Insolvenzrecht

Reichweite der Pflicht zur Vermögensauskunft

Aktenzeichen  6 T 617/20

Datum:
5.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DGVZ – 2020, 129
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 574 Abs. 2, § 802c Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

Die Auskunftspflicht nach § 802c ZPO geht nicht so weit, persönliche Lebensumstände mitteilen zu müssen, aus denen sich später eventuell Forderungen ergeben könnten (hier ob bei dem Schuldner ein Miet- bzw. ein Energieversorgungsvertrag besteht). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 1676/19 2019-12-13 Bes AGGARMISCHPARTENKIRCHEN AG Garmisch-Partenkirchen

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 13.12.2019, Az. M 1676/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Der Gläubiger beantragte die Abnahme der Vermögensauskunft. Im Antrag gab der Gläubiger an, der Schuldner sei verpflichtet, seinen Vermieter und seinen Energieversorger anzugeben, sofern er kein Grundvermögen angebe, da dann davon auszugehen sei, dass ein Mietverhältnis bestehe.
Die Schuldnerin hat in der Vermögensauskunft Grundvermögen sowie Ansprüche gegen Vermieter und Energieversorger verneint.
Mit Schriftsatz vom 23.11.2019 legte die Gläubigerseite Erinnerung ein und beantragte die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses hinsichtlich der Frage nach dem Vermieter und dem Energieversorger.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 13.12.2019 wies das Amtsgericht die Erinnerung zurück. Der Beschluss wurde am 07.01.2020 zugestellt.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 13.01.2020 legte der Gläubiger Beschwerde ein, der das Amtsgericht nach abhalf.
II.
Die Beschwerde ist zulässig: Gegen die Entscheidung über die Erinnerung ist gem. §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft, die hier form- und fristgerecht eingelegt wurde.
In der Sache ist die Beschwerde nicht begründet:
Zu den vom Gläubiger begehrten Auskünften ist die Schuldnerin aus § 802c ZPO nicht verpflichtet, Angaben zu machen. Es ist daher auch keine Ergänzung der Vermögensauskunft veranlasst.
Gem. § 802c Abs. 1 S. 1 ZPO hat der Schuldner (neben seinen Personalien) Angaben über sein Vermögen zu machen. Nach § 802c Abs. 2 ZPO hat er alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben.
Bei der Angabe von Vermieter und Energieversorger handelt es sich jedoch nicht um Vermögen oder Vermögensgegenstände. Lediglich eventuelle Forderungen gegen Vermieter und Energieversorger stellen Vermögensgegenstände dar, zu deren vollständiger Mitteilung dann die Anschrift des Zahlungspflichtigen gehören würde. Derartige Forderungen hat die Schuldnerin jedoch verneint.
Das Begehren des Gläubigers zielt letztlich darauf ab zu erfahren, ob bei der Schuldnerin ein Miet- bzw. ein Energieversorgungsvertrag besteht. Zu einer solchen Auskunft ist die Schuldnerin jedoch auch dann nicht verpflichtet, wenn sie die Frage nach Grundbesitz verneint. Ebenso wie dem Amtsgericht erschließt sich auch für das Beschwerdegericht nicht, weshalb die Auskunft, dass kein Grundvermögen vorhanden ist, auf das Bestehen eines Mietverhältnisses hindeuten soll: Zahlreiche Menschen verfügen weder über das eine noch das andere, weil sie z.B. mit einer anderen Person zusammenleben, denen die Wohnung gehört, oder die die fraglichen Verträge abgeschlossen haben. Die Auskunftspflicht nach § 802c ZPO geht jedoch nicht so weit, persönliche Lebensumstände mitzuteilen, aus denen sich später eventuell Forderungen ergeben könnten. Das Verneinen der Frage nach einer Mietkaution deutet vielmehr sogar darauf hin, dass eben kein Mietverhältnis (und dann mutmaßlich auch kein Energieversorgungsvertrag) bestehen.
Auch aus der Beantwortung der Frage 3. a) nach der Wohnungseinrichtung ergibt sich nichts anderes, denn über eigene Möbel kann die Schuldnerin in jeglicher Wohnsituation verfügen. Die Zulässigkeit der dort gestellten Frage nach der Wohnsituation erscheint dem Beschwerdegericht ohnehin ebenfalls fraglich. Aus der Nichtbeantwortung dieser Frage kann aber jedenfalls nicht geschlossen werden, dass die Schuldnerin diese Frage verneinen wollte. Zudem werden auch durch diese Frage nicht alle gängigen Wohnsituationen abgedeckt (nicht z.B. die unentgeltliche Überlassung von Wohnraum durch Familienangehörige, ein Nießbrauch oder ein sonstiges Nutzungsrecht außerhalb eines Mietverhältnisses).
Wie das Amtsgericht im Nichtabhilfebeschluss bereits zutreffend ausgeführt hat, geht auch der Verweis auf die Entscheidung des Landgerichts München II vom 15.12.2011 fehl, da dort das Bestehen eines Mietverhältnisses vorausgesetzt wird.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Eine Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ist im Hinblick auf KV 2121 GKG nicht veranlasst.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sie erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).


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