Handels- und Gesellschaftsrecht

Widerruf eines Kfz-Finanzierungsdarlehens

Aktenzeichen  5 U 4638/18

Datum:
4.3.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 48125
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB Art. 492 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2
GKG § 63 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Allein der Umstand, dass eine größere Anzahl von Klägern gerichtlich die Ausübung ihres Widerrufsrechts überprüfen lässt, gibt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Streitwert für die Feststellung, dass ab dem Zugang der Widerrufserklärung kein Anspruch mehr auf die vertragsgemäßen Zins- und Tilgungsleistungen bestehe, richtet sich – ebenso wie die im Hinblick auf das Klageziel vergleichbare Feststellung der infolge des (wirksamen) Widerrufs erfolgten Umwandlung des Darlehensverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis – nach der Hauptforderung, die die Klägerin gemäß den Rückabwicklungsvorschriften nach erfolgreichem Widerruf beanspruchen zu können meint. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

35 O 14433/18 2018-11-19 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 19.11.2018, Aktenzeichen 35 O 14433/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 9.055,28 € festgesetzt.

Gründe

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des von der Klägerin gegenüber der beklagten Bank erklärten Widerrufs eines Kfz-Finanzierungsdarlehens.
Die Klägerin hat in erster Instanz geltend gemacht, ihr am 09.11.2017 erklärter Widerruf des im August 2015 geschlossenen Darlehensvertrags sei wirksam, weil die Beklagte sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert habe.
Sie hat beantragt,
I. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. …60 über nominal 31.261,00 € ab Zugang der Widerrufserklärung vom 09.11.2017 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
Unter der Bedingung, dass der Antrag zu 1. begründet ist, wird weiter beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 13.582,92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeuges BMW 118d mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme des unter Ziffer 2 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
III. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 749,34 € freizustellen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und für den Fall, dass die Klage zugesprochen werden sollte, hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des BMW 118d mit der Fahrgestellnummer … zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war und der über den anhand der gefahrenen Kilometer zu ermittelnden Wertersatz nach der Wertverzehrtheorie hinausgeht.
Die Klage sei teilweise schon unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 19.11.2018 abgewiesen. Dagegen richtet sich die nach Zustellung am 26.11.2018 am 20.12.2018 eingelegte Berufung, die die Klägerin am 24.01.2019 begründet hat.
Die Klägerin beantragt unter Abänderung des Ersturteils
I. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. …60 über nominal 31.261,00 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 09.11.2017 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
Unter der Bedingung, dass der Antrag zu 1. begründet ist, wird weiter beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 14.279,48 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Herausgabe und Übereignung des Fahrzeuges BMW 118d mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
II. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 2 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
III. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 749,34 € freizustellen.
Zudem wird beantragt die Hilfswiderklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat mit der Klägerin am 11.02.2019 zugestellten Beschluss vom 04.02.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem trat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.02.2019 entgegen. Sie trägt unter Hinweis auf den Beschuss des OLG Düsseldorf vom 17.01.2019, Az.: I-16 U 102/18 (Anlage K 14) vor, dass das Landgericht in seinem Urteil lediglich die ausdrücklich gerügten Pflichtangaben geprüft habe. Auf weitere Pflichtangaben sei das Landgericht nicht eingegangen, sodass davon auszugehen sei, dass keine vollständige Prüfung erfolgt sei. In Anbetracht der vielen hundert bis tausenden Klagen, die gegen die Beklagte anhängig seien, sowie der unterschiedlichen Rechtsprechung bezüglich gleichartig falscher Widerrufsbelehrungen, sei die Zulassung der Revision erforderlich.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ersturteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und den bereits zitierten Hinweisbeschluss Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.11.2018, Aktenzeichen 35 O 14433/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Die weiteren Ausführungen der Klägerin mit Schriftsatz vom 25.02.2019 veranlassen nicht zu einer geänderten Beurteilung.
Das Landgericht hat festgestellt, dass die Beklagte die erforderlichen Pflichtangaben gemäß Art. 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB ordnungsgemäß erteilt hat (LGU Seite 10 unter Ziffer 3.). Die Berufung zeigt nicht auf, welche Pflichtangaben das Erstgericht nicht überprüft hat, die zu einer abweichenden Entscheidung geführt hätten. Soweit sich die Klägerin auf den mit Anlage K 14 vorgelegten Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf bezieht, wurde dort die fehlende Angabe der Aufsichtsbehörde im Berufungsverfahren gerügt.
Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, insbesondere nicht wegen der von der Klägerin behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Allein der Umstand, dass derzeit eine größere Anzahl von Kunden der Beklagten gerichtlich die Ausübung ihres Widerrufsrechts überprüfen lassen, gibt der Sache keine grundsätzliche Bedeutung (s. BGH, Beschluss vom 15.01.2013, II ZR 43/12, Rn. 3 juris). Obergerichtliche Rechtsprechung, die das mit Divergenz anders sehen würde, ist dem Senat nicht bekannt und wird von der Berufung auch nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren (§ 63 Abs. 3 GKG) und das Berufungsverfahren war auf 9.055,28 € festzusetzen. Die Anträge zu Ziffer 2. bis 4. wurden unter der ausdrücklichen Bedingung gestellt, dass der Antrag zu Ziffer. 1. begründet ist. Die Bedingung ist nicht eingetreten, weil bereits der Antrag zu Ziffer 1. als unbegründet abgewiesen wurde. Der Streitwert für die Feststellung, dass ab dem Zugang der Widerrufsbelehrung vom 09.11.2017 der Beklagten kein Anspruch mehr auf die vertragsgemäßen Zins- und Tilgungsleistungen zustehe, richtet sich – ebenso wie die im Hinblick auf das Klageziel vergleichbare Feststellung der infolge des (wirksamen) Widerrufs erfolgten Umwandlung des Darlehensverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis – nach der Hauptforderung, die die Klägerin gemäß den Rückabwicklungsvorschriften nach erfolgreichem Widerspruch beanspruchen zu können meint, auf die vom 15.09.2015 bis zum Widerruf am 09.11.2017 geleistet Raten von 26 x 348,28 € (siehe BGH, Beschluss vom 04. Dezember 2018 – XI ZR 196/18 -, Rn. 2, juris).


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