IT- und Medienrecht

Anforderungen an Gemeinschaftsstandards und Sperrung eines Facebookprofils

Aktenzeichen  26 O 5492/18

Datum:
22.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 38395
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 241 Abs. 2, § 242, § 249. § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286, § 307 Abs. 1, § 1004
EUGVVO Art. 17, Art. 18
Rom I-VO Art. 3, Art. 6 Abs. 2 S. 2
GG Art. 5

 

Leitsatz

1. Bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Beitrags ist jeweils der Kontext einzubeziehen und auch abzuwägen, ob einzelne Aussagen, die für sich isoliert betrachtet als Hassrede beurteilt werden könnten, im Zusammenhang mit den anderen Äußerungen noch als zulässige Kritik aufgefasst werden können; dabei herrscht für die Kritik an Personen des öffentlichen Lebens im politischen Bereich ein großzügiger Maßstab. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Prüfung, ob ein Post gegen das Verbot von Hassbotschaften verstößt, muss berücksichtigt werden, dass auf Grund der Meinungsäußerungsfreiheit der Betreiber einer Inernetplattform nicht schrankenlos jegliche abfällige Äußerung über Personen etwa auf Grund ihrer Herkunft oder ihrer religiösen Orientierung verbieten kann; erforderlich ist ein qualifizierter Schweregrad der Äußerung. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das in AGB des Betreibers einer Internetplattform für diesen enthaltene einseitige Leistungsbestimmungsrecht zur Löschung eines Beitrages, ohne dass gesichert wäre, dass der zu löschende Beitrag tatsächlich rechtswidrig ist, benachteiligt den Nutzer unangemessen iSd § 307 Abs. 1 BGB (OLG München BeckRS 2018, 17447). (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
4. In Fällen künftiger Löschungen von “sinngemäßen” Beiträgen oder darauf gestützter Sperrungen eines Profils ist jeweils darauf zu schauen, ob der Kontext tatsächlich der gleiche bzw. vergleichbar ist (OLG München BeckRS 2018, 17447). (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ein Post mit dem Zusatz, dass der Verfasser mit einer zitierten Äußerung sympathisiert, verstößt nicht gegen das Verbot von Hassbotschaften (OLG München BeckRS 2018, 17447). (Rn. 50 – 52) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die am 27.02.2018 vorgenommene Sperrung des Profils des Klägers … auf … rechtswidrig war.
2. Der Beklagten wird aufgegeben, den nachfolgend wiedergegebenen, am 27.02.2018 gelöschten Beitrag des Klägers wieder freizuschalten.
3. Es wird festgestellt, dass die am 27.03.2018 vorgenommene Sperrung des Profils des Klägers … auf….comrechtswidrig war.
4. Der Beklagten wird aufgegeben, den nachfolgend wiedergegebenen, am 27.03.2018 gelöschten Beitrag des Klägers wieder freizuschalten.
5. Die Beklagte wird verurteilt, die am 05.04.2018 gelöschte, vom Profil des Klägers … aus betriebene Seite „Bayern souverän“ auf … wiederherzustellen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob die Sperre gemäß Ziff. 1, 4 oder 7 durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt, und in letzterem Fall, durch welches.
7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
8. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 40 % und die Beklagte 60 % zu tragen.
9. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 16.500,00 € vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil für sie vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 21.500 € bis 12.07.2018, sodann 46.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
A.
I. Das Landgericht München I ist nach Art. 17, 18 EUGVVO international und örtlich zuständig.
II. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung der Unzulässigkeit der gegen ihn verhängten Sperren, § 256 ZPO. Die gegen ihn verhängten Sperrzeiten sind bereits abgelaufen und können daher nicht mehr rückgängig gemacht werden. Allerdings kann der Kläger im Sinne einer Fortsetzungsfeststellung die Rechtswidrigkeit für die Zukunft festgestellt erhalten, weil die Beklagte an die Tatsache früherer Sperren bei weiteren Sperren in der Zukunft Konsequenzen der Gestalt knüpft, dass sich die Dauer weiterer Sperren verlängert.
III. Der Kläger ist auch prozessführungsbefugt zur Geltendmachung eines Wiederherstellungsanspruchs hinsichtlich der Seite „Bayern Souverän“. Zwar war der Kläger im Zeitpunkt der Deaktivierung dieser Seite unstreitig nicht mehr Administrator der Seite. Jedoch wurde er vom damaligen Administrator zur Geltendmachung des Wiederherstellungsanspruchs im eigenen Namen ermächtigt. Diese Ermächtigung ist wirksam. Sie begründet eine gewillkürte Prozessstandschaft des Klägers. Die Voraussetzung eines schutzwürdigen Eigeninteresses an der Prozessstandschaft ist auch gegeben, da der Kläger Ersteller und früher Administrator der Seite war und nach eigenen Angaben seine Administratorenstellung aufgab, um nicht bei Verstößen aus der Sicht der Beklagten mit seinem Profil ebenfalls gesperrt zu werden. Zudem war der Kläger mit eigenen Beiträgen Nutzer der Seite Ferner gab der Kläger an, Interesse daran zu haben, die Administratorenstellung wieder einzunehmen, wenn gesichert sei, dass er in der Zukunft nicht mehr gesperrt würde.
B.
Die Klage ist teilweise begründet.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Feststellung, dass die gegen ihn durch die Beklagte verhängte Sperre seines Facebook-Profils am 27.02.2018 rechtswidrig war.
1. Die Rechtmäßigkeit der Sperre bestimmt sich auf Grund der in Ziff. 5 der Sonderbedingungen für Deutschland (Anlage KTB2) getroffenen Rechtswahl nach deutschem Recht. Die Rechtswahl ist nach Art. 3 Rom I-Verordnung wirksam. Sie unterliegt insbesondere nicht den Beschränkungen nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-Verordnung.
2. Die Sperre des Profils des Klägers bei der Beklagten verletzte den zwischen den Parteien geschlossenen Nutzungsvertrag in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB.
a) Dieser Nutzungsvertrag ist als Vertrag sui generis anzusehen. Die Rechtsgrundlage des Vertragsverhältnisses wird im Wesentlichen bestimmt durch die Geschäftsbedingungen der Beklagten, welche der Kläger bei Anlage seines Kontos bei der Beklagten akzeptiert hat. Gegenstand der Beurteilung sind insoweit noch die Bedingungen, welche der Kläger als Anlagen KTB1-KTB3 vorgelegt hat, da im Zeitpunkt der hier gegenständlichen Äußerung die neuen Geschäftsbedingungen (Anlagen B1-B4) noch nicht in Kraft waren, ungeachtet der Frage, ob diese überhaupt wirksam in den Vertrag des Klägers einbezogen wurden.
b) Der vom Kläger verfasste Beitrag, welcher Anlass für die Sperre war (vgl. Bl. 2/3 d.A.) verstieß nicht gegen die Gemeinschaftsstandars der Beklagten (Anlage KTB3), insoweit diese zutreffend ausgelegt werden unter Berücksichtigung der Ausstrahlungswirkung der Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 GG, die im Verhältnis unter Privaten allerdings nicht unmittelbar anwendbar ist.
aa) Es liegt zunächst kein Verstoß des Klägers gegen das Verbot von Angriffen auf Personen des öffentlichen Lebens vor. Nach der zugehörigen Beschränkung in den Gemeinschaftsstandards sind zwar grundsätzlich offene und kritische Diskussionen zu Personen erlaubt, die etwa auf Grund ihres Berufs in den Nachrichten Thema sind. Allerdings sind glaubhafte Drohungen sowie Hassbotschaften gegen solche Personen untersagt.
Der Kläger hat den Beitrag, auf Grund dessen eine Sperre erfolgte, im eigentlichen Inhalt zwar nicht selber geschrieben, sondern einen fremden Beitrag der … zitiert. Zu diesem erklärte der Kläger in seinem eigenen Beitrag, es handele sich um einen „schönen Post auf der Facebook Seite von Angela Merkel“. Vor dem Zitat des eigentlichen Artikels der … hieß es weiter „hier der wunderbar geschriebene Artikel“. Damit hat sich der Kläger den Post von … vollumfänglich zu eigen gemacht, so dass die Rechtmäßigkeit seines Posts so zu bewerten ist, als wenn er den wiedergegebenen Inhalt selber geschrieben hätte.
Zwar heißt es in dem zitierten Beitrag, die Bundeskanzlerin sei die „verachtenswerteste und kriminellste Bundeskanzlerin“, die Deutschland je gehabt habe. Diese habe dem deutschen Volk „vorsätzlich und gesetzeswidrig Terror, Krieg, Armut und Tod durch illegale Asylschmarotzer, hunderttausende Söldner, IS Terroristen und weitere Schwerverbrecher“ gebracht. Ferner hieß es in dem Beitrag, die Autorin (und damit auch der Kläger) hofften, die Bundeskanzlerin würde wegen der genannten Handlungen vor Gericht gestellt und mindestens zu lebenslanger Haft verurteilt werden.
Allerdings ist bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines Beitrags jeweils der Kontext einzubeziehen und auch abzuwägen, ob einzelne Aussagen, die für sich isoliert betrachtet als Hassrede beurteilt werden könnten, im Zusammenhang mit den anderen Äußerungen noch als zulässige Kritik aufgefasst werden können. Bei dieser Prüfung im Einzelfall ist zu berücksichtigen, dass auf Grund der Meinungsäußerungsfreiheit, die auch auf die Auslegung der Gemeinschaftsstandards im Rahmen der Berücksichtigung von deren Generalklauselhaftigkeit ausstrahlt, gerade für die Kritik an Personen des öffentlichen Lebens im politischen Bereich ein großzügiger Maßstab herrscht. Politisch exponierte Personen müssen sich regelmäßig kritische Äußerungen über ihre politische Tätigkeit gefallen lassen, die bei nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Personen als Herabsetzung unzulässig wären.
Hier ist zu berücksichtigen, dass der Schwerpunkt des geteilten Posts in einer massiven Kritik an der Politik der Bundeskanzlerin und den anderen Mitgliedern der Bundesregierung im Rahmen der sog. Flüchtlingskrise 2015/2016 liegt. Es handelt sich damit im Schwerpunkt um einen Beitrag zur politischen Meinungsbildung und nicht um eine gezielte persönliche Herabsetzung der Bundeskanzlerin ohne Bezug zu deren politischer Tätigkeit. Auch wird nicht isoliert zu Gewalt gegen die Bundeskanzlerin aufgerufen, sondern die Verfasserin des Posts und damit auch der Kläger bringen zum Ausdruck, dass sie hoffen, dass sich die Bundeskanzlerin vor Gericht, also in einem justizförmigen Verfahren, für ihr politisches Handeln rechtfertigen müsse.
bb) Es liegt entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein Verstoß gegen das Verbot von Hassbotschaften vor. Als solche definiert die Beklagte in den damals geltenden Gemeinschaftsstandards Inhalte, die Personen auf Grund bestimmter Eigenschaften direkt angreifen, insbesondere ihrer Rasse, ihrer Ethnizität, ihrer nationalen Herkunft und ihrer religiösen Zugehörigkeit. Die Gemeinschaftsstandards bestimmten insofern weiter, dass Personen, die Hassbotschaften anderer Personen teilen, um diese zu diskutieren, sich von diesen distanzieren müssten.
Zunächst ist festzuhalten, dass die damalige Definition von Hassbotschaften eine sehr vage ist, die gleichzeitig von ihrem Wortlaut her sehr weit ist. Rein nach dem Wortlaut wären alle Posts erfasst, die sich negativ über eine Person äußern auf Grund der in der Bestimmung genannten Eigenschaften der Person. Bei der Prüfung, ob der Post des Klägers gegen das Verbot von Hassbotschaften verstößt, muss aber Berücksichtigung finden, dass auf Grund der Meinungsäußerungsfreiheit, die auch auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ausstrahlt, die Beklagte nicht schrankenlos jegliche abfällige Äußerung über Personen etwa auf Grund ihrer Herkunft oder ihrer religiösen Orientierung verbieten kann. Erforderlich ist ein qualifizierter Schweregrad der Äußerung. Auch muss Berücksichtigung finden, ob sich die Äußerung gezielt gegen Einzelpersonen oder zumindest eine abgrenzbare Personenzahl richtet oder ob eine vage, abwertende Äußerung über eine große Personengruppe getroffen wird. Letzteren Äußerungen kommt regelmäßig eine nur sehr eingeschränkt negative Bedeutung zu bzw. hat sie für die betroffene Gruppe kaum Bedeutung. Exemplarisch kann dies anhand einer fiktiven Äußerung wie „Die Holländer nerven mich, weil die immer mit ihren Wohnwägen die Straßen in Deutschland blockieren“ gezeigt werden. Diese Äußerung würde rein vom Wortlaut her unter die weit gefasste Definition von Hassbotschaften fallen (Angriff auf bestimmte Personen auf Grund ihrer nationalen Herkunft), gleichzeitig käme ihr aber sicherlich keine größer negative Bedeutung für die betroffene Personengruppe zu. Auch lässt sich die genannte fiktive Äußerung kaum unter den Begriff „Hass“ subsumieren.
Im Rahmen der nach obigen Maßstäben vorzunehmenden Abwägung hinsichtlich der getroffenen Äußerungen ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Wortlaut der Äußerungen teilweise ein äußerst negativer ist. So ist etwa die Rede von „illegalen Asylschmarotzern“ und „weitere Schwerverbrecher“. Inhaltlich wird ausgeführt, dass „Ihre Gäste“ (gemeint sind die Flüchtlinge) Gewaltverbrechen begehen würden und dass es sich um „mehrheitlich kriminelle Invasoren“ handele, die in Deutschland „vergewaltigen und morden“. Allerdings werden diese Worte im Kontext einer massiven Kritik an der Politik der Bundesregierung verwandt. Sie sind gerade nicht unmittelbar an Flüchtlinge gerichtet. Auch werden in dem Post nicht alle Flüchtlinger ausnahmslos als Kriminelle bezeichnet, sondern es ist die Rede davon, dass es solche Kriminellen gebe. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es entsprechende Einzeltaten von Flüchtlingen, welche in dem Post angeprangert werden (Vergewaltigung, Mord) auch gegeben hat. Die Formulierung „mehrheitlich kriminelle Invasoren“ mag sehr drastisch sein. Sie entspricht mit Sicherheit auch nicht der tatsächlichen Kriminalitätsbelastung unter Flüchtlingen. Allerdings erlaubt die Meinungsäußerungsfreiheit im Kampf um die politische Deutungshoheit auch drastische, überzeichnete Äußerungen, insbesondere wenn diese nicht auf konkrete einzelne Personen bezogen sind. Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Verbot von Hassrede zumindest auch der Verhinderung von Übergriffen auf die dort genannten Personen dienen soll, jedoch bei einer Kritik auf der Facebook-Seite der Bundeskanzlerin eine unmittelbare Gefahr für dieses zu schützende Rechtsgut nicht besteht.
c) Der Kläger hat auch Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Sperre. Die Beklagte stützt ihre gegen den Kläger verhängte Sperre offenbar auf Ziff. 14 S. 1 der AGB. Abgesehen davon, dass diese Bestimmung ausweislich ihrer Überschrift nicht temporäre Sperren regeln soll, sondern die Beendigung des Vertrags als solchem, sind die Voraussetzungen dieser Klausel auch nicht gegeben. Ein Verstoß gegen den Inhalt dieser Vereinbarung hat der Kläger nicht begangen. Die Beklagte stützt sich zur Begründung auf den oben genannten Beitrag des Klägers, der jedoch ebenfalls nicht gelöscht werden durfte. Insoweit konnte sich die Beklagte für die Löschung des Beitrags nicht auf Ziff. 5.2 der AGB berufen, weil diese Bestimmung den Kläger als Nutzer von Facebook unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 BGB (vgl. Beschluss des OLG München vom 17.07.2018, Az.: 18 W 858/18. Die Beklagte räumt sich mit dieser Bestimmung ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ein, ohne dass gesichert wäre, dass der zu löschende Beitrag tatsächlich rechtswidrig wäre.
II. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf erneute Freischaltung des am 27.02.2018 gelöschten Beitrags.
1. Die Löschung dieses Beitrags war rechtswidrig, da er nicht gegen die Gemeinschaftsstandards oder sonstige vertragliche Vereinbarungen verstieß (s.o.). Der Kläger hat aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag sui generis einen rechtlichen Anspruch, dass nicht vertragswidrige Inhalte veröffentlicht werden. Eine technische Einschränkung der Gestalt, dass etwa dem Kläger der Anspruch zu versagen wäre auf Grund der Vielzahl an Beiträgen, die Probleme hinsichtlich der Speicherung der Beiträge bedeuten würde, besteht vorliegend ersichtlich nicht.
2. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt hat, das Gericht habe darauf zu achten, dass der Beklagten nur etwas aufgegeben werden kann, was diese technisch leisten könne, ist dies grundsätzlich zutreffend. Es ist allerdings nicht zu erkennen und seitens der Beklagten auch nicht vorgebracht worden, dass der Beklagten eine erneute Freischaltung auf Grund bereits endgültig vollzogener Löschung technisch nicht mehr möglich sei. Im Übrigen würde eine technische Unmöglichkeit ggf. Vollstreckungsprobleme bewirken, sie ist aber in dieser Pauschalität nicht im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigen.
Die ebenfalls seitens des Prozessbevollmächtigten der Beklagten angesprochene Problematik, dass das Gericht bei einer Wiederherstellungsverpflichtung auf den Kontext zu achten habe, stellt sich aus Sicht des Gerichts an dieser Stelle nicht. Der Beklagten wird aufgegeben, einen ganz konkreten Beitrag des Klägers wiederherzustellen. Damit ist der Kontext gewahrt.
III. Der Kläger hat keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte dahingehend, dass es dieser zu untersagen wäre, ihn für die Einstellung des in Ziff. 2 der Klageanträge genannten Textes erneut zu sperren oder diesen Beitrag erneut zu löschen.
Das OLG München hat hierzu in seinem Beschluss vom 17.07.2018, Az.: 18 W 858/18 in Rn. 55, 56 ausgeführt:
„Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes geht das Verbot einer Äußerung ohne Bezugnahme auf den jeweiligen Kontext grundsätzlich zu weit, weil eine Untersagung stets eine Abwägung zwischen dem Recht des von der Äußerung Betroffenen, insbesondere auf Schutz seiner Persönlichkeit, und dem Recht des sich Äußernden auf Meinungs- und Medienfreiheit unter Berücksichtigung des Kontextes, in dem die Äußerung gefallen ist, voraussetzt (BGH, Urteil vom 11.12.2012 – VI ZR 314/10, Rn. 32, NJW 2013, 790). Bei der Prüfung der Frage, ob ein „kerngleicher“ Verstoß gegen eine titulierte Unterlassungsverpflichtung vorliegt, kann der Aussagegehalt der beiden Äußerungen unter Berücksichtigung ihres jeweiligen Kontextes miteinander verglichen werden. Der Kontext eines künftigen „sinngemäßen“ Textes, dessen Löschung der Antragsteller der Antragsgegnerin verbieten lassen will, ist aber erst bekannt, wenn der Text tatsächlich auf … eingestellt wird. Da die Rechtswidrigkeit einer Äußerung aber maßgeblich vom Kontext abhängt, in dem sie gefallen ist, kann im Vorfeld nicht entschieden werden, ob eine Löschung des „sinngemäßen“ Textbeitrags durch die Antragsgegnerin unzulässig wäre.“
Zwar beantragt der Kläger hier nicht eine Untersagung einer zukünftigen Sperre wegen der Einstellung eines „sinngemäßen“ Textbeitrags. Aber auch ohne eine solche Erweiterung des Antrags kann die begehrte Unterlassung nicht ausgesprochen werden. Es ist in Fällen künftiger Löschungen von Beiträgen des Klägers oder darauf gestützter Sperrungen seines Profils jeweils darauf zu schauen, ob der Kontext tatsächlich der gleiche bzw. vergleichbar ist. Hierbei kann nicht auf eine Wortlautidentität alleine abgestellt werden. So wäre etwa denkbar, dass der Kläger einen wortgleichen Beitrag in einen anderen Beitrag integriert, der für sich genommen rechtswidrig ist und die Beklagte berechtigen würde, den Kläger zu sperren. Daher kann eine entsprechende Untersagung für die Zukunft nicht ausgesprochen werden.
IV. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Feststellung, dass die am 27.03.2018 vorgenommene Sperrung seines Profils rechtswidrig war.
Die Sperre verstieß gegen die vertraglichen Vereinbarungen, weil dem Kläger in Hinblick auf den Post, welcher zu der Sperre geführt hat (vgl. Bl. 53 d.A.) kein Vertragsverstoß anzulasten ist. Der Post, bei dem es sich im Wesentlichen um ein Zitat des ungarischen Ministerpräsidenten … handelt mit dem Zusatz, dass der Kläger mit dessen Äußerung sympathisiert, verstößt nicht gegen die Gemeinschaftsstandards, insbesondere das Verbot von Hassbotschaften.
Das OLG München hat hierzu in seinem Beschluss vom 17.07.2018, Az.: 18 W 858/18 in Rn. 36-44 in Bezug auf den identischen Post ausgeführt:
„Anhand der Anführungszeichen und der Quellenangabe „Orbán Viktor“ erkennt der verständige und unvoreingenommene Leser, dass es sich im Wesentlichen um ein Zitat des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán handelt. Lediglich die abschließende Frage „Wer gibt diesem Mann ein LIKE?“ stellt eine eigene Äußerung des – durch Name und Lichtbild identifizierbaren – Antragstellers dar. Im Kontext versteht der Leser diese Frage dahin, dass der Antragsteller sich die zitierte Ansicht des ungarischen Ministerpräsidenten zu eigen macht und die Leser dazu auffordert, sich durch Abgabe einer positiven Bewertung („LIKE“) dieser Auffassung anzuschließen. Dem Gesamtkontext des wiedergegebenen Zitats entnimmt der maßgebliche Leser, dass es sich bei „diesen Menschen“, von denen Orbán spricht, um Flüchtlinge muslimischen Glaubens handelt, die aus Syrien nach Ungarn gelangt sind und dort um Aufnahme ersucht haben. Orbán ist allerdings der Ansicht, dass es sich nicht wirklich um „muslimische Flüchtlinge“ gehandelt habe, sondern bezeichnet sie als „muslimische Invasoren“. Der verständige und unvoreingenommene Leser erkennt, dass die nachfolgenden Ausführungen der Begründung dieser Aussage dienen sollen: Um von Syrien durch Ungarn zu gelangen, müsse man vier Länder durchqueren. Der Umstand, dass die syrischen Flüchtlinge nicht bereits in einem der von ihnen durchquerten vier Transitländer um Aufnahme gebeten haben, belegt für den ungarischen Ministerpräsidenten, dass sie nicht in ihrer Heimat mit dem Tode bedroht sind oder sich vor dem syrischen Bürgerkrieg in Sicherheit bringen wollen („rennen nicht um ihr Leben“), sondern ein „besseres Leben“ suchen, also von den besseren wirtschaftlichen Verhältnissen in Ungarn profitieren möchten. Orbán wirft den Flüchtlingen vor, dass sie nicht vorher um Aufnahme gebeten, sondern die Grenze illegal durchbrochen hätten. An diesen Vorwurf knüpft er aus Sicht des maßgeblichen Lesers die Feststellung: „Das war keine Flüchtlingswelle, das war eine Invasion.“ Spätestens an dieser Stelle erkennt der Leser, dass Orbán die dem militärischen Sprachgebrauch entlehnten Begriffe „Invasoren“ und „Invasion“ in einem übertragenen Sinn gebraucht, um damit die illegale Überschreitung der ungarischen Grenze durch eine große Anzahl von syrischen Flüchtlingen zu umschreiben. Im letzten Satz des Zitats bringt der ungarische Ministerpräsident aus Sicht des Lesers sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass in Deutschland das mit der Flüchtlingswelle verbundene „Chaos“, die „Anarchie“ – im Kontext zu verstehen als das zumindest zeitweilige und faktische Außer-Kraft-Setzen der geltenden Einreisebestimmungen – und das illegale Überschreiten von Grenzen positiv bewertet werden konnte.(3) Mit diesem Aussagegehalt kann der Beitrag des Antragstellers nicht als direkter Angriff auf Personen wegen ihrer Rasse, Ethnizität, nationalen Herkunft und religiöser Zugehörigkeit – die übrigen Eigenschaften, die zum Ziel einer „Hassbotschaft“ im Sinne der Gemeinschaftsstandards der Antragsgegnerin gemacht werden könnten, kommen im vorliegenden Fall von Vorneherein nicht in Betracht – gewertet werden. Soweit in dem Zitat von „Syrien“ die Rede ist, wird damit nur die geographische Herkunft der Flüchtlinge umschrieben. Diese Herkunft wird aber nicht als solche, zum Gegenstand der geäußerten Kritik gemacht. Die von Orbán kritisierte Verhaltensweise der Flüchtlinge, das illegale Durchbrechen von Grenzen auf der Suche nach einem besseren Leben, wird nicht als typisch für Syrer bzw. Menschen syrischer Herkunft hingestellt. In dem ausdrücklichen Hinweis auf den muslimischen Glauben der Flüchtlinge erkennt der verständige und unvoreingenommene Leser zwar das Bestreben des ungarischen Ministerpräsidenten, gegenüber seinem – nicht näher bekannten – Publikum die Fremdheit der Flüchtlinge in religiöser Hinsicht zu betonen. Ein direkter Angriff auf Menschen muslimischen Bekenntnisses wegen ihrer religiösen Zugehörigkeit kann darin jedoch nicht gesehen werden, zumal Orbán selbst die von ihm kritisierten „muslimische(n) Invasoren“ von „muslimische(n) Flüchtlingen“ abgrenzt. Der maßgebliche Leser erkennt, dass die Bezeichnung der Flüchtlinge als „Invasoren“ wegen der militärischen Konnotation des Begriffs geeignet ist, beim Publikum diffuse Ängste der Bedrohung hervorzurufen. Entscheidend ist jedoch, dass in dem Zitat die tatsächliche Grundlage dieses Werturteils – das massenhafte illegale Überschreiten der Grenze – offen gelegt und damit einer eigenständigen Überprüfung durch den Leser zugänglich gemacht wird. Die durchaus scharf formulierte Kritik an dem beschriebenen Verhalten der Flüchtlinge ist vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) gedeckt, zumal es sich bei der Flüchtlingskrise um eine die Öffentlichkeit stark bewegende Frage handelt. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen verbietet sich nach den eigenen Gemeinschaftsstandards der Antragsgegnerin die Einordnung des streitgegenständlichen Textbeitrags als „Hassbotschaft“. Durch die Entfernung des Beitrags hat die Antragsgegnerin der Ausstrahlungswirkung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit auf ihr Vertragsverhältnis mit dem Antragsteller nicht ausreichend Rechnung getragen. ee) Der streitgegenständliche Beitrag stellt schließlich auch keinen rechtswidrigen Inhalt im Sinne von § 1 Abs. 3 NetzDG dar. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der in dieser Vorschrift genannten Strafnormen sind ersichtlich nicht erfüllt, weshalb eine hierauf gestützte Löschung des Beitrages nicht in Betracht kommt.“
Das Gericht schließt sich diesen umfassenden Erwägungen ausdrücklich an. Ergänzend darf noch ausgeführt werden, dass die Tatsache, dass die Beklagte keine aussagekräftigen Begründungen für die Löschung von Beiträgen und darauf gestützte Profilsperren angibt, durchaus besorgen lässt, dass derjenige, der für die Sperrung unmittelbar verantwortlich war, gar nicht erkannt hat, dass es sich um ein Zitat handelt, welches in der politischen Auseinandersetzung erheblich diskutiert wurde.
V. Der Kläger kann von der Beklagten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag die Wiederherstellung des Beitrags verlangen.
VI. Der Kläger kann von der Beklagten nicht verlangen, dass diese es zu unterlassen hätte, den Kläger für das Einstellen des vorgenannten Beitrags erneut zu sperren oder diesen Beitrag erneut zu löschen. Wie bereits oben unter III. ausgeführt, kommt es jeweils auf den Kontext an, in dem eine entsprechende Äußerung fällt, so dass eine allgemeine Untersagung nicht erfolgen kann.
VII. Der Kläger kann in gewillkürter Prozessstandschaft verlangen, dass die Beklagte die Seite „Bayern Souverän“ wiederherstellt.
Die Beklagte hat diese Seite zu einem zwischen den Parteien im Einzelnen streitigen Zeitpunkt Anfang April 2018 deaktiviert, obwohl ein Grund für die Deaktivierung der Seite nicht vorlag. Die Beklagte begründet ihre Deaktivierung der Seite damit, dass es auf der Seite innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten zu fünf Verstößen gegen die Gemeinschaftsstandards gekommen sei.
1. Ungeachtet der Tatsache, dass die Beklagte eine explizite vertragliche Grundlage für die Deaktivierung der Seite nicht nennt und eine solche sich auch nicht aus den Bedingungen für Seiten (Anlage B4) ergibt, muss das Gericht aus prozessualen Gründen davon ausgehen, dass auf der Seite keine hinreichende Zahl an gemeinschaftsstandardswidrigen Posts veröffentlich wurden. Das Gericht hat die Beklagte mehrfach dazu aufgefordert, anzugeben, wieviele Posts auf dieser Seite in welchem Zeitraum veröffentlicht wurden und wieviele davon beanstandet wurden. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es sowohl auf eine solche Zahl an als auch auf die Berücksichtigung des Kontextes der eingestellten Beiträge. Werden auf einer Seite eine Vielzahl an Beiträgen gepostet, von denen sich nur wenige als gemeinschaftsstandardswidrig erweisen, so kann die Beklagte diese Seite nicht sperren. Andernfalls würden andere Nutzer als die Verursacher der rechtswidrigen Posts, auch wenn diese als Nutzer weit überwiegen, in eine faktische Mithaftung genommen werden für einzelne rechtswidrige Posts anderer Nutzer. Da die Beklagte entsprechende Zahlen trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht lieferte, ist aus prozessualen Gründen zu ihren Lasten anzunehmen, dass die Zahl der eingestellten Posts so groß war, dass die fünf von ihr beanstandeten Posts eine Sperrung der Seite nicht rechtfertigten.
2. Allerdings bildeten auch die einzelnen von der Beklagten herausgegriffenen Posts keinen Grund, die Seite zu sperren.
a) Die Beklagte hält zunächst den vom Kläger eingestellten Beitrag der Anlage B7 für rechtswidrig. Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass dieser Post die Richtlinien gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern verletzen würde.
Die von der Beklagten gegebene Begründung lässt besorgen, dass sich die Beklagte in gar keiner Weise mit dem Kontext der Äußerung des Klägers auseinandergesetzt hat: Der Post nahm Bezug auf eine von der Arbeiterwohlfahrt Fulda organisierte Veranstaltung zum interkulturellen Austausch zwischen Flüchtlingen und Deutschen. Hierbei ist der Beklagten zwar einzuräumen, dass die Darstellung dieser Veranstaltung in dem Medium, welches der Kläger in seinem Post verlinkte, äußerst tendenziös war und teilweise nicht der Realität entsprach (insbesondere die Äußerung, es sei um das „Zuführen“ junger Mädchen an männliche Flüchtlinge gegangen). Allerdings ist sowohl die offensichtliche Verballhornung der Arbeiterwohlfahrt zur „Araberwohlfahrt“ als auch die Abbildung eines jungen Mädchens mit dem Kommentar „Ich parshippe jetzt mit der Araberwohlfahrt“ offensichtlich nicht mit dem Ziel erfolgt, die sexuelle oder sonstige Ausbeutung von Kindern zu fördern, sondern an der Veranstaltung, welche die Arbeiterwohlfahrt organisierte, Kritik zu üben. Der Post ist mithin offensichtlich ironisch gemeint und soll gerade kritisieren, dass eine Organisation wie die Arbeiterwohlfahrt sich (vermeintlich) mit dem Verkuppeln von Flüchtlingen mit jungen deutschen Mädchen befasst.
b) Die Beklagte stützt die von ihr vorgenommene Sperrung der Seite weiterhin auf einen Post des Klägers mit einem integrierten Video „Fisabilillah“, welches der Terrorpropaganda dienen solle (Screenshot Anlage B8). Dieser Beitrag verstößt in der Tat gegen das Verbot der Verbreitung von Terrorpropaganda. Es fehlt auch jegliche Distanzierung des Klägers von diesem Inhalt, wenngleich das Gericht dem Kläger nach dem persönlichen Eindruck des Gerichts vom Kläger glaubt, dass es ihm nicht um Terrorpropaganda gegangen sei.
d) Der dritte Beitrag, auf den sich die Beklagte für die Deaktivierung der Seite „Bayern Souverän“ stützen will, wird von ihr nicht vorgelegt. Er kann daher nicht zur Rechtfertigung der Sperre dienen.
d) Der vierte Beitrag, auf den seitens der Beklagten die Sperre gestützt wird (Anlage B9), ist identisch mit dem Beitrag des Klägers vom 27.02.2018 mit Ausnahme des Vorsatzes des Klägers im Beitrag vom 27.02.2018. Maßgebliche Unterschiede zur Bewertung oben unter Ziff. I ergeben sich dadurch aber nicht, so dass auf die Ausführungen oben verwiesen wird.
e) Der fünfte Beitrag, auf den sich die Beklagte für die Deaktivierung der Seite „Bayern Souverän“ stützen will, wird von ihr nicht vorgelegt. Er kann daher nicht zur Rechtfertigung der Sperre dienen.
VIII. Der Kläger kann von der Beklagten nicht verlangen, dass diese Facebook-Seiten des Klägers ohne Begründung löscht. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für einen entsprechenden Anspruch des Klägers gegen die Beklagte. Zwar ist auch aus Sicht des Gerichts äußerst misslich, dass die Beklagte kein aussagekräftigen Begründungen für das Löschen von Beiträgen, das Sperren von Profilen und die Deaktivierung von Seiten gibt, weil es so unmöglich ist, nachzuvollziehen, welche Erwägungen für denjenigen, der die Entscheidung dazu traf, maßgeblich waren, aber eine Verurteilung durch das Gericht setzt voraus, dass es eine Rechtsgrundlage für einen entsprechenden Anspruch gibt. Eine solche ist aber weder in den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien genannt, noch ergibt sie sich aus dem Gesetz, etwa aus § 241 Abs. 2 BGB oder § 242 BGB.
IX. Der Kläger hat aus § 242 BGB Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte, ob die gegen ihn verhängten Sperren bzw. die Deaktivierung der Seite „Bayern Souverän“ durch ein von der Beklagten beauftragtes Unternehmen erfolgte und ggf. durch welches.
Der Kläger bringt unwidersprochen vor, dass in den Medien berichtet worden sei, dass Facebook die Löschung von Beiträgen nicht durch eigene Mitarbeiter bearbeite, sondern auf beauftragte Unternehmen zurückgreife. Ihm sei aber nicht bekannt, ob dies gerade bei ihm der Fall gewesen sei und ggf. durch welches Unternehmen. Es kämen deliktische Ansprüche gegen diese Unternehmen in Betracht.
Der Kläger befindet sich damit in zu entschuldigender Unkenntnis über die Tatsache, ob Dritte an den ihn betreffenden Sperrungen mitwirkten. Gleichzeitig ist anzuerkennen, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Erlangung entsprechender Informationen hat, da jedenfalls deliktische Ansprüche etwa aus § 826 BGB gegen diese Drittunternehmen nicht vollkommen ausgeschlossen sind. Der Beklagten ist dagegen die gewünschte Auskunft unschwer möglich. Auch werden keine Geheimhaltungsinteressen der Beklagten durch die Verurteilung zu einer entsprechenden Auskunft verletzt.
X. Der Kläger hat hingegen keinen Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte, ob diese von der Bundesregierung oder nachgeordneten Stellen Weisungen oder Ratschläge etc. zur Löschung von Beiträgen erhalten hat.
Der Kläger bringt nicht in ausreichendem Maße vor, dass solche Weisungen, Ratschläge oder Hinweise tatsächlich an die Beklagte erfolgt sind. Nicht ausreichend für einen Auskunftsanspruch ist, dass der die Auskunft Begehrende grundsätzlichen Einblick etwa in die Geschäftspolitik eines Unternehmens erlangen will, wie dies hier der Fall ist.
Im Übrigen scheiden Weisungen der Bundesregierung oder nachgeordneter Stellen an Facebook schon mangels Rechtsgrundlage aus.
XI. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 1.500 € oder eines niedrigeren Betrags nebst Zinsen.
Zwar hat sich die Beklagte durch die beiden gegenständlichen Sperrungen vertragswidrig verhalten (§ 280 BGB). Auch konnte sie sich hinsichtlich ihres Vertretenmüssens dieser Vertragsverletzungen nicht entlasten. Es fehlt jedoch an einem ersatzfähigen Schaden des Klägers.
1. Einen materiellen Schaden bringt der Kläger nicht substantiiert dar. Zwar mögen seine Kommunikationsmöglichkeiten in Folge der Sperren eingeschränkt gewesen sein, konkrete finanzielle Schäden dadurch hat der Kläger aber nicht vorgebracht. Ein Schaden allein unter dem abstrakten Gesichtspunkt des Verlusts von Kommunikationsmöglichkeiten kommt bei einer nicht im unternehmerischen Verkehr stehenden Person nicht in Betracht.
2. Ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen immaterieller Schäden auf Grund einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt ebenfalls nicht vor. Der Nutzungsmöglichkeit von Facebook kommt keine grundsätzliche Bedeutung für die Entfaltung der Person zu. Der Kläger benennt auch keine anerkannte Kategorie innerhalb der von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
C.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Ziffer 12. der Klageanträge).
1. Grundsätzlich ist es dem Betroffenen einer Vertragsverletzung zuzumuten, die Rechtsverfolgung selber durchzuführen. Ein Ersatz von Rechtsanwaltskosten ohne dass bereits Verzug eingetreten ist, kommt deliktsrechtlich nur bei Fällen schwieriger Schadensabwicklung in Betracht. Dass hier ein solcher Fall gegeben wäre, ist nicht zu erkennen. Offenbar erfolgte bereits die erste Rückmeldung seitens des Klägers über seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten. Die Kosten der Einschaltung seines nunmehrigen Prozessbevollmächtigten waren damit keine ersatzfähigen erforderlichen Kosten im Sinne des § 249 BGB.
2. Einen Anspruch gestützt auf Verzug der Beklagten (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB) hat der Kläger insoweit ebenfalls nicht. Zwar hat sich der Kläger anlässlich seiner Sperren bei der Beklagten über eine entsprechende Schaltfläche beschwert, er hat jedoch jeweils noch am selben Tag seine nunmehrigen Prozessbevollmächtigten eingeschaltet. Damit können die Kosten von deren Tätigkeit nicht verzugskausal sein.
3. Im Hinblick auf die geltend gemachten Kosten für die Fälle 2 und 3 liegt zudem auch ein erheblicher Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit (§ 254 BGB) dadurch vor, dass der Kläger nach seiner schriftsätzlichen Darstellung am selben Tag zwei separate Aufträge an seine nunmehrigen Prozessbevollmächtigten erteilt hat anstelle eines einheitlichen Auftrags.
D.
Die Entscheidung über die Kosten erfolgte nach § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der konkreten Bemessung des Obsiegens-/Unterliegensanteils hat sich das Gericht an der vom Kläger im Schriftsatz vom 12.07.2018 vorgeschlagenen Streitwertbemessung gerichtet.
Über die vorläufige Vollstreckbarkeit war für den Kläger nach § 709 ZPO zu entscheiden. Die Sicherheitsleistung im Hinblick auf die Verurteilungen zur Wiederherstellung werden dabei mit jeweils 5.000 € bemessen, für die Auskunft auf 1.500 €, damit insgesamt 16.500 €. Für die Beklagte richtet sich die vorläufige Vollstreckbarkeit nach §§ 709, 711 ZPO.


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