. und Silvio H. als Zedenten genannt. Die Klägerin ist als Zessionarin benannt. Die abzutretende Forderung ist mit „Ausgleichsansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 die im Zusammenhang mit dem Flugvorfall vom 02.12.2016 mit der Flugnummer FR3504 auf der geplanten Strecke Nürnberg-Manchester gegen die ausführende Fluggesellschaft bestehen (Entschädigungsforderung)“ ausreichend bezeichnet.
Soweit sich die Beklagte auf ein Urteil des AG Simmern, Aktenzeichen 31 C 202/16, bezieht, so ist der dort entschiedene Fall mit dem hiesigen Fall nicht zu vergleichen. Im vom AG Simmern entschiedenen Fall war in der Abtretungserklärung lediglich das von der Klägerin intern geführte Aktenzeichen 160157 aufgeführt. Wie dargelegt, ist dies im vorliegenden Fall jedoch nicht der Fall, sondern alle Erfordernisse sind erfüllt.
Insbesondere genügt die Urkunde den Anforderungen des § 126 BGB. Soweit die Beklagte eingewandt hat, dass die Klägerin die Urkunde nicht unterschrieben hat, war dies nicht erforderlich. Nach dem Wortlaut des § 410 BGB ist eine von den bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellte Urkunde auszuhändigen. Dies ist als eine einseitige Erklärung des ursprünglichen Gläubigers als Zedenten darüber zu verstehen, dass er eine bestimmte Forderung an den neuen Gläubiger abgetreten hat. Die Abtretungsurkunde stellt nicht den Abtretungsvertrag dar, sondern bestätigt nur das Vorhandensein einer grundsätzlich formfrei möglichen Abtretungsvereinbarung.
4. Nebenforderungen
Die Verzinsung der Klageforderung folgt aus §§ 286, 288 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung erging nach § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 511 Abs. 4 ZPO. Es ist damit zu rechnen, dass die Beklagte in einer Vielzahl zukünftiger Fälle einwenden wird, dass die Abtretung an Rechtsdienstleister wie die Klägerin, nach ihren AGB unwirksam ist. Zudem wird die Rechtsfrage von den Gerichten unterschiedlich beurteilt, so dass zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Berufungsgerichtes erforderlich ist.


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