IT- und Medienrecht

Ärztliche Fortbildung, Fortbildungsordnung der Bayerischen, Landesärztekammer, Anerkennung einer Fortbildungsveranstaltung, Klagebefugnis eines Veranstalters von Fortbildungsveranstaltungen, Berufsausübungsfreiheit pharmazeutischer Unternehmen, Verfassungsmäßigkeit der Fortbildungsordnung, Widerlegbare und unwiderlegbare Vermutung

Aktenzeichen  M 27 K 19.5022

Datum:
17.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 55135
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2
FO 2020 § 8 Abs. 1 Nr. 3 S. 2
FO 2019 § 7 Abs. 1 S. 1
HKaG Art. 2
Ziff. 1.5.6 Richtlinie zur Bewertung von Fortbildungsmaßnahmen

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Mitteilung vom 9. April 2019 verpflichtet, das „Symposium … …“ (SNR …*) mit 15 Punkten für das Fortbildungszertifikat der Bayerischen Landesärztekammer anzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.
A. Die als Versagungsgegenklage erhobene Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist zulässig. Das Gericht geht davon aus, dass es sich bei der elektronischen Mitteilung vom 9. April 2019 um einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG handelt. Die weiteren, diese Mitteilung „bestätigenden“ E-Mails und Schreiben haben demgegenüber keinen eigenen Regelungsgehalt. Der Antrag der Klägerin wird nach § 88 VwGO dahingehend ausgelegt, dass es ihr allein um die Verfolgung desjenigen Schreibens geht, dem nach Auffassung des Gerichts ein Regelungsgehalt zukommt, also der E-Mail vom 9. April 2019. Die Beklagte selbst stellt in ihrem Schreiben vom 27. August 2019 an den ärztlichen Kursleiter Prof. Dr. H. darauf ab, dass an dem 9. April 2019 „die Zuerkennung von Fortbildungspunkten verweigert“ worden sei. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang insofern, ob die Beklagte – wie in der Klageerwiderung ausgeführt – wegen fehlender verwaltungsrechtlicher Bindungen keine verbindliche Regelung in Gestalt einer ablehnenden Entscheidung habe treffen wollen. Zum einen durfte die Klägerin die Mitteilung als Ablehnung ihres Antrages auf Zuerkennung von Fortbildungspunkten verstehen. Zum anderen geht die Beklagte fehl in der Annahme, dass zu der Klägerin keinerlei (verwaltungs)-rechtliche Bindung bestehe und es daher bereits an der Klagebefugnis ermangele. Weiter fehlt der Klägerin nicht das Rechtsschutzbedürfnis, da eine nachträgliche Zertifizierung einer entsprechenden Fortbildungsveranstaltung möglich ist.
I. Ausweislich der E-Mail vom 9. April 2019 hat die Beklagte der Klägerin ausdrücklich mitgeteilt, dass auf ihren Antrag hin keine Fortbildungspunkte zuerkannt werden dürften. Eine Vergabe von Punkten sei auf der Grundlage der Fortbildungsordnung nicht zulässig. Der objektive Erklärungswert beinhaltete somit die Ablehnung des Antrages der Klägerin auf Zuerkennung von Fortbildungspunkten für das streitgegenständliche Symposium. Die Klägerin verstand die E-Mail auch als Ablehnung ihres Antrages, da sie mit weiterer E-Mail vom 11. April 2019 eine weitere Begründung verlangte (vgl. zu dem Empfängerhorizont als relevanter Auslegungsperspektive: BVerwG, U.v. 19.3.2013 – 5 C 16.12 – juris; v. Alemann/Scheffczyk in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG (2021 – 51. Edition) § 35 Rn. 46 m.w.N.) und im Schreiben vom 9. Mai 2019 die entsprechende Mitteilung als „Ablehnung“ sowie „ablehnende Entscheidung“ bezeichnete. Darüber hinaus genügt auch die bloße Feststellung, dass die Veranstaltung nicht die Voraussetzungen für die Gewährung von Fortbildungspunkten erfülle, den Anforderungen an einen Verwaltungsakt (vgl. zum feststellenden Bescheid BVerwG, U.v. 17.8.2017 – 3 C 12.16 – BVerwGE 159, 288 – juris Rn. 1; zur Verpflichtungsklage VG Hannover, U.v. 17.11.2020 – 5 A 2762/19 – juris Rn. 17). Insofern kann sich die Beklagte nicht darauf beziehen, dass sie der Klägerin gegenüber eine Ablehnung gar nicht habe aussprechen wollen und insofern keinen ablehnenden förmlichen Bescheid verfasst habe. Die E-Mail beinhaltete als rechtserhebliche Erklärung mit Außenwirkung gegenüber der Klägerin die Regelung eines Einzelfalls (vgl. zur E-Mail als Verwaltungsakt: Tiedemann in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, a.a.O. § 37 Rn. 30) und stellt deshalb einen Verwaltungsakt gem. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar. In einer weiteren E-Mail vom 16. April 2019 bezog sich die Beklagte darauf, dass sie davon ausgehe, dass „in dieser Angelegenheit der Ansprechpartner der ärztliche Kursleiter“ Prof. Dr. H. sei und begründete im weiteren Verlauf der E-Mail umfangreich ihre Entscheidung gegenüber der Klägerin. Gegenüber dem ärztlichen Kursleiter teilte sie mit Schreiben sowohl am 16. April 2019 als auch vom 27. August 2019 mit, dass bezüglich des Symposiums keine Fortbildungspunkte vergeben werden könnten. Gleichwohl erging nach Auffassung der Kammer die eigentliche Entscheidung der Beklagten bereits mit der E-Mail vom 9. April 2019, die durch die oben genannten, weiteren Schreiben – ohne eigene Rechtsaktqualität – näher begründet wurden. Da die E-Mail vom 9. April 2019 nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrungversehen war, konnte die Klägerin binnen Jahresfrist Klage erheben. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrungoder Rechtsmittelbelehrungführt hierbei nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheides und schon gar nicht zu seiner Nichtigkeit, sondern löst nur die Rechtsfolgen des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO aus (vgl. Tiedemann a.a.O. Rn. 54), so dass fristgemäß gegen die ablehnende Entscheidung der Beklagten Klage erhoben wurde.
II. Darüber hinaus weist die Klage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis auf. Dieses entfällt nicht alleine deswegen, weil die Fortbildungsveranstaltung bereits durchgeführt worden ist. Zum einen ist auch eine nachträgliche Zertifizierung entsprechender Veranstaltungen möglich, zum anderen hat die Klägerin in hinreichender Weise dargelegt, dass sie ein rechtlich geschütztes Interesse an einer entsprechenden nachträglichen Zuerkennung von Fortbildungspunkten hat.
1. Zwar haben Ärzte als Teilnehmer ausweislich deren berufsrechtlicher und den auf entsprechende Fortbildungen bezogener Regelungen primär ein Interesse an der Erlangung eines entsprechenden Fortbildungszertifikates, doch auch die Klägerin als Veranstalterin hat ein rechtlich geschütztes Interesse an einer – auch nachträglichen – Anerkennung von ihr durchgeführter Fortbildungsmaßnahmen.
Ärzten obliegt grundsätzlich die Pflicht zur fachlichen Fortbildung (vgl. etwa §§ 95d, 136b SGB V sowie § 4 MBO-Ä). Darüber hinaus sind sie in diesem Zusammenhang verpflichtet, auf Verlangen ihre Fortbildung durch ein Fortbildungszertifikat einer Ärztekammer nachzuweisen (vgl. Wollersheim in Clausen/Schroeder-Printzen, Münchener Anwalts-Handbuch Medizinrecht, 3. Aufl. 2020, § 6 Ärztliches Berufsrecht Rn. 107), wobei nach § 5 Abs. 1 der Fortbildungsordnung der Bayerischen Landesärztekammer (v. 13.10.2013 i.d.F.d. Änderungsbeschlüsse v. 10.10.2020, in Kraft getreten am 1.1.2021 – FO 2020) das Fortbildungszertifikat dem Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflicht dient. Ausweislich § 5 Abs. 2 FO 2020 wird das Fortbildungszertifikat erteilt, wenn der Arzt innerhalb eines der Antragstellung vorausgehenden Zeitraumes von fünf Jahren Fortbildungsmaßnahmen abgeschlossen hat, welche die im Weiteren geregelten Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählt u.a., dass es sich um entsprechend mit Fortbildungspunkten versehene Fortbildungsmaßnahmen handelt, welche von der Landesärztekammer entsprechend § 8 FO 2020 anerkannt sind.
Hieran knüpft das Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der Anerkennung von ihr bereits durchgeführter Fortbildungsveranstaltungen. § 8 FO 2020 sowie die entsprechende in dem Zeitpunkt der hiesig streitgegenständlichen Fortbildung in Kraft gewesene Fortbildungsordnung (v. 13.10.2013, in Kraft getreten zum 1.1.2014 – FO 2013) sehen bereits keinen bestimmten Zeitpunkt einer Anerkennung vor. Gleiches gilt für die darauf Bezug nehmende Richtlinie (RL 2020 – Richtlinie zur Bewertung von Fortbildungsmaßnahmen, auf Grundlage d. § 6 Abs. 4 FO v. 30.11.2019 BayÄBl. 12/2020, S. 27ff., sowie in der zu dem Zeitpunkt der Fortbildungsveranstaltung geltenden Fassung v. 10.9.2016 in der Fassung d. Bekanntmachung v. 6.3.2018 – RL 2018). Ausweislich Ziff. 1.2 der RL 2018 (so auch wortgleich in Ziff. 1.2 der RL 2020) setzt der Erwerb von Fortbildungspunkten für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen die vorherige Anerkennung der für den Veranstaltungsort zuständigen Ärztekammer voraus. Hierdurch ist lediglich geregelt, dass vor einer Vergabe von Punkten an den jeweiligen Arzt die besuchte Veranstaltung anerkannt sein muss, nicht jedoch, dass eine Anerkennung selbst vor der Durchführung der Veranstaltung zu erfolgen hat.
Darüber hinaus können für Ärzte solche Fortbildungen der Erteilung eines Fortbildungszertifikates zugrundegelegt werden, die innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren abgeschlossen worden sind (§ 5 Abs. 2 FO 2020). Auch eine nachträgliche Anerkennung einer Fortbildungsveranstaltung ist insofern für die teilnehmenden Ärzte noch immer von Nutzen. Solange eine nachträgliche Anerkennung einer Veranstaltung für die teilnehmenden Ärzte noch von Nutzen ist, hat auch der für die jeweilige Zertifizierung antragsberechtigte Veranstalter wegen der damit für ihn verbundenen Werbewirkung noch ein Rechtsschutzinteresse an der gerichtlichen Durchsetzung eines etwaigen Anspruchs auf Zertifizierung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Thema der Veranstaltung wie hier einen zentralen Aufgaben- bzw. Wirkungsbereich des Veranstalters betrifft (vgl. insofern auch: OVG NRW, B.v. 17.6.2013 – 13 A 889/11 – juris Rn. 40).
2. Die Klägerin hat daneben ein rechtlich geschütztes Interesse an einer nachträglichen Anerkennung der Fortbildungsveranstaltung hinreichend dargelegt. Eine – auch nachträgliche – Anerkennung entsprechender Fortbildungsveranstaltungen hat für die Klägerin einen gesteigerten Nutzen, da wegen der zuvor genannten Fortbildungspflicht, welche an anerkannte Veranstaltungen gekoppelt ist, eine in wesentlichem Maße gesteigerte Attraktivität und Reichweite besteht. Zuletzt führte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom … Januar 2021 aus, dass es sich bei von der Ärztekammer anerkannten Fortbildungsveranstaltungen um solche mit einer eklatant gesteigerten Attraktivität handelt. Zwar handelt es sich bei der Durchführung von fachlichen Fortbildungen nicht um den Kernbereich der unternehmerischen Betätigung der Klägerin – dies ist im Wesentlichen die Herstellung pharmazeutischer Produkte. Jedoch würden von der Klägerin durchgeführte Veranstaltungen bei einer Nichtanerkennung erheblich in ihrer Bedeutung geschmälert. Die Klägerin hat jedoch – wie von ihr dargelegt – sowohl ein wirtschaftliches als auch ein ideelles Interesse an der Durchführung solcher Fortbildungsveranstaltung, welche für die Ärzteschaft eine möglichst hohe Attraktivität aufweisen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass das Argument der wirtschaftlichen Attraktivität von der Beklagten als Gegenargument aufgegriffen worden ist, um eine entsprechende Anerkennungsfähigkeit abzusprechen. Insofern ist jedoch auf der Ebene der wirtschaftlichen Interessen in Bezug auf die grundsätzliche Durchführbarkeit von Fortbildungsveranstaltungen und derjenigen, welche auf den Inhalt der Fortbildungen bezogen sind, zu differenzieren. Die Klägerin kann durchaus ein wirtschaftliches Interesse an der grundsätzlichen Durchführung von solchen Veranstaltungen haben, ohne dass es hier schon auf die Anerkennungsfähigkeit im Hinblick auf den Inhalt der Veranstaltung ankäme. Im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis genügt jedenfalls das Interesse an einer hohen Attraktivität der durchgeführten Fortbildungsveranstaltung, welches mit einer (auch nachträglichen) Anerkennung in erheblichem Maße steigt und fällt (vgl. dazu auch OVG NRW, B.v. 17.6.2013 – 13 A 889/11 – juris Rn. 36; VG Hamburg, U.v. 22.9.2020 – 17 K 1326/20, S. 9 d. Urteils-Umdr.). Dies gilt in besonderem Maße, als dass sich die Beklagte selbst durch § 4 FO 2020 zum Ziel gesetzt hat, die Fortbildung der Ärzteschaft durch „die Anerkennung geeigneter Fortbildungsmaßnahmen Dritter“ zu fördern. Dies umfasst nach Ansicht der Kammer auch die Aufrechterhaltung und nachhaltige Förderung einer möglichst hohen Attraktivität von Fortbildungsveranstaltungen.
II. Die Klägerin ist darüber hinaus auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Regelungen der FO begründen – entgegen der Ansicht der Beklagten – für die Klägerin sowohl ein subjektives Recht als auch ein rechtlich geschütztes Interesse. Dies gilt auch im Hinblick auf die erfolgten Änderungen der Fortbildungsordnung.
1. Ursprünglich erfolgte nach § 9 Abs. 2 FO 2013 die Anerkennung einer Fortbildungsveranstaltung auf Antrag des Veranstalters und nach § 7 Abs. 1 FO 2013 auch gegenüber dem Veranstalter, während in dem Antrag der wissenschaftliche Leiter der Fortbildung zu benennen war. In der Neufassung der Fortbildungsordnung im Jahr 2019 (v. 13.10.2013 i.d.F.d. Änderungsbeschlüsse v. 13.10.2019, in Kraft getreten am 1.1.2020 – FO 2019) blieb es zwar nach § 9 Abs. 2 dabei, dass den Antrag auf Anerkennung einer Veranstaltung der Veranstalter zu stellen hatte; die Anerkennung selbst erfolgte nach § 7 Abs. 1 FO 2019 gegenüber dem in dem Antrag benannten ärztlichen Leiter der Fortbildungsveranstaltung. Hierdurch divergieren Antragsteller und Adressat einer Anerkennung, während die teilnehmenden Ärzte wiederum im Wesentlichen Begünstigte einer solchen sind. Gleiche Konstruktion gilt in der Neufassung (FO 2020).
2. Das Argument der Beklagten, durch das Auseinanderfallen des Antragstellers und dem Adressaten einer Anerkennung der Veranstalterin entfalle die Klagebefugnis zu einer Verpflichtungsklage auf Anerkennung einer Fortbildungsveranstaltung, berücksichtigt nicht, dass die bloße förmliche Erteilung der Anerkennung gegenüber dem ärztlichen Leiter nicht ausschließt, dass auch nach der Antragstellung dem Veranstalter und somit in dem hiesigen Fall der Klägerin ein subjektives öffentliches Recht und auch rechtlich geschützte Belange hinsichtlich des Anerkennungsverfahrens zuteilwerden.
Sämtliche Fassungen der Fortbildungsordnung sehen zwischen dem Zeitpunkt der Antragstellung durch den Veranstalter und der Erteilung einer Anerkennung in § 9 die Durchführung des sog. Anerkennungsverfahrens vor. Insofern erwächst der Klägerin hierdurch zunächst ein subjektives öffentliches Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Anerkennungsverfahrens. Weiter greift das Argument der Beklagten zu kurz, worin ausgeführt wird, dass sie lediglich rechtliche Bindungen zu den Ärzten aufweise und nicht zu den Veranstaltern. Zwar ergibt sich aus § 2 Abs. 1, § 4 des Gesetzes über die Berufsausübung, die Berufsvertretungen und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (i. d. Fassung d. Bek. v. 6.2.2002 – GVBl. S. 42 – Heilberufe-Kammergesetz – HKaG), dass rechtliche Bindungen lediglich gegenüber den Mitgliedern der Berufsvertretungen und somit im Wesentlichen gegenüber Ärzten bestehen. Soweit der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts jedoch in Art. 2 Abs. 2 HKaG die Möglichkeit eingeräumt ist, durch Satzungen Regelungen – etwa zu der Ausgestaltung der ärztlichen Fortbildung – zu treffen und sie Dritten sowohl ermöglicht, entsprechende Fortbildungen durchzuführen als auch diese durch den Veranstalter betreffende Regelungen in den Pflichten- und Schutzbereich der Satzung mit einbezieht, steht diesen Unternehmen bei Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Satzung auch der Klageweg offen. Die Klagebefugnis erstreckt sich gerade auf diejenigen Regelungen, welche das Verhältnis zu dem Veranstalter von Fortbildungsveranstaltungen treffen – unabhängig davon, gegenüber wem formal die Anerkennungsentscheidung ergeht.
Dies gilt gar in einem gesteigerten Maße bei dem vorliegenden Auseinanderfallen zwischen Antragsteller (Veranstalter) und Empfänger der Entscheidung (ärztlicher Leiter), da dem ärztlichen Leiter ausweislich der Regelungen der Fortbildungsordnung die wissenschaftliche Leitung der Fortbildung, bezogen auf deren Inhalt, obliegt und dieser selbst weder Einfluss auf noch ein Interesse an der eigentlichen Organisation und Durchführung der Veranstaltung hat. Sofern in Bezug auf das Anerkennungsverfahren einem Veranstalter die Klagebefugnis abgesprochen würde, entstünde gleichsam ein rechtliches Vakuum zwischen der Antragstellung und der Erteilung der Anerkennung, da der ärztliche Leiter selbst weder das rechtliche noch ein wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung einer Zertifizierung haben wird. Dieser ist lediglich für die wissenschaftlich-inhaltlichen Fragen der Ansprechpartner; nicht jedoch für solche, die Organisation und Durchführung der Veranstaltung betreffen, für welche alleine der Veranstalter auch das wirtschaftliche Risiko trägt. Mag auch der ärztliche Leiter nach § 7 Abs. 1 FO 2020 Adressat der Anerkennungsentscheidung sein, so ist die Klägerin als Veranstalterin Adressat der das Anerkennungsverfahren betreffenden Regelungen der Satzung um somit auch klagebefugt.
B. Die Klage ist auch weit überwiegend begründet. Durch die ablehnende Entscheidung der Beklagten, die streitgegenständliche Fortbildungsveranstaltung anzuerkennen ist die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1, 4 Satz 1 VwGO). Diese hat trotz der Regelung einer Anerkennung gegenüber dem ärztlichen Leiter (§ 7 Abs. 1 Satz 1 FO 2021) einen Rechtsanspruch auf Anerkennung der Veranstaltung, jedenfalls für die 15 Fortbildungspunkte.
I. Grundlage für diesen Rechtsanspruch der Klägerin ist § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 FO 2020 in der gegenwärtigen Fassung (zum maßgeblichen Zeitpunkt sowie der Anwendung der gegenwärtig geltenden Fortbildungsordnung: Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 39). Hieraus folgt bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 FO 2020 ohne weiteres („erfolgt“ – § 7 Abs. 1 Satz 1 FO 2020) ein Rechtsanspruch auf Anerkennung der Fortbildungsveranstaltung.
Die Klägerin selbst ist befugt, die Anerkennung der von ihr veranstalteten Fortbildungsveranstaltung geltend zu machen. Nach alter Rechtslage (§ 7 Abs. 1 Satz 1 FO 2013) erfolgte die Anerkennung einer Fortbildung ohnehin gegenüber dem Veranstalter. Dass nunmehr, seit den mit der FO 2019 verbundenen Änderungen, auch nach der gegenwärtig geltenden Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 FO 2020 eine Anerkennung gegenüber dem ärztlichen Leiter der Fortbildung erfolgt, hindert den Veranstalter, der den Antrag nach § 9 Abs. 2 FO 2020 stellt, nicht, solche Ansprüche durchzusetzen, welche das Anerkennungsverfahren selbst betreffen. Bei der Anerkennung gegenüber dem ärztlichen Leiter als wissenschaftliches Bindeglied zu der Ärzteschaft handelt es sich um eine reine Formalie. Insoweit sei auch auf obige Ausführungen im Rahmen der Klagebefugnis verwiesen. Die organisatorische Verantwortung obliegt alleine dem Veranstalter, der insofern auch Ansprüche, welche dem Anerkennungsverfahren inhärent sind und sich etwa auf eine ordnungsgemäße Durchführung und (inhaltliche) Prüfung des Verfahrens beziehen, gerichtlich durchsetzen kann. Dies gilt insbesondere in einer Gesamtschau mit § 4 sowie § 10 Abs. 1 FO 2020. Ausweislich § 10 Abs. 1 FO 2020 kann einem geeigneten Veranstalter eine Art „Globalanerkennung“ zugesichert werden. Diese ergeht gegenüber dem Veranstalter selbst und nicht gegenüber dem jeweiligen ärztlichen Leiter. Sämtlich sind die Regelungen in dem Lichte des § 4 FO 2020 zu sehen, wonach die Beklagte geeignete Fortbildungsmaßnahmen Dritter, also der Veranstalter, fördert. Sofern die Klägerin somit in den Regelungs- und Schutzbereich der Satzung einbezogen ist und ihr neben der Beklagten die Gelegenheit eingeräumt wird, entsprechende Fortbildungsveranstaltungen durchzuführen, kann sie hieraus auch entsprechende Rechte herleiten, deren Durchsetzung sie selbst gerichtlich betreiben kann. Dies gilt vornehmlich für diejenigen Regelungen, welche das Anerkennungsverfahren betreffen, da hierbei bis zu dem Zeitpunkt der Anerkennung selbst die Klägerin als Veranstalterin die alleinige Ansprechpartnerin der Beklagten ist.
II. Die Klägerin erfüllt die für die Anerkennung der streitgegenständlichen Fortbildung maßgeblichen in § 8 Abs. 1 FO 2020 vorgesehenen Voraussetzungen, soweit diese mit höherrangigem Recht in Einklang stehen. Sie hat daher einen Anspruch auf Anerkennung der Veranstaltung nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 FO 2020. Die Beklagte kann sich im Übrigen nicht darauf berufen, dass nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 FO 2020 vermutet werde, dass die Inhalte der Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen seinen, die Klägerin dies nicht widerlegt habe und somit eine Anerkennung nicht erfolgen könne. Eine entsprechende Vermutung ist nicht mit höherrangigem Recht vereinbar, so dass eine Ablehnung bzw. unterbliebene Prüfung einer Beeinflussung der Fortbildungsinhalte weder auf diese gestützt werden könnte noch vermutet werden kann. Hierzu im Einzelnen:
1. Die Beklagte stützt ihre ablehnende Entscheidung alleine auf die u.a. im Schreiben vom 9. April 2019 genannten Gründe. Nach umfangreicher Darstellung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen wird bezogen auf den Antrag der Klägerin lediglich ausgeführt, dass in dem Programmflyer, welcher dem Antrag beigefügt gewesen sei, die Wort-Bildmarke der Klägerin abgebildet und darüber hinaus der Link zu deren Webseite ersichtlich gewesen sei. Rufe man den Link auf, so finde man gleich auf der Startseite mehrere Produkte der Klägerin, welche auf die Fortbildungsinhalte zutreffen würden. Zusammenfassend könnten für die Veranstaltung keine Fortbildungspunkte erteilt werden, wenn deren Inhalte nicht frei von wirtschaftlichen Interessen Dritter und frei von kommerziellen Einflüssen auf Diagnostik und Therapie in Klinik und Praxis seien. Weitere Gründe, welche einer Anerkennung entgegenstehen würden, stellt die Beklagte nicht dar, so dass – auch im Hinblick auf die Praxis der Beklagten in den zurückliegenden Jahren, entsprechende Veranstaltungen der Beklagten anzuerkennen – davon auszugehen ist, dass der Anerkennung anhand des nach § 8 Abs. 1 FO 2020 anzulegenden Maßstabes im Übrigen nichts entgegensteht. Einwände inhaltlicher Art, bezogen auf die jeweiligen Vorträge und Themen der Veranstaltung, hat die Beklagte in ihrer ablehnenden Entscheidung nicht dargelegt.
a) Die Einschätzung der Beklagten, wonach alleine durch das Abbilden einer Wort-/ Bildmarke der Veranstalterin sowie das Kenntlichmachen eines Links eine Einflussnahme nicht auszuschließen sei und auf dieser Grundlage keine Anerkennung erfolgen könne, teilt die Kammer nicht. Die Beklagte bezieht sich zur weiteren Begründung in diesem Zusammenhang auf Nr. 1.5.5 RL 2020, wonach bei der Einflussnahme auf die fachlichen Inhalte und/oder Gestaltung der Präsentation keine Anerkennung erfolgen könne. Dies gelte nach Nr. 1.6 RL 2020 auch dann, wenn die Inhalte der Fortbildung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen Dritter sowie frei von kommerziellen Einflüssen auf Diagnostik und Therapie in Klinik und Praxis seien.
Durch das alleinige Anbringen eines Logos auf dem Deckblatt des Programmflyers sowie eines sich dort befindlichen Links streitet nach Auffassung der Kammer keine unwiderlegbare Vermutung dafür, dass eine Einflussnahme auf Fortbildungsinhalte tatsächlich stattgefunden hat. Die Beklagte hat sich ausweislich der Begründung ihrer ablehnenden Entscheidung nicht mit den Inhalten der Veranstaltung auseinandergesetzt bzw. diese nicht in einen Bezug zu der vorgetragenen Einflussnahme gebracht. Es genügt hierbei nicht, wenn sich auf der angegebenen Homepage Produkte finden, welche in einem Bezug zu der Thematik der Veranstaltung stehen. Dies gilt vornehmlich dann, wenn sich der Link auf der letzten Seite des Flyers befindet und zuvor vermerkt ist, dass dieses Unternehmen das „Veranstaltungsmanagement“ für die Fortbildung übernimmt. Dies hält sich nach Ansicht der Kammer noch im Rahmen des allgemeinen Informationsgehaltes und birgt noch keine unwiderlegliche Vermutung für eine tatsächliche Einflussnahme auf die Fortbildungsinhalte. Es genügt insoweit auch nicht, wenn die Beklagte alleine aus dem Anbringen des Logos der Veranstalterin auf der ersten Seite des Programmflyers auf eine entsprechende Einflussnahme schließt. Die Kammer verkennt hierbei nicht die Schwierigkeiten, zu beurteilen, ob eine Einflussnahme tatsächlich stattgefunden hat oder nicht. Eine pauschale Ablehnung unter Bezugnahme auf das Anbringen des Logos sowie eines Links genügt den Anforderungen insbesondere auch im Hinblick darauf, dass es sich auch bei der Veranstaltung von Fortbildungen um die Berufsausübung der Klägerin handelt, weder den sich aus der FO ergebenden Anforderungen noch solchen im Lichte höherrangigen Rechts. In dem vorliegenden Fall hat die Beklagte alleine daran anknüpfend die Ablehnung erteilt und nicht einmal – wie in Nr. 1.2 RL 2020 vorgesehen – etwa von dem ärztlichen Leiter eine Konformitätserklärung eingeholt, dass die Fortbildungsinhalte frei von wirtschaftlichen Interessen sind. Alleine das Vorliegen einer solchen Möglichkeiten legt dar, dass es sich bei der Vermutung einer Einflussnahme um eine widerlegliche handeln muss. Eine rein strukturelle Betrachtung genügt hierbei nicht. Dabei trägt die Beklagte die Darlegungs- und materielle Beweislast dafür, dass die Fortbildungsinhalte der Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sind bzw. eine Einflussnahme tatsächlich stattgefunden hat (vgl. VG Hamburg, U.v. 22.9.2020 – 17 K 1326/20, S. 22 f. d. Urteils-Umdr.). Diesen ihr obliegenden Beweis hat die Beklagte in dem vorliegenden Fall nicht geführt, so dass der von ihr als alleiniger Ablehnungsgrund genannte Umstand einer Einflussnahme nicht als Ablehnungsgrund herangezogen werden kann.
b) Insofern kann sich die Beklagte auch nicht damit ihrer Prüfpflicht und Nachweispflicht, inwieweit und ob eine tatsächliche Einflussnahme auf die Fortbildungsinhalte stattgefunden hat, entledigen, als dass sie nunmehr § 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 FO 2020 dadurch ergänzt hat, als dass bei „Fortbildungsmaßnahmen von Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, Medizinprodukteherstellern, Unternehmen vergleichbarer Art oder einer Vereinigung solcher Unternehmen vermutet wird, […] deren Inhalte nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sind“. Diese Regelung ist nicht mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Aufstellung einer solch pauschalen Vermutung verengt die Möglichkeit dort aufgeführter Unternehmen überhaupt Fortbildungen zu veranstalten, in einer unzulässigen Weise und stellt sich als ungerechtfertigten Eingriff in die durch Art. 12 Grundgesetz (GG) gewährleistete Berufsfreiheit sowie einen Verstoß gegen das in Art. 3 GG gewährleistete Gleichbehandlungsgebot dar. Gleiches gilt für Nr. 1.5.6 RL 2020, wonach pauschal keine Fortbildungspunkte für solche Fortbildungsveranstaltungen zuerkannt werden, wenn Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, Medizinproduktehersteller, Unternehmen vergleichbarer Art oder einer Vereinigung solcher Unternehmen Veranstalter sind. In einer Gesamtschau beider Regelungen erachtet das Gericht die in § 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 FO 2020 aufgestellte Vermutung als unwiderlegliche. Dies verstößt jedoch gegen höherrangiges Recht.
aa) Die Beklagte hat als Körperschaft des öffentlichen Rechts durch den Erlass der FO 2020 von ihrer Satzungsermächtigung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 HKaG) Gebrauch gemacht, wobei die RL 2020 das Verfahren der Anerkennung entsprechender Fortbildungsveranstaltungen konkretisiert (§ 9 Abs. 1 FO 2020). Aus der Bindung der Beklagten nach Art. 20 Abs. 3 GG folgt u.a., dass von ihr erlassene untergesetzliche Vorschriften und Normen nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen dürfen.
bb) Die Klägerin als Pharmaunternehmerin kann sich auf Art. 12 GG berufen, der auch die Berufsausübung umfasst. Die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen ist die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, wobei Art. 12 GG nicht verlangt, dass es sich dabei um die einzige oder hauptberufliche Tätigkeit zu handeln hat. Die Klägerin hat dargelegt, dass jedenfalls – auch schon in der Vergangenheit – Teil ihrer beruflichen Tätigkeit die Durchführung entsprechender Fortbildungsveranstaltungen ist (insg. Hierzu vgl. Scholz in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 93. EL Oktober 2020, Art. 12 Rn. 31). § 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 FO 2020 in Verbindung mit Nr. 1.5.6. RL 2020 stellen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar, weil hierdurch vermutet wird, dass Inhalte entsprechender Veranstaltungen nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sind und diese auf dieser Grundlage keine Anerkennung erhalten. Zwar ist es den betroffenen Unternehmen weiterhin möglich, Fortbildungen durchzuführen; Relevanz und Bedeutung in dem Markt entsprechender Veranstaltungen erhalten diese aber lediglich dann, wenn sie eine Anerkennung der Beklagten erhalten. Ohne Anerkennung büßen diese erheblich an Relevanz in der Ärzteschaft ein. Die Beklagte selbst führt aus, dass die Anerkennung zu einer „Attraktivitätssteigerung“ führt. Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist auch dann zu bejahen, wenn durch entsprechende Regelungen grundsätzlich die Durchführung von Fortbildungen nicht unmöglich gemacht wird, durch die faktische Versagung einer Anerkennungsmöglichkeit jedoch solche Veranstaltungen dergestalt an Attraktivität für die Teilnehmenden einbüßen, dass sie auf dem Markt kaum mehr Bedeutung aufweisen.
Zwar ist die Berufsausübungsfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet. Unabhängig von der Beantwortung der Frage danach, ob es sich bei Nr. 1.5.6 RL 2020 überhaupt um eine taugliche Schranke handeln kann (vgl. etwa Dieners/Voland, Verfassungsrechtliche Bewertung der Neuregelung zur Anerkennung von Fortbildungsveranstaltungen der Industrie in Bayern, PharmR 2020, S. 244 (249)), ist jedenfalls § 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 FO 2020 als subjektive Berufsausübungsregelung keine verhältnismäßige Schranke. Während der Zweck der Objektivität und Neutralität ärztlicher Fortbildung nachvollziehbar ist, erschließt sich der erkennenden Kammer hingegen bereits nicht, warum der Ausschluss eines gesamten Wirtschaftszweiges von der Anerkennungsfähigkeit alleine ein geeignetes Mittel sein soll, diese Kriterien zu erfüllen. Insbesondere hat dies nicht in einem zwingenden Zusammenhang zu den Inhalten einer Fortbildung zu stehen. Der Bestand der Regelung würde eine nicht gerechtfertigte Umkehr der Beweislast beinhalten, wonach ein Veranstalter darzulegen hätte, dass die Inhalte frei von wirtschaftlichen Interessen sind. Eine rein strukturelle Betrachtung genügt hierbei jedoch nicht (vgl. auch VG Hamburg, U.v. 22.9.2020 – 17 K 1326/20, S. 22 f. d. Urteils-Umdr.) und grundsätzlich trägt die Beklagte die Darlegungs- und materielle Beweislast dafür, dass die Fortbildungsinhalte der Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sind bzw. eine Einflussnahme tatsächlich stattgefunden hat. Zwar können in diesem Rahmen wegen der naheliegenden Beweisschwierigkeiten Vermutungen aufgestellt werden. Eine pauschale Vermutung, welche alleine an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe knüpft, ist jedoch im Hinblick auf die Bedeutung der Berufsausübungsfreiheit nicht geeignet, das Instrument eines gerechtfertigten Eingriffes darzustellen. Als milderes Mittel kommt vielmehr eine Einzelfallprüfung auf der Grundlage der Fortbildungsinhalte in Betracht. Dies gilt in besonderem Maße, als dass alleine die Beklagte darüber entscheidet, ob eine Anerkennung erfolgen kann oder nicht und sie selbst in dem Fortbildungsmarkt aktiv ist.
cc) Darüber hinaus wird durch die benannten Regelungen in einer nicht gerechtfertigten Weise in das durch Art. 3 Abs. 1 GG geschützte Gleichbehandlungsgebot eingegriffen. Dass es sich bei Fortbildungen Dritter um wesentlich gleiche Veranstaltungen handelt, wie bei solchen der Beklagten selbst, zeigt bereits § 4 FO 2020, wonach es sich bei beiden um Fortbildungsmaßnahmen in dem Sinne der FO 2020 handelt. Nachvollziehbar ist anhand der Ziele ärztlicher Fortbildung, welche objektiv und anhand medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse zu erfolgen hat, dass für solche Veranstaltungen Dritter andere Maßstäbe angelegt werden können, als für Eigenveranstaltungen der Beklagten. Diese Rechtfertigungsmöglichkeit einer Ungleichbehandlung endet jedoch dort, wo die Möglichkeit Dritter pauschal durch die Einordnung anhand des Unternehmenszweckes in einer Weise derart verengt wird, dass es einem ganzen Berufszweig damit faktisch unmöglich wird, entsprechende Fortbildungen zu veranstalten. Das erkennende Gericht verkennt hierbei nicht, dass es sich bei der Neutralität und Objektivität ärztlicher fachlicher Weiter- und Fortbildung um ein überragend wichtiges Gut handelt, welches hohe Maßstäbe an die Durchführung entsprechender Veranstaltungen und deren Organisatoren zu rechtfertigen vermag. Die Allgemeinheit hat ein Interesse an der hohen Qualität ärztlicher Aus- und Weiterbildung.
dd) Werden pauschal ganze Berufszweige von der Möglichkeit der Anerkennung entsprechender Fortbildungen ausgeschlossen, führt dies jedoch zu weit und verengt die Möglichkeit der Veranstaltenden in einer unzulässigen Weise. Es ist nämlich nicht dargelegt und das Gericht vermag es auch nicht als gesichert zu erkennen, dass Unternehmen der pharmazeutischen Industrie alleine wegen ihres unternehmerischen Zweckes stets und ausschließlich wirtschaftliche Interessen verfolgen, während sich die ausschließliche Verfolgung solcher Interessen bei anderen Veranstaltern nicht generell verneinen lässt (vgl. auch: Dieners/Voland, Verfassungsrechtliche Bewertung der Neuregelung zur Anerkennung von Fortbildungsveranstaltungen der Industrie in Bayern, PharmR 2020, S. 244 (247)). Die Beklagte hat etwa empirische Belege dafür, dass die Inhalte der von der Industrie durchgeführten Fortbildungsmaßnahmen stets ausschließlich wirtschaftliche Interessen zugrundeliegen, nicht vorgetragen. Darüber hinaus erschließt sich dem Gericht nicht, dass die Beklagte selbst darauf abstellt, dass „problematisch“ nicht die Veranstaltung an sich sei, sondern die Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke in Bezug auf die Inhalte der Fortbildung. In den Regelungen der Fortbildungsordnung sowie der Richtlinie ist jedoch keine Prüfung der Inhalte im Einzelfall vorgesehen, sondern wird pauschal eine Vermutung aufgestellt, wenn Veranstalter Unternehmen mit den dort aufgeführten Zwecken sind. Die Beklagte führt in diesem Zusammenhang lediglich aus, dass der Gegenstand von Pharmaunternehmen der Betrieb eines Handelsgewerbes und somit die Absicht der Gewinnerzielung sei. Dies rechtfertigt jedoch nach Ansicht der erkennenden Kammer noch keine unwiderlegbare Vermutung dafür, dass Inhalte der von diesen Unternehmen veranstalteten Fortbildungen alleine wirtschaftliche Interessen zugrundeliegen.
Das Gericht verkennt auch in diesem Zusammenhang nicht, dass entsprechende Fortbildungen auch als Marketing-Mittel eingesetzt werden. Dass damit jedoch immer auch die Inhalte von solchen Interessen geprägt sind, ist kein Naturgesetz und bedarf wenigstens einer Einzelfallprüfung durch die Beklagte. Schließlich dürfte auch gewinnorientierten Pharmaunternehmen an einer objektiven medizinisch-wissenschaftlichen Grundlagenforschung gelegen sein, ohne dass stets Produktplatzierungen im Vordergrund stehen müssen. Die Argumentation der Beklagten, dass es „gesundem Menschenverstand“ entspreche und es „lebensfremd“ sei, dass Pharmaunternehmen eine den Anforderungen an die Neutralität entsprechende Veranstaltung durchführen würden, genügt nicht den hohen Anforderungen an die Rechtfertigung eines so weitgehenden Eingriffes in die Berufsfreiheit und den Gleichbehandlungsgrundsatz.
ee) Die in § 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 FO 2020 aufgestellte Vermutung und die Regelung in Nr. 1.5.6 RL 2020 verstoßen mithin insofern gegen höherrangiges Recht, als dass sie pauschal auf der Grundlage der unternehmerischen Betätigung faktisch ausschließen, dass entsprechende Veranstaltungen eine Anerkennung erhalten, ohne dass die Beklagte näher darzulegen hätte, dass sie begründete Zweifel an der Neutralität und fachlichen Objektivität der Veranstaltung hegt. Den betreffenden Unternehmen müsste wenigstens die Möglichkeit eröffnet werden, im Rahmen einer Gegendarstellung darlegen zu können, dass die Inhalte der Fortbildung frei von wirtschaftlichen Interessen sind. Dabei hat das veranstaltende Unternehmen jedenfalls im Lichte der dargestellten Grundrechte einen Anspruch auf ordnungsgemäße Prüfung der Inhalte darauf, ob diese den von der Beklagten selbst aufgestellten Anforderungen genügen. Eine pauschale Ablehnung auf der Grundlage der Annahme, dass Inhalte von Fortbildungen der pharmazeutischen Industrie etc. stets nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sind, verstößt gegen vorbenannte höherrangige Rechte.
ff) Weiter verstoßen § 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 FO 2020 sowie Nr. 1.5.6 RL 2020 gegen das Bestimmtheitsgebot. Es ist bereits nicht in hinreichend bestimmter Weise den Regelungen zu entnehmen, was etwa „Unternehmen vergleichbarer Art“ sein sollen. Damit ist der Beklagten ein weiter Rahmen eröffnet, um Unternehmen von dem Markt der Veranstaltung ärztlicher Fortbildungen, in dem sie selbst auch tätig ist, fernzuhalten.
Wegen der damit festzustellenden Verstöße gegen höherrangiges Recht sind die von der Beklagten herangezogenen Bestimmungen Nr. 1.5.6 RL 2020 sowie § 8 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 FO 2020 zur Ablehnung des Begehrens der Klägerin außerstande. Das Gericht ist befugt diese zu verwerfen (vgl. etwa Sachs, Grundgesetz-Kommentar (9. Aufl. 2021), Art. 20 Rn. 96; Dederer in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 93. EL Oktober 2020, Art. 100 Rn. 9ff.; vgl. auch VG Hamburg, U.v. 22.9.2020 – 17 K 1326/20, S. 19 d. Urteils-Umdr.), so dass die Regelungen nicht von der Beklagten herangezogen werden können, um sie einer Anerkennung der streitgegenständlichen Fortbildungsveranstaltung entgegenzuhalten.
2. Die Beklagte kann insofern auch nicht darauf abstellen, dass die Klägerin die Vermutung, dass die Fortbildungsinhalte nicht frei von wirtschaftlichen Interessen geprägt seien, nicht widerlegt habe. Zum einen spricht die Gesamtschau der Regelungen und auch das der Klägerin gegenüber erfolgte Verhalten der Beklagten dafür, dass es sich um eine unwiderlegbare Vermutung handelt. Darüber hinaus hat die Beklagte der Klägerin nicht einmal die Gelegenheit dazu eingeräumt, die von ihr aufgestellte Vermutung zu widerlegen. Die Beklagte hat sich stets auf die äußere Gestaltung des Programmflyers bezogen, während eine Auseinandersetzung mit den Fortbildungsinhalten – auch während des gerichtlichen Verfahrens – nicht stattgefunden hat. Das Argument, dass es der Beklagten im Rahmen ihrer Selbstverwaltung selbst überlassen sein muss, welche Veranstaltungen sie anerkennt und welche nicht, birgt ein hohes Missbrauchspotential im Hinblick auf eine willkürliche Vergabe. Insofern bedarf es klarer und objektiver Regelungen zu den Voraussetzungen, wobei die Klägerin auch einen Anspruch auf die regelgerechte Durchführung des Anerkennungsverfahrens und Prüfung der Fortbildungsinhalte hat.
III. Der Klage ist jedoch nicht in dem vollen beantragten Umfang stattzugeben. Eine Bewertung mit 16 Punkten innerhalb der Kategorie „A“ kann nicht erfolgen, da von dem Antrag auch eine Vorstellungsrunde, bei der es sich nicht um eine „Fortbildungsmaßnahme“ in dem Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 FO 2020 handelt, umfasst war. In diesem Umfang (1 Fortbildungspunkt) war die Klage abzuweisen. Im Übrigen hat die Beklagte keine weiteren Gründe dargelegt, welche gegen eine Anerkennung der Fortbildungsinhalte herangezogen werden könnten.
C. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, ist es gerechtfertigt, der Beklagten gem. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung.


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