IT- und Medienrecht

Anhörungsrüge gegen ein Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes: Mindestanforderungen an die Darlegung eines Gehörsverstoßes

Aktenzeichen  I ZR 30/10

Datum:
19.7.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
Art 103 Abs 1 GG
Spruchkörper:
1. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend BGH, 28. September 2011, Az: I ZR 30/10, Urteilvorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, 29. Januar 2010, Az: 2 U 4/08vorgehend LG Bremen, 20. Dezember 2007, Az: 12 O 379/06

Tenor

Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 28. September 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe

1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.
2
1. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat die Angriffe der Revision der Beklagten in vollem Umfang darauf geprüft, ob sie begründet sind. Er hat sie indes sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Soweit die Beklagten mit der Anhörungsrüge ihren Vortrag aus der Revisionsinstanz wiederholen, kann die Anhörungsrüge damit nicht begründet werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2007 – VI ZR 38/07, NJW 2008, 923; BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2008 – 1 BvR 562/08, NJW 2008, 2635).
3
2. Soweit die Beklagten verschiedentlich einen Verstoß des Senats gegen die Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union, an den Großen Senat des Bundesgerichtshofs oder den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes rügen, legen sie damit keine Gehörsverletzung dar. Dabei kann weiterhin offenbleiben, ob die Missachtung einer Vorlagepflicht eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2002 – I ZB 27/00, GRUR 2003, 546, 547 – Turbo-Tabs). Der Senat hat in den Entscheidungsgründen eine Pflicht zur Vorlage im Zusammenhang mit der Frage erörtert, ob ein empirischer Nachweis der Gefahren des Internetvertriebs geboten ist, hat aber eine Notwendigkeit der Vorlage letztlich verneint (Revisionsurteil Rn. 84). Auch den weiteren Vortrag der Beklagten zur Frage eines Vorabentscheidungsersuchens hat der Senat in Erwägung gezogen, jedoch nicht als begründet angesehen. Wird aus den Entscheidungsgründen deutlich, weshalb der Senat eine Pflicht zur Vorlage verneint hat, bedarf es keiner ausdrücklichen Erörterung der einzelnen Punkte, die aus der Sicht der Beklagten für eine Vorlage gesprochen hätten.
4
3. Einen Gehörsverstoß im vorliegenden Verfahren können die Beklagten nicht mit Verweisen auf im Verfahren I ZR 92/09 vorgelegte Schriftsätze oder Anlagen begründen. Soweit sich die Beklagten im Übrigen auf Seite 24 der Anhörungsrüge ohne Angabe einer konkreten Fundstelle auf angeblich im vorliegenden Verfahren gehaltenen Vortrag beziehen, genügt dies ebenfalls nicht den formalen Mindestanforderungen an die Darlegung eines Gehörsverstoßes in einer Anhörungsrüge.
Bornkamm                                            Pokrant                                       Büscher
                              Schaffert                                        Kirchhoff


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben