IT- und Medienrecht

Äußerungen zu fehlendem Rücktrittsrecht der Verbraucher bei Verlegung einer Veranstaltung

Aktenzeichen  37 O 5667/20

Datum:
9.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2021, 1055
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UKlaG § 1, § 5
UWG § 3, § 3a, § 5, § 8
BGB § 307
ZPO § 890

 

Leitsatz

1. Beim Vertrieb von Tickets im Wege der Kommission stehen dem Kunden im Fall von Leistungsstörungen im Veranstaltungsverhältnis ausschließlich Ansprüche gegen den Veranstalter zu.
2. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die beim Kommissionsgeschäft die Erstattung von Vorverkaufsgebühren gegenüber Kunden für den Fall von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen ausschließt, ist unwirksam, da sie vom wesentlichen Grundgedanken des § 396 Abs. 1 HGB abweicht und die Kunden unangemessen gemäß §§ 307 Abs. 1 S. 1, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB benachteiligt, indem sie das Durchführungsrisiko vom Veranstalter auf den Kunden verlagert.
3. Die Klausel ist ferner nach § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1 BGB unwirksam, wenn die Höhe der Vorverkaufsgebühr nicht offen ausgewiesen wird, da der Kunde die Höhe des wirtschaftlichen Risikos im Hinblick auf die ausweislich der Klausel nicht erstattungsfähigen Vorverkaufsgebühren nicht abschätzen kann und ihm bei der Abrechnung jede Kontrollmöglichkeit fehlt.

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Komplementär-Aktiengesellschaft, im Rahmen geschäftlicher Handlungen für Verträge und Aufträge betreffend die Lieferung von Eintrittskarten (Tickets) für Veranstaltungen gegenüber Verbrauchern künftig zu unterlassen, folgende Klausel zu verwenden und/oder sich darauf zu berufen wenn dies wie folgt geschieht:
„Die vertreibt die Tickets im Auftrag des jeweiligen Veranstalters als Vermittlerin oder als Kommissionärin, es sei denn, sie ist im Einzelfall ausdrücklich selbst als Veranstalter ausgewiesen.“
„Die im Ticketpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr fällt als Entgelt für die erfolgreiche Vermittlung des Tickets unmittelbar bei dessen Verkauf an. Im Falle von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen durch den Veranstalter oder aus sonstigen Gründen kann die Vorverkaufsgebühr daher nicht erstattet werden.“
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.05.2020 zu zahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger hinsichtlich Ziff. I. jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 EUR und hinsichtlich Ziffer II. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des Betrages, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Der Klage ist teilweise stattzugeben. Im Übrigen ist die Klage mangels Begründetheit abzuweisen.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Es liegt eine zulässige Klageänderung vor. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 26.11.2020 Antrag Ziff. I. 1. konkretisiert und die Klage um die Anträge Ziff. I. 3. und I. 4. erweitert. In der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2021 hat er die beiden Anträge in Ziff. I. 3. zusammengefasst und Antrag Ziff. I. 4. im Übrigen teilweise zurückgenommen. Die Änderungen waren sachdienlich i. S. v. § 263 Alt. 2 ZPO, da es sich um einen ähnlich Streitstoff handelt und ein neuer Prozess vermieden wird (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 263 Rn. 13). Bzgl. Antrag Ziff. I. 4. ist das Gericht infolge wirksamer Teilklagerücknahme nach §§ 263 Alt. 2, 269 Abs. 1 ZPO nicht mehr entscheidungsbefugt. Eine Einwilligung des Beklagten war mangels streitigen Verhandelns i. S. v. § 297 ZPO über die Hauptsache im Zeitpunkt der Klageänderung nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 20.08.1998, Az.: I ZB 38/98 = NJW 1998, 3784; BGH, Urt. v. 06.05.1987, Az.: IV b ZR 51/86 = NJW 1987, 3263).
2. Im Hinblick auf die Anträge Ziff. I. 1. und I. 3. bestehen Zweifel an der Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Unterlassungsanträge sind abstrakt gefasst und lassen nicht erkennen, auf welche konkrete Verletzungshandlungen sie sich beziehen (vgl. BGH, Urt. v. 19.04.2007, Az.: I ZR 35/04 = GRUR 2007, 708, 710 – Internet-Versteigerung II; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 12 Rn. 1.39). Der fehlenden Bestimmtheit kann vorliegend im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) unter Heranziehung der Klagebegründung ausnahmsweise noch abgeholfen werden (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.1995, Az.: I ZR 137/93 = NJW 1995, 3187; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 12 Rn. 1.37), da der Kläger auf die Verletzungshandlungen der Anlagen K1/K7 (Antrag Ziff. I. 1.) und Anlagen K10/K12 (Antrag Ziff. I. 3.) im Sachvortrag Bezug nimmt.
II.
Die Klage ist begründet, soweit die Unterlassung der Verwendung der AGB-Klausel Ziff. VI Nr. 5 (Antrag Ziff. I. 2.) sowie die Erstattung der Aufwendungen der Abmahnung beantragt sind (Antrag Ziff. II.).
1. Der Antrag Ziff. I. 2. ist begründet, da dem Kläger ein Unterlassungsanspruch nach §§ 1, 5 UKlaG i.V. m. § 890 Abs. 1 ZPO zusteht.
a) Der Kläger ist als eingetragene qualifizierte Einrichtung gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG klagebefugt.
b) Die streitgegenständliche Klausel Ziffer VI. Nr. 5, wonach die im Ticketpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr als Entgelt für die erforderliche Vermittlung des Tickets unmittelbar bei dessen Verkauf anfällt und die Vorverkaufsgebühr im Fall von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen durch den Veranstalter oder aus sonstigen Gründen nicht erstattet werden kann, ist gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
aa) Bei der für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten und seitens der Beklagten gestellten Klausel handelt es sich unstreitig um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten nach § 305 Abs. 1 BGB.
bb) Die Klausel ist gemäß § 307 Abs. 3 BGB kontrollfähig, da sie eine abweichende Regelung zur gesetzlich vorgesehenen Rückerstattung des Provisionsanspruchs trifft.
(a) Als Rechtsgrundlage für den Provisionsanspruch der Beklagten kommt bei der Vermittlung von Tickets entweder ein Anspruch gegen den Kunden aus Geschäftsbesorgungsvertrag im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Handelsvertreterin (§ 84 HGB; vgl. hierzu allgemein BGH, Urt. v. 20.02.1986, Az.: I ZR 105/84 = NJW-RR 1986, 709) oder ein Anspruch aus § 396 HGB gegen den Veranstalter aus Kommission (§§ 383 ff. HGB) in Betracht. Da die Beklagte in der Einleitung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausführt, grundsätzlich im Auftrag des jeweiligen Veranstalters als Vermittlerin oder Kommissionärin tätig zu sein, und damit offen lässt, ob sie als Handelsvertreterin oder Kommissionärin nach außen auftritt, ist nach § 305c Abs. 2 BGB die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen und vorliegend für sämtliche Vertragsschlüsse von einer Tätigkeit der Beklagten als Kommissionärin auszugehen (BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 16 – Preisnebenabreden).
(b) Nach der gesetzlichen Regelung steht dem Kunden bei einer nicht ordnungsgemäßen Durchführung der Veranstaltung ein Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises samt Vorverkaufsgebühr gegen den Veranstalter, nicht jedoch gegen die Beklagte zu.
Soweit die Beklagte als Kommissionärin i. S. d. § 383 HGB Eintrittskarten für Veranstaltungen Dritter vertreibt, schließt sie im eigenen Namen mit dem Kunden einen Kaufvertrag über die Eintrittskarte (sog. Ausführungsgeschäft) und wird aus diesem selbst unmittelbar zur Forderung des Kaufpreises nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 2 BGB berechtigt und nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 BGB dazu verpflichtet, dem Kunden den Besitz und das Eigentum an der Eintrittskarte zu verschaffen, die sein Recht auf Zutritt zu der Veranstaltung als so genanntes kleines Inhaberpapier i. S. d. § 807 BGB gem. §§ 793 Abs. 1, 797 S. 1 BGB verbrieft (BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 19 – Preisnebenabreden). Weiterreichende Hauptleistungspflichten der Beklagten bestehen nicht (BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 19 – Preisnebenabreden; OLG Hamm, Urt. v. 30.07.2009, Az.: 4 U 69/09 = NJOZ 2009, 4173). Zwar sind Leistungsstörungen im Rahmen des Ausführungsgeschäfts bei der Kommission allein im Verhältnis zwischen Kommissionär und Kunden abzuwickeln (vgl. § 392 Abs. 1 HGB; Baumbach/Hopt, HGB, 40. Aufl. 2021, § 383 Rn. 21). Da die Beklagte jedoch nicht für eine ordnungsgemäße Durchführung der Veranstaltung verantwortlich ist (OLG Hamm, Urt. v. 30.07.2009, Az.: 4 U 69/09 = NJOZ 2009, 4173, 4175; vgl.: BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 19 – Preisnebenabreden), fehlt es aber insoweit an einer Pflichtverletzung ihrerseits. Auch begründet eine spätere fehlende Durchsetzbarkeit des im Rahmen des Rechtskaufs erworbenen Anspruchs auf Zutritt zu der Veranstaltung keinen Sach- oder Rechtsmangel des Kaufvertrags zwischen Beklagter und Kunden i. S. v. §§ 434, 435 BGB im Zeitpunkt des Übergangs des Eigentums am Ticket sowie des verkörperten Rechts (vgl. allgemein: MüKo-BGB/Westermann, 8. Aufl. 2019, § 453 Rn. 11, § 435 Rn. 6; Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl. 2021, § 453 Rn. 17 ff.; Kreile/Hombach, ZUM 2001, 731, 759), da Leistungsstörungen bzgl. der Veranstaltungsdurchführung zu diesem Zeitpunkt regelmäßig noch nicht bestehen dürften.
Grundsätzlich hat der Kunde bei der vorliegenden Vertragskonstellation bei etwaigen Leistungsstörungen im Veranstaltungsverhältnis aus dem im Ticket verkörperten, als Schuldverschreibung zu behandelnden Recht nach §§ 807, 793 Abs. 1 S. 1, 631 Abs. 1, 535 Abs. 1 BGB Ansprüche gegen den Veranstalter. Bei einer Nichtleistung stehen dem Kunden aufgrund des Charakters als relatives Fixgeschäft insbesondere Ansprüche auf Rückabwicklung aus Rücktritt gemäß §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB sowie aus Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1, Abs. 2 Alt. 2, Abs. 5 BGB zu (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, § 281 Rn. 17, 48), die an die Beklagte seitens des Veranstalters in Vollzug des dem Schuldversprechen zugrundeliegenden Kausalverhältnisses (sog. Begebungsvertrag) abgetreten wurden (vgl. allgemein Palandt/Sprau, BGB, 80. Aufl. 2021, § 793 Rn. 8) und mit der Übertragung des im Inhaberpapier verkörperten Rechts an den Kunden mitübertragen werden. Dem Kunden sind insoweit die gesamten empfangenen Leistungen zurückzugewähren, mithin der gesamte Kaufpreis inklusive der enthaltenen Vorverkaufsgebühr (LG Hannover, Urt. v. 12.04.1994, Az.: 14 O 35/94; a. A.: Kreile/Hombach, ZUM 2001, 731, 759). Ein gegenüber dem Kunden aufrechenbarer Wertersatzanspruch des Veranstalters nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB in Höhe der Vorverkaufsgebühr besteht dabei nicht, da seitens des Veranstalters keine Vermittlungsleistung erbracht wurde.
(c) Die streitgegenständliche Klausel regelt den Rückerstattungsanspruch des Erwerbers im Falle einer Leistungsstörung bei der Durchführung der Veranstaltung sowohl im Verhältnis zu der Beklagten als auch zum Veranstalter abweichend, indem sie den Rückerstattungsanspruch gegenüber dem Veranstalter vorliegend ausschließt. Die Klausel schließt ausweislich ihres Wortlauts eine Erstattung der Vorverkaufsgebühr generell aus, d. h. sowohl seitens der Beklagten als auch seitens des Veranstalters. Zwar stellt die Beklagte in der Einleitung ihrer AGB und im Rahmen der Anbahnung des Kaufvertrages klar, dass vertragliche Beziehungen im Hinblick auf den Veranstaltungsbesuch ausschließlich zwischen dem Kunden und dem jeweiligen Veranstalter zustande kommen. Anders als bei den Klauseln Ziffern VI. 1-VI. 4 und VI. 6 erfolgt in der streitgegenständlichen Klausel Ziff.VI. 5 allerdings keine Beschränkung auf die Haftung des Klägers, sondern eine Rückerstattung der Provision wird generell ausgeschlossen. Da die Beklagte ferner auch bei einer Rückabwicklung des Vertrages wegen Leistungsstörungen aus der Sphäre des Veranstalters im Auftrag der Veranstalter eine Rückabwicklung mit den Kunden vornimmt, muss der Verbraucher die Klausel dahingehend verstehen, dass sich diese auch auf etwaige Ansprüche gegen den Veranstalter bezieht. Zweifel bei der Auslegung gehen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Einem solchen Ausschluss des Rückerstattungsanspruchs des Verbrauchers gegenüber dem Veranstalter seitens der Beklagten steht auch nicht die Relativität der Schuldverhältnisse entgegen. Vielmehr ist der Ausschluss des Rückerstattungsanspruchs gegenüber dem Veranstalter gleichbedeutend mit einer entsprechend beschränkten Abtretung der Rechte an den Verbraucher im Rahmen der Übertragung der Karte und des darin verbrieften Anspruchs durch die Beklagte.
(d) Einer Kontrollfähigkeit steht der Regelungsgegenstand der Klausel nicht entgegen, da diese insbesondere keine Regelung zur vertraglichen Hauptleistung trifft (vgl. BGH, Urt. v. 05.10.2017, Az.: III ZR 56/17 = NJW 2018, 534 Rn. 15).
cc) Die Klausel hält zumindest bei Kommissionsgeschäften der Beklagten der Inhaltskontrolle nicht stand. Denn sie ist mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 396 Abs. 1 HGB, von dem abgewichen wird, nicht vereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligen den Kunden entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in unangemessener Weise (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Da sie unterschiedslos für alle von der Beklagten ausgeübten Geschäftsarten gelten soll, ist die Klausel insgesamt und damit auch bei ihrer Verwendung im Rahmen der Eigenveranstaltungen und des Vermittlungsgeschäfts unwirksam (vgl. BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 13 – Preisnebenabreden). Eine geltungserhaltende Reduktion findet nicht statt.
Nach dem Grundgedanken des § 396 Abs. 1 HGB handelt die Beklagte als Kommissionärin im Interesse des Kommittenten, nicht jedoch des Kunden. Der Beklagten steht daher gegen den Veranstalter bei Erfüllung des Ausführungsgeschäfts mit dem Kunden ein Provisionsanspruch zu, dessen Bestehen von Leistungsstörungen aus der Sphäre des Kommittenten unberührt bleibt (§ 396 Abs. 1 S. 2 2. Hs. HGB). Da es sich bei Veranstaltungsabsagen um Leistungsstörungen aus der Sphäre des Veranstalters handelt, wäre nach dem wesentlichen Grundgedanken des § 396 Abs. 1 HGB der Veranstalter als Kommittent zur Leistung des Provisionsanspruchs gegenüber der Beklagten verpflichtet. Für die Annahme eines gesonderten Geschäftsbesorgungsvertrages zwischen der Kommissionärin und dem Kunden, der als Hauptleistung die Versendung bzw. Übermittlung der erworbenen Eintrittskarte gegen Entgelt zum Gegenstand hat, ist daneben kein Raum (BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 21 – Preisnebenabreden).
Die streitgegenständliche Klausel weicht von diesem Grundgedanken ab und benachteiligt den Kunden hierdurch unangemessen, indem sie den Rückerstattungsanspruch in Höhe der Provision ausschließt und damit das Durchführungsrisiko insoweit vom Veranstalter auf den Kunden verlagert. Der Kunde hätte die Provision der seitens des Veranstalters beauftragten Beklagten damit auch im Fall der Verlegung oder Absage der Veranstaltung zu tragen, obwohl es sich dabei um einen Umstand handelt, der ausschließlich im Verantwortungsbereich und in der Risikosphäre des Veranstalters liegt. Die Durchführung der Veranstaltung liegt gerade nicht in der Hand des Kunden.
Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 396 Abs. 1 HGB indiziert nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bereits eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners. Diese kann zwar auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung widerlegt werden. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat dazu jedoch nichts vorgetragen.
dd) Schließlich ist die Regelung zur Vorverkaufsgebühr – unabhängig davon, ob die Beklagte als Vermittlerin, Kommissionärin oder selbst als Veranstalterin tätig ist – auch deshalb unwirksam, weil sie den Kunden aufgrund ihrer mangelnden Transparenz unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1 BGB).
Die Höhe der Vorverkaufsgebühr ist jedenfalls in den hier vorgetragenen Vorgängen nicht offen ausgewiesen (Anlagen B7/B8, K9). Der Kunde kann damit die Höhe des wirtschaftlichen Risikos im Hinblick auf die ausweislich der Klausel nicht erstattungsfähigen Vorverkaufsgebühren nicht abschätzen, ihm fehlt auch bei der Abrechnung jede Kontrollmöglichkeit (vgl. zur „print@home-Option“: BGH, Urt. 23.08.2018, Az.: III ZR 192/17 = GRUR 2019, 317 Rn. 29 – Preisnebenabreden; OLG Bremen, Urt. v. 15.06.2017, Az.: 5 U 16/16 = NJOZ 2017, 1050, 1053 Rn. 38). Ferner ist dem Kunden vor diesem Hintergrund auch eine Abgrenzung zur zusätzlich in Rechnung gestellten, nicht näher begründeten Buchungsgebühr von max. 2,- EUR pro Ticket nicht möglich.
2. Der Antrag Ziff.II. ist begründet, da dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Abmahnungskosten gemäß § 5 UKlaG i.V. m. § 13 Abs. 3 UWG zusteht. Mit Schreiben vom 21.07.2020 mahnte der Kläger die Beklagte bzgl. der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel berechtigt gemäß § 13 Abs. 1, Abs. 2 UWG ab. Der Erstattung der vollen Abmahnkostenpauschale stand vorliegend nicht entgegen, dass die Abmahnung nur teilweise berechtigt war, da diese sich nach den Kosten des Verbandes richtet (st. Rspr., BGH, Urt. v. 10.12.2009, Az.: I ZR 149/07 = GRUR 2010, 744 Rn. 51 – Sondernewsletter; vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 13 Rn. 133).
3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1, 247 BGB.
II.
Die Klage war im Übrigen abzuweisen. Die Anträge Ziff. I. 1. und I. 3. sind unbegründet.
1. Die Klage ist bzgl. Antrag Ziff. I. 1. unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 2 Abs. 1 UKlaG auf Unterlassung der Äußerungen zu einem fehlenden Rücktrittsrecht der Verbraucher bei einer Verlegung der Veranstaltung zu.
a) Es besteht kein Unterlassungsanspruch der Klägers nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG. Die streitgegenständlichen Äußerungen der Beklagten verstoßen weder gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG i.V. m. § 323 Abs. 1, Abs. 2 BGB noch gegen §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG.
aa) Der Kläger ist als qualifizierte, eingetragene Einrichtung klagebefugt gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG.
bb) Die streitgegenständliche Äußerungen der Beklagten verstoßen nicht gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG, da es sich bei § 323 Abs. 1, Abs. 2 BGB nicht um eine Marktverhaltensvorschrift i. S. v. § 3a UWG handelt.
(1) Die Vorschrift muss (zumindest) auch dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, wobei dieser Zweck nicht der einzige und primäre sein muss (BGH, Urt. v. 01.12.2016, Az.: I ZR 143/15 = GRUR 2017, 641 Rn. 20 – Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln). Ob ein entsprechender Normzweck vorliegt, ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln (BGH, Urt. v. 11.05.2000, Az.: I ZR 28/98 = GRUR 2000, 1076, 1078 – Abgasemissionen). Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Dazu muss sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweisen, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt (BGH, Urt. v. 06.06.2019, Az.: I ZR 67/18 = GRUR 2019, 970 Rn. 28 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater).
(2) Nach dieser Maßgabe handelt es sich bei § 323 Abs. 1, Abs. 2 BGB nicht um eine Marktverhaltensvorschrift. § 323 Abs. 1, Abs. 2 BGB regelt im allgemeinen Schuldrecht die Fälle eines gesetzlichen Rücktrittsgrundes. Beim Rücktrittsrecht handelt es sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht beider Vertragspartner, welches das ursprüngliche Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis i. S. v. § 346 Abs. 1 BGB umwandelt. Eine Tätigkeit zur Absatzförderung, durch die ein Unternehmer auf Verbraucher einwirkt, ist damit gerade nicht Regelungsgegenstand (vgl. allgemein Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Aufl. 2021, § 3a UWG Rn. 1.77). Ferner fehlt es auch am erforderlichen Wettbewerbsbezug, da die Ausübung des Rücktrittsrechts keine Auswirkungen auf den Markt als solchen hat, sondern lediglich auf das Rechtsverhältnis zwischen den beiden Vertragspartnern. Der bloße Ausgleich von Leistungsstörungen zwischen Vertragspartnern ist aber gerade nicht Funktion des Wettbewerbsrechts (BGH, Urt. v. 21.04.1983, Az.: I ZR 30/81 = GRUR 1983, 451, 452 – Ausschank unter Eichstrich).
cc) Es liegt ferner auch keine Irreführung gemäß §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG vor.
(1) Bei den Äußerungen handelt es sich um geschäftliche Handlungen der Beklagten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, also ein Verhalten nach Vertragsschluss, das mit der Durchführung des bestehenden Vertragsverhältnisses objektiv zusammenhängt. Die Äußerungen seitens der Mitarbeiter des Kundenservice der Beklagten sind ihr zuzurechnen, da sie im Rahmen des typischen Aufgabenkreises des Personals im Kundendienst getätigt wurden (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 2 UWG Rn. 55).
(2) Die streitgegenständlichen Äußerungen sind nicht irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG, da es sich um zulässige Äußerungen einer Rechtsansicht der Beklagten handelt.
(a) Nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gem. § 5 Abs. 1 S. 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Alt. 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über – nachfolgend einzeln aufgezählte – Umstände enthält (Alt. 2). Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Fall 2 Nr. 7 UWG ist eine geschäftliche Handlung demnach irreführend, wenn sie sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthält. Der Begriff der Rechte des Verbrauchers hat eine weite Bedeutung (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 UWG Rn. 8.4). Erfasst werden nicht nur Angaben über die Existenz bestimmter Rechte, sondern auch über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung (BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 24 – Prämiensparverträge). Erforderlich ist in diesem Zusammenhang, dass durch die jeweils in Streit stehende Äußerung eine Vorstellung bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt wird, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht in Einklang steht (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 5 Rn. 1.56).
(b) Eine Irreführung durch unwahre Angabe i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 UWG scheidet vorliegend aus.
Unwahre Angaben können nur Tatsachenbehauptungen darstellen, die dem Beweis zugänglich sind. Bei Rechtsansichten handelt es sich grundsätzlich um Meinungsäußerungen, da diesen die Subsumtion eines Sachverhalts unter einschlägige Rechtsnormen zugrunde liegt, die regelmäßig auch wertende Elemente zum Gegenstand hat (BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 38 f. – Prämiensparverträge). Eine Rechtsansicht kann ausnahmsweise eine Tatsachenbehauptung darstellen, wenn mit dieser zum Ausdruck gebracht wird, eine Rechtsfrage sei in einer bestimmten Weise durch Rechtsnormen geregelt oder von der Rechtsprechung entschieden (vgl. BGH, Urt. v. 23.04.2020, Az.: I ZR 85/19 GRUR 2020, 886, 889 Rn. 38, 39 – Preisänderungsregelung).
Nach dieser Maßgabe scheidet vorliegend eine Irreführung durch unwahre Angaben aus. Die Äußerungen der Beklagten, dass die erworbenen Eintrittskarten ihre Gültigkeit behalten und eine Rückerstattung des Kaufpreises nicht möglich sei, stellen keine Tatsachenbehauptungen, sondern Meinungsäußerungen dar. Die Äußerungen konnten von einem informierten, verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher (vgl.: BGH, Urt. v. 05.11.2015, Az.: I ZR 182/14 = GRUR 2016, 521 Rn. 10 – Durchgestrichener Preis II) nicht als Behauptung einer bereits seitens der Rechtsprechung entschiedenen oder eindeutig geklärten Rechtslage verstanden werden. Tatsächlich ist die Rechtslage im Hinblick auf vertragliche Leistungsstörungen im Zusammenhang mit der COVID-19- Pandemie in Literatur und Rechtsprechung ungeklärt und umstritten (vgl. auch LG Würzburg, Urt. v. 23.10.2020, Az.: 1 HK O 1250/20 = GRUR-RR 2020, 540, 542 Rn. 26; vgl. zur Anwendbarkeit von § 313 BGB auf die COVID-19-Pandemie z. B.: Mann/Schenn/Baisch, Vertrieb von Waren und Dienstleistungen in Zeiten von Corona, 1. Aufl. 2020, Abschnitt C.V.4.; zu Gewerberaummietverhältnissen: LG München I, Urt. v. 25.01.2021, Az.: 31 O 7743/20 = BeckRS 2021, 453 Rn. 38, 39 m. w. N.; LG München I, Urt. v. 12.02.2021, Az.: 31 O 11516/20 = ZVertriebsR 2021, 86; Römermann, NJW 2021, 265; Sittner, NJW 2020, 1169; Blatt/Stobbe, IMR 2021, 45; Klimesch, IMR 2021, 47; Brinkmann/Thüsing, NZM 2021, 5). Der Standpunkt der Beklagten zur Anwendung der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) im Falle der pandemiebedingte Unmöglichkeit der termingerechten Durchführung der Veranstaltung mit der Folge einer Anpassung des Vertrages auf einen geänderten Termin unter Ausschluss eines Rücktritts des Kunden erscheint vor diesem Hintergrund rechtlich nicht unvertretbar (vgl. auch LG Würzburg, Urt. v. 23.10.2020, Az.: 1 HK O 1250/20 = GRUR-RR 2020, 540, 541 Rn. 20).
(c) Ferner kommt eine Irreführung durch sonstige zur Täuschung geeignete Angaben i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG nicht in Betracht.
Aussagen über die Rechtslage werden nur in bestimmten Fällen als zur Täuschung geeignete Meinungsäußerung erfasst. Vertritt ein Unternehmen im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung für die betroffenen Verkehrskreise erkennbar eine bestimmte Rechtsansicht, so handelt es sich um eine Meinungsäußerung, die deshalb grundsätzlich selbst dann nicht wettbewerbswidrig ist, wenn sie sich als unrichtig erweist (vgl. BGH, Urt. v. 03.05.2007, Az.: I ZR 19/05 GRUR 2007, 978 Rn. 30 – Rechtsberatung durch Haftpflichtversicherer; BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 30 – Prämiensparverträge). Das folgt aus der Überlegung, dass es dem Unternehmer bei der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung unbenommen bleiben muss, eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Ob diese Rechtsansicht richtig ist, kann nicht im Wettbewerbsprozess, sondern muss in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht (BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 31 – Prämiensparverträge).
Vor diesem Hintergrund stellen die streitgegenständlichen Äußerungen der Beklagten keine zur Täuschung geeignete Meinungsäußerung dar. Für die angesprochenen Verkehrskreise war vorliegend ersichtlich, dass die Beklagte im Rahmen der Korrespondenz mit den Verbrauchern eine Rechtsansicht vertritt. Auf die Richtigkeit der – bisher höchstrichterlich ungeklärten – Rechtsansicht kommt es im Wettbewerbsprozess nicht an.
Soweit der Kläger meint, dass sich die streitgegenständlichen Äußerungen für die Verbraucher nicht als Rechtsmeinungen dargestellt haben, da die Beklagte insoweit keine entsprechende Formulierung wie „nach unserer Ansicht“ oder „nach vorläufiger Einschätzung“ verwendet habe, greift dieser Einwand nicht durch. Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont eines verständigen Durchschnittsverbrauchers war vorliegend erkennbar, dass die Äußerungen der Beklagten sich auf die rechtliche Frage einer Rückerstattung bezogen haben („Stornierung“). Die verfassungsrechtliche Garantie der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG wäre verletzt, wenn solch klarstellende und einschränkende Formulierungen Voraussetzung für die Einordnung als Meinungsäußerung wären. Auch entspricht eine solche Interpretation nicht dem lauterkeitsrechtlichen Verbraucherleitbild.
b) Ein Unterlassungsanspruch nach § 2 Abs. 1 UKlaG scheidet aus. Zwar erfasst § 2 Abs. 1 UKlaG nach richtlinienkonformer Auslegung über den Wortlaut hinaus auch §§ 3 und 5 UWG (BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 37 – Prämiensparverträge), ein Verstoß gegen §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG liegt jedoch nicht vor.
2. Der Antrag Ziff. I. 3. ist unbegründet. Der Kläger kann sich nicht auf einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG oder § 2 Abs. 1 UKlaG stützen, da das bloße Einbehalten von Gebühren keinen Verstoß gegen lauterkeitsrechtliche Vorschriften darstellt.
a) Ein Verstoß gegen §§ 3 Abs. 1, 3a UWG kommt nicht in Betracht. Bei §§ 275, 326, 346 BGB handelt es sich ebenso wie bei § 323 BGB um Normen zur Rückabwicklung im allgemeinen Leistungsstörungsrecht und nicht um Marktverhaltensvorschriften i. S. v. § 3a UWG.
Auch soweit der Kläger sich im Hinblick auf den Sachverhalt vom 06.07.2020 auf einen Verstoß gegen Art. 240 § 5 Abs. 3 S. 1 EGBGB im Zusammenhang mit der sog. „Gutscheinlösung“ beruft, scheidet ein Anspruch aus. Es kann dabei offen bleiben, ob es sich bei Art. 240 § 5 Abs. 3 S. 1 EGBGB mangels einer unionsrechtlichen Grundlage um eine im Einklang mit der RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken stehenden Marktverhaltensvorschrift handelt (vgl. BGH, Urt. v. 07.05.2015, Az.: I ZR 158/14 = GRUR 2015, 1240 Rn. 19 – Der Zauber des Nordens; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 39. Aufl. 2021, § 3a Rn. 1.10 ff.). Denn ein Verstoß gegen Art. 240 § 5 Abs. 3 S. 1 EGBGB scheidet mangels tatsächlichen Vortrags dazu aus, dass hier die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 240 § 5 Abs. 5 EGBGB für einen Auszahlungsanspruch vorgelegen haben.
b) Auch scheidet eine Irreführung nach §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG aus, da es sich beim Einbehalten von Gebühren um einen Realakt handelt, der mangels Informationsgehalts keine „Angabe“ im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 93/17 = GRUR 2019, 754, 756 Rn. 28 – Prämiensparverträge). Auf die Unlauterkeit etwaiger Äußerungen der Beklagten gegenüber Verbrauchern in diesem Zusammenhang hat sich der Kläger gerade nicht gestützt.
c) Ferner kommt auch eine Verletzung von §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 2 UWG nicht in Betracht. Der Klageantrag hat das Einbehalten von Gebühren, nicht jedoch das Vorenthalten wesentlicher Informationen zum Gegenstand.
d) Soweit der Kläger schließlich pauschal behauptet, das Einbehalten von Gebühren stelle eine Umgehung nach § 306a BGB dar, ist dem Vortrag bereits nicht zu entnehmen, welche Verbotsvorschriften dabei konkret umgangen werden. Der Kläger trägt nicht vor, durch welche abweichende tatsächliche oder rechtliche Gestaltung der Vertragsdurchführung die Beklagte die – wie oben dargelegt – unwirksame AGB-Regelung tatsächlich fortführt (vgl. BGH, Urt. v. 25.04.2019, Az.: I ZR 23/18 = GRUR 2019, 750, 754 Rn. 37; BeckOK-BGB/Hau/Poseck, 57. Ed. 01.02.2021, § 306a Rn. 3).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Alt. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.


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