IT- und Medienrecht

Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe

Aktenzeichen  231 C 13844/17

Datum:
19.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 147050
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 286
BGB § 133, § 138, § 157

 

Leitsatz

Die Klausel eines Untermaklervertrags, wonach sich der Untermakler unter Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 € gegenüber dem Hauptmakler zu nachhaltigem Objekt- und Kundenschutz während der Laufzeit der Vereinbarung und bis zu zwei Jahren nach Beendigung der Vereinbarung verpflichet, ist wirksam. Die Höhe der Vertragsstrafe ist nicht zu beanstanden. (Rn. 28 – 30)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.07.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
I.
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 5.000 € aus § 3 des geschlossenen Aufhebungsvertrags vom 12.04.2017 in Verbindung mit Ziff. 5 des Untermaklervertrages vom 01.03.2016.
a) Die Beklagte hat gegen die in der Ziff. 5 des Untermaklervertrages vom 01.03.2016 vereinbarte Pflicht, bis zu 2 Jahren nach Beendigung des Untermaklervertrages keinerlei eigene Maklerverträge mit Personen zu schließen, die von der Klägerin als Auftraggeber geführt werden, verstoßen.
1) Die Unterlassungspflicht aus Ziff. 5 des Untermaklervertrages ist durch den Aufhebungsvertrag vom 12.04.2017 ausdrücklich nicht aufgehoben worden, sondern hatte gemäß § 3 dieses Vertrages weiterhin Bestand.
2) Die in Ziff. 5 des Untermaklervertrages vom 01.03.2016 für die Verwirkung der Vertragsstrafe tatbestandlich normierten Voraussetzungen sind erfüllt.
i) Der Zeuge Bo. war unstreitig bei der Klägerin als Auftraggeber geführt. Dieser Umstand war der Beklagten auch positiv bekannt, da sie für die Klägerin den Auftrag des Zeugen Bo. bearbeitet hat.
ii) Die Beklagte hat mit dem Zeugen Bo. einen eigenen Maklervertrag begründet.
Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, § 286 ZPO. Der Zeuge Bo. hat flüssig und natürlich, ruhig und sachlich sowie ohne erkennbares eigenes Interesse an seiner Aussage und damit in den Augen des Gerichts sowohl glaubwürdig als auch glaubhaft bekundet, dass er der Beklagten den Auftrag erteilt hat, sein Wohnobjekt weiterhin zu makeln, obwohl sie mittlerweile nicht mehr für die Klägerin tätig war. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Zeuge ausgesagt, dass aus seiner Sicht die Beklagte seine Vertragspartnerin war, nicht hingegen die andere Firma, für die die Beklagte mittlerweile tätig war. Der Zeuge hat zudem angegeben, dass er sich mit der Beklagten auf einen konkreten Provisionsbetrag geeinigt hatte. Auch aus diesem Umstand kann geschlossen werden, dass ein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Zeugen Bo. tatsächlich begründet worden war.
iii) Die Begründung dieses Maklerverhältnisses erfolgte innerhalb von 2 Jahren nach Beendigung des Untermaklervertrages mit der Klägerin.
3) Die in Ziff. 5 des Untermaklervertrages vom 01.03.2016 getroffene Vereinbarung ist auch wirksam.
i) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergeben sich vorliegend keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vertragsvorschrift aus der zu diesem Themenkomplex ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei ausgeschiedenen Gesellschaftern mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt und nicht nach § 138 BGB sittenwidrig, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Sie sind nur wirksam, wenn sie in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten (BGH, NJW 1997, 3089 = WM 1997, 1707 [1708] mwN; NJW 2000, 2584 = NZG 2000, 831 = ZIP 2000, 1337 [1338 f.]; NJW 2004, 66 = NZG 2004, 35 = ZIP 2003, 2251 [2252]; NJW 2005, 3061 = NZG 2005, 843 = ZIP 2005, 1778 [1779]; NJW 2009, 1751 = GRUR 2009, 698 Rn. 24 – Subunternehmervertrag II; BGH, Beschluss vom 31.5.2012 – I ZR 198/11, BeckRS 2012, 16974 Rn. 9 – Kundenschutzklausel). Das betrifft auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die erst anlässlich der Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Beziehung vereinbart werden (BGH, NJW 2004, 66 = NZG 2004, 35 = ZIP 2003, 2251 [2252]; NJW 2015, 1012).
Übrige nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind mit Rücksicht auf die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt und nicht nach § 138 BGB sittenwidrig, wenn und soweit sie notwendig sind, um einen Vertragspartner vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge seiner Arbeit durch den anderen Vertragspartner zu schützen. Sie dürfen dabei in räumlicher, gegenständlicher und zeitlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreiten (MüKoBGB/Armbrüster BGB § 138 Rn. 79; Nassall in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 138 Rn. 301).
ii) Die vorliegend getroffene Regelung genügt diesen Anforderungen.
(1) Die Regelung ist generell und auch im getroffenen Umfang notwendig um die Klägerin vor einer illoyalen Verwertung der Erfolge ihrer Arbeit durch die Beklagte zu schützen. Die Beklagte hat den Zeugen Bo. nicht eigenständig kennengelernt oder von diesem ursprünglich eigenständig einen Maklerauftrag erhalten. Vielmehr kam der Kontakt zum Zeugen Bo. allein über die Klägerin zustande. Die Klägerin muss die Möglichkeit haben, sich davor zu schützen, dass für sie tätige Untermakler im Nachgang ihrer Tätigkeit für die Klägerin die nur über die Klägerin gewonnenen Kontakte dazu nutzen, um eigene Makleraufträge mit den entsprechenden Auftraggebern zu schließen.
(1) In zeitlicher Hinsicht ist in der Rechtsprechung für vergleichbare Fälle anerkannt, dass eine Wettbewerbsbeschränkung nicht mehr als zwei Jahre nach Vertragsende andauern kann. Bei einer Freiberuflersozietät wird ein Zeitraum von zwei Jahren als ausreichend für den Schutz der Interessen der Beteiligten angesehen, weil sich danach die Mandantenbeziehungen typischerweise gelockert haben (BGH, NJW-RR 1996, 741 [742] mwN; NJW 2000, 2584 = NZG 2000, 831 = ZIP 2000, 1337 [1338 f.]; NJW 2004, 66 = NZG 2004, 35 = ZIP 2003, 2251 [2252]; NJW 2005, 3061 = NZG 2005, 843 = ZIP 2005, 1778 [1780]). Die zeitliche Grenze von zwei Jahren wurde vom BGH in anderen Bereichen übernommen. Auch ein Abwerbeverbot von Arbeitnehmern darf nur auf zwei Jahre beschränkt sein, wobei offengelassen wurde, ob in einem Ausnahmefall ein schutzwürdiges Interesse eines Unternehmers an einem länger andauernden Abwerbeverbot bestehen kann (BGH, NJW 2014, 3442 = NZG 2014, 1342 = ZIP 2014, 1934 Rn. 35 ff. – Abwerbeverbot; NJW 2015, 1012). Die vorliegend vereinbarte Zeitdauer von zwei Jahren nach Vertragsende ist demnach nicht zu beanstanden. Es ist anzunehmen, dass sich typischerweise nach zwei Jahren die geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Kunden und einem Makler derart gelockert haben, dass kein schützenswertes Interesse mehr am Erhalt der Exklusivität der mit dem ursprünglichen Maklervertrag verbundenen Informationen besteht.
(1) Soweit die Beklagte sich gegen die gegenständige Reichweite der Regelung wendet, weil der Begriff „Kunde“ im Vertrag nicht definiert sei, vermag das nicht zu überzeugen. In der in Rede stehenden Klausel kommt der Begriff „Kunde“ nicht vor. Vielmehr findet sich dort der Begriff „Auftraggeber“. Der Begriff Auftraggeber bedarf aber keiner Definition. Es ist unmittelbar einsichtig, dass es sich bei „Auftraggebern“ um diejenigen Personen handelt, die der Klägerin einen Maklerauftrag erteilt haben. Weshalb nach Auffassung der Beklagten weitergehend zwingend eine Unterscheidung nach qualifizierten Alleinauftraggebern, Alleinauftraggebern oder einfachen Auftraggebern erforderlich sein sollte, erschließt sich dem Gericht nicht. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf abzustellen ist, ob die Klausel in gegenständlicher Hinsicht über das notwendige Maß hinausgeht, nicht aber, ob ein in der Klausel verwendeter Begriff nach dem objektiven Empfängerhorizont verständlich genug ist. Letzteres ist vorliegend ohnehin zu bejahen. Weder aus der Verwendung des Begriffs „Auftraggeber“ noch aus anderen Gründen ergibt sich damit im Hinblick auf die gegenständliche Reichweite der Klausel, dass das vereinbarte Verbot des Abwerbens von Auftraggebern über das notwendige Maß hinausgehend wäre.
(1) Soweit die Beklagtenseite sich überdies (wohl) darauf beruft, die Kundenschutzklausel sei unwirksam, da sie im Einzelfall nicht notwendig gewesen sei, verfängt dies nicht. Die Beklagte führt insoweit zur Begründung an, die Notwendigkeit der Klausel entfalle, weil die Klägerin keinen Alleinauftrag für das Objekt des Zeugen Bo. gehabt hätte und dieser zudem für die Begründung des Maklervertrages sei auf die Beklagte zugegangen sei, nicht umgekehrt.
Gerade in den Fällen, in denen kein Alleinauftrag erteilt wurde, besteht aber ein Interesse daran, dass der entsprechende Auftraggeber von einem die Klägerin verlassenden Makler nicht abgeworben wird. Die konkreten Umstände der Abwerbung bzw. Vertragsanbahnung sind dabei ohne Belang. Selbst wenn die Initiative für die Begründung des Maklerauftrags nicht von der Beklagten ausging, war diese doch nur deshalb die Ansprechpartnerin für den Zeugen Bo., weil sie die Klägerin mit der Bearbeitung des ursprünglich nur dieser erteilen Maklerauftrages beauftragt hatte. Es ist der Beklagten zumutbar, während der zweijährigen Kundenschutzzeit von der Annahme derartiger Aufträge abzusehen.
iii) Auch aus sonstigen Gesichtspunkten ist die zwischen den Parteien im Hinblick auf den Kundenschutz getroffene Regelung nicht zu beanstanden.
b) Als Rechtsfolge ist die Beklagte verpflichtet, die in Ziff. 5 des Maklervertrages vom 01.03.2016 vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 € zu bezahlen. Dieser Betrag ergibt sich jedenfalls aus dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB). Die Höhe der Vertragsstrafe begegnet im Hinblick auf die Angemessenheit keinen Bedenken. Sie steht insbesondere angesichts der im Münchner Immobilienmarkt üblichen Mieten und den auf dieser Basis zu erzielenden Maklerprovisionen nicht außer Verhältnis zum Interesse des Gläubigers, hier der Klägerin, an der Einhaltung der strafbewehrten Unterlassungspflicht. Auch hat die insoweit beweisbelastete Beklagte nichts dazu vorgetragen, weshalb vorliegend die Höhe der Vertragsstrafe im Einzelfall unangemessen wäre (vgl. BeckOK BGB/Janoschek BGB § 343 Rn. 9).
I. Mit der Begleichung dieser Forderung befindet sich die Beklagte durch die Zahlungsaufforderung vom 21.06.2017 in Verzug. Die Klägerin hat daher zudem Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB.
II.
Der Antrag der Klägerin auf Zahlung von 5.000 € „nebst Zinsen […] über Basis“ konnte vom Gericht dahingehend ausgelegt werden, dass die Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrt war. Der dahingehende Wille der Klägerin war zweifelsfrei durch Auslegung zu ermitteln.
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 S. 2 ZPO. Der Streitwert wurde nach § 3 ZPO festgesetzt.


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