IT- und Medienrecht

Auskunft nach dem Verbraucherinformationsgesetz: Antrag über Internetplattform

Aktenzeichen  3 EO 305/20

Datum:
16.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 3. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2022:0216.3EO305.20.00
Normen:
§ 40 Abs 1a BLV
§ 2 Abs 1 S 1 VIG
§ 2 Abs 4 VIG
§ 3 S 1 Nr 2 Buchst c VIG
§ 3 S 5 Nr 1 VIG
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Spruchkörper:
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Leitsatz

Dem Erfordernis eines hinreichend bestimmten Antrags im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG ist im Interesse eines möglichst ungehinderten Zugangs zu Verbraucherinformationen – soweit ein Betrieb in Rede steht – durch die Angabe des Unternehmens, des Zeitraums für den Auskunft begehrt wird und der Art der Information genügt.Der Einwand des Unternehmers, der die Information nach dem VIG begehrende Antragsteller agiere lediglich im Rahmen einer politischen Kampagne für „foodwatch“ und es sei mit einer Veröffentlichung der ihm übermittelten Informationen auf der Internet-Plattform „Topf Secret“ zu rechnen, führt nicht auf eine Unzulässigkeit der Antragstellung wegen Rechtsmissbrauchs nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG.Der Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG ist gegenüber der Regelung des § 40 Abs. 1a LFGB nicht subsidiär. Die Forderung, die nach dem VIG angeforderten Informationen seien vorrangig mündlich zu gewähren, findet im Gesetz keine Grundlage und widerspricht der gesetzgeberischen Intention des VIG.Mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG hat sich der Gesetzgeber entschieden, dem Informationsinteresse der Verbraucher generell einen höheren Stellenwert einzuräumen als dem Interesse des betroffenen Betriebs an der Geheimhaltung von Informationen über lebensmittelrechtliche Beanstandungen (im Anschluss an: BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251 Rn. 13).

Verfahrensgang

vorgehend VG Weimar, 6. April 2020, 8 E 1213/19 We, Urteil

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 6. April 2020 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen und des Beteiligten, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird unter gleichzeitiger Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Beschwerdeverfahren weiterhin gegen die Erteilung von Informationen über durchgeführte Betriebsprüfungen an den Beigeladenen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG).
Mit E-Mail vom 1. Juni 2019 wandte sich der Beigeladene an den Antragsgegner und beantragte die Herausgabe von Informationen über die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen und die dabei festgestellten Beanstandungen im von der Antragstellerin betriebenen A… in F… . Ferner beantragte er die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2019 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin über dieses Informationsverlangen und erläuterte dies bei einen Telefonat am 10. Juli 2019 näher. Mit Schreiben vom 19. Juli 2019 wandte sich sodann die Antragstellerin gegen die Erteilung von Informationen.
Mit Bescheid vom 30. Juli 2019 entsprach der Antragsgegner dem Antrag des Beigeladenen und teilte mit, den Informationszugang durch Zusendung von Kopien der Datenblätter zu den Kontrollen zu gewähren. Zur Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen für den Zugang zu Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG vorlägen und kein Ausschluss- und Beschränkungsgrund nach diesem Gesetz gegeben sei. Der Bescheid wurde per Einschreiben mit Postausgang am 30. Juli 2019 auch der Antragstellerin zugestellt.
Die Antragstellerin legte dagegen am 13. August 2019 Widerspruch ein und hat bereits zuvor am 9. August 2019 beim Verwaltungsgericht Weimar einen Antrag nach §§ 80, 80a VwGO gestellt.
Das Verwaltungsgericht Weimar hat mit Beschluss vom 6. April 2020 den Antrag abgelehnt. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Drittwiderspruchs gegen den zugunsten des Informationsbegehrens des Beigeladenen ergangenen und von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Bescheid anzuordnen, sei zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderliche Abwägung gehe zu Lasten des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin. Sie habe schon nicht vorgetragen, dass die Bekanntgabe von Kontrollberichten bei ihr zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führe. Eine Verschlechterung der Stellung im Marktgeschehen nur aufgrund einer solchen Veröffentlichung sei nicht ohne Weiteres zu erwarten. Der vom Gesetzgeber gewollte Sofortvollzug im Sinne eines zeitnahen Informationszugangs im Interesse von Markttransparenz und der Steuerung von Kaufentscheidungen trete nicht gegenüber dem geltend gemachten Interesse der Antragstellerin zurück. Ihr Widerspruch habe auch keinen Erfolg. Der Bescheid sei formell rechtmäßig. Insbesondere sei die Anhörung nicht zu beanstanden; das Schreiben des Antragsgegners an die Antragstellerin lasse hinreichend erkennen, auf welche Kontrollberichte sich die Anfrage des Beigeladenen beziehe. Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die von dem Beigeladenen begehrten Informationen seien solche im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c VIG. Es sei nicht erforderlich, dass der Antragsgegner die Mängel durch Verwaltungsakt festgestellt habe. Es reiche aus, dass Abweichungen unter Würdigung des Sachverhaltes und der einschlägigen Rechtsvorschriften aktenkundig festgestellt worden seien. Mit der Eingabe der Mängel in das elektronische Datenverarbeitungssystem zur behördlichen Überwachung im Veterinär- und Lebensmittelbereich nehme der zuständige Sachbearbeiter des Antragsgegners die rechtliche Wertung eines Verstoßes gegen europarechtliche Vorschriften vor. Unerheblich sei, ob die festgestellten Abweichungen im Zeitpunkt der Geltendmachung des Informationsanspruches noch bestünden oder ob sie mittlerweile beseitigt worden seien. Dem Informationsanspruch des Beigeladenen stünden auch keine Ausschlussgründe entgegen. Der Antrag sei nicht missbräuchlich im Sinne von § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG. Diese Vorschrift vermittle dem betroffenen Unternehmen kein subjektives Abwehrrecht. Die Unterrichtung sei auch nicht aufgrund des § 3 Satz 1 Nr. 2 c VIG ausgeschlossen, da diese Regelung im vorliegenden Fall nach § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG nicht zur Anwendung komme. Ebenso wenig greife der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 4 VIG. Der Informationsanspruch nach dem Verbraucherinformationsgesetz werde nicht durch die Bestimmung des § 40 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) verdrängt, der eine grundsätzlich andere Art amtlicher Informationen regle. Insoweit sei hier auch nicht die einschränkende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Vorschrift anzuwenden. Es sei auch unerheblich, ob der Beigeladene beabsichtige, die erlangten Informationen im Internet zu veröffentlichen. Auf die Weiterverwendungsabsicht des jeweiligen Antragstellers, der einen voraussetzungslosen und nicht von einem wie auch immer gearteten besonderen Interesse abhängigen Anspruch geltend mache, komme es nicht an. Dies ergebe sich auch aus der Anwendung des Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG). Die Antragstellerin müsse gegebenenfalls gegen den Beigeladenen zivilrechtlich vorgehen. Auch die vom Antragsgegner beabsichtigte Form der Herausgabe der Information als Fotokopie sei rechtlich zulässig. Es sei letztlich auch kein Verstoß gegen höherrangiges Gesetz ersichtlich. Weder würden Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder Art. 14 GG verletzt, noch sei erkennbar, dass gegen europäisches Recht verstoßen werde.
Gegen diesen ihr am 20. April 2020 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 22. April 2020 beim Verwaltungsgericht Beschwerde eingelegt und diese gegenüber dem Thüringer Oberverwaltungsgericht mit am 14. Mai 2020 zugegangenem Schreiben begründet.
Im Wesentlichen trägt die Antragstellerin vor, das Verwaltungsgericht habe bereits die Maßstäbe der hier erforderlichen Abwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verkannt. Die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Informationskundgabe sei unzureichend, um ihr Aussetzungsinteresse zu verneinen. Entscheidend sei, dass diese Weitergabe von Informationen irreversible, sie belastende Folgen habe, also die Hauptsache vorwegnehme. Die gesetzliche Vorschrift des § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG normiere keinesfalls einen automatischen Nachrang ihres Aussetzungsinteresses. Die Vorwegnahme sei allenfalls nach einer umfassenden Rechtsprüfung denkbar. Es komme auch nicht darauf an, wie das Verwaltungsgericht meine, dass sie unzumutbare Nachteile darlegen müsse. Sie habe solche aber auch substantiiert vorgetragen. Die unbefristete Veröffentlichung der Kontrollberichte im Internet mit einer unvermeidlichen Breitenwirkung führe zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts zur Bedeutung anderer Wettbewerbskriterien entbehre hingegen jeder tatsächlichen Grundlage. Das Verwaltungsgericht gehe auch zu Unrecht von der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus. Dieser leide bereits an einem Anhörungsmangel. Aus dem Anhörungsschreiben des Antragsgegners sei nicht zu entnehmen gewesen, auf welche Kontrollberichte sich die Anfrage des Beigeladenen bezogen hätte. Da die Anhörung hier dem Schutz ihrer Grundrechte diene, folge aus diesem Mangel auch eine materielle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Jedenfalls dürfe der Antragsgegner die Auskunft nur mündlich erteilen. Es sei zu verhindern, dass der Beigeladene die Kontrollberichte auf dem Internetportal www.fragdenstaat.de veröffentliche. Dies würde in nicht zu rechtfertigender Weise in ihr Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreifen. Insoweit sei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Informationshandeln der Behörden nach § 40 Abs. 1a LFGB zu beachten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Bestimmungen des Verbraucherinformationsgesetzes und des Lebens- und Futtermittelgesetzbuches durchaus vergleichbar. Zwar benenne das Verbraucherinformationsgesetz keine weiteren Voraussetzungen zur Gewährung der beantragten Informationen. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Gesetzerlasses noch nicht absehbar gewesen sei, dass Informationen durch das Internet eine erhebliche Breitenwirkung erzielen können. Die Information diene auch nicht dem Verbraucherschutz, da die in den Kontrollberichten festgestellten Mängel schon beseitigt seien. Im Hinblick auf den mit der Veröffentlichung im Internet einhergehenden gravierenden Eingriff in ihre Grundrechte erweise sich die vom Antragsgegner beabsichtigte Art der Informationskundgabe als unverhältnismäßig. Es sei auch nicht zu verkennen, dass diese von einem Privaten veranlasste Veröffentlichung eine solche mit staatlicher Autorität sei, der ein hohes Vertrauen zukomme. Die Kontrollberichte würden unbearbeitet veröffentlicht. Auch könne sie nicht auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden, um gegen den nicht grundrechtsgebundenen Beigeladenen vorzugehen. Des Weiteren käme ein nachgelagerter Rechtsschutz wegen der Unumkehrbarkeit der Internetveröffentlichung zu spät. Insgesamt bestünde wegen der erforderlichen Verhinderung einer Internetveröffentlichung ein wichtiger Grund, die Information in anderer Weise als vom Beigeladenen beantragt zu gewähren. Zumindest seien die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren offen, so dass dem Antrag schon wegen der Unumkehrbarkeit der Folgen einer Informationsweitergabe stattzugeben sei. Die Offenheit folge auch aus der divergierenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Weimar vom 6. April 2020 die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den an den Beigeladenen gerichteten Bescheid des Antragsgegners vom 30. Juli 2019 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Beschluss. Insbesondere führt er aus, dass das staatliche Informationshandeln nach § 40 LFGB nicht mit der Informationsweitergabe nach dem Verbraucherinformationsgesetz vergleichbar sei.
Der Beigeladene und der Vertreter des öffentlichen Interesses äußern sich – wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren – im Beschwerdeverfahren nicht.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
Ausgehend von den von der Antragstellerin dargelegten Gründen – nur diese sind grundsätzlich Gegenstand der Prüfung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts durch den Senat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) – ist die zulässige Beschwerde unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der – hier nach § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG von Gesetzes wegen entfallenden – aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den an den Beigeladenen gerichteten Bescheid des Antragsgegners vom 30. Juli 2019 abgelehnt.
1. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht bereits Überwiegendes dafür, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der nach §§ 80 Abs. 5, 80a VwGO erforderlichen Interessenabwägung zutreffend von der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides ausgegangen ist.
a. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Beigeladenen auf Erteilung der begehrten Information ist § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen a) des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes, b) der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, c) unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie über Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a) bis c) genannten Abweichungen getroffen worden sind.
b. Der Senat hat keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsgrundlage, auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu amtlichen Informationen nach § 40 Abs. 1a LFGB (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 26 ff.). Insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an (Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251 Rn. 41-53; vgl. auch: Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 20 und vom 16. Januar 2020 – 2 ME 707/19 – juris Rn. 13; OVG Bremen, Beschluss vom 8. April 2021 – 1 B 431/20 – juris Rn. 40; Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. August 2020 – 5 CS 20.1302 – juris Rn. 24-29; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Januar 2020 – 15 B 814/19 – juris Rn. 38-71; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Dezember 2019 – 10 S 2687/19 – juris Rn. 17-19), das hierzu ausführt:
„bb) Die weitere Rüge der Klägerin, § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG und dessen Anwendung verletze sie in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Der Informationszugang nach dem Verbraucherinformationsgesetz ist an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, weil er direkt auf die Marktbedingungen individualisierter Unternehmen zielt, das Konsumverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern beeinflussen und auf diese Weise mittelbar-faktisch die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern kann.
Art. 12 GG gewährt das Recht der freien Berufswahl und -ausübung und ist gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sie – wie hier die Klägerin – eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offensteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 u. a. – BVerfGE 105, 252 <265>). Allerdings schützt die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor bloßen Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Tätigkeit. Marktteilnehmer haben keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Regelungen, die die Wettbewerbssituation der Unternehmen lediglich im Wege faktisch-mittelbarer Auswirkungen beeinflussen, berühren den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 1 BvR 1842/11 – u. a. – BVerfGE 134, 204 Rn. 114). Demgemäß ist nicht jedes staatliche Informationshandeln, das die Wettbewerbschancen von Unternehmen am Markt nachteilig verändert, ohne Weiteres als Grundrechtseingriff zu bewerten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 – BVerfGE 113, 63 <76>).
Die Grundrechtsbindung aus Art. 12 Abs. 1 GG besteht jedoch dann, wenn Normen, die zwar selbst die Berufstätigkeit nicht unmittelbar berühren, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent gleichkommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 u. a. – BVerfGE 105, 252 <273>; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juli 2007 – 1 BvR 1031/07 – NVwZ 2007, 1168 <1169>), die mittelbaren Folgen also kein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen Regelung sind. Das gilt auch für die Grundrechtsbindung des Staates bei amtlichem Informationshandeln. Die amtliche Information der Öffentlichkeit kann in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent jedenfalls dann gleichkommen, wenn sie direkt auf die Marktbedingungen konkret individualisierter Unternehmen zielt, indem sie die Grundlagen der Entscheidungen am Markt zweckgerichtet beeinflusst und so die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändert (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 26 ff.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommen Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB in ihrer Zielgerichtetheit und Wirkung einem Eingriff in die Berufsfreiheit gleich (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 26 ff.). § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet die Behörden, der Öffentlichkeit lebensmittel- und futtermittelrechtliche Verstöße von Unternehmen umfassend und in unternehmensspezifisch individualisierter Form mitzuteilen. Die umfassende Information der Verbraucher erfolgt zu dem Zweck, diese in die Lage zu versetzen, ihre Konsumentscheidung in Kenntnis der veröffentlichten Missstände zu treffen und gegebenenfalls vom Vertragsschluss mit den benannten Unternehmen abzusehen.
Auch die antragsgebundene Informationsgewährung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VIG entspricht in ihrer Zielgerichtetheit und Wirkung einem Eingriff in die Berufsfreiheit und ist darum an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen.
Zwischen beiden Arten der Information bestehen allerdings große Unterschiede, die es ausschließen, die dargestellte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ohne Weiteres auf die antragsgebundene Informationsgewährung zu übertragen. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 15. Juni 2015 – 7 B 22.14 – (Buchholz 404.1 VIG Nr. 1 Rn. 12) ausgeführt hat, verschafft das aktive Informationsverhalten des Staates an alle Marktteilnehmer den übermittelten Informationen breite Beachtung und gesteigerte Wirkkraft auf das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer. Die Auswirkungen einer antragsgebundenen Informationsgewährung auf das Wettbewerbsgeschehen bleiben dahinter qualitativ und quantitativ weit zurück. Gleichwohl hat der Senat in seinem Beschluss vom 15. Juni 2015 die Freistellung der informationspflichtigen Stelle von einer Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der begehrten Information an Art. 12 Abs. 1 GG gemessen. Die dahinter stehende Annahme eines funktionalen Äquivalents rechtfertigt sich daraus, dass auch der Verbreitung von Informationen durch Private nicht jegliche mittelbar-faktische Wirkung abgesprochen werden kann. Dies gilt insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der antragsgebundene Informationszugang erklärtermaßen dem Ziel dient, mit den so erlangten Informationen unter Einschaltung von Verbraucherschutz- und anderen Organisationen gezielt und kampagnenartig an die Öffentlichkeit zu gehen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass hierdurch ausgelöste Reaktionen für die betroffenen Unternehmen erhebliche ökonomische Wirkungen entfalten können. Derartige Auswirkungen der Informationsgewährung stellen auch keinen bloßen Reflex einer nicht auf sie gerichteten gesetzlichen Regelung dar. Ähnlich wie beim Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch ist es auch beim Verbraucherinformationsgesetz Zweck der Regelung, die informationellen Grundlagen für eigenverantwortliche Kaufentscheidungen der Verbraucher zu schaffen. Die Verbraucher sollen in die Lage versetzt werden, als Marktteilnehmer einen entscheidenden Faktor für die Steuerung des Gesamtsystems darzustellen (BT-Drs. 16/5404 und 17/7374 S. 2).
Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist gerechtfertigt.
Die antragsgebundene Information der Öffentlichkeit über festgestellte nicht zulässige Abweichungen u. a. von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches dient legitimen Zwecken des Verbraucherschutzes. Gegen die Eignung von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken; diese macht die Revision auch nicht geltend.
Gleichfalls ist die Regelung erforderlich. Ein gleich wirksames, aber für den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastendes Mittel steht zur Erreichung des Ziels nicht zur Verfügung. Die Erforderlichkeit der Bestimmung kann auch nicht mit der Erwägung der Revision verneint werden, Bußgelder könnten billigere, aber gleich geeignete Mittel sein und einen generalpräventiven Zweck erfüllen. Dass Bußgelder in der Lage wären, den Verbraucher umfassend zu informieren und für Transparenz zu sorgen, ist nicht im Ansatz erkennbar. Soweit die Veröffentlichung für die Betroffenen negative Folgen entfaltet, ist der potentiell gewichtige Grundrechtseingriff zudem dadurch relativiert, dass die betroffenen Unternehmen negative Öffentlichkeitsinformationen durch rechtswidriges Verhalten selbst veranlasst haben (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 35 f.).
Die beanstandeten Rechtsvorschriften (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG i. V. m. § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG) sind auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinn. Der Gesetzgeber hat mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG eine verfassungsrechtlich vertretbare Bewertung und Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen. Die angegriffenen Regelungen verfolgen wichtige Ziele des Verbraucherschutzes. Im Grundsatz ist es angemessen, die Interessen der Unternehmen im Fall eines im Raum stehenden Rechtsverstoßes hinter die Schutz- und Informationsinteressen der Verbraucherinnen und Verbraucher zurücktreten zu lassen. Dass die Rechtsverstöße nicht notwendig mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden sind, steht dem nicht entgegen, weil auch der Schutz vor Täuschung und der Nichteinhaltung hygienischer Anforderungen und die Ermöglichung eigenverantwortlicher Konsumentscheidungen legitime Zwecke des Verbraucherschutzes sind (so auch BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 49 zu § 40 Abs. 1a LFGB). Diese legitimen Zwecke rechtfertigen es auch, dass der Zugang zu Informationen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG gemäß § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG nicht unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt werden kann.
Damit die Veröffentlichung der Informationen für das Unternehmen nicht zu unzumutbaren Folgen führt, hat der Gesetzgeber Schutzvorkehrungen geschaffen, die solche Konsequenzen ausschließen sollen. So hat die informationspflichtige Stelle bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit mitzuteilen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VIG). Ferner ist die Behörde zur unverzüglichen Richtigstellung verpflichtet, wenn sich die zugänglich gemachten Informationen im Nachhinein als falsch oder die zugrunde liegenden Umstände als unrichtig wiedergegeben herausstellen, sofern der oder die Dritte dies beantragt oder dies zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 1 VIG; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 u. a. – BVerfGE 105, 252 <272> zum aktiven staatlichen Informationshandeln). Die Richtigstellung soll in derselben Weise erfolgen, in der die Information zugänglich gemacht wurde (§ 6 Abs. 4 Satz 2 VIG). Dabei wird die informationspflichtige Stelle zu beachten haben, dass die Richtigstellung nicht nur gegenüber dem Antragsteller geboten sein kann, sondern eine öffentliche Bekanntmachung vonnöten ist, wenn die Publikation der Informationen über das Verhältnis zum Antragsteller hinausgegangen ist. Wenn ein Antragsteller die zugänglich gemachten Informationen etwa an eine Verbraucherschutzorganisation weitergegeben hat und diese ihr einen hohen Verbreitungsgrad der Informationen verschafft hat. In einem solchen Fall kann die informationspflichtige Stelle zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sein, für eine hinreichende Publikation der Richtigstellung zu sorgen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellt die Beteiligung des Dritten, dessen rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden könnten, den wichtigsten Schutz dar. Durch die Beteiligung kann der Dritte insbesondere in die Lage versetzt werden, im Wege des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes die Herausgabe von Informationen und damit die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern. Um einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nicht leerlaufen zu lassen, wird die informationspflichtige Stelle von der ihr in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VIG eingeräumten Möglichkeit, von der Anhörung des Dritten abzusehen, soweit es um die Weitergabe von Informationen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG geht, nur dann Gebrauch machen zu dürfen, wenn für sie, z. B. aus vorangegangenen Anträgen auf Informationszugang, absehbar ist, dass der Dritte gegen die Weitergabe keine Einwände geltend machen wird. Schließlich hat die zuständige Behörde bei der Zugänglichmachung von Informationen stets darauf zu achten, dass allein die vom Gesetz in den Blick genommenen Abweichungen mitgeteilt werden. Regelhaftes Verhalten des Unternehmers darf hierbei auch nicht mittelbar oder nebenbei zugänglich gemacht werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die solchem regelhaften Verhalten zu Grunde liegen, können daher von vornherein nicht zum Gegenstand des Informationszugangs werden. Diese Schutzvorkehrungen führen zu einem angemessenen, den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG gerecht werdenden Ausgleich zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem Schutzbedürfnis des von der Informationsgewährung betroffenen Unternehmens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2015 – 7 B 22.14 – Buchholz 404.1 VIG Nr. 1 Rn. 12).
cc) Ungeachtet der Frage, ob die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, deren Verletzung die Revision rügt, das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst (etwa BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 – 1 BvR 706/08 – BVerfGE 123, 186 Rn. 218), gelten die obigen Erwägungen hier gleichermaßen. Auch eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Dieses Grundrecht scheidet als Prüfmaßstab bereits deshalb aus, weil die Fragen nach dem Schutz von Marktteilnehmern im Wettbewerb von der sachlich spezielleren Norm des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst werden (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91- BVerfGE 105, 252 <279>).“
Weiterhin liegen auch keine Verstöße gegen europarechtliche Normen vor. Insoweit nimmt der Senat auf die solche Bedenken zurückweisende höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung Bezug (BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BverwGE 166, 233-251 Rn. 54-55; OVG Bremen, Beschluss vom 8. April 2021 – 1 B 431/20 – juris Rn. 42; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Januar 2020 – 15 B 814/19 – juris Rn. 72-95).
c. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt sind.
aa. Zunächst genügt der Antrag des Beigeladenen den formellen Voraussetzungen eines hinreichend bestimmten Antrags im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG.
Das Bestimmtheitserfordernis soll dem entgegen wirken, dass pauschale Anträge “ins Blaue hinein” gestellt werden und damit einen hohen Verwaltungsaufwand bei der Bescheidung solcher Anträge vermeiden. Im Interesse eines möglichst ungehinderten Zugangs zu Verbraucherinformationen ist aber, soweit ein Betrieb in Rede steht, die Angabe des Unternehmens, des Zeitraums für den Auskunft begehrt wird und der Art der Information ausreichend. Eine strengere Sichtweise würde den Informationszugang wesentlich erschweren; dies würde dem Anliegen des Verbraucherinformationsgesetzes, wonach der Verbraucher als Sachwalter der Allgemeinheit tätig wird, nicht gerecht (BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251, Rn. 19).
Diesen Anforderungen genügt der – zulässigerweise per E-Mail (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 10) – gestellte Antrag des Beigeladenen vom 1. Juli 2019. Der Antragsgegner konnte ohne Weiteres erkennen, auf welche Informationen sich das Begehren des Beigeladenen bezog. Zwar benennt der Beigeladene nicht exakt den Zeitraum, auf den sich sein Auskunftsbegehren hinsichtlich der lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen des von ihm konkret bezeichneten Unternehmens bezieht; dies lässt sich jedoch unschwer dadurch eingrenzen, dass er seine Auskunft auf die beiden letzten Überprüfungen nicht nur sachlich, sondern auch zeitlich begrenzt.
bb. Ausgehend hiervon kann der Senat – anders als die Beschwerdebegründung ausführt – auch keinen Anhörungsmangel nach § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG i. V. m. § 28 ThürVwVfG feststellen. Die Antragstellerin ist über den Eingang des hinreichend bestimmten Informationsverlangens des Beigeladenen im Rahmen des Anhörungsverfahrens unterrichtet worden. Zudem hat sich ausweislich eines Aktenvermerks ein leitender Mitarbeiter der Antragstellerin in einem Telefonat mit der Amtstierärztin des Antragsgegners über den Hintergrund des Informationsverlangens ergänzend erkundigt. Im Übrigen war, wie zuletzt die Stellungnahme der Antragstellerin vom 19. Juli 2019 im Rahmen der Anhörung kenntlich macht, auch für sie durchaus erkennbar, welche Kontrollberichte das Auskunftsverlangen erfasst. Der Senat nimmt insoweit umfassend auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug (Bl. 5 Absatz 3 des Beschlussumdrucks).
cc. Der in der Beschwerdebegründung auch enthaltene Vorhalt der Antragstellerin, der Beigeladene agiere lediglich im Rahmen der politischen Kampagne für die Organisation Foodwatch und es sei mit einer Veröffentlichung der ihm übermittelten Überprüfungsprotokolle auf der Internet-Plattform „Topf Secret“ zu rechnen, führt – selbst dies als richtig unterstellt – nicht auf eine Unzulässigkeit der Antragstellung wegen des Einwandes des Rechtsmissbrauchs nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG.
Mit diesem Einwand kann die Antragstellerin schon deshalb nicht gehört werden, weil § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG kein subjektives Abwehrrecht des von der Herausgabe betroffenen Dritten begründet, sondern allein das Allgemeininteresse an einer funktionierenden Verwaltung schützt (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 18; Bayerischer VGH, Urteil vom 16. Februar 2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 32 und Beschluss vom 6. Juli 2015 – 20 ZB 14.977 – juris Rn. 7).
Ungeachtet dessen ist dem Vorwurf auch in der Sache nicht zu folgen. Eine kampagnenartige Weiterverwendung der Information ist im Verbraucherinformationsgesetz gerade angelegt und ist grundsätzlich zulässig (BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251 Rn. 22). Im Anschluss an die Rechtsprechung des Niedersächsischen OVG (Beschluss vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 18) gilt, dass das Verbraucherinformationsgesetz – wie oben im zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt – ausweislich der Gesetzesbegründung der Transparenz staatlichen Handelns und dem ungehinderten Zugang zu Informationen – und zwar im Interesse der Ermöglichung eigenverantwortlicher Entscheidungen der Verbraucher am Markt – dient; dies sieht der Gesetzgeber als wesentliches Element eines demokratischen Rechtsstaates an (BT-Drucks. 17/7374, S. 2). Mit diesem Gesetzeszweck steht es im Einklang, wenn ein Verbraucher die erhaltenen Informationen mit anderen teilt und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Eine Regelung dazu, wie der Verbraucher die erlangten Informationen verwenden kann, trifft das Verbraucherinformationsgesetz folgerichtig nicht. Dass sich die Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes auf eine Informationsvermittlung zwischen dem privaten Verbraucher und der Überwachungsbehörde beschränken wollen, liegt vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks fern und widerspricht im Übrigen auch den Wertungen der deutschen und europäischen Grundrechte, die mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechte-Charta (GRC) auf eine freie gesellschaftliche Debatte abzielen (vgl. auch OVG Bremen, Beschluss vom 8. April 2021 – 1 B 431/20 – juris Rn. 41; Hessischer VGH, Beschluss vom 18. September 2020 – 8 B 1355/19 – juris Rn. 21; Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. August 2020 – 5 CS 20.1302 – juris Rn. 20; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 16. Januar 2020 – 2 ME 707/19 – juris Rn. 14-15; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Dezember 2019 – 10 S 2687/19 – juris Rn. 11-15).
dd. Der Beigeladene ist auch antragsberechtigt.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG hat „jeder“ nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu den unter Nummern 1 bis 7 genannten Daten. Nicht nur der uneingeschränkte Wortlaut spricht dafür, dass es sich um ein „Jedermannsrecht“ handelt, das an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft ist, sondern auch die Entstehungsgeschichte des Verbraucherinformationsgesetzes. Bereits § 1 Abs. 1 Satz 1 VIG in der ursprünglichen Fassung vom 5. November 2007 (BGBl. I S. 2558) gewährte jedem nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen im Verbrauchergesetz genannten Daten. Nach der Gesetzesbegründung sollte für jede natürliche oder juristische Person der Zugang zu Informationen über Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches eröffnet sein (BT-Drucks. 16/5404 S. 10; BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251 Rn. 14).
ee. Es handelt sich bei den begehrten Kontrollberichten auch um Daten über festgestellte nicht zulässige Abweichungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG, was die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung im vorliegenden Verfahren nicht in Frage stellt. Die maßgeblichen und zur Bekanntgabe vorgesehenen Datenblätter der Betriebskontrollen, die nach Eingabe in das vom Antragsgegner benutzte elektronische Datenverarbeitungssystem BALVI-iP erstellt wurden, ordnen den festgestellten tatsächlichen Mängeln die dadurch verletzten – vor allem EU-rechtlichen – Bestimmungen zu. Mit diesen Dokumenten stellt die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig fest (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29.17 – juris Rn. 32; Beschlüsse des Senats vom 2. November 2021 – 3 EO 280/20 – juris Rn. 48 ff. und vom 26. Januar 2022 – 3 EO 309/20 – juris Rn. 29 ff.).
ff. Der Herausgabe der begehrten Informationen stehen Ausschluss- und Beschränkungsgründe nach § 2 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 3 VIG nicht entgegen.
Zwar besteht nach § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c VIG der Informationsanspruch wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Nach § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG sind jedoch festgestellte nicht zulässige Abweichungen von vornherein nicht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einzustufen, an denen ein schutzwürdiges Interesse der Unternehmen bestehen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251 Rn. 34). Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung die divergierenden Interessen selbst abgewogen und dem öffentlichen Interesse an Informationen den Vorrang eingeräumt; dies unabhängig davon, ob die in lebensmittelrechtlichen Kontrollberichten festgestellten Normabweichungen begrifflich überhaupt als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angesehen werden können.
gg. Dem Informationsanspruch des Beigeladenen steht auch nicht § 2 Abs. 4 VIG entgegen, wonach die Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes nicht gelten, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind. Die dem Beschwerdevorbringen zu Grunde liegende Auffassung der Antragstellerin, der Anspruch sei gegenüber der Regelung des § 40 Abs. 1a LFGB subsidiär, greift nicht. Diese verkennt grundhaft die Unterschiedlichkeit beider Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden der Behörden. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 13. Dezember 2019 – 10 S 2687/19 – juris Rn. 20-23), der ausführt:
„b) Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin sind die für § 40 Abs. 1a LFGB normierten Standards auf den VIG-Anspruch nicht zu übertragen. Dass die Grenzen zwischen der aktiven staatlichen Verbraucherinformation nach § 40 Abs. 1a LFGB und der antragsgebundenen Verbraucherinformation nach § 2 VIG wegen einer angeblich gleichen Wirkungsweise gleichsam “verschwimmen”, ist unzutreffend. Schon die faktische Vermischung verschiedenartiger Typen der Publikumsinformation – behördliche Unterrichtung der Verbraucher von Amts wegen unter Inanspruchnahme staatlicher Autorität versus private Verbraucherinformation über eine erkennbar privat betriebene Internetplattform – ist fragwürdig. Die Zurechnung einer mutmaßlichen privaten Internetveröffentlichung an den Antragsgegner – etwa unter Heranziehung des “Rechtsgedankens” des § 830 Abs. 2 BGB – ist rechtlich nicht haltbar. Verwaltung und Rechtsprechung sind an das geltende Recht gebunden und nicht dazu berufen, Rechtspolitik zu betreiben.
Die Übertragung der gesetzlichen Anforderungen für die aktive staatliche Publikumsinformation auf die antragsbasierte Informationsgewährung nach dem VIG (wegen einer zu erwartenden Internetveröffentlichung) infolge einer – angeblich – vergleichbaren Wirkung (so VG Ansbach, Urteil vom 12.06.2019 – AN 14 K 19.773 – BeckRS 2019, 15084 Rn. 27; Kluge, ZLR 2019, 518, 526 ff.) käme einer aus Gründen der Gewaltenteilung verfassungsrechtlich unzulässigen Ersatzgesetzgebung seitens der Verwaltungsrechtsprechung gleich. Unabhängig davon trifft die Prämisse jener Rechtsauffassung nicht zu. Schon bei der Schaffung des VIG 2008 hat der Gesetzgeber ausdrücklich zwischen dem individuellen Zugang zu amtlichen Informationen und der aktiven behördlichen Information der Öffentlichkeit unterschieden (BT-Drs. 16/5404, S. 8: “zwei Säulen, die sich ergänzen”). An diesem Konzept ist bei der Entwicklung des VIG 2012 mit gleichzeitiger Änderung des § 40 Abs. 1 LFGB und Einfügung des § 40 Abs. 1a LFGB (Gesetz zur Änderung des Rechts der Verbraucherin-formation vom 15.03.2012, BGBl. I S. 476) festgehalten worden (BT-Drs. 17/7374, S. 12: “Optimierung des VIG”, “flankiert durch eine Ausweitung der Verpflichtung der Behörden zur aktiven Information der Öffentlichkeit gemäß § 40 LFGB”). Beide Teilsysteme des Verbraucherinformationsrechts folgen unterschiedlichen Rationalitäten. Konsequenterweise normiert § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG andere Voraussetzungen und eine andere Rechtsfolge als § 40 Abs. 1a LFGB. Die objektive Gesetzeslage ist von den Verwaltungsgerichten angesichts ihrer Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG) zu respektieren. Eine Übertragung von Anforderungen des § 40 Abs. 1a LFGB auf den VIG-Anspruch scheidet aus (VG Augsburg a. a. O. Rn. 28; VG München a. a. O. Rn. 64 f.; VG Weimar a. a. O. Rn. 21). Hält ein Verwaltungsgericht – anders als der Senat – § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG aus verfassungsrechtlichen Gründen für nicht hinnehmbar, ist es auf den Weg nach Art. 100 Abs. 1 GG verwiesen; es steht ihm aber nicht zu, die Gesetzesbindung abzustreifen.
In der Sache ist das System des Verbraucherinformationsrechts von der Rechtsprechung längst rezipiert worden. Die behördliche Befugnis zur Information der Öffentlichkeit von Amts wegen ist gegenüber dem individuell geltend zu machenden Informationszugangsanspruch rechtlich ein aliud. Zutreffend wird bei den sich ergänzenden “Säulen” unterschieden zwischen “dem subjektiven Recht der Verbraucher auf Zugang zu den bei Behörden vorhandenen Informationen und der gesetzlichen Befugnis der Behörden zur Information der Öffentlichkeit von Amts wegen” (so OVG Saarland, Beschluss vom 03.02.2011 – 3 A 270/10 – NVwZ 2011, 632, 633). Das Bundesverwaltungsgericht differenziert kategorial zwischen Akten “aktiver staatlicher Verbraucherinformation” und “antragsgebundener Informationsgewährung” und sieht zwischen beiden Arten der Informationsgewährung “gravierende Unterschiede” (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2015 – 7 B 22.14 – NVwZ 2015, 1297 Tz. 12).
Diese Auffassung hat weithin Zustimmung gefunden (vgl. etwa BayVGH a. a. O. Rn. 54; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.12.2016 – 13 A 941/15 – NVwZ-RR 2017, 447 Tz. 59; VG Augsburg a. a. O. Rn. 26; VG Freiburg a. a. O. Rn. 22; VG Weimar a. a. O. Rn. 20; VG Gelsenkirchen a. a. O. Rn. 108; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.06.2019 – 29 L 1226/19 – juris Rn. 68 f.). Sie entspricht der geltenden Gesetzeslage, an deren Verfassungsmäßigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht.“
hh. Besteht mithin ein Anspruch des Beigeladenen auf die von ihm begehrten Informationen, ergeben sich auch keine Bedenken in Bezug auf die konkrete Art und Weise der Informationsgewährung durch die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Bestimmung des § 6 Abs. 1 VIG. Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Information sei vorrangig mündlich zu gewähren, findet dies im Gesetz keine Grundlage und widerspricht der aufgezeigten gesetzgeberischen Intention.
2. Auch die vom Verwaltungsgericht angestellte Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO im Übrigen erschüttert die Beschwerdebegründung nicht. Ausgehend davon, dass bereits Überwiegendes – insbesondere im Hinblick auf die gefestigte höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung – für die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides spricht, hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass sich die Folgenabschätzung an der gesetzlichen Wertung des § 5 Abs. 4 VIG auszurichten hat. Die von der Antragstellerin betonte Vorwegnahme der Hauptsache ist in der Normstruktur des Verbraucherinformationsgesetzes angelegt. Mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG hat sich der Gesetzgeber entschieden, dem Informationsinteresse der Bürger generell einen höheren Stellenwert einzuräumen, als dem Interesse des betroffenen Betriebs an der Geheimhaltung von Informationen über lebensmittelrechtliche Beanstandungen (BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29.17 – juris Rn. 13). Dem Schutzinteresse des betroffenen Dritten wird durch die Regelungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 VIG hinreichend Rechnung getragen. Mangels erkennbarer Besonderheiten verbleibt es bei der gesetzlichen Grundentscheidung für den Sofortvollzug. Insofern hat die Antragstellerin es auch im Beschwerdeverfahren nicht vermocht, konkret darzulegen, dass das Bekanntwerden von zwei Einzelberichten der Kontrollbehörden – deren Richtigkeit im Übrigen nicht in Streit steht – zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen für sie führen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der anwaltlich nicht vertretene Beigeladene und der beteiligte Vertreter des öffentlichen Interesses keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre etwaigen außergerichtlichen Kosten selbst tragen (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Von einer Reduzierung des Streitwerts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sieht der Senat im Hinblick auf die mit der Entscheidung verbundene Vorwegnahme der Hauptsache ab. Die Abänderungsbefugnis folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Hinweis:Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG)


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