IT- und Medienrecht

Ansprüche eines US-Schauspielers wegen Namensrechtsverletzung – Chuck Norris

Aktenzeichen  33 O 4888/15

Datum:
7.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 136496
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 12, § 242, § 259, § 823  Abs. 1
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Der Kläger genießt für die Verwendung des Pseudonyms „Chuck Norris“ Namensschutz. (Rn. 33 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es liegt eine Namensanmaßung vor, da der Beklagte unbefugt den Namen “Chuck Norris” unter anderem für den von ihm betriebenen Club gebrauchte, dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöste und schutzwürdige Interessen des Klägers verletzte. (Rn. 37 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem Kläger steht allerdings kein Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden (Schmerzensgeld) aufgrund der Verletzung seines Namensrechtes zu, da es sich vorliegend um keinen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. (Rn. 57 – 63) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, die Zeichen
„CHUCK NORRIS“,
„club chuck norris“,
„clubchucknorris.de“
und/oder
„Chuck Norris A…“
zu benutzen, insbesondere für den Betrieb und/oder die Bewerbung einer Disco und/oder eines Musikclubs und/oder unter einem dieser Zeichen die Dienstleistung der Verpflegung und/oder Unterhaltung von Gästen anzubieten und/oder zu bewerben und/oder zu erbringen und/oder derartige Handlungen durch Dritte begehen zu lassen.
II. Der Beklagte wird verurteilt, die Löschung des Facebook-Accountswww.facebook.com/pages/Chuck-Norris-C…/…gegenüber Facebook zu erklären.
III. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vollständig schriftliche Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang er Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I. begangen hat und zwar insbesondere durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergibt:
-alle Einnahmen aus der Nutzung der in Ziffer I. genannten Zeichen
-nach Kalenderjahren sortierte Besucherzahl der Disco und der Internet- und/oder Facebookseiten
-etwaige Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren
-Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträgern, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, insbesondere Auflagen und Anzahl der versendeten Werbeflyer, E-Mail, Newsletter und Postmailings, in denen die unter Ziffer I. genannten Leistungen beworben worden sind.
IV. Der Beklagte wird verurteilt, die zu erteilenden Auskünfte nach Ziffer III. schriftlich zu belegen im Wege der Vorlage sämtlicher Lieferverträge, Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Lieferbescheinigungen, Quittungen, jeweils sowohl für den Einkauf, als auch für den Verkauf und daraus nach Art einer geordneten Rechnungsaufstellung die Auskünfte schlüssig und nachvollziehbar darzulegen.
V. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 775,95 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10. April 2015 zu zahlen.
VI. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I. entstanden ist oder entstehen wird.
VII. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VIII. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IX. Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung von 75.000,00 €, in Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 €, in Ziffer III. und IV. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von je 2.500,00 € und in Ziff. VIII. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
A.
Der Kläger wurde durch seine Prozessbevollmächtigten wirksam vertreten; es bestehen keine Zweifel an der Wirksamkeit der Prozessvollmacht.
I. Eine im Ausland erteilte Prozessvollmacht ist nach deutschem Recht zu beurteilen (vgl. Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 80 Rdnr. 3 m.w.N.). Eine in deuti scher Sprache abgefasste Vollmacht ist dabei auch wirksam, wenn sie nicht in die Muttersprache des Betroffenen übersetzt worden ist (BGH, NJW 2014, 1242).
II. Bei den Akten befinden sich zwei Vollmachten, datiert vom 05.11.2014 als auch vom 15.01.2016. Beide wurden ausdrücklich auf die im Verfahren auftretenden Klägervertreter ausgestellt und vom Kläger handschriftlich unterzeichnet.
Sofern die ältere Vollmacht wegen „Verletzung der EU-Marke 005277306 „Chuck Norris“ überschrieben ist, ist dies unschädlich, da die hiesige Klage auch (hilfsweise) auf die Verletzung dieser Marke gestützt wurde. Darüber hinaus liegt eine weitere Vollmacht vor, die ausdrücklich die Verletzung des Namensrechtes nennt. Mit Unterzeichnung dieser Vollmacht wären auch ein etwaiges vollmachtloses Handeln, wofür vorliegend jedoch keine begründeten Anhaltspunkte bestehen, jedenfalls nachträglich genehmigt worden (BGH, a.a.O).
Die Abfassung der Vollmacht in deutscher Sprache ist unschädlich, selbst wenn der Kläger der deutschen Sprache nicht mächtig sein sollte (vgl. BGH, a.a.O.).
B.
Dem Kläger steht aus seinem Namensrecht ein Unterlassungsanspruch gemäß § 12 BGB zu, da „Chuck Norris“ Namensschutz genießt und durch den unbefugten Gebrauch des Namens durch den Beklagten eine Zuordnungsverwirrung ausgelöst sowie die Interessen des Klägers verletzt werden.
I. Der Kläger genießt gemäß § 12 BGB für den Namen „Chuck Norris“ Namensschutz.
1. Der Schutz des Namens erschöpft sich nicht im Schutz des bürgerlichen Namens: Auch der von einem Menschen tatsächlich geführte Name genießt Schutz, wenn sich mit ihm eine Identität und Individualität des Namensträgers herausgebildet und verfestigt hat; diese Funktion kann auch ein Pseudonym übernehmen (BVerfG, NJW 2007, 671, 671 – maxem.de). Sowohl eine Kurzform des bürgerlichen Namens (OLG Frankfurt, NJW 2003, 364, 365) als auch ein Spitzname können dabei als Pseudonym geschützt sein (LG München I, GRUR-RR 2007, 264, 265 – Schweini).
Der Schutz eines Pseudonyms entsteht jedenfalls durch die Aufnahme der Benutzung und der Erlangung von Verkehrsgeltung des Pseudonyms (BGH, NJW 2003, 2978, 2979 – maxem.de; Staudinger/Habermann, BGB, 13. Auflage, § 12 Rn. 32 m.w.N.). Von Verkehrsgeltung ist dabei auszugehen, wenn ein beträchtlicher bzw. nicht unerheblicher Teil der beteiligten Kreise in dem fraglichen Namen einen Hinweis auf seinen Inhaber erkennt und jede andere Verwendung derselben Bezeichnung mit dem Inhaber in Verbindung bringt (MüKo-Säcker, BGB, 7. Auflage, § 12 Rn. 55).
2. Der Kläger hat für die Verwendung des Pseudonyms „Chuck Norris“, der an seinen bürgerlichen Namen „C… R… Norris“ angelehnt ist, Verkehrsgeltung erlängt: Er ist einem nicht nur unerheblichem Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Film- und Fernsehzuschauer, zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören, unter seinem Pseudonym bekannt. Der Kläger hat insoweit umfassend unter Vorlage entsprechender Nachweise dargelegt, dass er bereits seit mehreren Jahrzehnten sowie weltweit unter dem Künstlernamen „Chuck Norris“ auftrat und unter diesem auch über entsprechende Bekanntheit verfüge. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass die vom Kläger zitierten Werke sowohl in deutschen Kinos als auch im deutschen Fernsehen mehrfach ausgestrahlt wurden. Ob dabei alle Werke auf Deutsch synchronisiert wurden, ist irrelevant. Angesichts dessen ist offensichtlich, dass der Kläger aufgrund seiner Film- und Fernsehserien, seinem öffentlichen Auftreten wie auch durch Werbe- und Merchandisingmaßnahmen einem nicht nur unerheblichen Anteil der deutschen Bevölkerung bekannt ist.
II. Es liegt eine Namensanmaßung vor, da der Beklagte unbefugt den gleichen Namen gebrauchte, dadurch eine Zuordnungsverwirrung im Sinne des § 12 S. 1 Alt. 2 BGB auslöste und schutzwürdige Interessen des Klägers verletzte (vgl. BGH, NJW 2003, 2978, 2979 – maxem.de; Staudinger/Habermann, BGB, 13. Auflage, § 12 Rn. 270).
1. Der Beklagte handelte unbefugt, da ihm kein Recht zur Nutzung des Namens „Chuck Norris“ zustand (Vgl. Soergel/Heinrich, BGB, 13. Auflage, § 12, Rn 179): Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, weshalb dem Beklagten, der mit dem Kläger nicht namensgleich ist, ein Recht zur Nutzung des Namens zustehen sollte.
2. Einen Namen „gebraucht“, wer damit eine Person oder ihre Leistung bezeichnet oder sie sonstwie zu der mit dem Namen bezeichneten Person in Beziehung bringt, wovon bei der Bezeichnung gewerblicher Etablissements mit dem Namen eines andere auszugehen ist (Staudinger/Habermann, BGB, 13. Auflage, § 12, Rnrn. 271, 288). Auch die Verwendung eines fremden Namens als Profilname eines Social-Network-Profils oder die Verwendung des Namens als Account-URL sowie einer Domain stellt einen Gebrauch im Sinne einer Namensanmaßung dar (Staudinger/Habermann, BGB, 13. Auflage, § 12, Rn. 292, Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Auflage, § 12 Rn. 24 m.w.N.).
Vorliegend hat der Beklagte seinen in A… betriebenen Club mit dem Pseudonym des Klägers bezeichnet und somit aus Sicht der Öffentlichkeit mit dem Kläger in Verbindung gebracht. Des Weiteren nutzte er den Namen sowohl bei der Wahl seiner Domains als auch den streitgegenständlichen Facebook-Profilen.
3. Durch den Gebrauch des Namens durch den Beklagten besteht die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung, da die durch den Club bzw. dessen Bewerbung angesprochenen Kunden diesen zu Unrecht mit dem Kläger in Verbindung bringen könnten.
a) Von einer Zuordnungsverwirrung ist stets auszugehen, wenn ein Name dazu benutzt wird, eine andere Person, deren Einrichtungen oder Produkte namensgemäß zu bezeichnen, wobei ausreichend ist, dass der Namensträger mit diesen in Verbindung gebracht wird, obwohl er mit ihnen nichts zu tun hat (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Auflage, § 12, Rn. 23). Eine Zuordnungsverwirrung kann sich auch bereits daraus ergeben, dass der unrichtige Eindruck hervorgerufen wird, der Namensträger habe dem Gebrauch seines Namens zugestimmt (vgl. BGH, GRUR 1994, 732, 735 – McLaren).
b) Der Beklagte hat vorliegend seinen in A… betriebenen Club mit dem Namen des Klägers bezeichnet und dadurch eine derartige Zuordnungsverwirrung ausgelöst. Aus den Medien ist bekannt, dass grundsätzlich auch Schauspieler Gaststätten betreiben oder jedenfalls unter ihrem Namen/Künstlernamen entsprechende Lizensierungen vornehmen. Es besteht somit die Gefahr, dass (potentielle) Gäste der Diskothek des Beklagten diese zu Unrecht mit dem Kläger in Verbindung bringen, obwohl dieser zu keinem Zeitpunkt der Nutzung seines Namens zugestimmt hatte.
4. Durch den Gebrauch des Namens durch den Beklagten werden die schutzwürdigen Interessen des Klägers verletzt.
a) Zur Begründung eines Unterlassungsanspruches kann sowohl auf ein ideelles als auch ein materielles Interesse abgestellt werden (Staudinger/Habermann, BGB, 13. Auflage, § 12, Rn. 338 m.w.N.); der Begriff des Interesses ist dabei weit auszulegen (Soergel/Heinrich, BGB, 13. Auflage, § 12, Rn. 187).
Der Kläger wendet sich gegen die Vermarktung seines Namens: Er legt umfassend dar, dass er selbst sein Namensrecht kommerziell vermarktet und durch die Bezeichnung einer Diskothek mit seinem Namen potentielle weitere Werbepartner abgeschreckt werden können. Er macht somit ein materielles Interesse an der gewinnbringenden Vermarktung seines Namensrechtes geltend. Es obliegt grundsätzlich dem Berechtigten selbst zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen er seinen Namen für Werbezwecke zur Verfügung stellt und zwar unabhängig davon, ob der Namensgebrauch zu einer Beeinträchtigung der Wertschätzung führt (BGH, NJW 1981, 2402 – Carrera). Des Weiteren wendet sich der Kläger aus persönlichen Gründen gegen die Verwendung seines Namens für eine Diskothek, da er mit einem solchen nicht in Verbindung gebracht werden möchte; dies stellt ebenfalls ein schützenswertes ideelles Interesse dar.
b) Der Beklagte hat hingegen keinerlei berechtigtes Interesse an der Benennung seines Etablissements mit dem Namen des Klägers: Sein eigener Name steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Namen des Klägers.
III. Von Wiederholungsgefahr ist auszugehen: Sie ist insbesondere indiziert, wenn der Verletzer – wie geschehen – auch noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung den Standpunkt vertritt, dass er rechtmäßig gehandelt habe (MüKo/Säcker, BGB, § 12 Rn. 158). Allein die (bestrittene) Aufgabe des Diskothekenbetriebs wäre nicht geeignet, eine Wiederholungsgefahr auszuräumen, da der Beklagte jederzeit den Betrieb wieder aufnehmen oder eine vergleichbare Verletzungshandlung begehen könnte.
C.
Dem Kläger steht auch ein Anspruch aus § 12 BGB auf Löschung des Facebook-Accounts zu (vgl. Staudinger/Habermann, BGB, 13. Auflage, § 12, Rn. 292): Die Voraussetzungen einer Namensanmaßung liegen vor (s.o.), so dass ein Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung besteht.
Eine Nutzung des Facebook-Accounts für berechtigte Interessen des Beklagten ist ohne Verletzung des Namensrechts weder denkbar noch vorgetragen.
D.
Zur Berechnung des Schadensersatzanspruches steht dem Kläger aufgrund der festgestellten Verletzung seines Namensrechts gem. §§ 12, 242, 259, 260 BGB der beantragte Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zu. Die beantragte Auskunft ist für den Kläger erforderlich, um die für ihn günstigste Art der Schadensberechnung (konkrete Berechnung, Lizenzanalogie oder Herausgabe des Verletzergewinns) zu wählen und den Schaden beziffern zu können (vgl. BGH, GRUR 2000, 709, 715 – Marlene).
E.
Aufgrund der Verletzung des Namensrechts steht dem Kläger auch ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823 Abs. 1, 12 BGB zu (vgl. Staudinger/Habermann, BGB, 13. Auflage, § 12, Rn. 350) zu. Ein Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens aufgrund einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts setzt – anders als der Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens – dabei keine Besondere Eingriffsintensität voraus (BGH, GRUR 2000, 709, 714 – Marlene).
Die Verletzung des Namensrechts war verschuldet, da der Beklagte bei sorgfältiger Prüfung hätte erkennen müssen, dass er Namensrechte des Klägers verletzt. Da der Beklagte neben dem Pseudonym des Klägers auch noch dessen Konterfei verwendete und somit bewusst einen Bezug zum Kläger herstellte, ist von schuldhaftem Verhalten auszugehen.
Darüber hinaus ließ der Kläger den Beklagten vor Eröffnung der Diskothek durch seine Anwälte anschreiben und wies auf eine entsprechende Namensverletzung hin; der Beklagte führte danach jedoch seine rechtsverletzenden Handlungen fort.
F.
Dem Kläger steht aus §§ 823 Abs. 1, 12 BGB ein Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Abmahnkosten zu, da die Abmahnung vom 28.3.2014 berechtigt und begründet war. Verschulden des Beklagten liegt vor (s.o.).
Der Ansatz einer 1,3 Gebühr samt Auslagenpauschale bei außergerichtlich angesetztem Gegenstandswert in Höhe von 50.000,00 € (vgl. Anlage K 12), vor der nun die Hälfte geltend gemacht wird, ist nicht zu beanstanden.
G.
Dem Kläger steht kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auf Ersatz immaterieller Schäden (Schmerzensgeld) aufgrund der Verletzung seines Namensrechtes zu.
I. Zwar ist das Namensrecht grundsätzlich als besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzusehen (BGH, GRUR 2000, 709, 712 – Marlene). Eine Verletzung des Namensrechts führt jedoch nur unter den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Kriterien zu einem Schmerzensgeldanspruch: Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur auf Grund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden: Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (BGH, NJW 2014, 2029, 2033). Voraussetzung für einen Schmerzensgeldanspruch aufgrund einer Verletzung des Namensrechts ist somit, dass durch die Verletzung nicht lediglich vermögenswerte Interessen des Namensträgers an seinem Namen tangiert werden, sondern vielmehr der Namensträger selbst im Hinblick auf den persönlichkeitsrechtlichen Gehalt seines Namens getroffen wird (MüKo-Säcker, BGB, 7. Auflage 2015, § 12 Rn. 171).
II. Von einer derartigen, einen Schmerzensgeldanspruch auslösenden Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann vorliegend nicht ausgegangen werden:
1. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, dass ihm durch den unbefugten Gebrauch seines Namens durch den Beklagten wirtschaftliche Nachteile entstehen könnten, da potenzielle Lizenzierungspartner von geschäftlichen Verbindungen mit ihm Abstand nehmen könnten. Damit beruft er sich vorrangig auf vermögenswerte Interessen. Die wirtschaftliche Verwertbarkeit seines Künstlernamens kann zwar zu Schadensersatzansprüchen (s.o.), aber vorliegend mangels ausreichenden Bezugs zur Persönlichkeit nicht zu Schmerzensgeldansprüchen führen.
2. Sofern der Kläger geltend macht, dass er nicht mit einer Diskothek in Verbindung gebracht werden möchte, stellt dies zwar ein grundsätzlich schützenswertes Interesse dar, begründet im vorliegenden Fall nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles jedoch keinen Anspruch auf Ersatz eines etwaigen immateriellen Schadens.
Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte zwar im Internet seine Diskothek bewarb, faktisch durch diese Werbung jedoch nur potentielle Kunden im Umkreis von ca. 50 km um A… angesprochen wurden und somit die Verletzungshandlung sich im Wesentlichen auf den Bereich um A… beschränkte. Ausweislich der Angaben des Beklagten war sein Club kein Publikumsmagnet; auch von Klägerseite wurde keine besondere Verletzungsintensität durch eine hohe Bekanntheit und entsprechenden Zulauf zum Club des Beklagten bzw. besonders intensive Werbetätigkeit vorgetragen. Erschwerend ist zwar anzusehen, dass der Beklagte den Namen wie auch das Konterfei des Klägers bewusst zu seinen eigenen geschäftlichen Zwecken einsetzte und dies auch nach Warnung durch die Anwälte des Klägers fortsetzte. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das In-Verbindung-Bringen einer Person mit einer Diskothek per se bei der Allgemeinheit keine negativen Assoziationen weckt: Dies gilt insbesondere, da es allgemein bekannt ist, dass auch Schauspieler als Gastronomen tätig sind oder entsprechende Lizenzierungen vornehmen. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Diskothek des Beklagten vom Verkehr aufgrund besonderer Umstände ein „schlechter Ruf“ o.ä. zugeschrieben wurde, der sich wiederum negativ auf den Ruf des Klägers auswirken hätte können.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint der ausgesprochene Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch erforderlich, aber auch ausreichend, um die hier vorliegende Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugleichen.
I. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Hinsichtlich des für übereinstimmend erledigt erklärten Teil des ursprünglichen Klageantrags (Löschung der Domains sowie weiterer Facebook-Profile) waren die Kosten unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes ebenso dem Beklagten aufzuerlegen: Dem Kläger stand der ursprünglich geltend gemachte Anspruch bis zur Erledigung nach Rechtshängigkeit durch Aufgabe der Profile bzw. Übertragung der Domains gem. § 12 BGB zu. Auf die entsprechenden Ausführungen unter C. wird Bezug genommen; hinsichtlich der Domains bestand der beantragte Anspruch auf Erklärung des Verzichts gegenüber der Vergabestelle (vgl. BGH, NJW 2002, 2031, 2035 – shell.de).
II. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben