Insolvenzrecht

Berufung, Leistungen, Insolvenzverwalter, Ersatzpflicht, Insolvenzreife, Gesellschaft, Zahlung, Insolvenzanfechtung, Zeitpunkt, Darlegung, Beweislast, Anlage, Berechnung, Insolvenzantrag, Aussicht auf Erfolg, Bestreiten mit Nichtwissen, keine Aussicht auf Erfolg

Aktenzeichen  14 U 767/19

Datum:
2.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49561
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

081 O 4399/16 2019-01-15 Urt LGAUGSBURG LG Augsburg

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 15.01.2019, Az. 081 O 4399/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Gründe

1. Der Senat nimmt Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der H. G. M. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen auf Eigenantrag vom 18.04.2013 mit Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 01.07.2013 (K1) das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Er macht gegen den Beklagten, deren Geschäftsführer, Ersatz von Zahlungen der Schuldnerin gemäß § 64 S. 1 GmbHG geltend, die im Zeitraum vom 01.10.2012 bis zum 18.04.2013 geleistet worden sind.
Der Kläger behauptet unter näherem Vortrag zu den zum 30.09.2012 fälligen Forderungen gegen die Schuldnerin und deren zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Mittel, die Schuldnerin sei spätestens ab 30.09.2012 zahlungsunfähig gewesen. Dies ergebe sich insbesondere aus der als Anlage K30 vorgelegten Liquiditätsermittlung des Steuerberaters und Wirtschaftsprüfers Käfferlein vom 21.02.2018.
Zu den streitgegenständlichen Zahlungen trägt der Kläger vor:
Nach dem von ihm behaupteten Eintritt der Zahlungsfähigkeit seien seitens der Schuldnerin Zahlungen in Höhe von insgesamt 2.551.830,38 vorgenommen worden. Mit der Klage macht er den Ersatz eines Teils dieser Zahlungen in Höhe von insgesamt 222.109,67 € nach § 64 S. 1 GmbHG gegen den Beklagten geltend. Zur Begründung trägt er vor, dass – aus der Kasse der Schuldnerin im Zeitraum vom 07.11.2012 bis zum 22.03.2013 fünf (von ihm näher bezeichnete) Einzahlungen auf das von der Schuldnerin debitorisch geführte Konto Nr. … bei der VR-Bank H. und G.bank im Gesamtumfang von 48.100,00 € vorgenommen worden seien,
– aus der Barkasse der Schuldnerin in der Zeit vom 01.10.2012 bis 18.04.2013 zahlreiche (näher bezeichnete) Zahlungen wegen verschiedener Geschäftsvorgänge in einer Gesamthöhe von 8.393,87 € vorgenommen worden seien und
– von dem von der Klägerin kreditorisch bei der C.bank AG geführten Konto Nr. … in der Zeit vom 04.04.2013 bis zum 15.04.2013 acht (näher bezeichnete) Forderungen gegen die Schuldnerin in Höhe von insgesamt 165.615,80 € beglichen worden seien.
Der Beklagte behauptet, die Schuldnerin sei erst zum 31.03.2013 zahlungsunfähig geworden. Der Vortrag des Klägers, auf dessen Grundlage er den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zum 30.09.2012 behaupte, sei unrichtig. Er habe bei der Auswertung der OP (offene Posten) -Listen der Schuldnerin nicht berücksichtigt, dass das jeweilige Rechnungsdatum der in diesen festgehaltenen Verbindlichkeiten und Forderungen nicht mit dem Datum der jeweiligen Fälligkeit übereinstimme. Überwiegend sei der Schuldnerin bei ihren Verbindlichkeiten ein Zahlungsziel von 30 Kalendertagen und zum Teil auch ein noch später liegendes Zahlungsziel eingeräumt worden. Der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers unter Bezugnahme auf farbige Markierungen in Summen- und Saldenlisten sei unsubstantiiert.
Der Beklagte bestreitet, dass den klageseits vorgelegten OP-Listen korrekte Verbuchungen zugrunde gelegen hätten. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass die klageseits behaupteten Zahlungen erfolgt seien.
Der Beklagte meint, er sei berechtigt, den Sachvortrag des Klägers zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und zu den Zahlungsvorgängen mit Nichtwissen zu bestreiten, nachdem es ihm seit Jahren nicht mehr möglich sei, in die Geschäftsunterlagen der Schuldnerin Einblick zu nehmen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils (Blatt 145/149 der Akten), berichtigt durch Beschluss vom 04.02.2019 (Blatt 159/160 der Akten), verwiesen.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 213.715,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2017 zu bezahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat gegen dieses Urteil in vollem Umfang seiner Verurteilung Berufung eingelegt; der Kläger hat gegen die Teilabweisung der Klage Anschlussberufung eingelegt.
Zur Begründung der Verurteilung des Beklagten hat das Landgericht im wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Bezüglich der streitgegenständlichen Zahlungen sei vom Sachvortrag des Klägers auszugehen. Dieser habe die einzelnen Zahlungsvorgänge bereits in der Klageschrift unter Angabe des Datums und des Betrags substantiiert dargelegt. Das Bestreiten dieses Vortrags mit Nichtwissen sei dem Beklagten gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht gestattet. Die Rechtsprechung stelle Vorgänge im eigenen Geschäfts- oder Verantwortungsbereich den eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen im Sinn von § 138 Abs. 4 ZPO gleich. Gegebenenfalls hätte es dem Beklagten oblegen, entsprechende Einsicht in die Bücher der Schuldnerin zu nehmen.
Der Kläger habe die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 30.09.2012 schlüssig dargelegt; diesen Sachvortrag habe der Beklagte nicht substantiiert bestritten.
Bezüglich der Zahlungen vom Konto der Schuldnerin bei der C.bank in Höhe von insgesamt 165.615,80 € sei zunächst festzuhalten, dass diese allesamt zeitlich nicht nur nach dem 30.09.2012, sondern auch nach dem vom Beklagten eingeräumten Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 30.03.2013 gelegen hätten.
Im Übrigen habe aber der Kläger, den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechend, die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Sinne der §§ 64 GmbHG, 17 InsO zum 30.09.2012 schlüssig dargelegt, indem er eine Liquiditätsbilanz zu diesem Datum vorgelegt und auch die Liquiditätsentwicklung in den darauf folgenden drei Wochen dargestellt habe. Aus diesem Vortrag habe sich ergeben, dass die Schuldnerin zum 30.09.2012 nicht in der Lage gewesen sei, wenigstens 90% der zu diesem Zeitpunkt fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen, und ihr dies auch binnen der folgenden drei Wochen nicht möglich geworden sei.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sei der klägerische Vortrag (auch) zu den zum 30.09.2012 fälligen Verbindlichkeiten und Forderungen substantiiert erfolgt, indem der Kläger diese in den Summen- und Saldenlisten mit gelbem Textmarker markiert habe.
Zu den hinsichtlich dieser Liquiditätsermittlung zugrunde gelegten Zahlen könne sich der Beklagte nicht lediglich durch Bestreiten mit Nichtwissen erklären.
Die Vorgänge auf den Bankkonten seien Zahlungen im Sinne des § 64 Satz 1 GmbHG gewesen. Dies gelte auch für die Einzahlungen auf das debitorische Konto. Diese hätten zu einer Reduzierung des Sollsaldos geführt und stellten damit eine Zahlung an die Bank dar.
Diese Zahlungen seien nicht gemäß § 64 Satz 2 GmbHG zulässig gewesen.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sei durch die Einzahlungen von der Kasse auf das debitorische Konto eine Schädigung eingetreten. Durch diese Einzahlungen seien die Forderungen der Bank gegen die Schuldnerin um 100% des jeweiligen Einzahlungsbetrags reduziert worden, was zulasten der anderen Insolvenzgläubiger gegangen sei.
Auch soweit der Beklagte behaupte, dass die Zahlungen an die Lieferanten im Zeitraum zwischen dem 04.04.2013 um den 15.04.2013 auf Warenlieferungen im ersten Quartal 2013 erfolgt seien und aufgrund der hierdurch ermöglichten Umsatzgeschäfte kein Schaden für die Schuldnerin entstanden sei, entspreche dies nicht dem strengen Haftungsregime des § 64 GmbHG. Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit könnten nur in hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns entsprechen.
Dem Beklagten sei bezüglich der Vornahme von Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit auch ein Verschulden in Form der Fahrlässigkeit anzulasten. Der Beklagte habe als Geschäftsführer der Schuldnerin die Pflicht gehabt, sich ständig über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft zu informieren und bei Anzeichen für eine Krise einen Vermögens- bzw. Liquiditätsstatus zu erstellen. Da Anlass für die Beauftragung der Unternehmensplanung des Steuerberaters G. (Anlage K 24) ein Liquiditätsengpass gewesen sei, und entsprechende Planungen von Banken gefordert worden seien, verbleibe es bei der sich bereits aus der objektiven Zahlungsunfähigkeit ergebenden Verschuldensvermutung.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils (Blatt 150/154 der Akten) verwiesen.
In der Berufung beantragt der Beklagte:
1. Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 15.01.2019, Aktenzeichen 081O 4399/16, wird aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt wurde.
2. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte im wesentlichen geltend:
Das Landgericht sei fehlerhaft von einem substantiierten Vortrag zur Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin ausgegangen. Rechtsfehlerhaft habe es zudem angenommen, dass es dem Beklagten versagt sei, diesen mit Nichtwissen zu bestreiten.
Die Liquiditätsberechnung habe der Kläger in seiner Kanzlei in Auftrag gegeben. Sie sei von einem anonym bleibenden Sachbearbeiter erstellt worden, ohne dass in dieser Ausarbeitung erkennbar geworden sei, welche Materialien der Berechnung zugrunde gelegt worden seien.
Der am …1948 geborene Beklagte sei Chemiker und nicht Betriebswirt. Er sei bei der Schuldnerin Fremdgeschäftsführer und niemals an dieser als Gesellschafter beteiligt gewesen. Die gesamten Geschäftsunterlagen der Schuldnerin habe nach Insolvenzeröffnung der Kläger in Besitz genommen. Unstreitig sei der in Belgien lebende Beklagte gesundheitlich schwer angeschlagen. Er habe sich intensiv in den drei Schriftsätzen vom 31.03.2017, 03.08.2017 und 05.06.2018 mit dem umfänglichen Zahlenwerk des Klägers auseinandergesetzt und dargelegt, dass dieses zu wesentlichen Punkten in sich widersprüchlich sei und wechselnde Zahlen benannt würden. Er habe vielfältig konkrete Einwendungen erhoben. Mehr habe der Beklagte nicht tun können. Er sei Geschäftsführer, nicht Buchhalter, der Schuldnerin gewesen. Es erscheine ausgeschlossen, sich nach vier Jahren an solche Geschäftsvorfälle zu erinnern bei einem Unternehmen, das mehr als sieben Millionen Jahresumsatz gemacht habe. Soweit der Kläger einzelne Geschäftsvorfälle behaupte, bliebe dem Beklagten nichts übrig, als sich darauf zu berufen, dass ihm diese nicht bekannt seien. Kein Geschäftsführer könne sich an solche einzelnen Geschäftsvorfälle erinnern, schon gar nicht nach vier Jahren. Dabei sei der Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, von Belgien nach Augsburg zu fahren, um Einsicht in die Bücher der Gemeinschuldnerin zu nehmen; vielmehr wäre es Sache des Klägers gewesen, diese Unterlagen im Prozessverfahren vorzulegen. Zudem wäre dem Beklagten auch bei Durchsicht der Unterlagen kein Erkenntnisgewinn möglich gewesen.
Es wäre daher Sache des Landgerichts gewesen, zu dem bestrittenen Parteigutachten (K30) ein Gerichtsgutachten zu erholen, wenn es insoweit von Entscheidungserheblichkeit ausgegangen sei.
Das Landgericht habe die Argumentation des Beklagten übergangen, wonach die – von ihm bestrittenen – Zahlungen im April 2013 zu keinem Schaden für die Schuldnerin geführt hätten. Diese Zahlungen seien sämtlich auf Ware erfolgt, die gut umgesetzt worden und schließlich mit Gewinnspanne der Schuldnerin bzw. der Insolvenzmasse zugeflossen sei.
Im Übrigen habe der Kläger selbst vorgetragen, dass die Geschäftskonten der Schuldnerin, von denen diese Zahlungen erfolgt seien, nicht im Guthaben sondern debitorisch im Soll entsprechend der eingeräumten Kontokorrentkredite erfolgt seien.
Auch seien die Zahlungen jeweils auf Warenlieferungen erfolgt, die wie in der Branche generell üblich, unter Eigentumsvorbehalt gestanden hätten.
All dies habe das Landgericht Augsburg verkannt.
Soweit das Landgericht von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 30.09.2012 ausgegangen sei, habe es die Expertise des Steuerberaters G., der solches im März 2013 gemäß Anlage K24 nicht festgestellt habe, ebenso ignoriert, wie die Einschätzung der als Zeugin benannten Buchhalterin und des Alleingesellschafters. Unberücksichtigt geblieben sei auch die Einschätzung der Berater des am Kauf der Gesellschaftsanteile der Schuldnerin interessierten Herrn Ge.
Unstreitig sei, dass es niemals vor Insolvenzantragstellung zu irgendeiner Mahnung durch einen Gläubiger, zu irgendeiner Vollstreckungsmaßnahme von Seiten eines Gläubigers, und zu keinerlei sonstigen Beitreibungsmaßnahmen gekommen sei, was das Landgericht nicht beachtet habe.
Unberücksichtigt sei auch geblieben, dass Einzahlungen, wie sie der Kläger behauptete, insolvenzrechtlich anfechtbar seien. Erstmals in der Berufung (im Übrigen sind in der Berufung keine Änderungen eingetreten) trägt der Beklagte vor, der Kläger habe mit Sicherheit, so wie es jeder Insolvenzverwalter tue, die Einzahlungen von der Kasse auf das debitorisch geführte Konto (Nr. … bei der VR-Bank H. und G.bank im Gesamtumfang von 48.100,00 €), jedenfalls soweit sie in den Wochen vor Insolvenzantragstellung erfolgt seien, gegenüber den beteiligten Banken angefochten. Ohne dies zu berücksichtigen sei das Landgericht vom Eintritt eines Schadens bei der Schuldnerin ausgegangen.
Soweit das Landgericht gemeint habe, von Erkennbarkeit der Insolvenzreife für den Beklagten ausgehen zu müssen, und es darauf verwiesen habe, dass er bei Anzeichen einer Krise einen Vermögens- bzw. Liquiditätsstatus hätte erstellen müssen, sei festzuhalten, dass der Beklagte hierzu nicht persönlich verpflichtet gewesen sei. Das Landgericht habe hierbei im Übrigen vernachlässigt, dass ausweislich der Anlage K24 der Steuerberater des Unternehmens mit einer aufwändigen Ausarbeitung beauftragt worden sei und keinen Insolvenzgrund festgestellt habe.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz zur Berufungsbegründung vom 18.04.2019 (Blatt 173/181 der Akten) verwiesen.
2. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffs im angefochtenen Urteil ist frei von Rechtsfehlern. Sie beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Die neuen Durchführung einer mündlichen Verhandlung verspricht keine entscheidungserheblichen Erkenntnisse und ist auch nicht wegen der Bedeutung der Rechtsverfolgung für den Berufungsführer erforderlich.
1. Sowohl der Sachvortrag des Klägers zu den streitgegenständlichen Zahlungen wie auch der Sachvortrag zur fehlenden Liquidität der Schuldnerin zum 30.09.2012 ist substantiiert erfolgt.
1.1. Zu den streitgegenständlichen Zahlungen von der Kasse hat der Kläger konkret vorgetragen, wann diese in welcher Höhe auf welches Konto der Schuldnerin erfolgt sind (s. S. 4/5 der Klageschrift vom 22.12.2016, Blatt 4/5 der Akten). Er hat dazu ausgeführt, dass es sich um ein debitorisches, also ein stets im Minus geführtes, Konto gehandelt habe.
1.2. Zu den streitgegenständlichen Zahlungen an verschiedene Gläubiger der Schuldnerin im April 2013 hat der Kläger detailliert dargelegt, von welchem Konto der Schuldnerin wann an welchen Gläubiger Zahlungen in welcher Höhe erfolgt sind (s. S. 9 der Klageschrift vom 22.12.2016, Blatt 9 der Akten). Zu dem durch diese Zahlungen belasteten Konto gab er an, dass es sich um ein kreditorisches, also stets im Haben geführtes, Konto gehandelt habe.
1.3. Zur Liquiditätslage der Schuldnerin hat der Kläger dargelegt, dass er aus den ihm (unstreitig) vom Beklagten überlassenen (s. S. 3 der Klageschrift vom 22.12.2016, Blatt 3 der Akten) und (unstreitig) aus der Buchhaltung der Schuldnerin stammenden OP-Listen Debitoren zum 31.12.2012 (K3) und zum 30.09.2012 (K4) und den zu den gleichen Daten vorgelegten OP-Listen Kreditoren (K5 und K6) entnommen habe, dass die Schuldnerin zum 30.09.2012 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von rund 236.000,00 € gehabt habe, denen aber nur frei verfügbare Zahlungsmittel (Kassenbestand, Bankguthaben und freie Kreditlinie) in Höhe von rund 76.000,00 € gegenüber gestanden hätten (s. S. 3 der Klageschrift vom 22.12.2016, Blatt 3 der Akten). Hierzu hat der Kläger ergänzend mit Schriftsatz vom 17.05.2017 (Blatt 37/54 der Akten) nochmals, nunmehr als Anlage K13, die bereits mit Klageerhebung als Anlage K6 vorgelegte OP-Liste Kreditoren zum 30.09.2012 bei Gericht eingereicht und darin mit gelbem Textmarker die klagegegenständlichen Zahlungen gekennzeichnet. Als erstes Blatt ist dieser Anlage die Auflistung und Addition dieser Posten vorangestellt, sodass sowohl für das Gericht wie auch für den Beklagten ohne Weiteres ersichtlich ist, bezüglich welcher Forderungen der Kläger behauptet, dass sie zum 30.09.2012 fällig gewesen sein.
Mit Schriftsatz vom 17.05.2017 hat der Kläger auf Seiten 3 ff (Blatt 39 ff der Akten) auch konkret dargelegt, dass nach der ihm vom Beklagten überlassenen OP-Liste Debitoren zum 30.09.2012 nur Forderungen der Schuldnerin in Höhe von 145.834,56 € fällig gewesen seien. Er hat mit diesem Schriftsatz, nun als Anlage K14, die mit der Klageschrift als Anlage K4 vorgelegte OP-Liste Debitoren zum 30.09.2012 bei Gericht eingereicht und gelb markiert, bezüglich welcher Forderungen er von der Fälligkeit zum 30.09.2012 ausgegangen ist.
Schließlich hat der Kläger zu diesem Punkt mit Schriftsatz vom 28.03.2018 (Blatt 81/87 der Akten) als Anlage K30 das vom Wirtschaftsprüfer und Steuerberater K. unterzeichnete Gutachten zum Liquiditätsstatus der Schuldnerin vorgelegt, und im Schriftsatz vom 28.03.2018 insbesondere näher dargelegt, weswegen nach seinem Vortrag auch in den drei Wochen nach dem 30.09.2012 bis zum 21.10.2012 weiterhin Zahlungsunfähigkeit bestanden hat. Als Unterzeichner ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Käfferlein als der verantwortliche Bearbeiter des Liquiditätsstatus ersichtlich. Aufgrund der auf Seite 2 aufgezählten und dem Gutachten auch (in Kopie) beigefügten Unterlagen ist ersichtlich auf Basis welcher Unterlagen (allesamt Buchhaltungsunterlagen der Schuldnerin) diese Stellungnahme erstellt worden ist.
Damit hat der Kläger seiner Vortragslast genügt. Für die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit bedarf es einer geordneten Gegenüberstellung der zu berücksichtigenden fälligen Verbindlichkeiten und liquiden Mittel des Schuldners, etwa in Form einer Liquiditätsbilanz. Von einer Zahlungsunfähigkeit ist danach regelmäßig auszugehen, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10% oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 88/16 -, BGHZ 217, 129-153, Rn. 10).
2. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sowohl bezüglich des Klagevortrags zu den streitgegenständlichen Zahlungsvorgängen, wie auch bezüglich des Vortrags zu den Tatsachen, aufgrund derer der Kläger vom Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zum 30.09.2012 ausgeht, eine Erklärung des Beklagten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht zulässig ist.
Der Kläger hat die diesbezüglichen Daten allesamt der Buchführung der Schuldnerin entnommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 88/16 -, BGHZ 217, 129-153) kann der Beklagte den vom Kläger zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO aufgestellten Liquiditätsstatus, der auf den Angaben aus der Buchhaltung der Schuldnerin beruht, nicht pauschal, z. B. mit der Behauptung bestreiten, die Buchhaltung sei eventuell nicht ordnungsgemäß geführt worden. Er hat vielmehr im Einzelnen vorzutragen und ggf. zu beweisen, welche der in den Liquiditätsstatus eingestellten Verbindlichkeiten trotz entsprechender Verbuchung zu den angegebenen Zeitpunkten nicht fällig und eingefordert gewesen sein sollen (s. BGH a.a.O, Leitsatz 1, zitiert nach juris). Da der Beklagte als Geschäftsführer mit den finanziellen Verhältnissen der insolvent gewordenen Gesellschaft aufgrund seiner Tätigkeit vertraut ist, ist er gehalten, im Einzelnen substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen, welche der in der Buchhaltung vorhandenen Buchungen in welcher Hinsicht unrichtig sein sollen (s. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 88/16 -, BGHZ 217, 129-153, Rn. 23). Mit der Auferlegung dieser Darlegungs- und Beweislast wird von dem beklagten Geschäftsführer nichts Unmögliches verlangt. Denn er ist berechtigt, zum Zwecke seiner Beweisführung Einsicht in die Buchhaltung der Gesellschaft zu nehmen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 88/16 -, BGHZ 217, 129-153, Rn. 24); sollte dies für ihn selbst untunlich sei, kann er dies durch einen von ihm Beauftragten tun. Für die Nachprüfung, ob einzelne Buchungen berechtigt erfolgt sind oder nicht, bedarf es auch keiner betriebswirtschaftlichen Ausbildung. Dies erfordert lediglich eine Nachprüfung anhand der entsprechenden Unterlagen wie z. B. Bestellungen, Rechnungen und Zahlungsbelegen.
Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Beklagten angeführten Umstand, dass die Buchhaltung unstreitig nicht von ihm selbst sondern von einer früheren Mitarbeiterin geführt worden sei. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, eine eigene Kenntnis von den Buchungsvorgängen über die vorhandenen Unterlagen hinaus könne von ihm im Hinblick auf die Delegation der Buchführung und insbesondere in Anbetracht des inzwischen verstrichenen Zeitraums nicht erwartet werden. Als Geschäftsführer war der Beklagte zwar nach § 41 GmbHG nicht zur eigenhändigen Buchführung verpflichtet, sondern durfte die technische Buchführung auch auf Unternehmensangehörige delegieren. Das enthebt ihn aber nicht von seiner grundsätzlichen Verantwortlichkeit gemäß § 41 GmbHG, für eine ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 88/16 -, BGHZ 217, 129-153, Rn. 25).
Da entsprechend dem eben Gesagten der Sachvortrag des Klägers betreffend die Zahlungsunfähigkeit zum 30.09.2012 als unstreitig zu behandeln ist, bedarf es hierzu keiner Beweiserhebung. Es bedarf auch nicht der Erholung eines Sachverständigengutachtens, da das Gericht aus eigener Sachkunde beurteilen kann, ob die zum 30.09.2012 verfügbaren Mittel dazu ausreichten, mindestens 90% der zu diesem Zeitpunkt fälligen Forderungen zu begleichen. Dies war, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt, nicht der Fall.
3. Die als Anlage K24 vorgelegte betriebswirtschaftliche Darstellung des „Ist 2012 sowie der Planung der Jahre 2013 und (grob) 2014“ (so die auf Blatt 2 der Anlage dargelegte Aufgabenstellung) widerspricht dem eben dargelegten nicht:
3.1. Die Liquidität der Schuldnerin zum 30.09.2012 betreffende Aussagen enthält diese Darstellung nicht.
3.2. Diese Ausarbeitung enthält auch für keinen anderen Zeitpunkt die Darstellung eines Liquiditätsstatus. An keiner Stelle werden für einen bestimmten Zeitpunkt die fälligen Verbindlichkeiten den vorhandenen Mitteln gegenüber gestellt.
3.3. Lediglich in der Tabelle auf Blatt 20 der Anlage K24 sind pauschale Angaben zur Liquidität für die Monate Februar bis Dezember 2013 enthalten. Hierbei handelt es sich aber ausweislich der Überschrift um eine Liquiditätsplanung und nicht um eine Untersuchung, ob und gegebenenfalls ab wann Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.
4. Es ist unerheblich, ob ein Interessent, Herr Ge., (im Zeitraum September 2012) bereit gewesen wäre, die Gesellschaftsanteile an der Schuldnerin für einen Betrag über einer (1) Mio € zu erwerben. Dieser Umstand wäre nicht geeignet, die damals vorliegende Zahlungsunfähigkeit zu widerlegen. Zum einen ist es nicht ausgeschlossen, dass dieser Interessent die Lage der Schuldnerin falsch eingeschätzt und deswegen ein überhöhtes Kaufangebot gemacht haben könnte. Zum anderen kann für einen Käufer, der über entsprechende Mittel verfügt, der Erwerb eines aktuell zahlungsunfähigen Unternehmens interessant sein, wenn er dieses nach seiner Einschätzung sanieren kann. Irgendwelche Tatsachen, die der behaupteten Preisbildung zugrunde gelegt worden seien, und die nicht in Einklang mit dem Sachvortrag des Klägers stehen, sind beklagtenseits insoweit nicht vorgebracht.
5. Ob die beklagtenseits benannten Zeugin R. von einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ausgegangen ist, ist unerheblich. Erheblich ist nur, ob diese tatsächlich vorgelegen hat (und ob der Beklagte verschuldet trotz Zahlungsunfähigkeit Zahlungen für die Schuldnerin vorgenommen hat bzw. hat vornehmen lassen). Für irgendwelche, dem Sachvortrag des Klägers widersprechende, Tatsachenbehauptungen hat der Beklagte Frau R. nicht als Zeugin benannt.
6. Da der Kläger die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum 30.09.2012 nicht damit begründet, dass diese ihre Zahlungen eingestellt habe, ist es nicht erheblich, ob vor diesem Zeitpunkt zu irgendwelchen Maßnahmen durch deren Gläubiger gekommen ist, die auf eine Zahlungseinstellung hindeuten.
7. Zwar entfällt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 18. November 2014 – II ZR 231/13, BGHZ 203, 218 Rn. 9 f.) die Ersatzpflicht des Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife gemäß § 64 Satz 1 GmbHG, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird. Auch in diesen Fällen liegt zunächst eine zur Ersatzpflicht führende Zahlung vor. Durch den Ausgleich entfällt nur der aufgrund der Zahlung bestehende Anspruch gegen den Geschäftsführer. Grund hierfür ist, dass der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife nicht nur Insolvenzantrag zu stellen hat (§ 15a InsO), sondern im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger die noch verbliebene Masse zu erhalten hat. Wenn er dennoch die Masse durch Zahlungen oder andere Leistungen schmälert, wird er nach § 64 Satz 1 GmbHG ersatzpflichtig. Soweit und sobald jedoch eine solche Masseschmälerung mit oder ohne Zutun des Geschäftsführers ausgeglichen wird, ist der Zweck von § 64 Satz 1 GmbHG, im Interesse der Gläubiger die Masse zu erhalten, erreicht. Eine nochmalige Erstattung durch den Geschäftsführer würde die Masse über ihre bloße Erhaltung hinaus anreichern und über den mit dem sogenannten Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbHG verbundenen Zweck hinausgehen (BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 -, Rn. 10, juris).
Nach dieser Rechtsprechung ist aber in Bezug auf jede Zahlung und ihr gleichgestellter Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen eine Einzelbetrachtung dahin vorzunehmen, ob dafür ein „Ausgleich“ in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist, der die vom BGH geforderten Voraussetzungen erfüllt („unmittelbarer Zusammenhang“, „Zuordnung nach wirtschaftlicher Betrachtung möglich“). Jede Zahlung ist zunächst haftungsbegründend. Der Geschäftsführer muss einen die Haftung kompensierenden Ausgleich darlegen und beweisen, wenn er den Wegfall seiner Haftung wegen Ausgleichs durch einen Massezufluss geltend machen will (s. Roth/Altmeppen/Altmeppen, 9. Aufl. 2019, GmbHG § 64 Rn. 17).
Ein entsprechender (hinreichend substantiierter) Vortrag hierzu ist beklagtenseits nicht erfolgt:
7.1. Hierfür genügt der pauschale Vortrag, dass die streitgegenständlichen Zahlungen sämtlich auf Waren erfolgt seien, die gut umgesetzt worden seien, und mit Gewinnspanne der Schuldnerin bzw. der Insolvenzmasse zugeflossen seien, nicht, da der Beklagte bezüglich keiner einzigen Zahlung auch nur im Ansatz konkret dargelegt hat, zu welchem Massezufluss es in deren Zusammenhang gekommen sein soll.
7.2. Auch der Beklagtenvortrag, dass die Zahlungen im April 2013 Waren betroffen hätten, die unter Eigentumsvorbehalt geliefert worden seien, womit wohl (nähere Ausführungen sind hierzu nicht erfolgt) geltend gemacht werden soll, die Schuldnerin habe erst durch die Zahlungen Eigentum an den Waren erlangt, weswegen der Masse durch die Zahlung ein Ausgleich durch die Erlangung des Eigentums an den gelieferten Waren zugeflossen sei, ist unsubstantiiert. Weder ist bezüglich der einzelnen Zahlungen dargelegt, dass und welche konkreten Warenlieferungen sie betroffen haben, noch wie es im jeweiligen Einzelfall konkret zur Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts (unter welchen genauen Bedingungen) gekommen sein soll. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nicht jede Materiallieferung zu einem Wegfall der Erstattungspflicht führt (näher hierzu: BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 -, Rn. 20, juris).
7.3. Soweit der Beklagte – erstmals in der Berufung – geltend macht, die streitgegenständlichen Zahlungsvorgänge seien durch den Kläger insolvenzrechtlich anfechtbar gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass die bloße Anfechtbarkeit keinen (im Rahmen der „Zahlung“ i.S.d § 64 GmbHG) anzurechnenden Vorteil darstellt. Der Insolvenzverwalter hat Wahlrecht, gegen wen er vorgehen möchte, um die bestmögliche Masseanreicherung zu erlangen (s. Baumbach/Hueck/Haas, 22. Aufl. 2019, GmbHG § 64 Rn. 109).
Soweit angesichts des Sachvortrags des Klägers in der Berufung (Schriftsatz vom 26.06.2019, S. 6, Blatt 191 der Akten) und der Vorlage der Anlage BB2 davon auszugehen ist, dass der Kläger gegen die VR-H. und G.bank eG die Rückführung des Kontokorrentkredits im Zeitraum von 18.03.2013 bis 18.04.2013 erfolgreich angefochten hat, ist damit nicht dargetan, dass durch diese Insolvenzanfechtung eine Rückerstattung der Zahlung vom 22.03.2013 über 14.800,00 € bereits erreicht und so die durch den Beklagten erfolgte Masseschmälerung wettgemacht worden ist, was zu einem Wegfall des Erstattungsanspruchs gegen Beklagten führen würde (s. BGH, NZG 2015, 149, beckonline). Nur wenn festzustellen wäre, dass es im Zeitraum nach der Einzahlung vom 22.03.2013 bis zum 18.04.2013 zu keinen Abflüssen von diesem Konto mehr gekommen ist, wäre davon auszugehen, dass durch die von der VRH. und G.bank eG erlangte Zahlung zur Masse auch bereits die Einzahlung vom 22.03.2013 zurückgewährt worden ist. Nur dann könnte nämlich zuverlässig davon ausgegangen werden, dass in der von der Bank an den Insolvenzverwalter zurückgewährten Saldoreduzierung auch die Einzahlung vom 22.03.2013 enthalten war.
Hierzu hat der Kläger vorgebracht, dass die VRH. und G.bank eG auch nach dieser Einzahlung zahlreiche Abverfügungen von diesem Konto zugelassen habe. Der – für den Wegfall der Schmälerung vortragsbelastete – Beklagte hat nicht (geschweige denn substantiiert) vorgetragen hat, dass es nach der Einzahlung vom 22.03.2013 zu keinen Auszahlungen oder nur zu solchen unter 14.800,00 € gekommen sei.
8. Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, das der Beklagten fahrlässig gegen das Verbot des § 64 S. 1 GmbHG verstoßen hat, Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu leisten.
Liegt eine Auszahlung nach Eintritt der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit vor, wird Pflichtwidrigkeit der Zahlung sowie das Verschulden (einschließlich Erkennbarkeit der Insolvenzreife) vermutet. Will sich der Geschäftsführer entlasten, hat er darzulegen, dass und wie er sich um die finanzielle Situation der Gesellschaft gekümmert hat bzw. aus welchen Gründen er die Insolvenzreife der Gesellschaft nicht erkennen konnte oder dass die Zahlungen mit den Grundsätzen eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar waren (Baumbach/Hueck/Haas, 22. Aufl. 2019, GmbHG § 64 Rn. 119). Ein entsprechender substantiierter Vortrag des Beklagten ist nicht erfolgt.
Soweit er argumentiert, er sei nicht persönlich verpflichtet gewesen sei, einen Liquiditätsstatus zu erstellen, und das Landgericht habe ignoriert, dass er ausweislich Anlage K 24 den Steuerberater des Unternehmens mit einer aufwändigen Ausarbeitung beauftragt habe, dieser aber keinen Insolvenzgrund festgestellt habe, hat er auch damit nicht dargelegt, dass er die streitgegenständlichen Zahlungen nicht fahrlässig nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommen hat. Die Erstellung eines Liquiditätsstatus war nicht Inhalt des beauftragten Gutachtens. Die Ausarbeitung des Steuerberaters G. ist zudem erst geraume Zeit nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgt.
9. Zu den erstinstanzlichen Einwendungen des Beklagten gemäß den Schriftsätzen vom 31.03.2017, 03.08.2017 und 05.06.2018, soweit auf diese nicht bereits eingegangen wurde (Einwände bezüglich der behaupteten Überschuldung bedürfen keiner Erörterung, da das Landgericht deren Vorliegen nicht festgestellt und darauf auch seine Entscheidung nicht gestützt hat):
9.1. Schriftsatz vom 31.03.2017 (Blatt 23/30 der Akten):
9.1.1. Punkt 3. b): Richtig ist, dass in die als Anlagen K3 bis K6 vorgelegten OP-Listen alle bis zum jeweiligen Stichtag gestellten Rechnungen, unabhängig von der Fälligkeit, eingepflegt worden sind. Allerdings weisen die Listen jeweils eine Spalte „Datum“ und eine Spalte „Fällig“ auf. Erstere enthält offensichtlich das Rechnungsdatum, letztere das Fälligkeitsdatum. Durch die Vornahme entsprechender Markierungen in den als Anlagen K13 und K14 vorgelegten OP-Listen zum 30.09.2012 hat der Kläger die zum 30.09.2012 bereits fälligen Verbindlichkeiten und Forderungen gekennzeichnet. Nur diese hat er in seine Liquiditätsberechnung einbezogen. Die beiden monierten Positionen von 50,84 € und 1.994,45 € sind in dementsprechend in K14 nicht gelb gemarkert.
Der Vortrag, dass mit den Lieferanten in aller Regel Absprachen bestanden hätten, dass ein längeres Zahlungsziel als auf der Rechnung ausgewiesen akzeptiert würde, ist unsubstantiiert und vom Kläger bestritten (S. 8 des Schriftsatzes vom 17.05.2017, Blatt 44 der Akten).
Soweit der Beklagte argumentiert, dass sich aus der Summe der als Anlage K4 vorgelegten OP-Liste Debitoren zum 30.09.2012 in Höhe von 634.792,32 € und der Summe der als Anlage K6 vorgelegten OP-Liste Kreditoren zum 30.09.2012 in Höhe von 583.431,20 € gerade keine Zahlungsunfähigkeit ergebe, sondern dies belege, dass die Forderungen der Insolvenzschuldnerin gegen ihre Schuldner höher als ihre Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern gewesen seien, ist dies nicht stichhaltig. Wie vom Beklagten selbst ausgeführt enthalten diese Listen, ungeachtet der Fälligkeit, alle zum jeweiligen Stichtag bereits gestellten Rechnungen. Die Gesamtsummen der OP-Listen sind hingegen unerheblich. Für den Liquiditätsstatus zum 30.09.2012 sind vielmehr zunächst nur die bis zum 30.09.2012 fälligen Verbindlichkeiten und die zu diesem Tag verfügbaren Mittel relevant sind. Lediglich für die Beurteilung der Frage, ob innerhalb von drei Wochen eine Behebung der Zahlungsunfähigkeit zu erwarten war bzw. eingetreten ist, sind die in diesem Zeitraum fällig werdenden Forderungen und Verbindlichkeiten von Interesse.
9.1.2. Zu Punkt 3 d): Dass der Beklagte dem substantiierten Vortrag des Klägers, wonach die Schuldnerin nicht in der Lage gewesen sei, wenigstens 90% der zum 30.09.2012 offenen und fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen, pauschal und unsubstantiiert entgegenhält, dass allenfalls eine Zahlungsstockung vorgelegen habe, nachdem eine Lücke von ca. 160.000,00 € nur einem Wochenumsatz der Schuldnerin entsprochen habe, ist unbehelflich. Die vom Kläger substantiiert vorgetragenen Tatsachen, hat der Beklagte damit nicht substantiiert bestritten. Aufgrund des daher der Entscheidung zugrunde zu legenden Klagevortrags lag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 88/16 -, BGHZ 217, 129-153, Rn. 10) zum 30.09.2012 Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vor. Von einer Zahlungsunfähigkeit ist danach regelmäßig auszugehen, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10% oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (BGH, a.a.O.).
9.1.3. Zu Punkten 3. f) bis k): Insoweit wird auf Punkt II. 2. dieses Hinweises verwiesen.
9.2. Schriftsatz vom 03.08.2017 (Blatt 58/63 der Akten):
Dass Löhne, Gehälter und Sozialabgaben pünktlich bezahlt worden sind, kann nicht widerlegen, dass aufgrund anderer offener Forderungen bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.
9.3. Schriftsatz vom 05.06.2018 (Blatt 94/99 der Akten):
Zu der klageseits bestrittenen, unsubstantiierten Behauptung des Beklagten, die Banken (welche) hätten auch Überziehungen (in welchem Umfang) über das genehmigte Limit hinaus zugelassen (nur im Einzelfall oder verlässlich), war der angebotene Beweis nicht zu erheben.
Ob die beklagtenseits benannten Zeugen R. und P. von einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ausgegangen sind, ist unerheblich. Erheblich ist nur, ob diese tatsächlich vorgelegen hat, und ob der Beklagte verschuldet (mindestens fahrlässig) dennoch Zahlungen der Schuldnerin vorgenommen hat bzw. vornehmen ließ.
Da die Anschlussberufung des Klägers bedarf diese derzeit keiner Erörterung, da diese gemäß § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verliert, falls die Berufung des Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 zurückgewiesen wird.
Der Berufungsführer kann sich zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zustellung äußern. Dabei sollte aus Kostengründen (Ermäßigung der Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0) auch eine Rücknahme der Berufung geprüft werden.


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