IT- und Medienrecht

Anordnungsgrund, Dienstleistungen, Anordnungsanspruch, Festsetzung, Benutzungszwang, Anordnung, Beteiligung, Widerspruch, Vertrag, Gutachten, Hauptsache, Ablehnung, Leistungsanspruch, Notlage, einstweiligen Anordnung, Entscheidung in der Hauptsache, Erlass einer einstweiligen Anordnung

Aktenzeichen  RO 3 E 21.465

Datum:
28.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 20474
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,– € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Fortsetzung eines mit der Antragsgegnerin geschlossenen Vertrages über die Erfüllung von Aufgaben auf einem Naturfriedhof.
Mit Dienstleistungsvertrag vom 30. März 2015, der unter dem 20./ 21. April 2015 ergänzt wurde, hat die Antragsgegnerin als Auftraggeberin mit der Antragstellerin als Beauftragter einen „Vertrag über die Erfüllung von Aufgaben im Naturfriedhof Sch. R.“ geschlossen.
Dabei wurden u.a. folgende Regelungen getroffen:
Ҥ 1 Vertragsgegenstand, Beauftragung
(1) Der Auftraggeber beabsichtigt die Einrichtung und den Betrieb eines Naturfriedhofs auf Teilflächen der Grundstücke Fl.Nr. 225 und 225/2 der Gemarkung St* … Der Auftraggeber ist Träger und Betreiber des Naturfriedhofes.
(2) Der Auftraggeber beauftragt die Beauftragte mit der Durchführung der Urnenbeisetzung und weiterer Dienstleistungen auf dem Naturfriedhof in seinem Namen, solange sie den Pflichten der Naturfriedhofssatzung und den Gegebenheiten dieses Vertrages nachkommt.

§ 3 Aufgabenübertragung
(1) Der Auftraggeber bedient sich zur Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben im Naturfriedhof der Beauftragten. Die Beauftragte ist als Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB für den Auftraggeber nach dessen allgemeinen und speziellen Weisungen tätig.
(2) Im Rahmen der Naturfriedhofssatzung erfüllt die Beauftragte insbesondere folgende Tätigkeiten:
a. Ausübung des Hausrechts auf dem gesamten Areal des Naturfriedhofes (einschließlich der Zufahrten) und das Aussprechen oder Aufheben von besonderen Betretungsverboten;
b. Beschaffen und Anbringen von einheitlichen Gedenkschildern;
c. Öffnen und Schließen des Urnengrabes;
d. Beförderung der Urne zum Grabplatz;
e. eigenständige Führung eines Belegungsplanes, regelmäßigem Datenaustausch und Mitteilung der Zugänge an den Auftraggeber;
f. Entgegennahme der Anmeldung einer Urnenbeisetzung und zeitliche Festsetzung der Beisetzung;
g. Versenden der Gebührenbescheide sowie das Inkasso.

§ 5 Entgelt
Die Beauftragte wird monatlich für die ausgeführten Arbeiten an den Auftraggeber eine Rechnung in Höhe von 95% der eingegangenen Nutzungs-, Beisetzungs- und sonstigen Gebühren, gemäß der Naturfriedhofsgebührensatzung, inklusive der jeweils gesetzlich gültigen Umsatzsteuer stellen, dabei erfolgt die Verteilung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber im Verhältnis 95 : 5 der Nettogebühren. Der Auftraggeber wird gegenüber der Beauftragten für eine angemessene und kostendeckende Festsetzung der Höhe der Gebühren Sorge tragen und ggf. notwendige Anpassungen vornehmen.

§ 9 Laufzeit
(1) Das Vertragsverhältnis beginnt mit dem Tag der Eröffnung des Naturfriedhofs und endet nach einer Laufzeit von 30 Jahren. Danach verlängert sich dieser Vertrag jeweils um weitere 10 Jahre, wenn er nicht spätestens 12 Monate vor Ablauf gekündigt wird. Längste Vertragsdauer ist jedoch 99 Jahre.

§ 10 Kündigung
Der Auftraggeber ist zur fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigt, wenn die Beauftragte trotz schriftlicher Abmahnung ihre vertraglichen Pflichten weiterhin verletzt oder über die Beauftragte das Insolvenz- oder Vergleichsverfahren eröffnet wird oder der Antrag hierzu gestellt wird.

§ 12 Salvatorische Klausel Sollten einzelne Regelungen dieses Vertrages nichtig, unwirksam, undurchführbar oder ungewollt lückenhaft sein, bleiben die übrigen Vertragsbestimmungen davon unberührt. Die Parteien verpflichten sich, anstelle der unzulänglichen Regelung eine wirksame, durchführbare und nicht ungewollt lückenhafte Regelung zu vereinbaren, die auch rückwirkend gelten soll und – insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht – in ihren Wirkungen möglichst weitgehend dem mit der unzulänglichen Regelung Beabsichtigten entspricht.”
Die Antragsgegnerin hat für den Betrieb des Naturfriedhofs die Naturfriedhofssatzung (NFS) vom 12. Mai 2015, zuletzt geändert durch Satzung vom 1. Mai 2015, und die Naturfriedhofsgebührensatzung (NFGS) vom 3. Juni 2015, zuletzt geändert durch Satzung vom 21. September 2017, erlassen.
Mit Schreiben vom 8. März 2021 zeigte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin seine anwaltliche Vertretung an und teilte mit, dass ausweislich des Prüfungsberichts des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands Ende des Vorjahres für den Zeitraum 2014 bis 2018 massive Beanstandungen zum Betrieb des gegenständlichen Naturfriedhofs erfolgt seien. Zwar könne sich der Einrichtungsträger bei der Erfüllung der Aufgaben in begrenztem Rahmen auch privater Unternehmen bedienen. Es sei jedoch insbesondere die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Inneren über die Aufgaben der Gemeinden beim Vollzug des Bestattungswesens (BestBek) vom 12. November 2002 in Gestalt der letzten Änderung durch Bekanntmachung vom 7. Mai 2010 zu berücksichtigen. Auch Rechtsbeziehungen zwischen dem öffentlichen Träger und privaten Unternehmen im Bereich von Naturfriedhöfen hätten den in Nr. 1.4 BestBek dargelegten Vorgaben zu entsprechen, vgl. Nr. 1.7.1 BestBek. Verträge mit privaten Dritten zur Erfüllung hoheitlicher Bestattungsaufgaben setzten grundsätzlich einen Wettbewerb voraus, der bezüglich des Dienstleistungsvertrages jedoch nicht durchgeführt worden sei. Eine Aufgabenübertragung scheide aus. Möglich sei nur der Einsatz privater Dritter als Erfüllungsgehilfen. § 3 des Dienstleistungsvertrages vom 30. März 2015 regele stattdessen eine per se unzulässige Aufgabenübertragung. Gemäß Nr. 1.4.1 BestBek sei der Einsatz privater Unternehmen auf die in Nr. 2.2.1 BestBek genannten Dienstleistungen beschränkt, soweit der Träger hierfür einen Benutzungszwang festgelegt habe. Der Leistungskatalog in § 3 Abs. 2 des Vertrages gehe deutlich darüber hinaus und enthalte auch keine abschließende Aufzählung. Zudem ergäben sich aus der NFS vom 12. Mai 2015 keine Anordnungen zu einem Benutzungszwang hinsichtlich einzelner Bestattungseinrichtungen im Bereich des gegenständlichen Naturfriedhofs. Auch die Vertragslaufzeit von mindestens 30 Jahren stehe in eklatantem Widerspruch zu den Vorgaben in Nr. 1.4.2 BestBek. Mit der Entgeltregelung in § 5 des Vertrages vom 30. März 2015 werde gegen gebühren- und haushaltsrechtliche Grundprinzipien verstoßen. Hier werde kein konkretes Entgelt für die jeweiligen Dienstleistungen, sondern vielmehr eine von diesen Dienstleistungen völlig unabhängige prozentuale Beteiligung an den Gebühreneinnahmen im Vollzug der NFGS fixiert. Dies sei zu allem Überfluss noch mit der Verpflichtung des Einrichtungsträgers kombiniert, für eine die Kosten der Antragstellerin deckende Gebührenfestsetzung und ggf. -anpassung Sorge zu tragen. Die völlig unangemessene Entgeltregelung stelle gebührenrechtliche Grundprinzipien auf den Kopf. Im Übrigen werde man auch von der Nichtigkeit der NFGS vom 3. Juni 2015 ausgehen müssen. Insbesondere fehle es an einer ordnungsgemäßen, den Anforderungen des Art. 8 KAG entsprechenden Gebührenkalkulation. Ein weiterer Makel des Dienstleistungsvertrages liege in der mangelnden Beachtung des öffentlichen Preisrechts am Maßstab der VO PR 30/53. Unter diese Bestimmung fielen öffentliche Aufträge u.a. von Kommunen mit Ausnahme öffentlicher Bauaufträge. Primärer Grundsatz sei der Marktpreisvorrang. Danach hätten öffentliche Auftraggeber Marktpreisen den Vorzug vor Selbstkostenpreisen zu geben, um auch im Bereich des öffentlichen Auftragswesens wettbewerbliche Grundsätze durchzusetzen. In dem von der Antragstellerin beauftragten Gutachten vom 25. Februar 2015 seien demgegenüber Selbstkostenpreisen zugrunde gelegt worden. Vor allem in der Gesamtbewertung seien die Mängel des vorliegenden Dienstleistungsvertrages derart gravierend, dass das Vertragsverhältnis nicht fortgesetzt werden könne. Der Vertrag sei nichtig, werde im Übrigen hiermit vorsorglich namens und im Auftrag der Antragsgegnerin außerordentlich gekündigt.
Mit Anwaltsschreiben vom 9. März 2021 ließ die Antragstellerin der Rechtsauffassung gemäß dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 8. März 2021 widersprechen.
Mit Telefax vom 11. März 2021 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg durch ihre vormals Bevollmächtigten den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Der Antrag sei gemäß § 123 Abs. 5 VwGO statthaft. Die Antragstellerin begehre in der Hauptsache die Fortsetzung des als öffentlich-rechtlich zu qualifizierende Vertrages mit der Antragsgegnerin, d. h. eine Leistung bzw. Feststellung gegenüber der Antragsgegnerin (§ 42 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO, § 43 Abs. 1 VwGO), sodass sich einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 VwGO richte. Auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis bestehe, da sich die Antragstellerin vor Einleitung des Gerichtsverfahrens mit ihrem Anliegen an die Gegenseite gewandt habe. Die Antragsgegnerin habe es aber vorgezogen, der Antragstellerin nicht zu antworten, sondern die Angelegenheit gegenüber der Öffentlichkeit publik zu machen. Der Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung sei auch begründet. Die Antragstellerin habe Anspruch auf Sicherung des bestehenden (vorläufigen) Zustands, sodass die einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO geboten sei. Der Vertrag vom 30. März 2015 sei weder nichtig noch wirksam gekündigt. Dabei müsse die Antragsgegnerin natürlich auch die ihr gegenüber der Antragstellerin obliegenden Schutz- und Treuepflichten sowie die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rücksichtnahme auf ihre Vertragspartei und des Vertrauensschutzes berücksichtigen. Der im Schreiben vom 8. März 2021 genannte Prüfungsbericht liege der Antragstellerin nicht vor, obwohl die Antragsgegnerin ausdrücklich zur Übermittlung aufgefordert worden sei. Auch die dort angeführte Bekanntmachung liege der Antragstellerin nicht vor. Ohnehin handele es sich hierbei auch nicht um bindendes Recht, sondern um ministerielle Richtlinien. Selbst wenn allerdings einzelne Regeln im Vertrag der Parteien zu weit gehen sollten, wäre der Interpretation der Vorrang vor der Kassation zu gewähren. Die Klauseln wären entsprechend auszulegen, wie es Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erforderten (§§ 133,157 BGB i. V. m. Art. 62 BayVwVfG). Dabei wäre auch, selbst wenn man die Nichtigkeit einzelner Rechtsakte annehmen wollte, von der Bestätigung des Rechtsgeschäfts insgesamt gemäß § 141 BGB i. V. m. Art. 62 BayVwVfG auszugehen (sei es durch die Ergänzung des Vertrags am 21. April 2015 oder durch den Erlass der gemeindlichen Satzung vom 3. Juni 2015). Falls der Vertrag trotz seines Vollzugs über sechs Jahre wider Erwarten unwirksam sein sollte, so wäre im Folgenden jedenfalls zu berücksichtigen, dass praktisch alle im Kündigungsschreiben vom 8. März 2021 angeführten Fehler aus der Verantwortungssphäre der Antragsgegnerin herrührten. Dies betreffe die angeblich nicht ordnungsgemäße Gebührenkalkulation, die angeblich nichtige Satzung, die nicht vorgenommene Ausschreibung, die Nichtbeachtung öffentlichen Preisrechts und alle sonstigen Beanstandungen im Rahmen der kommunalen Rechnungsprüfung. Es sei hervorzuheben, dass der Prüfungsbericht den Zeitraum von 2014 bis 2018 betreffe und nicht im Zeitpunkt des Kündigungsschreibens vom 8. März 2021 „vom Himmel gefallen“ sei. Normalen Umständen hätte es entsprochen, sich nach Vorliegen eines solchen Prüfungsberichts mit dem Vertragspartner ins Benehmen zu setzen und zu eruieren, ob die Beanstandungen überhaupt zuträfen, wie ihnen Rechnung zu tragen wäre und inwiefern möglicherweise der Vertrag anzupassen wäre. Es hätte zumindest eine maßvolle Übergangsfrist bestimmt werden müssen, um der Antragstellerin Gelegenheit zu geben, die damit verbundenen Konsequenzen zu meistern. Nachrichten wie die vorliegende seien für die Antragstellerin als Betreiberin eines Naturfriedhofs tödlich, jedenfalls existenzbedrohend.
Damit bestehe die Gefahr, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung der oben dargestellten Rechte der Antragstellerin vereitelt würde, sodass ein Anordnungsgrund nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben sei. Die Antragsgegnerin habe nicht nur den Wunsch als alternativlos angesehen, das Vertragsverhältnis nicht fortzusetzen, sondern sich offenbar auch noch in der Pflicht gesehen, damit sofort an die Presse zu gehen. Dies bringe ruinöse Folgen für einen Naturfriedhof mit sich, wo Kunden langfristig ihre letzte Ruhe planen würden. Man möge bedenken, dass die Antragstellerin noch eine Vielzahl von Terminen abzuwickeln habe. Sie sehe sich zahlreichen Beisetzungswünschen ausgesetzt und wisse nicht, wie sie damit umgehen solle. Es bestünden überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Antragsgegnerin könne ohne weiteres zugemutet werden, die begehrte Sicherungsanordnung hinzunehmen, zumal hierdurch die Hauptsache nicht vorweggenommen werde. Auch bei einer Abwägung der auf beiden Seiten zu berücksichtigenden Interessen sei daher der Erlass der begehrten Sicherungsanordnung geboten.
Die Antragstellerin beantragt,
1.Die Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorläufig – bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache – verpflichtet, den Dienstleistungsvertrag mit der Antragstellerin vom 30. März 2015 fortzusetzen.
2.Bis zur Entscheidung der Kammer über diesen Antrag möge der Vorsitzende eine Entscheidung nach §§ 123 Abs. 2 Satz 3, 80 Abs. 8 VwGO treffen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es sei nicht zutreffend, dass der Naturfriedhof Sch* … R* … von der Antragstellerin betrieben werde. Es handele sich vielmehr um eine öffentliche Einrichtung in der Trägerschaft der Antragsgegnerin. Mit dem Dienstleistungsvertrag vom 30. März 2015 samt Ergänzungsvereinbarung vom 20./ 21. April 2015 seien der Antragstellerin mit einer Laufzeit von mindestens 30 Jahren diverse Aufgaben übertragen worden. Die Entgeltregelung sehe unabhängig von diesem Leistungskatalog keine leistungsabhängige Vergütung vor, sondern vielmehr eine pauschale Aufteilung der Gebühreneinnahmen im Verhältnis 95 : 5 der „Nettogebühren“ zugunsten der Antragstellerin. Die Problematik dieses ungewöhnlichen Konstrukts sei den Beteiligen bereits bei Vertragsabschluss bekannt gewesen. Die Antragsgegnerin habe das von der Antragstellerin vorgeschlagene Konzept und den vorgelegten Vertragsentwurf dem Bayerischen Gemeindetag zur Prüfung übermittelt. Die zahlreichen Beanstandungen der zuständigen Referatsdirektorin seien der Antragstellerin mitgeteilt worden. Deren Geschäftsführer habe diese kritischen Anmerkungen kommentiert und einen gesonderten, in den maßgeblichen Punkten jedoch unveränderten Vertragsentwurf vorgelegt, auf dessen Grundlage letztendlich der Dienstleistungsvertrag am 30. März 2015 abgeschlossen worden sei. Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband komme in seinem Prüfungsbericht vom 14. Dezember 2020 unter der Rubrik 4.2 Bestattungswesen zu zahlreichen massiven Beanstandungen. Schon allein der verfassungsrechtliche Grundsatz des Art. 20 Abs. 3 GG stehe einem weiteren Vollzug dieses Vertragskonstrukts entgegen. Die schwerwiegenden Fehler würden sich zudem auch auf die Gebührensatzung auswirken, die vermeintliche Grundlage auch für die gesetzeswidrige Entgeltregelung. Nach entsprechender Gesamtbewertung sei der Dienstleistungsvertrag vom 30. März 2015 in Gestalt der Ergänzung vom 20./ 21. April 2015 nichtig und könne nicht, auch nicht interimsweise fortgeführt werden, zumal sich die Antragstellerin mit ihrer Ablehnung weiterer Verhandlungen auch gegen eine grundlegende änderungsbedürftige Vertragskonstellation zu gesetzmäßigen Bedingungen stelle. Vor diesem Hintergrund sei der Vertrag nicht „aus heiterem Himmel“ von der Antragsgegnerin beendet worden. Zudem seien im Schreiben vom 8. März 2021 die zahlreichen Aspekte aus dem Resultat der überörtlichen Rechnungs- und Kassenprüfung reflektiert. Ergebnisbetrachtet hätten sich die Risiken einer Vertragskonstellation realisiert, die nicht mit Gesetz und Recht in Übereinstimmung zu bringen sei. Die Beteiligten hätten letztlich die Tragweite ihres Vorgehens verkannt.
Im Weiteren wiederholt die Antragsgegnerin ihre Ausführungen aus dem Schreiben vom 8. März 2021. Vertiefend wird ausgeführt, dass die Entgeltregelung in § 5 des Vertrages vom 30. März 2015 gegen gebührenrechtliche Grundprinzipien verstoße. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG solle das Gebührenaufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten einschließlich der Kosten für die Ermittlung und Anforderung von nicht einrichtungsbezogenen Abgaben decken. Grundsätzlich könnten zwar auch an externe Dienstleister zu zahlende Entgelte in den Aufwand eingestellt werden. Dies aber nur unter der Grundvoraussetzung, dass ein wirksames Vertragsverhältnis bestehe und dort ein konkretes leistungsbezogenes Entgelt für die jeweiligen Dienstleistungen festgelegt sei. Beides sei vorliegend nicht der Fall. Stattdessen werde einfach pauschal auf einen Anteil von 95% an den eingegangenen Nutzungs-, Beisetzungs- und sonstigen Gebühren als Grundlage für die Rechnungsstellungen an die Antragstellerin abgestellt. Darüber hinaus fehle jeglicher Bezug zum Leistungskatalog des § 3 Abs. 2 des Vertrages. Grundlage für die Gebührenbemessung und damit zugleich Vergütung der Antragstellerin solle eine von dieser selbst beauftragte Kalkulation sein. Dies beinhalte zudem zahlreiche zweifelsohne nicht ansatzfähige Kosten wie etwa jährliche Werbungskosten von 26.100,00 € für einen Friedhof, „Planungsleistungen“ der Geschäftsführung von 24.000,00 € sowie laufende Architektenleistungen von 26.000,00 € p.a. und Personalkosten von jährlich 114.000,00 €. Die Vertragskonstellation konterkariere zwingende gesetzliche Vorgaben, allem voran das für die Gebührenbemessung zentrale Kostendeckungsprinzip wie auch den maximalen Gebührenkalkulationszeitraum von vier Jahren im Sinne des Art. 8 Abs. 6 KAG. Stattdessen habe man das „Kostendeckungsprinzip zugunsten des Dienstleisters“ erfunden. Die mangelnde Existenz einer ordnungsgemäßen, diesen Anforderungen entsprechenden Gebührenkalkulation bedinge auch zugleich die Nichtigkeit der NFGS vom 3. Juni 2015. Ungeachtet der offenkundig unwirksamen, auf den Gesamtvertrag durchschlagenden Nichtigkeit der für beide Seiten essenziellen Entgeltregelung könne die Antragsgegnerin ausgehend von nichtigem Satzungsrecht bis auf Weiteres auch keine Gebührenbescheide erlassen. Es fehle an Gebühreneinnahmen als Quelle für die Vergütung der Antragstellerin. Die mangelnde Wechselbeziehung zwischen einzelnen, unter bestimmten Voraussetzungen übertragbaren Dienstleistungen und einer darauf bezogenen angemessenen Vergütung mit einer nach den vertraglichen Regelungen ungeprüften Weiterleitung von 95% der Nettogebühren stelle sich zudem als schwerer Verstoß gegen haushaltsrechtliche Grundsätze dar. Zutreffend bewerte der BKPV ein solches Procedere als nicht leistungsbezogene Vorauszahlung von Entgelten entgegen Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO. Nachdem auch keine hinreichenden Sicherheitsleistungen fixiert seien, sei zudem Art. 61 Abs. 3 Satz 1 GO verletzt. Ergänzend werde auf den Prüfungsbericht vom 14. Dezember 2020 unter 4.2.1 verwiesen. Die zahlreichen und schwerwiegenden Verstöße würden zur Gesamtnichtigkeit des Dienstleistungsvertrages vom 30. März 2015 in Gestalt der Ergänzung vom 20./ 21. April 2015 führen. Der Vertragsinhalt sei nicht teilbar. Die besagten Regelungen seien wesentliche Vertragsbestandteile, mit denen der Gesamtvertrag stehe und falle. Es bedürfe keiner vertiefenden Diskussion, dass der Vertrag ohne die zentralen Regelungen zur Aufgabenübertragung und Entgeltregelung nicht abgeschlossen worden wäre. Dem sei auch nicht ansatzweise über eine Vertragsauslegung beizukommen. Es liege auch kein Fall des Art. 60 Abs. 1 BayVwVfG vor, da sich weder die rechtlichen noch tatsächlichen Verhältnisse seit Vertragsabschluss geändert hätten. Vielmehr hätten beide Beteiligte nach entsprechenden Hinweisen bereits vor Vertragsabschluss von dem mit den Vertragskonstrukt verbundenen Risiken Kenntnis gehabt, die Auswirkungen indes schlicht und einfach verkannt. Die Exkulpationsversuche der Antragstellerin, sämtliche Fehler beträfen ausschließlich die Verantwortungssphäre der Antragsgegnerin, seien angesichts dieser Fakten zurückzuweisen. Selbstverständlich sei auch die Öffentlichkeit in Form einer entsprechenden Presseerklärung über die Problematik zu unterrichten gewesen. Auf die Berichterstattung der örtlichen Presse bestehe natürlich kein unmittelbarer Einfluss. Unter Berücksichtigung der dargelegten Gründe fehle dem Antrag der erforderliche Anordnungsanspruch. Die Antragsgegnerin könne nicht – auch nicht vorläufig – verpflichtet werden, einen gesetzes- und rechtswidrigen Dienstleistungsvertrag fortzusetzen. Für eine unter Berücksichtigung der Antragstellung ohnehin nicht in Rede stehende bloße Vertragskorrektur fehle es schon aufgrund der zahlreichen eklatanten Verstöße gegen Gesetz und Recht an den diesbezüglichen rechtlichen Voraussetzungen. Zudem lehne die Antragstellerin weitere Verhandlungen zwischenzeitlich kategorisch ab. Ungeachtet dessen gebe es kein Hauptsacheverfahren, bis zu dessen rechtskräftiger Entscheidung zugewartet werden solle. In Anbetracht der Vorgehensweise der Antragstellerin, wochenlang Verhandlungsbereitschaft zu mimen, um sodann nach einem Anwaltswechsel plötzlich die Verhandlungen für gescheitert zu erklären, sei auch kein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Dringlichkeit ersichtlich.
Mit bei Gericht am 28. Mai 2021 eingegangenem Schriftsatz zeigten die nunmehr Bevollmächtigten der Antragstellerin ihre rechtliche Vertretung im gegenständlichen Verfahren an, die vormals Bevollmächtigten der Antragstellerin teilten mit Schreiben vom 31. Mai 2021 mit, dass sie die Antragstellerin nicht mehr vertreten würden.
Die nunmehr Bevollmächtigten der Antragstellerin äußerten sich im gegenständlichen Verfahren mit Schreiben vom 21. Juni 2021, auf das inhaltlich verwiesen wird. Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2021 haben diese zudem eine Klage auf Zahlung von 96.393,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit wegen Vergütung für Bestattungsdienstleistungen gemäß dem Dienstleistungsvertrag vom 30. März 2015 für den Zeitraum vom 24. November 2020 bis zum 25. März 2021 (Az. RO 3 K 21.1140) gegen die Antragsgegnerin erhoben.
Mit Schreiben vom 13. Juli 2021, vom 14. Juli 2021 bzw. vom 27. Juli 2021 äußerten sich die Beteiligten u.a. zu im Verfahren vorgelegten Rechnungen der Antragstellerin auf Grundlage des streitgegenständlichen Dienstleistungsvertrages und dazu erfolgten Zahlungsleistungen der Antragsgegnerin.
Zur Vervollständigung der Sachverhaltsdarstellung wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten in den Verfahren RO 3 E 21.465 und RO 3 K 21.1140 Bezug genommen.
II.
Eine Entscheidung wegen der besonderen Dringlichkeit durch den Vorsitzenden entsprechend § 80 Abs. 8, § 123 Abs. 2 Satz 3 VwGO war vorliegend nicht veranlasst. Dass das Zuwarten bis zum Zusammentreten des Spruchkörpers zu Nachteilen für den vorläufigen Rechtsschutz führen würde, ist nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle auch, dass sich die Beteiligten ausweislich ihres schriftsätzlichen Vortrags im gegenständlichen Verfahren anlässlich einer gemeinsamen Unterredung am 26. März 2021 zunächst grundsätzlich darüber verständigt hatten, in außergerichtliche Vergleichsgespräche einzutreten. Die Antragsgegnerin hatte zwischenzeitlich mit Zustimmung der Antragstellerin eine Verlängerung der Antragserwiderungsfrist im gerichtlichen Verfahren bis zum 31. Mai 2021 beantragt. Mit bei Gericht am 28. Mai 2021 eingegangenem Schriftsatz zeigten die nunmehr Bevollmächtigten der Antragstellerin ihre rechtliche Vertretung im gegenständlichen Verfahren an und ließen mitteilen, dass die Bemühungen um eine einvernehmliche Lösung gescheitert seien. Die Antragserwiderung und die Behördenakten gingen letztlich am 9. Juni 2021 bei Gericht ein. Die nunmehr Bevollmächtigten der Antragstellerin äußerten sich im gegenständlichen Verfahren mit Schreiben vom 21. Juni 2021 zur Sache.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Zwar sind die erforderlichen Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben.
Es handelt sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist, vgl. § 40 Abs. 1 VwGO. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Natur ist, richtet sich bei Fehlen einer ausdrücklichen Rechtswegzuweisung nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der begehrte Anspruch hergeleitet wird. Bildet die Grundlage des gerichtlichen Bergehrens – wie vorliegend – ein Vertrag, so kommt es für die Abgrenzung auf Gegenstand und Zweck des Vertrages an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist (vgl. BVerwG, B.v. 26.1.1995 – 3 C 21/93 – juris Rn. 39). Nach diesen Grundsätzen ist das Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten öffentlich-rechtlicher Natur. So ist der Hauptgegenstand des zwischen den Beteiligten geschlossenen Dienstleistungsvertrages vom 30. Mai 2015 die Heranziehung der Antragstellerin als Erfüllungsgehilfin für die der Antragsgegnerin obliegende öffentlich-rechtliche Aufgabe, Bestattungseinrichtungen zu unterhalten (vgl. Art. 83 Abs. 1 Bayerische Verfassung – BV, Art. 7 Bestattungsgesetz – BestG). Nachdem das Bestattungswesen seiner Rechtsnatur nach öffentlich-rechtlich ist, teilt damit auch das sich hierauf beziehende Regulierungshandeln, nämlich der Vertrag zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin über die Erfüllung der Aufgaben im Bestattungswesen, dessen Rechtsnatur und unterliegt dem öffentlichen Recht (vgl. VG Augsburg, U.v. 19.7.2010 – Au 7 K 09.84 – juris Rn. 32).
Der Antrag ist auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gerichtet und als solcher statthaft. Die Antragstellerin stützt die in der Hauptsache angestrebte Fortsetzung des als öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden Vertragsverhältnisses auf ein Leistungs- bzw. Feststellungsbegehren. Korrespondierender Eilrechtsschutz ist in diesem Fall über § 123 Abs. 1 VwGO zu gewähren.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung), oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden (sog. Regelungsanordnung). Wesentliche Nachteile sind dabei u.a. wesentliche rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Nachteile, die der Antragsteller in Kauf nehmen müsste, wenn er das Recht im langwierigen Hauptsacheprozess erstreiten müsste (vgl. Happ in Eyermann VwGO, 15. Auflage 2019, § 123 Rn. 23).
Dabei sind nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Grund, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der Regelung begründet wird, glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt der Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung nur dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h., wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg auch in der Hauptsache spricht. In diesen Fällen kann ausnahmsweise die einstweilige Anordnung auch auf eine vorläufige Befriedigung des jeweiligen Antragstellers gerichtet sein.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
a) In Bezug auf die von der Antragstellerin begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Dienstleistungsvertrag mit der Antragstellerin vom 30. März 2015 vorläufig fortzusetzen, fehlt es bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Die Frage, ob eine vorläufige Regelung „nötig erscheint“, ist auf der Grundlage einer Interessenabwägung vorzunehmen. Abzuwägen ist das Interesse des Antragstellers an der begehrten Regelung mit dem Interesse des Antragsgegners an der Beibehaltung des bestehenden Zustands (vgl. Kuhla in BeckOK VwGO, 57. Edition, § 123 Rn. 127). Vorliegend hat die Antragstellerin weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass ihr nicht zumutbare Belastungen bei Nichtfortsetzung des gegenständlichen Vertrages bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren drohten.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als dass die Verpflichtung zu einer vorläufigen Fortsetzung des streitgegenständlichen Vertrages, jedenfalls betreffend den begehrten Zeitraum, eine endgültige Vorwegnahme der Hauptsache darstellen würde und es insofern eines erhöhten Begründungsaufwandes im Sinne von unzumutbaren Nachteilen auf Seiten der Antragstellerin bedürfte.
Dies ist vorliegend allerdings nicht erkennbar. Die Antragstellerin trägt dazu vor, dass die Nichtfortsetzung des Vertragsverhältnisses ruinöse Folgen für sie habe. Eine erheblicher finanzieller Schaden oder gar eine Existenzgefährdung ist durch das derzeitige Ruhen des Vertragsverhältnisses bis zur Hauptsachentscheidung jedoch nicht hinreichend plausibilisiert und damit nicht glaubhaft gemacht.
Zu beachten ist, dass sich wesentliche Nachteile, die einen Anordnungsgrund begründen, nicht allein aus einem möglichen finanziellen Schaden ergeben. Sie liegen vielmehr erst dann vor, wenn der jeweilige Antragsteller so langfristig und nachhaltig in seiner wirtschaftlichen Betätigung beeinträchtigt wird, dass die erlittenen Einbußen bei einer späteren Regelung nicht mehr ausgeglichen werden können (vgl. Kuhla in BeckOK VwGO, 57. Edition Stand 1.7.2020, § 123 Rn. 129). Auch mit Blick auf die zwischen den Beteiligten im streitgegenständlichen Vertrag getroffenen Regelungen ist dies jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Der Dienstleistungsvertrag vom 30. März 2015, der unter dem 20./ 21. April 2015 ergänzt wurde, wurde zwischen der Antragsgegnerin als Auftraggeberin, die Trägerin und Betreiberin des Naturfriedhofs Sch* … R* … ist, und der Antragstellerin als Beauftragter geschlossen. Als Hauptpflicht der Antragstellerin ist in § 1 Abs. 2 des Dienstleistungsvertrages geregelt, dass diese mit der Durchführung der Urnenbeisetzung und weiterer Dienstleistungen auf dem Naturfriedhof im Namen der Antragsgegnerin beauftragt wird, solange sie den Pflichten der Naturfriedhofssatzung und den Gegebenheiten dieses Vertrages nachkommt. Dem Aufgabenkatalog in § 3 Abs. 2 des Vertrages sind dabei einzelne nicht abschließend aufgelistete Aufgaben der Antragstellerin zu entnehmen. Demgegenüber ist in § 5 Satz 1 des Vertrages eine Vergütungspflicht der Antragsgegnerin geregelt. Danach soll die Antragstellerin monatlich für die ausgeführten Arbeiten an die Antragsgegnerin eine Rechnung in Höhe von 95% der eingegangenen Nutzungs, Beisetzungs- und sonstigen Gebühren, gemäß der Naturfriedhofsgebührensatzung, inklusive der jeweils gesetzlich gültigen Umsatzsteuer stellen, wobei die Verteilung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber im Verhältnis 95:5 der Nettogebühren erfolgt. In § 5 Satz 2 des Vertrages verpflichtet sich die Antragsgegnerin wiederum gegenüber der Antragstellerin, für eine angemessene und kostendeckende Festsetzung der Höhe der Gebühren Sorge zu tragen und ggf. notwendige Anpassungen vorzunehmen. Als Vertragslaufzeit ist in § 9 Abs. 1 des Vertrages eine Dauer von 30 Jahren vorgesehen. Danach verlängert sich dieser Vertrag um weitere 10 Jahre, wenn er nicht spätestens 12 Monate vor Ablauf gekündigt wird.
Soweit nun die Antragsgegnerin mit der Begründung, dass der gegenständliche Vertrag nichtig sei, eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verweigert und den Vertrag mit Schreiben vom 8. März 2021 zudem vorsorglich außerordentlich gekündigt hat, wurde nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin durch den Verweis auf eine Klärung im Hauptsacheverfahren in eine betriebliche Notlage finanzieller Art geraten würde.
Denn bei einem (einstweiligen) Nichtfortsetzen des Vertrages erhält die Antragstellerin zwar keine Vergütung i.S.v. § 5 Satz 1 des Vertrages, muss jedoch für diese Zeit auch keine neuen Bestattungsleistungen i.S.v. § 1 Abs. 2 des Vertrages erbringen. Dies gilt sowohl für Dienstleistungen, die ggf. im Zusammenhang mit einer Vergabe neuer Grabstätten durch die Antragsgegnerin anfallen würden, als auch für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit bereits vergebenen Grabstätten grundsätzlich durchzuführen wären, für die die Antragsgegnerin mit Dritten in der Vergangenheit sogenannte „Grabnutzungsverträge“ abgeschlossen hat.
In wirtschaftlicher Hinsicht ist vorliegend zudem zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin für Dienstleistungen betreffend bereits abgeschlossene „Grabnutzungsverträge“ wohl schon erhebliche Vorausleistungen seitens der Antragsgegnerin erhalten hat. So dürfte die Antragstellerin in der Vergangenheit, wenn man die Entgeltregelung in § 5 Satz 1 des Vertrages zugrunde legt, die Vergütung für diesbezügliche Dienstleistungen schon für die gesamte Grabnutzungsdauer im Voraus erhalten haben. Es wird insofern auf die Ausführungen im Prüfungsbericht über die überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen 2014 bis 2018 und der Kasse der Stadt N* … vom 14. Dezember 2020 des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands unter 4.2.2. Buchst. f (S. 17) Bezug genommen:
„Nach Abzug eines 5%-igen Anteils (am „Netto“-Betrag) für die Stadt werden die von den Gebührenzahlern erhobenen Friedhofsgebühren als Entgelt an die S. GmbH weitergeleitet (vgl. § 5 des Dienstleistungsvertrages vom 30.03.2015; zum Zeitpunkt der Prüfung – August 2019 – rd. 1,6 Mio. €). Durch die sofortige Weiterleitung der (anteiligen) Grabnutzungsgebühren wird die S. GmbH im Ergebnis für eine zukünftige Leistung im Voraus bezahlt. Denn durch die Erhebung der Friedhofsgebühren, insbesondere der Grabnutzungsgebühren, ist die Stadt gegenüber dem Gebührenzahler verpflichtet, das „Zur-Verfügung-Stellen“ der Grabstelle für die gesamte Dauer der Ruhefrist bzw. einer (ggf. längeren) Nutzungsdauer zu gewährleisten (siehe Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, RdNr. 58.05). Von der S. GmbH entsprechend zu erbringende Leistungen fallen also – je nach vereinbarter Nutzungsdauer – erst sukzessive in den nächsten 30 Jahren (bzw. bis zu 90 Jahren) an und betreffen zudem (vermehrt) Zeiträume, die über die Laufzeit des aktuell bestehenden Dienstleistungsvertrags hinausgehen. Somit erbringt die Stadt im Ergebnis erhebliche Vorausleistungen an die S. GmbH.“
In Anbetracht dessen ist damit vorliegend nicht hinreichend dargelegt, dass der Antragstellerin für den Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache finanziell schwere Nachteile drohen würden. Wie sich aus den dem Gericht vorgelegten Behördenakten ergibt, wurde in den „Grabnutzungsverträgen“, die Dritte mit der Antragsgegnerin als Vertragspartner abgeschlossen haben, regelmäßig eine Nutzungsdauer von 30 bzw. 45 Jahren vereinbart. Auf dieser Grundlage sind dann Gebührenbescheide ergangen, deren Einnahmen Grundlage für die Bemessung der Vergütung der Antragstellerin in der Vergangenheit waren. Auch wenn man annehmen würde, dass zuletzt für den Zeitraum vom 24. November 2020 bis zum 25. März 2021 keine Entgeltzahlungen der Antragsgegnerin an die Antragstellerin mehr erfolgten (vgl. die Klage der Antragstellerin in dem noch anhängigen Klageverfahren RO 3 K 21.1140, in welchem diese einen Leistungsanspruch in Höhe von 96.393,65 € geltend macht) ließe sich daraus noch keine betriebliche Notlage der Antragstellerin ableiten, die vorliegend einen Anordnungsgrund begründet. Denn für den Zeitraum zuvor hat die Antragstellerin das Entgelt für Bestattungsdienstleistungen wohl seit Beginn des Vertragsverhältnisses im Jahr 2015 in nicht unerheblichem Umfang sogar schon für Jahrzehnte im Voraus erhalten. Gegenteiliges hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch ergibt sich dies sonst aus den Akten. Im Übrigen bestehen aber ohnehin auch Zweifel daran, ob die Antragstellerin – entgegen ihres Vortrags – nicht auch schon eine Vergütung für Gebühreneinnahmen jedenfalls betreffend den Zeitraum vom 24. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020 von der Antragsgegnerin erhalten hat. So bestreitet die Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin für diesen Zeitraum keine Zahlungen nach dem vertraglichen Verteilungsschlüssel erhalten habe. Mit Schreiben vom 13. Juli 2021 legte die Antragsgegnerin dazu auch entsprechende Auszahlungsanordnungen als Nachweis vor, die nach Abgleich mit ebenfalls dazu vorgelegten Rechnungen den Abrechnungszeitraum November und Dezember 2020 betreffen. Auch die Antragstellerin geht zuletzt in dem Schreiben vom 27. Juli 2021 für den Leistungszeitraum seit dem 24. November 2020 nur noch von Gebühreneinnahmen der Antragsgegnerin in Höhe von 49.019,00 € aus.
Insgesamt wurde nicht substantiiert vorgetragen noch durch Vorlage schlüssiger Unterlagen plausibel gemacht, inwieweit der Antragstellerin erhebliche finanzielle Engpässe bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache drohen sollten. Zur Glaubhaftmachung der behaupteten Existenzgefährdung bedürfte es u.a. auch einer konkreten Gegenüberstellung von vergangenen Einnahmen und tatsächlich angefallenen Ausgaben der Antragstellerin, aus der sich die aktuelle finanzielle Situation der Antragstellerin hinreichend erschließt. An einer solchen fehlt es jedoch vorliegend. Insbesondere wurde nicht dargelegt, welche Personal- und Verwaltungskosten tatsächlich bei der Antragstellerin angefallen sind. Das von der Antragstellerin bei dem Institut … in Auftrag gegebene Gutachten vom 25. Februar 2015 zur „Berechnung von Kostensätzen für den Betrieb eines Naturfriedhofs“, das lediglich eine Kalkulation auf Basis von veranschlagten Kosten aus dem Jahr 2015 darstellt, kann jedenfalls nicht hinreichend Aufschluss über die tatsächlichen Verhältnisse in der Praxis im jetzigen Zeitpunkt geben. Im Übrigen erfolgte bei dem genannten Gutachten auch keine Überprüfung der zugrundeliegenden Daten durch das beauftragte Institut. Vielmehr wurden die in überwiegender Mehrzahl von der Antragstellerin selbst übermittelten Daten ungeprüft übernommen und lediglich die Datenzusammenhänge auf Plausibilität abgeglichen (vgl. Institut …, Gutachten vom 25.02.2015 zur „Berechnung von Kostensätzen für den Betrieb eines Naturfriedhofs“, S. 3). Die einzelnen Ausgabeposten, die in den Rechnungen der Antragstellerin betreffend die Leistungszeiträume vom 24. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020, vom 1. Januar 2021 bis zum 18. Februar 2021 und vom 20. Februar 2021 bis zum 25. März 2021 angegeben sind, beruhen auch wiederum lediglich auf dem kalkulierten Aufwand der Antragstellerin nach den in der Naturfriedhofsgebührensatzung berechneten Gebühren. Nachdem die Höhe der Gebühren aber wiederum auf Grundlage des Gutachtens des Instituts für Kommunale Haushaltswirtschaft vom 25. Februar 2015 festgelegt wurde, kann auch dies nicht in hinreichendem Maße darüber Aufschluss gegeben, welche tatsächlichen Kosten bei der Antragstellerin angefallen sind.
Weiter hat die Antragstellerin nicht dargelegt, welchen laufenden Betriebskosten oder sonstigen Verpflichtungen sie im Einzelnen derzeit noch konkret ausgesetzt ist. Zwar hat die Antragstellerin das Grundstück, auf dem der gegenständliche Naturfriedhof gelegen ist, offenbar selbst angemietet. Ein entsprechender Miet- bzw. Pachtvertrag, aus dem sich die Höhe der ggf. anfallenden Mietzinszahlungen ergäbe, wurde jedoch nicht zur Glaubhaftmachung vorgelegt. Ob akute Liquiditätsengpässe der Antragstellerin bestehen bzw. inwieweit diese ggf. bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu überbrücken wären, bleibt damit unklar. Ein konkreter Zeitpunkt, ab wann möglicherweise Zahlungsunfähigkeit eintreten könnte, wurde nicht genannt und auch sonst nicht näher bezeichnet. Konkrete Auswirkungen auf die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens der Antragstellerin, die ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen würden, wurden damit vorliegend nicht glaubhaft gemacht.
Eine besondere Eilbedürftigkeit im streitgegenständlichen Verfahren lässt sich auch aus dem Vorbringen der Antragstellerin, dass diese noch einer Vielzahl von Beisetzungswünschen ausgesetzt sei, nicht ableiten. Denn so mag zwar ein nachvollziehbarer Wunsch des einzelnen Kunden bestehen, dass der verstorbene Angehörige beigesetzt wird. Dies begründet jedoch nicht zwangsläufig auch eine besondere Dringlichkeit auf Seiten der Antragstellerin. Denn durch die Nichtfortsetzung des streitgegenständlichen Dienstleistungsvertrages sind primär die Pflichten der Antragstellerin aus jenem Vertrag betroffen. Soweit nun die Antragstellerin als Auftragnehmerin Bestattungsdienstleistungen auf Grundlage von § 1 Abs. 2 des Vertrags durchführt, tritt sie dabei jedoch im Verhältnis zu Dritten nicht als Vertragspartner, sondern lediglich als Erfüllungsgehilfe der Antragsgegnerin auf. Unabhängig davon, ob sich etwaige Schadensersatzforderungen wegen der Nichtdurchführung einzelner Bestattungsverträge überhaupt als wesentliche Nachteile i. S. d. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO darstellen würden, träfen diese daher nicht die Antragstellerin, sondern die Antragsgegnerin.
Schließlich ist auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit einem nachträglich nur schwer und langwierig zu rehabilitierendem Ansehensschaden hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Unternehmens der Antragstellerin zu rechnen, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung vor einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache erfordern würde. Die Antragstellerin führt dazu aus, dass sich die Antragsgegnerin sogleich an die Presse gewandt habe, die Beendigung des Vertrags damit sofort öffentlich kommuniziert habe und dies schädigende Wirkung für den Naturfriedhof, wo Kunden langfristig ihre letzte Ruhe planen würden, habe. Zwar mag das Vorgehen der Antragsgegnerin die öffentliche Wahrnehmung des Naturfriedhofs marktpsychologisch nicht positiv beeinflusst haben. Es ist allerdings nicht näher dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass es der Antragstellerin im Falle des Obsiegens in der Hauptsache erheblich schwerfallen würde, mit dem Naturfriedhof als Dienstleister im Bestattungssektor wieder Fuß zu fassen. Zu berücksichtigen ist zum einen, dass in den von der Antragstellerin in Bezug genommenen Presseartikeln eindeutig kommuniziert wurde, dass das Loslösen von dem streitgegenständlichen Vertrag nicht von der Antragstellerin, sondern von der Antragsgegnerin ausging, die sich aufgrund des Berichts des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands zu diesem Schritt veranlasst sah. Zum anderen sollen Bestattungen bei bereits verkauften Grabstellen weiterhin durchgeführt werden (vgl. Nr. 1 des Gemeinderatsbeschlusses der Antragsgegnerin vom 23. Januar 2021; … Zeitung, Naturfriedhof: Stadt kündigt, Anlage A7), sodass nicht der Eindruck entsteht, Grabnutzungsberechtigte des Friedhofs müssten an der Erfüllung der abgeschlossenen „Grabnutzungsverträge“ zweifeln.
Im Ergebnis wird damit von der Antragstellerin mit dem Ansinnen, die Nichtfortsetzung des streitgegenständlichen Vertrags bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen, kein schlechthin unzumutbares Verhalten verlangt.
b) Unabhängig davon bedürfte es bei einer Vorwegnahme der Hauptsache für das Ergehen einer einstweiligen Anordnung auch eines hohen Grads an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache. Auf Grundlage einer summarischen Prüfung ist jedoch insofern vielmehr noch von offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszugehen.
Eine wirksame außerordentliche Kündigung des gegenständlichen Vertrages durch das Schreiben der Bevollmächtigten der Antragsgegnerin, die sich auf § 10 des Vertrages stützen lässt, ist wohl nicht anzunehmen. Denn dafür, dass die Antragstellerin trotz schriftlicher Abmahnung ihre vertraglichen Pflichten verletzt hat oder aber über diese das Insolvenz- oder Vergleichsverfahren eröffnet wurde oder der Antrag hierzu gestellt wurde, wurde nichts vorgetragen noch ergeben sich sonst Anhaltspunkte dafür.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob der gegenständliche Vertrag (teil-)nichtig ist. Sollte ein Verstoß der Entgeltregelung in § 5 des Vertrages gegen öffentliches Preisrecht am Maßstab der Verordnung PR Nr. 30/53 festzustellen sein, könnte sich der Vertrag insofern als teilnichtig nach Art. 59 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 134 BGB darstellen. Es bedarf insofern jedoch einer näheren Aufklärung im Hauptsacheverfahren, ob das in § 1 Abs. 3 VO PR Nr. 30/53 verankerte Höchstpreisprinzip, das sich als gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB darstellt (vgl. Vossler in BeckOK Zivilrecht, Stand 1.6.2021, § 134 BGB Rn. 239.4), heranzuziehen ist oder ob ausnahmsweise nach § 5 VO PR Nr. 30/53 Selbstkostenpreise vereinbart werden durften. Sollte gegen das gegebenenfalls anwendbare Höchstpreisprinzip verstoßen worden sein, wäre die Entgeltregelung im Umfang des überhöhten Preises nichtig. Eine Nichtigkeit der gesamten Entgeltregelung als eine der Hauptleistungspflichten, die wohl zwangsläufig die Gesamtnichtigkeit des gegenständlichen Vertrages nach sich ziehen würde, wäre in dem Fall jedoch wohl nicht anzunehmen, da der Vertrag dann mit dem zulässigen Preis aufrechterhalten bliebe (vgl. Vossler in BeckOK Zivilrecht, Stand 1.6.2021, a.a.O.).
Fraglich ist allerdings des Weiteren insbesondere auch, ob ein zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führender Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, das sich aus gebührenrechtlichen Rechtsvorschriften ableiten lässt, vorliegt. Zu beachten ist, dass Abgabengläubiger und Abgabenschuldner keine von den gesetzlichen Regelungen abweichenden Vereinbarungen treffen dürfen, sofern nicht das Gesetz dies ausnahmsweise gestattet. Dieser Grundsatz ist für einen Rechtsstaat so fundamental und für jeden rechtlich Denkenden so einleuchtend, dass seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten ist, das Nichtigkeit zur Folge hat (BVerwG, U.v. 27.1.1982 – 8 C 24.81 – juris). Problemtisch erscheint vor diesem Hintergrund die in § 5 Satz 2 des Vertrages getroffene Regelung, wonach der Auftraggeber gegenüber der Beauftragten für eine angemessene und kostendeckende Festsetzung der Gebühren Sorge zu tragen und ggf. notwendige Anpassungen vorzunehmen hat. Denn begibt sich eine gebührenerhebende Körperschaft durch Vertrag ihres Ermessens, indem sie sich verpflichtet, bestimmte Satzungsregelungen zu treffen oder beizubehalten, kann sie den Gestaltungsspielraum, welche inhaltlichen Regelungen sie treffen will und unter bestimmten Umständen treffen muss, nicht mehr ausschöpfen. Eine Beeinträchtigung der diesem Ortsgesetzgeber eingeräumten Entscheidungsfreiheit würde sich zwangsläufig zum Nachteil der Benutzer der öffentlichen Einrichtung auswirken und es läge ein hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß im Sinne eines gesetzlichen Verbots i.S.d. § 134 BGB vor (vgl. OVG LSA, B.v. 28.10.2009 – 4 K 470/08 – beck-online). Sollte die Regelung in § 5 Satz 2 des Vertrages daher als Verpflichtung der Antragsgegnerin zu sehen sein, bei der Gebührenfestsetzung für eine Kostendeckung der Antragstellerin als privates Unternehmen zu sorgen, was durch Auslegung und weitere Aufklärung im Hauptsacheverfahren zu ermitteln ist, wäre dies mit Blick auf das Kostendeckungsprinzip der Gemeinde aus Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG bedenklich. Im Falle einer Nichtigkeit von § 5 Satz 2 des Vertrages würde sich die Frage stellen, ob dies auch auf die Wirksamkeit von § 5 Satz 1 des Vertrages durchschlagen würde. Zwar ist in § 12 des Vertrages eine salvatorische Klausel vorgesehen. Fraglich ist jedoch, ob die Antragstellerin auch isoliert eine derartige Vergütungsregelung getroffen hätte, bei der es die Antragsgegnerin durch eine Änderung der Naturfriedhofsgebührensatzung dann jederzeit in der Hand hätte, einseitig und ohne weitere Einwirkungsmöglichkeiten der Antragstellerin die Höhe der Vergütung zu bestimmen.
Anzumerken bleibt vorliegend noch, dass eine Argumentation mit der Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschäfts nach § 141 BGB i.V.m. Art. 62 Satz 2 BayVwVfG durch die Ergänzung des Vertrages unter dem 20./ 21. April 2015 im Hinblick auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts vorliegend nicht weiterführend wäre, da insbesondere die Entgeltregelung in § 5 des Vertrages insofern unverändert geblieben ist.
Nach alldem war der Eilantrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Von einer Streitwerthalbierung wird aufgrund der jedenfalls betreffend den begehrten Zeitraum endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache, die beantragt war, abgesehen. In der Hauptsache wird auch vor dem Hintergrund der Höhe der Vergütungszahlungen, die auf Grundlage des streitgegenständlichen Vertrages im Raum stehen, wohl voraussichtlich jedoch ein höherer Streitwert anzusetzen sein. In Ermangelung hinreichender konkreter Anhaltspunkte wird bei der Bestimmung der Höhe im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allerdings auf den Auffangstreitwert zurückgegriffen.


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